Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Februar 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 100/00

(BPatG: Beschluss v. 13.02.2001, Az.: 27 W (pat) 100/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. Oktober 1999 aufgehoben, soweit die Teillöschung der Marke 396 45 338 angeordnet wurde, und der Widerspruch auch insoweit zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die unter der Nummer 396 45 338 erfolgte Eintragung der Wort-Bild-Markesiehe Abb. 1 am Endein farbiger Gestaltung für Baugruppen und Geräte zur Meßdatenerfassung und -verarbeitung; elektronische Baugruppen und Geräte für die Steuerung von Geräten und Anlagen; automatisch arbeitende Wetter- und Umweltdatenmeßstationen; Baugruppen zur Computererweiterung; Baugruppen, Geräte und kundenspezifische Lösungen für die industrielle Bildverarbeitung; satellitengestützte Navigations- und Informationsgeräte für mobilen Einsatz in Land- und Wasserfahrzeugen; Adapter für die Prüfung von elektronischen Baugruppen; Geräte zur Messung des Augeninnendrucks; Hilfsgeräte für orthopädische Untersuchungen der Wirbelsäule; Geräte zur nichtinvasiven Blutzuckermessung; Dienstleistungen für die Elektronikbranche, nämlich manuelle und maschinelle Leiterplattenbestückung, Montage und Verdrahtung elektronischer und elektromechanischer Baugruppen und Geräte, Prüfen von Elektronikbaugruppen und Geräten mittels automatischen und produktspezifischen Testsystemen, Erarbeitung von Prüfkonzepten und Prüfplänen; industrielle Forschung auf dem Gebiet der Entwicklung von Baugruppen und Geräten für die industrielle Bildverarbeitung einschließlich der erforderlichen Datenverarbeitungsprogramme, von Baugruppen und Geräten für die Meßdatenerfassung und -verarbeitung, von Maschinen- und Anlagensteuerung einschließlich der erforderlichen Datenverarbeitungsprogramme, von medizinischen Geräten zur Augendruckmessung, zur Blutzuckermessung und zur Diagnose und Therapie von Rückgratdeformationen.

ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Bildmarkesiehe Abb. 2 am Endeeingetragen unter der Nr 2 046 579 für "elektrische und elektronische Geräte, Baugruppen und Bauteile für die Aufzeichnung, Verarbeitung, Übertragung und Wiedergabe von Daten und Informationen; auf Datenträgern aufgezeichnete Programme und Informationen; Entwicklung der vorgenannten Waren für Dritte sowie Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen für andere; sämtliche vorgenannten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme solcher für die Schriftgut-, Akten- und Datenträgerverwaltung".

Die Markenstelle für Klasse 9 hat durch Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes wegen des Widerspruchs aus der vorgenannten Marke die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, und zwar für die Waren und Dienstleistungen

"Baugruppen und Geräte zur Meßdatenerfassung und -verarbeitung; elektronische Baugruppen und Geräte für die Steuerung von Geräten und Anlagen; automatisch arbeitende Wetter- und Umweltdatenmeßstationen; Baugruppen zur Computererweiterung; Baugruppen, Geräte und kundenspezifische Lösungen für die industrielle Bildverarbeitung; satellitengestützte Navigations- und Informationsgeräte für mobilen Einsatz in Land- und Wasserfahrzeugen; Adapter für die Prüfung von elektronischen Baugruppen; Dienstleistungen für die Elektronikbranche, nämlich manuelle und maschinelle Leiterplattenbestückung, Montage und Verdrahtung elektronischer und elektromechanischer Baugruppen und Geräte, Prüfen von Elektronikbaugruppen und Geräten mittels automatischen und produktspezifischen Testsystemen, Erarbeitung von Prüfkonzepten und Prüfplänen; industrielle Forschung auf dem Gebiet der Entwicklung von Baugruppen und Geräten für die industrielle Bildverarbeitung einschließlich der erforderlichen Datenverarbeitungsprogramme, von Baugruppen und Geräten für die Meßdatenerfassung und -verarbeitung, von Maschinen- und Anlagensteuerung einschließlich der erforderlichen Datenverarbeitungsprogramme".

Zur Begründung ist ausgeführt, in Anbetracht dessen, daß die vorgenannten Waren teilweise identisch und teilweise unbedenklich ähnlich seien, reiche der Abstand der Markenwörter in klanglicher Hinsicht nicht aus, Verwechslungen auszuschließen. Sie stimmten in Vokalfolge und Silbenanzahl überein; der einzige Unterschied bestehe in der ohnehin weniger beachteten Wortmitte zwischen den klangschwachen Konsonanten "L" und "P", die kurz gesprochen und leicht überhört oder füreinander gehalten werden könnten. Dem Markenwort "ELSA" sei bereits 1997 vom Bundespatentgericht eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zugemessen worden.

Die übrigen Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke bestimmt ist, seinen solchen aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Widerspruchsmarke unähnlich.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie meint, die einander gegenüberstehenden Zeichen seien nach ihrem jeweiligen Gesamteindruck nicht verwechselbar. Die Konsonantenfolgen "LS" und "PS" würden deutlich unterschiedlich ausgesprochen. Einer Verwechslungsgefahr wirke auch entgegen, daß das Markenwort der Widerspruchsmarke ein bekannter weiblicher Vorname sei.

Die Widersprechende hat im Laufe des Verfahrens vor dem DPMA ihre Rechtsform von einer GmbH in eine AG umgewandelt; die Bezeichnung der Inhaberin der Widerspruchsmarke wurde entsprechend geändert. Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet, da eine rechtlich erhebliche Gefahr von Verwechslungen zwischen den einander gegenüberstehenden Marken nicht besteht und die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG mithin nicht vorliegen. Die auf den Widerspruch erfolgte Anordnung der Teillöschung konnte daher keinen Bestand haben.

Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, die miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähnlichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfaßten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999, aaO).

Zwischen den Waren und Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke bestimmt ist, und denen, hinsichtlich derer die Markenstelle die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet hat, besteht teils Identität, teils Ähnlichkeit.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden ist von normaler Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen. Tatsachen, die die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft belegen könnten, sind nicht vorgetragen. Eine Passage aus einem Beschluß eines anderen Senats des Bundespatentgerichts, der sich zudem auf eigene Kenntnisse jenes Senates stützt, die der erkennende Senat nicht hat, aus dem Jahr 1997 ist hierfür ebenso wenig ausreichend wie die Angabe von nicht einmal nach Waren und Dienstleistungen sowie Inlands- und Auslandsumsätzen näher aufgeschlüsselten Umsatzzahlen für die Jahre 1994 bis 1996.

In optischer Hinsicht sind die jeweils graphisch ausgestalteten Marken von ihrem für die Verwechslungsgefahr entscheidenden Gesamteindruck her offensichtlich unterschiedlich; insoweit ist mit Verwechslungen nicht zu rechnen.

Entgegen der Ansicht der Markenstelle ist auch in klanglicher Hinsicht keine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen anzunehmen. Zwar stimmen formal beide Markenwörter in drei von jeweils vier Buchstaben sowie in der Silbenzahl und in der Betonung überein. Aber wegen der unterschiedlichen Konsonanten "L" und "P" wird jeweils auch das nachfolgende "S" in der Regel deutlich unterschiedlich ausgesprochen, nämlich nach dem weichen "L" weich und nach dem harten "P" hart und scharf. Es stehen sich in klanglicher Hinsicht also "Elsa" - gesprochen wie der weibliche Vorname - und "Epssa" gegenüber. Insgesamt klingen aufgrund der nicht zu überhörenden Konsonantenfolge "PS" im Vergleich zum weichen "LS" die beiden sehr kurzen Markenwörter so prägnant unterschiedlich, daß mit klanglichen Verwechslungen in relevantem Umfang selbst bei identischen Waren nicht zu rechnen ist.

Weiter wirkt einer Verwechslungsgefahr noch entgegen, daß ein großer Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit dem Markenwort der Widerspruchsmarke den bekannten Vornamen "Elsa" assoziieren wird.

Nach alledem war der angefochtene Beschluß aufzuheben, soweit in ihm die Löschung der jüngeren Marke angeordnet wurde, und der Widerspruch auch insoweit zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei dem Grundsatz des § 71 Abs 1 S 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)100-00.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)100-00.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 13.02.2001
Az: 27 W (pat) 100/00


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