Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. März 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 251/00

(BPatG: Beschluss v. 22.03.2002, Az.: 33 W (pat) 251/00)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. September 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 17. Februar 2000 die Wortmarke Solarcafefür die Waren und Dienstleistungen

"Klasse 30: Süßwaren, Konditor-, Back- und Zuckerwaren, Speiseeis, Kühleis, Jogurteis, Kakao, Kakaoerzeugnisse, Konfekt, Schokolade, Schokoladengetränke, Brotwaren, Waffeln, Zwieback, Kaffee, Kaffeearomen, Kaffeegetränke, Tee;

Klasse 41: Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten, Musikdarbietungen, Veranstalten von Konzerten; Unterhaltungsvorstellungen; Produktion und Zusammenstellung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Vermietung von Film- und -projektionsapparaten und deren Zubehör, Filmverleih, Filmvorführungen; Organisation und Durchführung von Messen, Ausstellungen, Kongressen, Seminaren, Lehrgängen, sowie Veranstaltungen kultureller, unterhaltender und/oder sportlicher Art oder für Unterrichtszwecke, einschließlich Beratungsdiensten bei der Durchführung derartiger Veranstaltungen; Verlagswesen, Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen aller Art, einschließlich Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Periodica, auch in Online-Version;

Klasse 35: Werbung, Dienstleistungen einer Werbeagentur, Herausgabe von Werbetexten, Verbreitung von Werbeanzeigen, Vermietung von Werbeflächen; Erstellen, Aktualisierung, Vermietung, Verteilung von Werbematerrial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Werbung in allen Medien, einschließlich Rundfunk-, Fernseh- und Kinowerbung sowie Online-Werbung; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen (Unternehmensberatung, Unternehmensverwaltung und Unternehmensmanagement); Organisation und Durchführung von Messen, Ausstellungen, Kongressen, Seminaren sowie geschäftlichen Veranstaltungen für wirtschaftliche und Werbezwecke, einschließlich Beratungsdiensten bei der Durchführung derartiger Veranstaltungen; Merchandising, nämlich Durchführung verkaufsfördernder Warenplazierungen von Warensortimenten, desgleichen Disposition von Warensortimenten, in allen Handelsformen; Franchising, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichem und organisatorischem Know-How gegen Entgelt zur Vermarktung von Waren und/oder Dienstleistungen, einschließlich der Benutzung von gewerblichen Schutzrechten; Verteilung von Druckschriften zu Werbezwecken;

Klasse 42: Betrieb von Restaurants, Bewirtung und Verpflegung von Gästen; Betrieb einer Bar, Restauration, Partyservice; Beherbergung von Gästen; Hotelbetrieb; Dienstleistungen eines Architekten, eines Innenarchitekten, eines Designers, eines Industriedesigners, eines Programmierers, eines Ingenieurs, Ingenieurarbeiten"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 5. September 2000 wegen fehlender Unterscheidungskraft sowie wegen eines Freihaltungsbedürfnisses an einer beschreibenden Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, die Bezeichnung "Solarcafe" sei eine sprachübliche Wortkombination, die der Verkehr ohne weiteres als einen Hinweis auf ein mit Sonnenenergie betriebenes Cafe ansehen werde. An Wortzusammensetzungen mit dem Begriff "Solar" seien die Verkehrsbeteiligten durch eine Vielzahl neuer Begriffe gewöhnt, wie zB "Solarhaus", "Solarpark", "Solarbad" etc. Die Angabe "Solarcafe" sei als Hinweis auf eine solarbetriebene Betriebsstätte rein beschreibend.

Der Anmelder hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Er beantragt, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. September 2000 aufzuheben, und trägt im wesentlichen vor, bei der Anmeldemarke "Solarcafe" handele es sich um eine originelle Wortneuschöpfung. Dieses Wort gebe es weder als Fachausdruck noch im allgemeinen Sprachgebrauch. Bei einem Cafe sei gänzlich unklar, was dieses mit Solarenergie zu tun habe. Es wäre mehr als ungewöhnlich, ein Cafe komplett mit Sonnenenergie zu versorgen. Anders als bei solarbetriebenen Betriebsstätten wie zB Solarhäusern und Solarbädern erschließe sich dem Verkehr nicht, was im einzelnen im Rahmen eines Cafes solarbetrieben sein solle. Der angemeldeten Marke könne kein bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinreichend bestimmter im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsinhalt zugeordnet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Anmelders wird auf seine Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Im Hinblick auf Bedenken des Senats hat der Anmelder das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt, indem anschließend an die Dienstleistungen der Klasse 35 der Zusatz

"ausgenommen sämtliche vorgenannten Dienstleistungen der Klasse 35, soweit sie einen sachlichen Bezug zum Betrieb von Restaurants, zur Bewirtung und Verpflegung von Gästen oder zum Betrieb einer Bar oder einer Restauration betreffen"

aufgenommen worden ist und von den ursprünglichen Dienstleistungen der Klasse 42 nach der seit dem 1. Januar 2002 gültigen Klasseneinteilung nur noch

"Klasse 42: Dienstleistungen eines Programmierers;

Klasse 43: Partyservice, Beherbergung von Gästen, Hotelbetrieb"

verblieben sind.

Unterlagen zum Nachweis der Verwendung der Begriffe "Solar-Cafe", "Solarcafe", "cafe solaire" durch Dritte, die von einer am Beschwerdeverfahren nicht Beteiligten (der Stadt Nürnberg) unaufgefordert eingereicht wurden, sind dem Anmelder zur Kenntnisnahme übersandt worden.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Marke "Solarcafe" hinsichtlich sämtlicher - nach der Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses - noch verbliebenen beanspruchten Waren und Dienstleistungen für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig beschreibend. Ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG stehen daher insoweit keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Der Ansicht des Anmelders, der als Marke angemeldete Begriff "Solarcafe" stelle eine Wortneuschöpfung ohne hinreichend konkreten Sinngehalt dar, vermag sich der Senat zwar nicht anzuschließen. Denn der Ausdruck "Solarcafe" ist in gleicher Weise wie zahlreiche andere bekannte Begriffe wie "Solarhaus", "Solarpark"; "Solarbad", "Solaranlage", "Solartechnik" etc sprachüblich mit dem Bestimmungswort "Solar-" gebildet, das regelmäßig die photovoltaische oder thermische Nutzung der Sonnenenergie zur Stromversorgung oder Wäremeerzeugung bezeichnet. Der Verkehr versteht deshalb den Begriff "Solarcafe" ohne weiteres im Sinne der Gastwirtschaft eines Cafes, das (ausschließlich) mit Sonnenenergie betrieben wird. Der Begriff "Solarcafe", "Solar-Cafe" oder "cafe solaire" wird mit dieser Bedeutung auch schon von einigen verschiedenen Veranstaltern und Etablissementsbetreibern verwendet, beispielsweise Greenpeace, Stadt Glücksburg, Sunways AG, Stadt Berlin (Umweltbildung/Agenda 21), Stadt Karlsruhe (Umwelt/Agenda 21), das "Solarcafe" in der Gemeinde Kirchzarten, im Museum Industriekultur. Wenn die Bezeichnung "Solarcafe" lediglich unmittelbar den Gegenstand von Dienstleistungen wie beispielsweise "Betrieb von Restaurants; Bewirtung und Verpflegung von Gästen; Betrieb einer Bar, Restauration; Dienstleistungen eines Architekten, eines Innenarchitekten, eines Designers, eines Industriedesigners, eines Ingenieurs; Ingenieurarbeiten" nennt, handelt es sich insoweit um eine glatt beschreibende freihaltungsbedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe.

Im Zusammenhang mit den nunmehr verbliebenen beanspruchten Waren und Dienstleistungen erscheint die Bezeichnung "Solarcafe" jedoch nicht geeignet, vom Verkehr als rein beschreibende Angabe aufgefaßt zu werden, die unmittelbar eine Eigenschaft, Bestimmung oder ein sonstiges Merkmal der Waren oder Dienstleistungen selbst angibt. Soweit tatsächlich die Waren in einem Solarcafe angeboten oder Veranstaltungen in einem Solarcafe stattfinden, wird sich dies sachlichmateriell nicht auf deren Beschaffenheit auswirken (vgl dazu: BGH GRUR 1999, 988 - HOUSE OF BLUES), so daß auch insofern der Anmeldemarke "Solarcafe" eine noch so geringe Unterscheidungskraft nicht gänzlich abgesprochen werden kann.

Winkler Richterin Dr. Hock ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.

Winklerv. Zglinitzki Hu






BPatG:
Beschluss v. 22.03.2002
Az: 33 W (pat) 251/00


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