Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Dezember 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 53/04

(BPatG: Beschluss v. 22.12.2004, Az.: 28 W (pat) 53/04)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent und Markenamts vom 21. August 2003 aufgehoben.

Die Beschwerdegebühr wird zurückerstattet.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist das Wort Flexoals Kennzeichnung für die Waren:

Klasse 3 Polier- und Schleifmittel; Schleifpapiere, Schleifblätter, Schleifscheiben; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 3 enthalten.

Klasse 7 Maschinen und maschinelle Geräte für die Bearbeitung von Werkstücken und Werkstoffen; Werkzeugmaschinen; maschinelle Werkzeuge für vorgenannte Maschinen und Geräte, insbesondere Polier- und Schleifwerkzeuge, Schleif- und Polierkörper, Schleif- und Polierscheiben, Schleif- und Polierringe, Schleif- und Poliersegmente; Halter für vorgenannte Geräte; Schleif- und Polierteller; Teile und Bestandteile der vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten.

Die Markenstelle für Klasse 7 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und dem Bestehen eines Freihaltebedürfnisses mit der Begründung zurückgewesen, die Marke werde von den Herstellern als beschreibende Angabe im Sinn von "flexibel" verwendet und von den beteiligten Verkehrskreisen auch so verstanden. Damit sei das Wort als Produktidentifikation ungeeignet.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Begehren auf Eintragung weiter. Eine sachliche Begründung hat sie nicht abgegeben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde (§ 165 Abs 4 MarkenG) ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), noch das des Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) entgegen.

Es steht nicht mit der für die Versagung einer Eintragung notwendigen Sicherheit fest, dass das Wort "Flexo" einen derart eindeutig beschreibenden Begriffsinhalt hat, dass der angesprochene Verkehr - Fachverkehr und fachinteressierter Endverbraucher - es allein in diesem Sinn und nicht als Marke auffassen wird. Wegen des Anspruchs auf Eintragung gemäß § 33 Abs 2 S 2 MarkenG sind Zweifel an der Eintragungsfähigkeit letztlich zugunsten der angemeldeten Marke zu werten.

Die Marke ist unterscheidungskräftig (§ 8 Abs 2 Nr. 1 MarkenG).

Die von der Markenstelle angeführten Verwendungsbeispiele belegen, dass das Wort "Flexo" in ganz unterschiedlichen Warengebieten als Kennzeichnung von Produkten gebraucht wird um auf deren Biegsamkeit und Elastizität hinzuweisen (zB Radspeiche "Simson Flexo", Schlauchleitung "Flexo", Schwachstromleitung "LAM Flexo Twin", Magnetfolie "Flexo Magnete", Moving Heads "Flexo Serie", Heizölarmatur "Flexo-Block", Scheuerbürste "Flexo"). Dies allein genügt jedoch nicht um den unmittelbar beschreibenden Aussagegehalt eines Begriffes und damit seine Ungeeignetheit als Marke zu bejahen. Schon die zahlreiche Verwendung eines Wortes in kennzeichnender Form spricht eher für dessen individualisierender Aussagekraft als für dessen ausschließlich unmittelbar beschreibenden Inhalt.

Das Wort "Flexo" in Alleinstellung gibt es im deutschen Sprachgebrauch nicht; das Wort flexibel wird mit "flex." abgekürzt. Es gibt einige Wortverbindungen mit "Flexo" - Flexodruck (besonderes Druckverfahren mit flexiblen Druckformen), Flexoleitung (verschleißarme Anschlussleitung für elektrische Geräte), Flexometer (Gerät zur Prüfung des Dauerbiegeverhalten) und Flexograf (Stempelmacher) - es sind aber keine Waren innerhalb des beanspruchten Warenverzeichnisses denkbar, für die diese Fachbegriffe einen Aussagewert hätten. In Verbindung mit den hier maßgebenden Waren werden die angesprochenen Verkehrskreise in dem Wort "Flexo" daher in erster Linie einen Hinweis auf "flexibel" sehen. Für alle beanspruchten Waren kann das Wort "flexibel" selbst insoweit unmittelbar beschreibend sein, als es auf deren Flexibilität und Beweglichkeit hinweist. "Flexo" ist aber weder das gängige und übliche Kurzwort noch die geläufige Abkürzung von flexibel. Es ist vielmehr eine Abwandlung dieser schutzunfähigen Sachangabe. Abwandlungen von unmittelbar beschreibenden Angaben kann die Unterscheidungskraft nur dann abgesprochen werden, wenn die Abwandlung entweder so geringfügig ist, dass sie unbemerkt bleibt, bzw als Druck- und Hörfehler gesehen wird - dies trifft hier nicht zu -, oder aber wenn der Verkehr in der Abwandlung ohne weiteres die geläufige unmittelbar beschreibende Sachangabe sieht, er ihr also jede individualisierende Eigenart abspricht. Die Rechtsprechung hat für einen solchen individualisierenden Charakter häufig schon ganz geringfügige Abweichungen vom Fachbegriff genügen lassen, zB Metropolc gegenüber der INN Kurzbezeichnung Metropolol (BGH, BlPMZ 1995, 254), oder Tirlopirox gegenüber dem INN Rilopirox (BGH, BlPMZ 1995, 70), schließlich Omeprazok gegenüber dem INN Omeprazol (BGH, BlPMZ 2002, 256). Das Wort "Flexo" unterscheidet sich von der beschreibenden Sachangabe flexibel und dessen Abkürzung flex. durch das markante "o". Zwar hat "Flexo" in bestimmten Wortverbindungen einen eigenen konkreten beschreibenden Aussagegehalt, diese Fachbegriffe können aber bei den hier maßgebenden Waren keine Rolle spielen. Trifft der Verbraucher bei Werkzeugmaschinen und deren Zubehör auf das Wort "Flexo", so wird er zwar die inhaltliche Bezugnahme auf die beschreibende Angabe "flexibel" erkennen, das Wort selbst aber nicht als dessen unmittelbare Wiedergabe, sondern vielmehr als Kunstwort auffassen. Zumindest fehlt es hier an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass Flexo ohne weiteres mit flexibel gleichgesetzt wird. Für die individualisierende Eigenart von Flexo spricht auch dessen zahlreiche markenmäßige Verwendung, denn es widerspricht der Lebenserfahrung, dass ein Begriff, in dem der Verbraucher in erster Linie eine Beschreibung der Produkteigenschaft sieht, von einer Vielzahl von Herstellern als Marke gebraucht wird. Ein solcher Begriff nämlich bietet dem Produzenten gerade keine Gewähr dafür, dass der Kaufinteressent anhand dieser Marke das von ihm gewünschte Produkt im ausreichend sicheren Maß von anderen Produkten unterscheiden kann.

Ebenso wenig kann das Schutzhindernis eines Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) festgestellt werden. Zeichen, die in Anlehnung an eine freihaltebedürftige Angabe gebildet sind, haben zwar nur Schutz in Bezug auf diese Eigenprägung, als erkennbare Abwandlung einer Sachangabe müssen sie aber den Mitbewerber nicht zur freien Verfügung stehen.

Die Beschwerde hat deshalb Erfolg.

Die Rückerstattung der Beschwerdegebühr entspricht der Billigkeit (§ 71 Abs 3 MarkenG). Die Markenstelle hat sich als Nachweis für die beschreibende Verwendung des Wortes "Flexo" auch auf eine Fundstelle im Internet gestützt, die reine Sexartikel betrifft ohne dass irgendwelcher Sachzusammenhang zu den hier maßgeblichen Waren oder Verkehrkreisen erkennbar wäre. Ein solches Vorgehen beeinträchtigt nicht nur das Ehrgefühl der am Verfahren Beteiligten, sondern stellt sich, zumal sämtliche Fundstellen erst mit dem Beschluß übersandt worden sind, auch als grober Verstoß gegen eine sachgemäße, wertfreie und faire Verfahrensführung dar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Verwendungsbeispiel für die Entscheidung mitursächlich war.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Bb






BPatG:
Beschluss v. 22.12.2004
Az: 28 W (pat) 53/04


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