Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 24. Januar 1997
Aktenzeichen: 6 U 84/96

(OLG Köln: Urteil v. 24.01.1997, Az.: 6 U 84/96)

Herstellergarantie UWG § 3 Käufer eines Neuwagens messen bei ihrer Kaufentscheidung der sogenannten Herstellergarantie (Werksgarantie) auch bei importierten Fahrzeugen eine nicht unerhebliche Bedeutung bei und erwarten diese regelmäßig. Fehlt es in einer Zeitungsanzeige für Importfahrzeuge an einem deutlichen Hinweis darauf, daß für sie keine solche Garantie gewährt werde, stellt sich eine solche Werbung als irreführend i.S. von § 3 UWG dar.

Tatbestand

Die Klägerin ist die von der Herstellerin autorisierte

Alleinimporteurin von Fahrzeugen der US-amerikanischen Marke

,Chrysler" für Deutschland. Die Fahrzeuge werden von ihr

ausschließlich über Vertragshändler in Deutschland abgesetzt. Der

Beklagte betreibt - ohne Vertragshändler oder von Chrysler

autorisiert zu sein, und damit neben dem von der Herstellerin

autorisierten Wege - in W. an der Sieg unter der Bezeichnung ,W.er

Autosalon" mit einem Unternehmen, zu dem auch eine kleine

Autowerkstatt gehört, ebenfalls Handel mit Fahrzeugen der Fa.

Chrysler. Für auf diese Weise vertriebene Neufahrzeuge übernimmt

die Herstellerin keine Garantie.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die auf Bl. 9 und im

Tenor dieser Entscheidung in Fotokopie wiedergebene Anzeige des

Beklagten in der Ausgabe vom 3./4./5.6.1995 der ,R.zeitung".

Die Klägerin vertritt die Auffassung, in der Anzeige liege

deswegen eine Irreführung des Verkehrs und damit ein Verstoß gegen

§ 3 UWG, weil zumindest weite Teile der angesprochenen Verbraucher

aufgrund ihres Wortlautes die Erwartung hegten, auch für von dem

Beklagten bezogene Neufahrzeuge der Fa. Chrysler werde ihnen eine

Garantie der Herstellerin gewährt. Die daher bestehenden

Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche stünden ihr

zu, weil sie unmittelbare Wettbewerberin des Beklagten sei.

Zumindest ergebe sich ihre Prozeßführungsbefugnis und

Aktivlegitimation aus § 13 Abs.2 Ziff.1 UWG, weil die angegriffene

Werbung geeignet sei, den Wettbewerb auf dem Neuwagenmarkt

wesentlich zu beeinträchtigen.

Die Klägerin hat b e a n t r a g t (Neubezifferung durch den

Senat),

1.) den Beklagten zu verurteilen,

a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung

festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise

Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu

unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr und zu Wettbewerbszwecken

Chrysler-/Jeep-Neufahrzeuge, welche nicht über die

Herstellergarantie verfügen - wie nachstehend wiedergegeben - ohne

den deutlichen Hinweis auf die fehlende Herstellergarantie

anzubieten:

(es folgte eine Ablichtung der Anzeige wie sie auf S.3 dieses

Urteils wiedergegeben ist);

b) ihr Auskunft zu erteilen, seit welcher Zeit und in welchem

Umfang er für die von ihm vertriebenen Chrysler/Jeep-Neufahrzeuge,

welche nicht über die Herstellergarantie verfügen, ohne den

entsprechend deutlichen Hinweis geworben hat;

2.) festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr den

gesamten Schaden zu erstatten, der ihr dadurch entstanden ist und

entstehen wird, daß der Beklagte Chrysler-/Jeep-Neufahrzeuge,

welche nicht über die Herstellergarantie verfügen, ohne einen

entsprechend deutlichen Hinweis angeboten hat;

Der Beklagte hat b e a n t r a g t,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, in der Anzeige liege deswegen

keine Irreführung, weil die dort gemachten Aussagen zutreffend

seien und er nicht verpflichtet sei, vollständig über die

beworbenen Fahrzeuge zu informieren und dabei auch auf Nachteile

wie das Nichtbestehen einer Herstellergarantie hinzuweisen.

Óberdies sei den Kunden, die sich für direkt importierte Fahrzeuge

interessierten, bekannt, daß für diese von den Herstellern keine

Garantie übernommen werde. Schließlich sei ein etwaiger Irrtum

nicht von wettbewerblicher Relevanz, weil die Kunden

Chrysler-Fahrzeuge allein wegen des erheblichen Preisvorteiles und

nicht im Hinblick auf eine erwartete Herstellergarantie bei ihm

kauften.

Das L a n d g e r i c h t hat den Beklagten antragsgemäß

verurteilt, weil die angesprochenen Verbraucher die Gewährung einer

Herstellergarantie erwarteten und es sich dabei um ein beachtliches

Kaufargument handele. Eine Irreführung sei zumindest deswegen nicht

ausgeschlossen, weil die Anzeige nicht in einem Fachblatt

geschaltet worden sei und sich daher an jedermann gerichtet

habe.

Seine gegen dieses Urteil gerichtete B e r u f u n g begründet

der Beklagte wie folgt: Eine Irreführung liege bereits deswegen

nicht vor, weil er in der angegriffenen Anzeige nicht die

Behauptung aufgestellt habe, gerade mit Neufahrzeugen zu handeln.

Tatsächlich sei das auch nicht der Fall. Bei den von ihm

vertriebenen Fahrzeugen handele es sich nämlich um Vorführwagen.

Diese seien zwar teilweise noch nicht gelaufen, einige seien aber

auch tatsächlich bereits als Vorführwagen genutzt worden. Óberdies

ergebe sich aus dem Wortlaut der Anzeige, daß er mit seiner

Werkstatt zur Durchführung von Gewährleistungsarbeiten in der Lage

sei. Bezüglich des in der Anzeige ausdrücklich beworbenen Modells

,Voyager" liege überdies kein Wettbewerbsverhältnis vor, weil er

dieses Modell bereits im Sommer 1995 habe liefern können, während

die Klägerin hierzu erst ab Dezember 1995 in der Lage gewesen sei.

Der Sachverhalt unterscheide sich auch von denjenigen, die den

Entscheidungen des BGH ,Reimportierte Kraftfahrzeuge" (GRUR 86,615)

und des Senats im Verfahren 6 U 169/91 (= Bl. 53 ff d.A.)

zugrundegelegen haben, weil er nicht den Verkauf von Neufahrzeugen

angekündigt und überdies auf den Werkstattservice hingewiesen habe.

Im übrigen habe sich inzwischen der Direktimport aus zahlreichen

europäischen und nichteuropäischen Ländern durchgesetzt. Der

interessierte Kunde wisse daher, daß (nur) eine Händlergarantie

bestehe. Bei der Kaufentscheidung spiele dies indes praktisch keine

Rolle mehr, weil die Preisdifferenz sehr erheblich sei und sich die

Fertigungsqualität auch von Importfahrzeugen in den letzten 10

Jahren erheblich verbessert habe. Schließlich erführen die Kunden,

die im Vergleich zu einem Erwerb bei einem Vertragshändler von

vorneherein mit gewissen Nachteilen rechneten, noch im

Verkaufsgespräch und damit rechtzeitig vor dem Abschluß des

Kaufvertrages, daß zu diesen Nachteilen das Fehlen einer

Herstellergarantie gehöre. Demgegenüber könne er in einer

Kleinanzeige von 3 Zeilen die Unterschiede zum Erwerb von einem

Vertragshändler nicht vollständig darstellen.

Der Beklagte b e a n t r a g t,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem im ersten

Rechtszug gestellten Schlußantrag zu erkennen.

Die Klägerin b e a n t r a g t,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bestreitet, daß der Beklagte ausschließlich Vorführwagen

importiere, und behauptet unter Beweisantritt, daß der Verkehr die

Anzeige als eine solche für Neuwagen auffasse. Die Leser gingen

auch - so behauptet sie - weiterhin davon aus, daß bei dem Erwerb

eines Neuwagens eine Herstellergarantie bestehe. Die angesprochenen

Kunden wüßten auch nicht, daß bei direkt importierten Fahrzeugen

eine derartige Garantie nicht bestehe. Bei den beworbenen Wagen

handele es sich nämlich um großräumige ,Familienkutschen", deren

Erwerber keine Spezialkenntnisse über ausländische Fahrzeuge

hätten. Durch den Hinweis auf den ,Werkstattservice" werde auch

nicht etwa deutlich gemacht, daß daneben keine Herstellergarantie

bestehe. Außerdem sei der Werkstattservice angesichts des kleinen

Zuschnitts der von dem Beklagten betriebenen Werkstatt und der

Tatsache, daß eine Herstellergarantie bei dem gesamten

Vertragshändlernetz in Anspruch genommen werden könne, auch nicht

mit dieser gleichwertig. Die angebliche spätere Aufklärung des

Kunden sei unerheblich, weil sich die Irreführung dann bereits

ausgewirkt habe, und es sei dem Beklagten schließlich ohne weiteres

möglich, auch in einer Kleinanzeige darauf hinzuweisen, daß eine

Garantie des Herstellers nicht bestehe.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Die angegriffene Werbung ist irreführend, weil durch sie der

unzutreffende Eindruck erweckt wird, als bestehe für die von dem

Beklagten vertriebenen Fahrzeuge der Marke ,Chrysler" eine

Herstellergarantie. Diese Irreführung ist auch von wettbewerblicher

Relevanz, weil der Käufer der angenommenen Herstellergarantie bei

der Kaufentscheidung eine nicht unerhebliche Bedeutung einräumen

wird. Schließlich stehen die Parteien in unmittelbarem Wettbewerb

zueinander und hat der Beklagte schuldhaft gehandelt, weswegen der

Klägerin nicht nur der Unterlassungsanspruch, sondern auch der

Auskunftsanspruch zusteht und ihr Schadensersatzfeststellungsantrag

ebenfalls begründet ist.

Der Käufer eines Neuwagens erwartet, daß ihm von dem Hersteller

des Fahrzeugs eine Garantie gewährt wird. Das gilt auch für

importierte Fahrzeuge. An dieser Auffassung, die er bereits in

seiner Entscheidung vom 20.3.1992 im Verfahren 6 U 169/91 näher

begründet hat, hält der Senat fest. Die Gewährung einer Garantie

durch den Hersteller ist heute bei dem Kauf von Neufahrzeugen so

weit verbreitet, daß der Verkehr sie ohne weiteres in jedem Fall

des Erwerbs eines neuen Fahrzeuges erwartet. Eine ausdrückliche

Erwähnung dieser Garantie ist dazu nicht erforderlich. Vor diesem

Hintergrund ist die streitgegenständliche Werbung deswegen

irreführend und daher gemäß § 3 UWG zu untersagen, weil es an einem

deutlichen Hinweis darauf fehlt, daß im Falle des Erwerbs eines der

beworbenen Fahrzeuge eine derartige Herstellergarantie nicht

gewährt wird. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte in diesem

Zusammenhang darauf, daß die gemachten Angaben zutreffend seien und

er nicht zu vollständiger Information über das Produkt verpflichtet

sei. Letzteres trifft zwar grundsätzlich zu, gilt aber dann nicht,

wenn der Verkehr aufgrund der Umstände dem beworbenen Produkt eine

besondere Eigenschaft beimißt, wie im vorliegenden Fall das

Bestehen einer Herstellergarantie, und diese tatsächlich nicht

vorhanden ist. Mit seiner Auffassung sieht sich der Senat im

Einklang mit der Rechtsprechung des BGH, der in seiner Entscheidung

,Reimportierte Kraftfahrzeuge" (GRUR 86,615,618) ausdrücklich

darauf abgestellt hat, daß der Verkehr bei Neufahrzeugen daran

gewöhnt sei, mit dem Wagen auch eine Garantiezusage des

Herstellerwerkes zu erhalten. Es handelt sich bei der angegriffenen

Werbung auch um eine solche für den Verkauf von Neuwagen. Das gilt

unabhängig von der Behauptung des Beklagten, tatsächlich verkaufe

er keine Neuwagen sondern ,Vorführwagen". Es kann in diesem

Zusammenhang dahinstehen, ob - was sehr zweifelhaft ist - von

Vorführwagen überhaupt gesprochen werden kann, soweit es sich, was

nach dem Vorbringen des Beklagten sogar für die Mehrzahl der

betreffenden Fahrzeuge gilt, um solche handelt, die überhaupt noch

nicht gelaufen sind. Denn maßgeblich ist nicht, wie der Beklagte

die Fahrzeuge ansieht, sondern wie der Verkehr die angegriffene

Anzeige versteht. Es kann indes kein Zweifel daran bestehen, daß

die Anzeige von zumindest dem weit überwiegenden Teil der Leser

dahin verstanden wird, daß Neuwagen beworben werden. Denn die

Anzeige enthält keinen Hinweis darauf, daß es sich um gebrauchte

Fahrzeuge handeln soll. Im Gegenteil deuten der Hinweis auf den

Import und insbesondere die Ankündigung in der im Jahre 1995

erschienenen Anzeige, ,in Kürze" auch das 96iger Modell des

,Voyager" liefern zu können, sogar ausdrücklich darauf hin, daß es

sich - was ohnehin der Regelfall ist - um eine Werbung für

Neufahrzeuge handelt. An der Irreführung über das Bestehen einer

Herstellergarantie ändert auch die Tatsache nichts, daß der

Beklagte in der Anzeige auf einen ,Werkstattservice" hinweist. Wie

der Senat bereits in seiner erwähnten Entscheidung (dort S.5 f)

ausgeführt hat, wird ein solcher Hinweis nicht dahin verstanden,

daß der ,Werkstattservice" an die Stelle einer von dem Hersteller

gewährten Garantie trete. Der Verkehr erwartet vielmehr, daß diese

Dienstleistung neben die Herstellergarantie tritt.

Die vorstehenden Ausführungen gelten uneingeschränkt auch

angesichts der Tatsache, daß der Beklagte ausdrücklich nicht in

Deutschland hergestellte, sondern aus den USA importierte Fahrzeuge

der Marke ,Chrysler" bewirbt. Denn es kann aus den schon von der

Kammer dargelegten Gründen, denen sich der Senat anschließt, nicht

davon ausgegangen werden, daß alle Interessenten, die die in einer

Nichtfachzeitschrift geschaltete Anzeige lesen, wissen, daß bei

importierten Fahrzeugen, die nicht über den von dem Hersteller

autorisierten Vertrieb abgesetzt werden, eine Herstellergarantie

nicht gewährt wird. Es kann schon nicht unterstellt werden, daß

jedem Leser überhaupt bewußt wird, daß es sich um einen derartigen,

nicht von der Herstellerin autorisierten Vertrieb handelt. Denn

dies geht aus der Anzeige nicht hervor und es kann nicht angenommen

werden, daß jeder Interessent an einem Fahrzeug der Marke

,Chrysler" dies dem bloßen Hinweis auf den Import aus den USA

entnehmen wird. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, daß es

sich nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin bei den

beworbenen Fahrzeugen nicht um solche handelt, für die sich

ausschließlich spezielle Käuferschichten interessieren, die mit den

Besonderheiten des ,Grauimports" vertraut sind. Im übrigen werden

auch nicht alle Leser, die zutreffend erkennen, daß es sich um

einen Import neben der offiziellen Vertriebsstruktur der

Herstellerin handelt, wissen, daß aus diesem Grunde die

Herstellerin eine Garantie nicht gewährt. Für seine gegenteilige

Behauptung, für die ihn die Beweislast trifft, angesichts der

Verbreitung, die der ,Direktimport" inzwischen erfahren habe, wisse

der interessierte Kunde heute, daß nur eine Händlergarantie

bestehe, hat der Beklagte einen Beweis nicht angetreten. Es besteht

auch kein Anlaß, gem. § 144 Abs.1 ZPO von Amts wegen hierzu ein

Gutachten einzuholen. Sämtliche vorstehenden Feststellungen vermag

der Senat aus eigener Sachkunde zu treffen, weil seine Mitglieder

zu den angesprochenen Verbrauchern gehören.

An der Irreführung ändert es auch nichts, wenn der Beklagte -

wie er behauptet - die Kunden vor dem Abschluß eines Kaufvertrages

ausdrücklich darauf hinweist, daß die Fa. Chrysler eine Garantie

nicht gewährt. Es kann dahinstehen, ob dies für jeden Einzelfall

zutrifft, weil die Irreführung sich bereits vorher dadurch

ausgewirkt hat, daß der Kunde sich auf Grund der Anzeige überhaupt

für den Erwerb eines ,Chrysler"Fahrzeuges von dem Beklagten näher

interessiert hat.

Die Tatsache, daß es sich bei der angegriffenen Werbung um eine

Kleinanzeige handelt, steht der aus den vorstehenden Gründen

bestehenden Hinweispflicht nicht entgegen. Entgegen dem Vortrag des

Beklagten ist es nicht erforderlich, daß dieser sämtliche

Unterschiede in der Werbung darlegt, die sich für den Kunden daraus

ergeben, daß er ein direkt importiertes und daher nicht auf dem

autorisierten Wege vertriebenes Fahrzeug erwirbt. Es reicht

vielmehr aus, in geeigneter Weise auf den maßgeblichen Umstand der

fehlenden Herstellergarantie hinzuweisen. Dies ist indes auch im

Rahmen einer Kleinanzeige möglich, abgesehen davon, daß der

Beklagte ohnehin anderenfalls nicht deswegen irreführende Werbung

verbreiten dürfte, sondern von der Schaltung einer Kleinanzeige

absehen müßte.

Die Irreführung ist schließlich auch von wettbewerblicher

Relevanz. Die Herstellergarantie stellt - was die Mitglieder des

Senats ebenfalls aus eigener Kenntnis zu beurteilen vermögen - ein

wesentliches Kaufargument dar. Das gilt auch angesichts der

Tatsache, daß es sich um Importfahrzeuge handelt, die durch den

Beklagten zu niederigeren Preisen als von den Vertragshändlern der

Klägerin abgegeben werden. Zum einen wissen - wie oben bereits

dargelegt worden ist - gar nicht alle Leser der Anzeige, daß es

sich um nicht autorisiert eingeführte Fahrzeuge handelt. Zum

anderen steht auch nicht fest, daß zumindest bis auf eine zu

vernachlässigende Minderheit alle angesprochenen Verbraucher, auch

soweit sie den Preisvorteil kennen, dem Fehlen der

Herstellergarantie keine Bedeutung zumessen. Gerade angesichts der

Tatsache, daß es sich um ausländische Fahrzeuge handelt, deren

Reparatur z.B. im Falle der Notwendigkeit der Beschaffung von

Ersatzteilen aufwendig und teuer sein kann, dürfte die Mehrzahl der

Erwerber sogar besonderen Wert darauf legen, mit einer bei allen

Vertragshändlern in Anspruch zu nehmenden Herstellergarantie

ausgestattet zu werden. Das Fehlen einer solchen Garantie wird auch

nicht durch den Hinweis auf den ,Werkstattservice" des Beklagten

ausgeglichen. Denn zum einen ergibt sich aus diesem Hinweis schon

nicht, daß durch diese Dienstleistung Garantiearbeiten verrichtet,

also anfallende Reparaturen unentgeltlich ausgeführt werden, und

zum anderen stellt in den Augen des Kunden eine einzelne Werkstatt

in Au an der Sieg keinen Ersatz dar für ein Netz von

Vertragshändlern, die in ganz Deutschland zur Verfügung stehen, um

im Falle des Auftretens von Defekten auf einer Fahrt

Garantiearbeiten auszuführen.

Nach alledem ist der Unterlassungsanspruchaus § 3 UWG begründet.

Ebenso ist der gem. § 256 Abs.1, 523 ZPO zulässige Antrag auf

Feststellung der Schadensersatzpflicht aus § 13 Abs.6 Ziff.1 UWG

begründet. Denn der Beklagte kannte die Tatsachen, aus denen sich

die Irreführung durch die Anzeige ergibt, und mußte daher wissen,

daß die von ihm gemachten Angaben irreführend sind. Steht damit dem

Grunde nach die Verpflichtung zum Ersatz des eingetretenen oder

noch eintretenden Schadens fest, weil das Eintreten eines Schadens

nach der Lebenserfahrung zu vermuten ist, so ergibt sich

schließlich der Anspruch, über den Umfang der irreführenden Werbung

Auskunft zu erteilen, aus § 242 BGB.

Sämtliche Ansprüche stehen auch der Klägerin zu, weil sie als

bundesweite Vertreiberin der gleichen Fahrzeuge, die auch der

Beklagte vertreibt, dessen unmittelbare Wettbewerberin ist. Das

gilt entgegen der Auffassung des Beklagten auch bezüglich des

96-iger Modells des Typs ,Voyager". Auch wenn der Beklagte dieses

Fahrzeug einige Monate früher als die Klägerin angeboten haben mag,

stehen die Parteien doch bei dem Absatz auch dieses Fahrzeuges in

Konkurrenz zueinander.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO. Die Neufassung

der Anträge durch die Klägerin in der mündlichen

Berufungsverhandlung hat keine Kostenfolge, weil es sich lediglich

um eine sprachliche Klarstellung und nicht um eine - teilweise -

Rücknahme der Anträge handelt.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§

708 Nr.10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer des Beklagten

entspricht dem Wert seines Unterliegens im Rechtsstreit.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 100.000 DM,

nämlich:

Unterlassung 80.000 DM

Auskunft 5.000 DM

Schadensersatzfeststellung 15.000 DM

Gesamt 100.000 DM

Der Senat hat den Gesamtstreitwert bereits in seinem Beschluß

vom 23.4.1996 entsprechend der unangefochtenen Festsetzung des

Landgerichts auf 100.000 DM festgesetzt. Hieran ist festzuhalten,

nachdem Einwände gegen diese Wertfestsetzung nicht erhoben worden

sind. Bei der notwendigen Aufteilung des Gesamtstreitwertes auf die

einzelnen Anträge geht der Senat davon aus, daß das

Unterlassungsbegehren im Vordergrund des Interesses der Klägerin

steht und der Auskunftsanspruch von geringerem Wert ist, weil die

begehrte Auskunft leicht erteilt werden kann.

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OLG Köln:
Urteil v. 24.01.1997
Az: 6 U 84/96


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