Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Dezember 2001
Aktenzeichen: 17 W (pat) 35/97

(BPatG: Beschluss v. 20.12.2001, Az.: 17 W (pat) 35/97)

Tenor

Die Beschwerde des Patentinhabers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die Patentanmeldung wurde die Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Prüfen der Dichtigkeit von Gasrohrleitungen insbesondere in Wohnhäusern"

am 23. September 1993 veröffentlicht.

Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 1993, eingegangen am 21. Dezember 1993, legte die Firma d...- die g... GmbH Einspruch ein und begründete diesen mit der fehlenden Patentfähigkeit des Patentgegenstandes sowie mit widerrechtlicher Entnahme. Der Einspruchsschriftsatz besteht aus einer - unterschriebenen - Seite, die die Einlegung des Einspruch enthält sowie den Hinweis: "Die Begründung ist Anlage 1 zu entnehmen". Die als "Anlage 1" überschriebene Begründung des Einspruchs, die sowohl in der Übermittlung als Telefax als auch bei der Einreichung als Original gemeinsam mit der ersten Seite des Einspruchsschriftsatzes beim Patentamt einging (wobei das Original auch Spuren einer vorhanden gewesenen Heftklammerung trägt) und die Seiten 2 bis 5 umfaßt, ist nicht unterschrieben.

Im Laufe des Einspruchsverfahrens teilte die Einsprechende dem Patentamt zweimal eine Änderung ihrer Firma mit (seit 28. Dezember 1993: d... ... Holding GmbH; seit 19. September 1996: d... ... GmbH) und reichte jeweils entsprechende Handelsregisterauszüge ein (AG E... HR B 1809). Das Patentamt teilte diese Änderungen dem Patentinhaber jeweils formlos mit Bescheiden vom 20. September 1996 und 24. Oktober 1996 mit. Die hiergegen vom Pateninhaber eingelegten Beschwerden wurden vom 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch Beschlüsse vom 17. Juli 2000 als unzulässig verworfen (10 W (pat) 123/99 und 10 W (pat) 2/00), da insoweit keine mit der Beschwerde angreifbaren Beschlüsse im Sinne von § 73 Abs 1 PatG vorlägen. In diesen Beschwerdeverfahren teilte die Einsprechende eine erneute Firmenänderung mit (seit 28. Dezember 1998: d... Gebäudetechnik GmbH).

Durch Beschluß vom 19. März 1997 hat die Patentabteilung 52 des Patentamts das vorliegende Patent widerrufen. Im Tatbestand des Beschlusses ist angegeben, daß das Einspruchsrecht der Einspechenden im Wege zweimaliger Firmenänderung auf die d... ... GmbH übergegangen sei. In den Gründen ist zur Zulässigkeit des Einspruchs ausgeführt, daß die Person der Einsprechenden im Einspruchsschriftsatz zweifelsfrei feststellbar gewesen sei und auch Tatsachen im einzelnen angegeben worden seien, die den Einspruch rechtfertigen. Der Einspruch habe auch Erfolg, weil der Gegenstand des Patents weder in der erteilten Fassung (Hilfsantrag I) noch in der nach Hilfsantrag II beschränkten Fassung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Patentinhabers. Er trägt zur Begründung vor, derzeit könne ohne weitere Beweismittel nicht festgestellt werden, ob das Einspruchsrecht auf die d... GmbH übergegangen sei. Nach der Rechtsprechung sei beim Übergang der Einsprechendenstellung maßgeblich auf die Interessensphäre abzustellen. Ausweislich der Handelsregisterauszüge habe nicht nur eine Namensänderung stattgefunden, sondern auch der Gegenstand des Unternehmens sei geändert worden; damit unterschieden sich aber die Interessensphären der ursprünglichen und der späteren Firmen grundlegend voneinander. In diesem Zusammenhang sei auch sein rechtliches Gehör verletzt worden, denn ihm seien insbesondere die zu der Firmenänderung von der Einsprechenden eingereichten Handelsregisterauszüge vor dem angefochtenen Beschluß nicht übermittelt worden. Daher liege ein Verfahrensmangel vor, der die Zurückverweisung an das Patentamt und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertige.

Zur Begründung der Beschwerde trägt der Patentinhaber weiter vor, der Einspruch sei unzulässig gewesen, weil es der Einspruchsbegründung an der Schriftform fehle. Die Anlage 1 sei nicht mehr von der auf dem Einspruchsschriftsatz enthaltenen Unterschrift gedeckt, es sei völlig offen, ob die Begründung von einem der Unterzeichner des Einspruchs stamme. Der Einspruch sei auch deswegen unzulässig, weil er keine Tatsachen im einzelnen angegeben habe.

Die Patentabteilung habe auch zu Unrecht die Patentfähigkeit des Patentgegenstands gegenüber dem Stand der Technik verneint. Die Patentinhaberin verfolgt das Patent in der "bisherigen" Fassung, mithin in der dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegenden Fassung (erteilte Fassung und eingeschränkte Fassung nach Hilfsantrag) weiter.

Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung:

"Verfahren zum Prüfen der Dichtigkeit von Gasrohrleitungen, insbesondere in Wohnhäusern, bei dem - zunächst durch Abschalten aller Gasgeräte und durch Schließen aller Gasabsperrorgane ein abgeschlossener, von einem Rohrstrang (2) mit Gas gespeister Leitungskörper (1) gebildet wird,

- die Gasuhr (3) dieses Rohrstrangs (2) bei geschlossener Gasabsperrarmatur (4) abgenommen wird,

- an die Stelle der Gasuhr (3) ein Meßgerät (12), mit dem der Gasdurchfluß und Gasdruck in Gasrohrleitungen meßbar ist, einerseits an das Gaszuführrohr (5) und andererseits an das Ende des Rohrstrangs (2) angeschlossen wird,

- dem Leitungskörper (1) über das Meßgerät (12) und den Rohrstrang (2) nun so lange Gas zugeführt wird, bis sich an dem Meßgerät (12) ein stationärer Zustand ohne weiteren Durchfluß - von Leckverlusten abgesehen - und mit konstantem Druck einstellt und - erst dann während einer vorgegebenen Zeitdauer eine Durchflußmessung durchgeführt wird, wobei - die Durchflußmessung etwa 10 bis 20 Minuten dauert und - die in der Einheit Liter pro Stunde (l/h) gemessene Durchflußmenge einen Durchschnittswert darstellt,

- der mittels eines Rechners im Meßgerät (12) aus einer Vielzahl von Meßwerten aus kurzen Zeitintervallen gebildet ist, und - eine kontinuierliche Messung und Anzeige des Druckes erfolgt."

Patentanspruch 1 lautet in der hilfsweise eingeschränkten Fassung:

"Verfahren zum Prüfen der Dichtigkeit von Gasrohrleitungen, insbesondere in Wohnhäusern, bei dem - zunächst durch Abschalten aller Gasgeräte und durch Schließen aller Gasabsperrorgane ein abgeschlossener, von einem Rohrstrang (2) mit Gas gespeister Leitungskörper (1) gebildet wird,

- die Gasuhr (3) dieses Rohrstrangs (2) bei geschlossener Gasabsperrarmatur (4) abgenommen wird,

- an die Stelle der Gasuhr (3) ein Meßgerät (12), mit dem der Gasdurchfluß und Gasdruck in Gasrohrleitungen meßbar ist, einerseits an das Gaszuführrohr (5) und andererseits an das Ende des Rohrstrangs (2) angeschlossen wird, wobei der Rohrstrang (2) zweckmäßig vor Abnahme der Gasuhr (3) elektrisch leitend überbrückt wird,

- dem Leitungskörper (1) über das Meßgerät (12) und den Rohrstrang (2) nun so lange Gas zugeführt wird, bis sich an dem Meßgerät (12) ein stationärer Zustand ohne weiteren Durchfluß - von Leckverlusten abgesehen - und mit konstantem Druck einstellt und - erst dann während einer vorgegebenen Zeitdauer eine Durchflußmessung durchgeführt wird, wobei - die Durchflußmessung etwa 10 bis 20 Minuten dauert und - die in der Einheit Liter pro Stunde (l/h) gemessene Durchflußmenge einen Durchschnittswert darstellt,

- der mittels eines Rechners im Meßgerät (12) aus einer Vielzahl von Meßwerten aus kurzen Zeitintervallen gebildet ist, und - eine kontinuierliche Messung und Anzeige des Druckes erfolgt."

Schriftsätzlich hat der Patentinhaber sinngemäß beantragt, den Beschluß der Patentabteilung 52 des Patentamts vom 19. März 1997 aufzuheben und den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise das Patent 38 15 308 in der dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegenden Fassung (erteilte Fassung sowie hilfsweise eingeschränkte Fassung) aufrechtzuerhalten, und zur Frage des Übergangs der Einsprechendenstellung und der Einhaltung der Schriftform die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.

Die Einsprechende hat schriftsätzlich beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen sowie dem Patentinhaber die Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen.

Die Einsprechende hält die Beschwerde für offensichtlich unbegründet. Die Aufrechterhaltung des Antrags auf mündliche Verhandlung stelle einen Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht dar. Die Einsprechende sei als juristische Person unverändert geblieben.

Hinsichtlich der Einsprechenden, der d... GmbH, ist am 29. Januar 2001 im Handelsregister die Auflösung der Gesellschaft eingetragen worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2001 hat der Patentinhaber die Teilung des Patents erklärt. Beide Verfahrensbeteiligten haben sich mit dem Übergang in das schriftliche Verfahren einverstanden erklärt. Zu der Trennanmeldung sind weder Unterlagen eingereicht noch Gebühren entrichtet worden.

II.

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Denn der Einspruch ist zulässig gewesen und der Gegenstand des Patents beruht weder in der erteilten noch in der hilfsweise beschränkten Fassung auf erfinderischer Tätigkeit, §§ 21 Abs 1 Nr 1, 4 PatG.

1. Die Einsprechende, die d... GmbH i.L., ist weiterhin am Verfahren beteiligt; ein Wechsel der Einsprechenden hat nicht stattgefunden.

Ausweislich der eingereichten Auszüge aus den die Gesellschaft betreffenden Eintragungen im Handelsregister ergibt sich, daß seit der Einlegung des Einspruchs durch die d... - die gasheizung GmbH mittlerweile dreimal die Firma der Gesellschaft geändert worden ist. Die GmbH als juristische Person im Sinne von § 13 Abs 1 GmbHG hat sich durch die Änderungen der Firma nicht geändert, denn die Firma der GmbH ist bloß ihr Name (vgl Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl, § 4 Rdn 2). Bloße Firmen- bzw Namensänderungen lassen die Einsprechendenstellung unberührt (vgl Schulte, PatG, 6. Aufl, § 59 Rdn 124; Busse, PatG, 5. Aufl, § 59 Rdn 138; BPatGE 33, 21).

Auch aus dem Umstand, daß zugleich mit den ersten beiden Firmenänderungen auch jeweils der Gegenstand des Unternehmens geändert worden ist, ergibt sich keine andere Beurteilung. Denn auch diese Änderungen haben die Identität der GmbH als juristische Person unangetastet gelassen, der Unternehmensgegenstand kennzeichnet vielmehr nur den Bereich und die Art der Tätigkeit der Gesellschaft, den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit (vgl Baumbach/Hueck, aaO, § 1 Rdn 5, § 3 Rdn 9). Auch daß ausweislich des Handelsregisters auf die Gesellschaft Anteile anderer Gesellschaften übertragen worden sind, hat ihre Identität als juristische Person nicht berührt. Das Einspruchsrecht knüpft nicht an die gegebenenfalls auch wirtschaftlich zu betrachtende Inhaberschaft an Geschäftsanteilen an, sondern an der in § 13 GmbHG statuierten rechtlichen Identität der GmbH selbst (vgl BPatGE 33, 21, 23), für deren Änderung vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen, zumal auch die Registereintragungen an gleicher Stelle fortlaufend und nicht - wie im Falle einer Neueintragung - an anderer Stelle des Handelsregisters zu finden sind. Soweit der Patentinhaber in diesem Zusammenhang auf Rechtsprechung verweist, wonach es bei der Rechtsnachfolge von Unternehmen(steilen) darauf ankommt, in wessen Interesse der Einspruch eingelegt ist (zB BGH BlPMZ 1968, 327 - Gelenkkupplung) ist anzumerken, daß vorliegend keine Rechtsnachfolge stattgefunden hat, denn die GmbH als juristische Person ist stets unverändert geblieben. Insoweit sind die Feststellungen des Patentamts in der Akte und die Mitteilungen an den Patentinhaber vom 20. September und 24. Oktober 1996, in denen vom Übergang des Einspruchsrechts die Rede ist, in der Formulierung mißverständlich gewesen.

Die Einsprechende hat auch ihre Rechts- und Beteiligtenfähigkeit nicht durch ihre im Handelsregister eingetragene Auflösung verloren (vgl Zöller, ZPO, 22. Aufl, § 50 Rdn 4; Baumbach/Hueck, aaO, § 60 Rdn 9; BPatGE 41, 160, 162).

2. Der Einspruch ist zulässig, denn er ist in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise eingelegt und begründet worden.

a. Gemäß § 59 Abs 1 Satz 2 PatG ist der Einspruch schriftlich zu erklären und zu begründen. Das Erfordernis der Schriftlichkeit, zu der die eigenhändige Unterschrift gehört, bezieht sich danach nicht nur auf die Erklärung des Einspruchs sondern auch auf dessen Begründung (vgl BGH BlPMZ 1988, 318, 319 - Spulenvorrichtung). Dies ist vorliegend erfüllt, auch wenn die Einspruchsbegründung nicht gesondert, sondern nur die Einspruchserklärung selbst mit einer Unterschrift versehen war.

Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift stellt klar, daß die Verfahrenshandlung prozessual gewollt ist und der Unterzeichnende für ihren gesamten Inhalt die Verantwortung übernimmt (Schulte, aaO, vor § 34 Rdn 254 mwN; BGH BlPMZ 1967, 225, 226 - Rohrhalterung; GmS-OGB NJW 2000, 2340, 2341). Nach der Rechtsprechung kann hierfür auch ausreichen, wenn die Unterschrift nicht auf dem unterschriftsbedürftigen Schriftsatz selbst enthalten ist, sondern auf einem unterschriebenen Begleitschreiben, sofern Schriftsatz und Begleitschreiben fest verbunden sind (vgl BGH NJW-RR 1999, 855, 856; NJW 1986, 1760, 1761 bei einer Verbindung mittels Loch-Heftleiste; BFH NJW 1974, 1582, 1583; Zöller, aaO, § 519 Rdn 8, § 518 Rdn 27; Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl, Bd 2, § 129 Rdn 14). Vorliegend reicht die Unterschrift auf der Einspruchserklärung, die der Sache nach zugleich das Begleitschreiben für die Einspruchsbegründung darstellt, aus, denn inhaltlich und äußerlich besteht zwischen Einspruchserklärung und Einspruchsbegründung eine enge Verbindung. Zum einen nimmt die unterzeichnete Einspruchserklärung, in dem es dort heißt, daß die Begründung der Anlage 1 zu entnehmen sei, ausdrücklich Bezug auf die beigefügte Begründung, die Anlage 1 ist wiederum auch mit "Begründung" überschrieben und auch in der Numerierung der Seitenzahl als Folgeseite zur Einspruchserklärung ausgewiesen. Zum anderen sind beide Schriftstücke sowohl als Telefax als auch als Original gleichzeitig und gemeinsam eingegangen, wobei das Original auch ursprünglich geheftet gewesen ist. Damit waren beide Schriftstücke als gewollte Einheit gekennzeichnet und zweifelsfrei kenntlich gemacht, daß die der Einspruchserklärung als Anlage beigefügte Einspruchsbegründung prozessual gewollt war und die Unterzeichner der Einspruchserklärung auch die Verantwortung hierfür übernehmen wollten. Die vom Patentinhaber genannte Rechtsprechung (BGH Spulenvorrichtung aaO) bezieht sich dagegen auf den hier nicht vorliegenden Fall, daß die Einspruchsbegründung in einer gesonderten, von der Einspruchserklärung getrennten Eingabe eingereicht worden ist.

b. Gemäß § 59 Abs 1 Satz 4 und 5 PatG sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen sollen, innerhalb der Einspruchsfrist im einzelnen anzugeben. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes maßgeblichen Umstände so vollständig dargelegt sind, daß der Patentinhaber und das Patentamt in den Stand gesetzt sind, allein anhand der mitgeteilten Umstände zu prüfen, ob der behauptete Widerrufsgrund gegeben ist (vgl Schulte, aaO, § 59 Rdn 66 mwN). Von einer Darlegung des technischen Zusammenhangs kann ausnahmsweise dann abgesehen werden, wenn dem Fachmann der technische Zusammenhang auch ohne nähere Ausführungen ohne weiteres klar ist (vgl Schulte, aaO, § 59 Rdn 76 aE; BGH BlPMZ 1972, 173, 175 - Sortiergerät). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Im vorliegenden Fall hat die Einsprechende in ihrer Einspruchsbegründung zwar nur pauschal behauptet, daß sich die Merkmale b bis i des Anspruchs 1 des Streitpatents aus dem Artikel "digameter - Leckmengenmeßgerät für Gasleitungsanlagen" in Neue DELIWA-Zeitschrift, Heft 9/87, Seite 387 und 389 ergeben, ohne dies im einzelnen auszuführen. Dem Fachmann drängt sich jedoch der technische Zusammenhang zwischen dem patentierten Gegenstand und der nur eine kurze und übersichtliche Textstelle darstellenden Entgegenhaltung ohne weiteres auf, wie die Patentabteilung zutreffend festgestellt hat.

3. Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht weder in der erteilten Fassung noch in der hilfsweise eingeschränkten Fassung auf erfinderischer Tätigkeit.

a. Nachdem der Patentinhaber für die mit Teilungserklärung vom 24. April 2001 abgetrennte Anmeldung weder Unterlagen eingereicht noch Gebühren entrichtet hat, gilt die Teilungserklärung als nicht abgegeben, § 39 Abs 3 PatG. Das vorliegende (Stamm-)Patent hat daher unverändert die Fassung, in der es erteilt worden ist.

Dieses Patent bezieht sich auf ein Verfahren zum Prüfen der Dichtigkeit von Gasrohrleitungen insbesondere in Wohnhäusern.

Die in der Beschreibungseinleitung abgehandelten, aus den Druckschriften DE-AS 24 08 562 und EP 0 066 716 B1 hervorgehenden Verfahren werden als ungenau und aufwendig bezüglich Zeit und Gerätetechnik geschildert. Demgegenüber wird es nach der patentgemäßen Aufgabenstellung als Ziel angesehen, ein zuverlässiges, einfaches und mit geringem gerätetechnischen Aufwand durchführbares Dichtigkeitsprüfverfahren zu schaffen.

Dieses Ziel soll gemäß Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung mit einem Verfahren erreicht werden, das sich nach dem Einspruchsschriftsatz vom 7. Dezember 1993 in folgende Schritte gliedern läßt:

"Verfahren zum Prüfen der Dichtigkeit von Gasrohrleitungen, insbesondere in Wohnhäusern, bei dema) zunächst durch Abschalten aller Gasgeräte und durch Schließen aller Gasabsperrorgane ein abgeschlossener, von einem Rohrstrang (2) mit Gas gespeister Leitungskörper (1) gebildet wird, b) die Gasuhr (3) dieses Rohrstrangs (2) bei geschlossener Gasabsperrarmatur (4) abgenommen wird, c) an die Stelle der Gasuhr (3) ein Meßgerät (12), mit dem der Gasdurchfluß und Gasdruck in Gasrohrleitungen meßbar ist, einerseits an das Gaszuführrohr (5) und andererseits an das Ende des Rohrstrangs (2) angeschlossen wird, d) dem Leitungskörper (1) über das Meßgerät (12) und den Rohrstrang (2) nun so lange Gas zugeführt wird, bis sich an dem Meßgerät (12) ein stationärer Zustand ohne weiteren Durchfluß - von Leckverlusten abgesehen - und mit konstantem Druck einstellt unde) erst dann während einer vorgegebenen Zeitdauer eine Durchflußmessung durchgeführt wird, wobeif) die Durchflußmessung etwa 10 bis 20 Minuten dauert undg) die in der Einheit Liter pro Stunde (l/h) gemessene Durchflußmenge einen Durchschnittswert darstellt, h) der mittels eines Rechners im Meßgerät (12) aus einer Vielzahl von Meßwerten aus kurzen Zeitintervallen gebildet ist, undi) eine kontinuierliche Messung und Anzeige des Druckes erfolgt."

Von der Einsprechenden wurden folgende Druckschriften erstmals genannt:

1) "Neue DELIWA - Zeitschrift", Heft 9/87, S.387, 389 und 2) "Technische Regeln für Gas-Installationen DVGW - TRGI 1986", Arbeitsblatt G 600, November 1986, S.34, 35.

In Druckschrift 1 wird ein Leckmengenmeßgerät für Gasleitungsanlagen beschrieben, mit dem Gasdurchfluß und Gasdruck in diesen Leitungsanlagen meßbar sind. Zur Durchführung des Leckmengenmeßvorganges, d.h. zum Prüfen der Dichtigkeit der besagten Gasleitungsanlagen, wird das Meßgerät an Stelle des Gaszählers installiert und mit der zu prüfenden Gasleitungsanlage verbunden (S. 387, re. Sp., vorletzter und letzter Abs.). Dieser Vorgang schließt neben der im Merkmal b) enthaltenen Demontage der Gasuhr und der Montage des Leckmengenmeßgerätes - Merkmal c) - auch die weiteren im Merkmal a) enthaltenen Abschaltund Schließvorgänge ein, da andernfalls keine korrekten Messungen möglich wären.

Nach den im Abschnitt "Meßprogramm" (S. 389, li. Sp., 3. Abs.) enthaltenen Angaben wird nach einer Meßdauer von sechs Minuten als (erstes) Ergebnis ein Mittelwert der in diesem Zeitraum gewonnenen Einzelmeßwerte für die Gasleckmenge angezeigt. Waren in diesem Zeitraum keine oder nur geringfügige Druckschwankungen zu verzeichnen, so wird dieser Meßwert als sehr genau angesehen. Das Ausbleiben oder nur geringfügige Auftreten von Druckschwankungen im Meßzeitraum setzt voraus, daß die nach der Installation des Leckmengenmeßgerätes vorzunehmende Befüllung der zu untersuchenden Gasleitungsanlage vor Beginn des Meßzeitraumes abgeschlossen ist. Demnach ist auch ein dem Merkmal d) entsprechender Verfahrensschritt beim Gegenstand von Druckschrift 1 gegeben.

Treten bei der Messung stärkere Druckschwankungen auf, so kann das Meßprogramm fortgesetzt werden, wobei dann nach jeder weiteren Minute ein neuer Mittelwert für die Gasleckmenge mit der Einheit Liter pro Stunde (vergl. S. 389, li. Sp., 1. Abs.) ausgegeben wird. Die Mittelwertbildung erfolgt mit Hilfe eines Computers, der die Einzelmeßwerte registriert und saldiert. Von den Merkmalen e) bis h) des Anspruchs 1 des Patents geht somit lediglich der zu f) gehörende Verfahrensschritt nicht direkt aus Druckschrift 1 hervor. Merkmal i) ist beim bekannten Verfahren ebenfalls verwirklicht, vergl. S.387, re. Sp., le. Abs.

Demnach unterscheidet sich das mit dem Leckmengenmeßgerät nach Druckschrift 1 durchführbare Verfahren zum Prüfen der Dichtigkeit von Gasleitungsanlagen von jenem nach Anspruch 1 des Patents nur hinsichtlich des Meßzeitraums für die Bestimmung des (ersten) Durchschnittswertes der Leckmenge. Dieser Zeitraum beträgt etwa 10 bis 20 Minuten gemäß Merkmal f) des Anspruchs 1 des Patents und 6 Minuten nach Druckschrift 1. In diesem Unterschied kann nichts Erfinderisches gesehen werden, da für den Fachmann - einem Physik-Ingenieur (FH) mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Gasmeßtechnik - durch entsprechende Erfahrungen aus der Meßpraxis mit dem Gegenstand von Druckschrift 1, nämlich der häufigen Verlängerung des zunächst auf 6 Minuten festgelegten Meßzeitraumes aufgrund von stärkeren Druckschwankungen, ohne weiteres ersichtlich ist, daß ein verlängerter Erstmeßzeitraum vorteilhaft wäre. Eine solche Modifikation des Gegenstandes der Druckschrift 1 wird demnach durch entsprechende Erfahrungen in der Praxis nahegelegt.

Folglich ist der Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung nicht rechtsbeständig, da sein Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

b. In den Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist (im Anschluß an Merkmal c)) ergänzend folgendes Teilmerkmal aufgenommen worden:

c1) ",wobei der Rohrstrang (2) zweckmäßig vor Abnahme der Gasuhr (3) elektrisch leitend überbrückt wird,".

Eine solche Maßnahme ist dem Fachmann aus der in Druckschrift 1 erwähnten Druckschrift 2, S. 35, Abschnitt 3.5.5 geläufig. Demzufolge vermag auch die Hinzunahme des Verfahrensschrittes nach Merkmal c1 das hilfsweise beanspruchte Verfahren nicht auf erfinderisches Niveau zu heben.

Auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist somit nicht rechtsbeständig.

c. Da über einen Antrag jeweils nur einheitlich entschieden werden kann, sind die Unteransprüche 2 bis 5 des Patents in der erteilten Fassung und 2 bis 4 nach Hilfsantrag ebenfalls nicht rechtsbeständig.

d. Nachdem der Gegenstand des Patents aus den aufgezeigten Gründen nicht patentfähig ist, konnte der weiter geltend gemachte Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme, der im Beschwerdeverfahren von der Einsprechenden im übrigen auch nicht mehr aufgegriffen worden ist, dahin gestellt bleiben, zumal die widerrechtliche Entnahme begrifflich die Patentfähigkeit der Erfindung voraussetzt (vgl Schulte, aaO, § 21 Rdn 46).

Die Beschwerde des Patentinhabers war daher zurückzuweisen.

4. Der Antrag der Einsprechenden, dem Patentinhaber die Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen, hat keinen Erfolg.

§ 80 Abs 1 PatG geht von dem Grundsatz aus, daß jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die eine Kostenauferlegung nach billigem Ermessen als angebracht erscheinen lassen, so etwa bei kaum hinreichender Erfolgsaussicht der Beschwerde oder bei Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht (vgl Schulte, aaO, § 80 Rdn 6, 10 ff). Derartige Umstände sind hier nicht festzustellen, zumal der Patentinhaber seine Beschwerde nicht nur auf den seiner Ansicht nach unzulässigen "Wechsel" der Einsprechenden gestützt hat, sondern auch auf andere Gründe, und die einmalige mündliche Verhandlung auf jeden Fall auch sachdienlich gewesen ist.

5. Es bestehen auch keine Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, § 80 Abs 3 PatG. Zwar liegt ein Verfahrensverstoß darin, daß dem Patentinhaber die von der Einsprechenden im patentamtlichen Verfahren eingereichten Handelsregisterauszüge nicht vor der Beschlußfassung durch die Patentabteilung übermittelt worden sind, doch kann zwischen diesem Fehlverhalten und der Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung eine Kausalität nicht festgestellt werden. Auch wenn der Patentinhaber die Handelsregisterauszüge bereits im patentamtlichen Verfahren erhalten und dazu vorgetragen hätte, was er im Beschwerdeverfahren getan hat und wodurch sein Anspruch auf rechtliches Gehör nachgeholt worden ist, kann nicht angenommen werden, daß die Patentabteilung dadurch zu einer abweichenden Beurteilung gelangt wäre, zumal sie die Firmenänderung auch nur kurz im Tatbestand ihres Beschlusses angesprochen hat. Bei diesem Verfahrensverstoß hat der Senat im übrigen auch keinen Anlaß für eine Zurückverweisung der Sache nach § 79 Abs 3 Nr 2 PatG gesehen.

6. Für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde (§ 100 Abs 2 PatG) hat der Senat ebensowenig Veranlassung gesehen, weil die Entscheidung nicht von den anerkannten Grundsätzen der Rechtsprechung zum Wechsel der Einsprechendenstellung, zur Schriftform und zur Zulässigkeit des Einspruchs abweicht, sondern diese Grundsätze in einer auf die Umstände des vorliegenden Falles bezogenen Weise anwendet.

Grimm Prasch Püschel Schuster Ko






BPatG:
Beschluss v. 20.12.2001
Az: 17 W (pat) 35/97


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