Landgericht Köln:
vom 18. Juli 2008
Aktenzeichen: 82 O 63/07

(LG Köln: v. 18.07.2008, Az.: 82 O 63/07)

Tenor

Die nach den in dieser Sache geschlossenen Teilprozessvergleichen noch rechtshängigen Klagen der Kläger zu 38, 40, 60, 69, 70 und 73 werden abgewiesen.

Die Kläger zu 22, 38, 40, 60, 69, 70 und 73 tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten jeweils zu 1/74. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die vorgenannten Kläger selbst.

Die Kosten der Streithilfe trägt die Streithelferin.

Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Köln. Sie ist weltweit im Rückversicherungsgeschäft tätig.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der A1 Re-Gruppe, einer der größten Rückversicherungsgruppen weltweit. Geführt wird die A1 Re-Gruppe von der A1 Re Corporation mit Sitz in T1, USA (nachfolgend auch "A1 Re"). Über die A1 Reinsurance Corporation mit Sitz in T1, USA (nachfolgend "A2"), eine 100%ige Tochtergesellschaft der A1 Re, ist die A1 Re-Gruppe mit großer Mehrheit am Grundkapital der Beklagten beteiligt. A2 hält einen Teil des Grundkapitals der Beklagten unmittelbar, im übrigen mittelbar über ihre 100%ige Tochtergesellschaft D1 Corporation mit Sitz in T1, USA (nachfolgend "D1"). A1 Re ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der T2 Incorporation, USA, die von Herrn C3, USA, kontrolliert wird.

Das Grundkapital der Beklagten beträgt 53.568.000,00 € und ist eingeteilt in 16.875.000 Namens-Stückaktien und 4.050.000 Inhaber-Stückaktien. Davon wurden 1.000.871 Aktien von Minderheitsaktionären gehalten.

Gemäß § 5 der Satzung der Gesellschaft in der aktuellen Fassung sind die auf den Namen lautenden Stückaktien nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragbar. Die Übertragung wird in das Aktienregister der Gesellschaft eingetragen und dem Aktionär durch eine Eintragungsbestätigung angezeigt.

Mit Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 9. Mai 2007 lud die Beklagte für den 26. Juni 2007 zu ihrer jährlichen Hauptversammlung ein. Vorgesehen waren folgende Tagesordnungspunkte:

Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2006, des Lageberichts für das Geschäftsjahr 2006, des Konzernabschlusses zum 31. Dezember 2006, des Konzern-Lageberichts für das Geschäftsjahr 2006 sowie des Berichts des Aufsichtsrates über das Geschäftsjahr2006 (TOP1)

Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns (TOP 2)

Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2006 (TOP 3)

Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2006 (TOP4)

Beschlussfassung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der S-Gesellschaft AG auf die A1 Reinsurance Corporation (Hauptaktionär) gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung (TOP 5)

Folgende Unterlagen lagen in den Versammlungsräumen der Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 aus:

- der Jahresabschluss und der Lagebericht (einschl. Erläuterung der Angaben gemäß § 289 Abs. 4 HGB) sowie der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht (einschl. Erläuterung der Angaben gemäß § 315 Abs. 4 HGB) der S-Gesellschaft AG für das Geschäftsjahr 2006

- der Bericht des Aufsichtsrats

- der Entwurf des Übertragungsbeschlusses

- die Jahresabschlüsse und Lageberichte sowie die Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte der S-Gesellschaft AG für die Geschäftsjahre 2004 und 2005

- der von A1 Reinsurance Corporation gemäß § 327c Abs. 2 S. 1AktG in ihrer Eigenschaft als Hauptaktionär erstattete schriftliche Bericht an die Hauptversammlung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre vom 18. April 2007

- der von der Q & I2 AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf, gemäß § 327c Abs. 2 S. 2 bis 4 AktG erstattete Prüfungsbericht über die Angemessenheit der Barabfindung vom 24. April 2007

Die Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 wurde von ihrem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. E3 geleitet. Er öffnete die Versammlung um 10:00 Uhr. Sämtliche Tagesordnungspunkte wurden im Rahmen einer A1debatte diskutiert. Zu Beginn der Aussprache bat der Versammlungsleiter, die Redezeit auf jeweils 15 Minuten zu beschränken. Eine Einschränkung der Rede- und Fragezeit wurde vorbehalten. Gegen 18.30 Uhr teilte der Vorsitzende mit, dass er mit Rücksicht auf die bisherige Dauer der Debatte sowie die Vielzahl der gestellten und beantworteten Fragen sowie die noch zu erwartenden weiteren Fragen eine ordnungsgemäße Abwicklung der Tagesordnung in dieser Hauptversammlung in einer für alle Beteiligten angemessenen Zeit nicht mehr als gewährleistet ansehe. Er sehe sich daher gezwungen, die Schließung der Rednerliste in 30 Minuten, also für 19.00 Uhr anzukündigen. Er fordere daher alle Aktionäre, die noch nicht auf der Rednerliste stünden und das Wort noch ergreifen wollten, auf, sich am Wortmeldetisch noch in die Wortmeldeliste einzutragen. Um 19.06 Uhr wurde die Rednerliste durch den Vorsitzenden geschlossen. Um 20.45 Uhr teilte der Vorsitzende mit, dass die Rednerliste nun abgearbeitet sei und nach Auffassung von Vorstand und Aufsichtsrat alle Fragen der Aktionäre beantwortet seien.

Gegen etwa 21:00 Uhr ließ der Vorsitzende über die Beschlussvorschläge zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 5 abstimmen. Von den das Grundkapital repräsentierenden 20.925.000 Stückaktien waren 20.419.456 Stückaktien mit ebenso vielen Stimmen vertreten. Alle Beschlussvorschläge wurden mit der erforderlichen Mehrheit angenommen.

Zu Punkt 2 der Tagesordnung beschloss die Versammlung auf Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats mit 19.936.771 Ja-Stimmen gegen 380.845 Nein-Stimmen:

Der Bilanzgewinn des Geschäftsjahres 2006 in Höhe von € 65.120.472 wird wie folgt verwandt:

Ausschüttung einer Dividende von € 0,11

je dividendenberechtigter Stückaktien € 2.301.750

Einstellung in Gewinnrücklagen € 62.818.722

Bilanzgewinn € 65.120.472

Der Tagesordnungspunkt 3 (Entlastung des Vorstands) wurde mit 19.966.402 Ja-Stimmen und 351.008 Nein-Stimmen beschlossen.

Der Tagesordnungspunkt 4 (Entlastung des Aufsichtsrats) wurde mit 19.963.049 Ja-Stimmen und 354.431 Nein-Stimmen beschlossen.

Zu Punkt 5 der Tagesordnung hatte der Vorstand den Entwurf des Übertragungsbeschlusses im Rahmen seines Berichts erläutert. Die Versammlung beschloss auf Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats auf Verlangen der A2 mit 19.936.045 Ja-Stimmen gegen 483.217 Nein-Stimmen:

Die auf den Inhaber und auf den Namen lautenden Stückaktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) der S-Gesellschaft AG werden gemäß dem Verfahren zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre (§§ 327a ff. Aktiengesetz) gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von EUR 148,90 je auf den Inhaber oder auf den Namen lautende Stückaktie auf die A1 Reinsurance Corporation, eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft mit satzungsmäßigem Sitz in T1, T3, USA, übertragen.

Der Vorsitzende stellte jeweils nach der Abstimmung bei jedem Beschluss das Ergebnis der Abstimmung fest und verkündete das Ergebnis eines jeden Beschlusses.

Nach Verkündung der Abstimmungsergebnisse erklärten zahlreiche Aktionäre Widerspruch zur Niederschrift.

Der Vorsitzende schloss die Versammlung um 21:31 Uhr.

Mit ihren Klagen greifen die Kläger den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26. Juni 2007 zu TOP 5 an. Vereinzelt werden auch die Beschlüsse zur TOP 2 bis 4 angegriffen.

Die Kläger behaupten, bereits vor dem 9. Mai 2007 Aktionäre der Beklagten gewesen zu sein, auf ihrer Hauptversammlung am 26. Juni 2007 vertreten gewesen zu sein und gegen die angegriffenen Hauptversammlungsbeschlüsse Widerspruch zu Protokoll erklärt zu haben.

Die Kläger bestreiten, dass die Hauptaktionärin A2 über 95% der Stimmen der Beklagten zum Zeitpunkt des Verlangens des Squeeze outs beziehungsweise der Hauptversammlung verfügte. Der vorgelegte Depotauszug sei unerheblich, da es bei Namensaktien auf die Eintragung im Aktienregister ankomme. Ausreichend gewesen wäre die Vorlage der Bestätigung über die Eintragung der Hauptaktionärin in das Aktienregister der Beklagten. Den ausdrücklichen Wunsch von Aktionären in der Hauptversammlung am 26. Juni 2007, das Aktienregister der Beklagten im Umfang der dem "C3-Konsortium" gehörenden Aktien offen zulegen, habe die Verwaltung der Beklagten blockiert. Insofern habe die Beklagte auch die Informationsrechte der Minderheitsaktionäre gemäß § 131 Abs. 1 AktG vereitelt. Auch wenn möglicherweise der Aktienbesitz des Hauptaktionärs von 95% nicht gegenüber den Minderheitsaktionären nachzuweisen sei, müsse aber auf konkrete Nachfrage in der Hauptversammlung eine Erklärung durch die Gesellschaft erfolgen. Der Beklagten und der Hauptaktionärin sei es versagt gewesen, sich auf den Schutz von Persönlichkeitsrechten oder datenschutzrechtlichen Erwägungen zu stützen.

§ 28 WpHG

Die Kläger sind der Meinung, die Hauptaktionärin habe wegen eines Rechtsverlustes nach § 28 WpHG nicht mitstimmen dürfen. Die Kläger bestreiten, dass die Hauptaktionärin ihre Beteiligung ordnungsgemäß der Beklagten und der B7 gemeldet hat. Die "C3-Gruppe" habe mangels ordnungsgemäßer Meldung nach § 21 WpHG schon zum Zeitpunkt des Verlangens nach § 327 a Abs. 1 AktG (18. September 2006) keine Rechte aus den Aktien ausüben dürfen. Die von der Beklagten vorgelegten Stimmrechtsmeldungen seien falsch, unvollständig oder nicht nachvollziehbar. Ohne erkennbaren Grund seien mehrfach Meldungen vorgenommen worden, so z.B. bezüglich der Meldungen gemäß Anlage KE 39 und KE 40. Teilweise seien Stimmrechtsquoten gemeldet worden, die inzwischen nicht mehr bestünden. Die Meldung der A2 vom 7. Januar 2002 (Anlage KE 22) gebe lediglich die Überschreitung der 5%-Hürde an, obwohl die Stimmrechtsquote bei 88,7% gelegen haben soll. In der Meldung vom 4. April 2002 (Anlage KE 34) fehlten Angaben zu sämtlichen Meldeschwellen. Selbst die Mehrheitsaktionärin habe es für notwendig erachtet, mit den verspäteten Meldungen vom 25. und 26. Juni 2007 (Anlagen KE 23 und KE 29) die fehlenden Angaben für die D1, T2 und C3 nachzuholen. Die Hauptaktionärin habe folglich auch nicht das Recht gehabt, einen Antrag auf Bestimmung eines Prüfgutachters zu stellen, sich zur Hauptversammlung anzumelden, in die Präsenzliste aufgenommen zu werden, an der Hauptversammlung teilzunehmen und das Stimmrecht aus den Aktien auszuüben. Ohne Berücksichtigung der Stimmen der Hauptaktionärin (16.288.893 Namens-Aktien und 3.635.236 Inhaber-Aktien) wären die angegriffenen Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 5 nicht zu Stande gekommen. Selbst wenn unterstellt würde, dass der Beklagten und der B7 noch am 25. und 26. Juni 2007 die Meldungen der Hauptaktionärin bzw. der D1 zugegangen seien, sei die Veröffentlichung der Meldungen aber erst Tage später am 29. Juni 2007 erfolgt. Damit sei die von den §§ 21 ff. WpHG beabsichtigte Information der Anleger über bedeutende Stimmrechtsanteile vorsätzlich vereitelt worden, was zum Rechtsverlust nach § 28 WpHG führen müsse. Auf keinem Fall habe der Hauptaktionärin bis zum Zeitpunkt der Nachmeldung, d. h. dem 26. Juni 2007,19.01 Uhr, ein Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung zugestanden. Wäre sie nicht in der Präsenzliste mit ihrer Stimmgewalt aufgeführt gewesen, sei zweifellos anzunehmen, dass die Minderheitsaktionäre auf eine schnelle Abstimmung bestanden hätten und insofern der Beschluss zu TOP 5 nicht gefasst worden wäre. Ohne die Stimmen der Hauptaktionärin (19.924.129 Stimmen) hätten lediglich 38.920 Stimmen für den Beschluss gestimmt, wohingegen 354.431 Stimmen gegen den Beschluss zu TOP 5 gestimmt hätten.

Nach Ansicht der Kläger zu 69 und 70 seien die nach § 327 c Abs. 3 Nr. 2 AktG vorzulegenden Jahresabschlüsse der Beklagten unrichtig gewesen. Die "C3-Gruppe" habe aufgrund des Ruhens der Aktienrechte aus den von ihr gehaltenen Aktien keine Dividende einstreichen dürfen. In den Jahresabschlüssen hätte daher eine Forderung der Gesellschaft auf Rückgewähr der zu Unrecht an die "C3-Gruppe" gezahlten Dividenden ausgewiesen werden müssen.

Die Kläger zu 69 und 70 meinen ferner, die notarielle Niederschrift der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. Juni 2007 sei fehlerhaft, da die anfallenden Aufgaben auf zwei Notare verteilt worden seien. Beispielsweise habe ein Notar Widersprüche und sonstige Protokollierungswünsche aufgenommen. Das widerspreche dem Grundsatz, dass der Notar die zu protokollierenden Tatsachensachverhalte selbst mit seinen Sinnen in seiner amtlichen Eigenschaft wahrgenommen haben muss. Die Wahrnehmung eines Gehilfen könne die Wahrnehmung des die Niederschrift führenden Notars nicht ersetzen. Der Beurkundungsmangel führe gemäß 241 Nr. 2 AktG in Verbindung mit 130 S. 1 AktG zur Nichtigkeit der angegriffenen Beschlüsse.

Der Kläger zu 73 ist der Auffassung, das das satzungsmäßige Erfordernis eines stichtagsbezogenen Legitimationsnachweises für Inhaberaktien zu unbestimmt sei, da die Satzung nicht entsprechend § 123 Abs. 3 S. 2 AktG ausdrücklich den 21. Tag vor der Hauptversammlung als maßgeblichen Stichtag benenne.

Der Kläger zu 73 ist ferner der Meinung, dass die Einladung zur Hauptversammlung gegen § 121 Abs. 3 S. 2 AktG verstoße, da sowohl die Anmeldung als auch der Nachweis (des depotführenden Instituts) bis spätestens zum Ablauf des 19. Juni 2007 verlangt worden seien. Für diese Bedingung gebe es in der Satzung der Beklagten keine Grundlage. § 19 Abs. 1 b) der Satzung der Beklagten fordere zwar die Anmeldung und den Nachweis des depotführenden Instituts, allerdings müsse sich der Nachweis auf den im Gesetz hierfür vorgesehenen Zeitpunkt beziehen. Aus dem Zusammenhang zwischen Satzung und Gesetz ergebe sich keinesfalls, wie es in der Einberufung zur Hauptversammlung vom 26. Juni 2007 heiße, dass der Gesellschaft bis spätestens zum Ablauf des 19. Juni 2007 der Nachweis des depotführenden Instituts zukommen müsse.

Die Klägerin zu 40 ist der Meinung, der Beschluss zu TOP 5 sei rechtswidrig, da die Barabfindung nicht ordnungsgemäß angeboten worden sei. Der Beschluss verstoße gegen § 327 a Abs. 1 S. 1 AktG, da die Abfindung greifbar unangemessen sei, und zwar allein schon deshalb, weil bei dem Verkauf der Aktie zum Stichtag 165,00 € pro Namens-/Inhaberaktie zu erzielen gewesen sei, während die Hauptaktionärin lediglich 148,90 € festgesetzt habe. Ferner sei bei der Ermittlung des Unternehmenswertes im Rahmen der ewigen Rente die Ausschüttungsquote in völliger Abkehr der von der Beklagten bislang vorgenommenen Ausschüttungspraxis von unter 1% auf sage und schreibe 45% erhöht worden. Diese Einwände seien im Anfechtungsverfahren zu berücksichtigen, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Abfindung von einem unabhängigen und vom Gericht bestellten Gutachter ermittelt worden sei.

Die Klägerin zu 40 behauptet, die Aktionäre der Beklagten seien zum Zeitpunkt der Hauptversammlung unrichtig erfasst gewesen, insbesondere die Namensaktionäre. Aktionäre, die bereits vor längerer Zeit nachweislich ihre Aktien verkauft hätten, hätten gleichwohl noch Stimmkarten für die Versammlung erhalten, während andere Aktionäre, die nachweislich über Aktien der Beklagten verfügten, der Eintritt zur Hauptversammlung zunächst verweigert und erst nach mehrfacher Rüge und dem Nachweis des Aktienbesitzers gestattet worden sei. Beispielsweise habe der Kläger Prof. Dr. X2 eine Mitteilung erhalten, in der seine Stimmrechte an der Beklagten doppelt erfasst worden seien. Von mehreren Aktionären sei gleich zu Beginn der Hauptversammlung gerügt worden, dass ihnen nicht sämtliche Stimmkarten für ihren nachweisbaren Aktienbesitz ausgehändigt worden seien. Bezüglich des Klägers Z1 sei bekannt geworden, dass dessen Namensaktien fälschlicherweise auf einen anderen Aktionär übertragen und der Besitzwechsel fehlerhaft in das Aktienregister der Beklagten eingetragen worden seien. Vor diesem Hintergrund sei völlig ungewiss, ob es bei der Auszählung der Stimmen auf der Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 nicht zu Doppelzählungen oder dem Ausschluss berechtigter Stimmen gekommen sei. Diese Unsicherheit habe die Beklagte zu vertreten.

Die Klägerin zu 40 ist der Ansicht, dass eine gesetzmäßige Prüfung der Höhe der Barabfindung durch den gerichtlich bestellten Prüfer nicht stattgefunden habe. Die Abfindung sei tatsächlich nicht vom gerichtlich bestellten Sachverständigen, sondern einzig und allein von der Hauptaktionärin der Beklagten ermittelt und festgelegt worden. Das sei im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 2007 (ZIP 2007, 1261 "Edscha") bedenklich.

Die Klägerin zu 60 ist der Meinung, die Versammlungsführung auf der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 sei fehlerhaft und rechtswidrig gewesen. Anträge zur Geschäftsordnung seien mit dem Hinweis abgelehnt worden, es handele sich um Satzungsänderungen.

Die Klägerin zu 60 ist ferner der Meinung, dass das Auskunftsrecht gemäß § 131 S. 1 AktG vereitelt worden sei. Die Klägerin macht sich in soweit die im notariellen Protokoll im Einzelnen als nicht beantwortet zu entnehmenden Fragen zueigen und zum Gegenstand ihres Klagevortrags. Allein der Kläger Prof. Dr. L habe mehrere Fragen zur Bewertung gestellt, beispielsweise zu der Ausschüttung der Beklagten, ihrem Betafaktor, der Beteiligung des Vorstandes an der Großaktionärin nach Umfang, Höhe und Art, Vergleichswerten von vergleichbaren Versicherungsunternehmen und einer alternativen Wertermittlung für die Beklagte bei einem Risikozuschlag von 2,5%. Diese Fragen seien nicht beantwortet worden. Ein objektiv urteilender Aktionär hätte angesichts des Ausmaßes und des Gewichts der vorenthaltenen Informationen TOP 5 nicht zugestimmt.

Schließlich meint die Klägerin zu 60, der Hauptaktionärin werde durch den Beschluss über den Squeeze out ein Sondervorteil gewährt. In der Unternehmensbewertung werde eine überhöhte Ausschüttungsquote unterstellt, um den Unternehmenswert der Beklagten zugunsten der Hauptaktionärin zu verringern. Die der Unternehmensbewertung zugrunde liegenden Ausschüttungsprämissen verstießen zudem gegen das Gleichbehandlungsgebot nach § 53 AktG. Es sei treuwidrig, in der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 eine Ausschüttung unter 1% zu beschließen, in der Unternehmensbewertung jedoch eine Ausschüttung von 45% zu unterstellen.

Der Kläger zu 22 hat die Klage noch vor dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung zurück genommen.

Sämtliche Kläger mit Ausnahme der Kläger zu 38, 40, 60, 69, 70, und 73 und die Beklagte haben Teilprozessvergleiche geschlossen, in dessen Rahmen die Kläger die Klage zurückgenommen haben.

Die Kläger zu 38, 40, 60, 69, und 70 beantragen,

den auf der Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 gefassten Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5 (Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin gemäß §§ 327 a ff. AktG) für nichtig zu erklären.

Der Kläger zu 73 beantragt,

festzustellen, dass der auf der Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 gefasste Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5 (Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin gemäß §§ 327 a ff. AktG) nichtig ist.

Hilfsweise beantragen auch die Kläger zu 38, 40, 60, 69, 70

die Feststellung, dass der vorgenannte Beschluss nichtig ist.

Die Kläger zu 69 und 70 beantragen darüber hinaus,

die auf der Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 gefassten Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 4 (Verwendung des Bilanzgewinns, Entlastung des Vorstands für 2006 und Entlastung des Aufsichtsrats für 2006) für nichtig zu erklären.

Hilfsweise beantragen die Kläger zu 69 und 70

die Feststellung, dass die vorgenannten Beschlüsse nichtig sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, dass die nach Abschluss der Teilvergleiche noch zu rechtshängigen Klagen unbegründet seien.

Teilweise seien die Kläger schon nicht anfechtungsbefugt gemäß § 245 Abs. 1 AktG.

Darüber hinaus seien die Anfechtungsklagen beziehungsweise die Nichtigkeitsklage auch sachlich unbegründet. Die behaupteten Rechtsverstöße seien ohne Substanz. Insbesondere sei die Hauptaktionärin weder zum Zeitpunkt des Übertragungsverlangens noch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung mit den aus den Aktien folgenden Rechten gemäß § 28 WpHG ausgeschlossen gewesen.

Hinsichtlich des Vortrags der Beklagten im Einzelnen wird auf ihre umfangreichen Ausführungen in der Klageerwiderung und in der Duplik verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie auf die dazu eingereichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Nachdem die überwiegende Zahl der Anfechtungskläger und die Beklagte Teilprozessvergleiche geschlossen haben, ist noch über die Anfechtungsklagen der Kläger zu 38 (Steeg), 40 (JKK Beteiligungs- GmbH), 60 (N), 69 (Z Vermögensverwaltungs- und Grundstücks GmbH ) und 70 (Freitag) sowie über die Nichtigkeitsklage des Klägers zu 73 (Menzel) zu entscheiden.

Die Anfechtungsklagen der Kläger zu 60, 69 und 70 sind bereits unbegründet, da sie ihre Anfechtungsbefugnis nicht dargelegt beziehungsweise nicht unter Beweis gestellt haben. Aus diesem Grund ist auf die von diesen Klägern vorgebrachten Anfechtungsgründe nicht mehr einzugehen.

Die Klagen der übrigen Kläger sind aus sachlichen Gründen ohne Erfolg.

Klagefrist

Die einmonatige Klagefrist für die Anfechtungsklage gemäß § 246 Abs. 1 AktG ist von allen Anfechtungsklägern eingehalten worden. Die Beklagte hat die Einhaltung der Frist auch nicht bestritten.

Die Nichtigkeitsklage des Klägers zu 73 unterliegt nicht der Monatsfrist nach 246 Abs. 1 AktG.

Anfechtungsbefugnis

Gemäß § 245 Nr. 1 AktG ist jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär zur Anfechtung befugt, wenn er die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte und gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat.

Im streitigen Fall sind nur die Kläger anfechtungsbefugt, die ihre Aktien bereits vor der Veröffentlichung der Einladung zur Hauptversammlung, das heißt vor dem 9. Mai 2007, erworben haben.

Die Beklagte hat die Anfechtungsbefugnis der noch streitig beteiligten Kläger wie folgt bestritten:

Die Klägerin zu 40 sei zwar als Namensaktionärin im Aktienregister der Beklagten eingetragen, ausweislich des Aktienregisters habe sie die Aktien jedoch erst nach der Veröffentlichung der Einladung zur Hauptversammlung am 9. Mai 2007 erworben. Es werde zudem bestritten, dass sie vor diesem Zeitpunkt bereits Inhaberaktionärin war.

Die Kläger zu 38, 60, 69 und 70 seien weder als Namensaktionäre im Aktienregister der Beklagten eingetragen noch sei von ihnen der Nachweis erbracht worden, dass und seit wann sie Inhaberaktionäre waren.

Klägerin zu 38

Die Klägerin zu 38 ist anfechtungsbefugt.

Die Klägerin hat zum Nachweis ihrer Anfechtungsbefugnis eine Bankbescheinigung vom 3. Januar 2008 vorgelegt, aus der hervorgeht, dass die Klägerin zu 38 bereits vor dem 1. Januar 2006 bis zum 3. Januar 2008 Aktionärin der Beklagten war.

Nicht bestritten worden ist, dass die Klägerin zu 38 auf der Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 vertreten war und sie Widerspruch gegen den angegriffenen Beschluss eingelegt hat.

Klägerin zu 40

Die Klägerin zu 40 ist ebenfalls anfechtungsbefugt.

Sie hat eine Bankbescheinigung vom 19. Juli 2007 vorgelegt, wonach sie bereits vor dem 9. Mai 2007 Aktionärin der Beklagten war und bis "heute" ununterbrochen ist.

Klägerin zu 60

Die Klägerin zu 60 ist nicht anfechtungsbefugt.

Sie hat nicht nachgewiesen, dass sie zum maßgebenden Zeitpunkt Aktionärin der Beklagten war. Sie behauptet zwar, bereits vor dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung Aktien der Beklagten erworben zu haben und diese bis heute ununterbrochen zu halten. Die für den Fall des Bestreitens angekündigte Bankbescheinigung ist von der Klägerin zu 60 aber nicht vorgelegt worden.

Dieses Versäumnis geht zulasten der Klägerin zu 60. Denn die Anfechtungskläger sind darlegungs- und beweispflichtig für ihre Anfechtungsbefugnis.

Kläger zu 69 und 70

Die Kläger zu 69 und 70 sind ebenfalls nicht anfechtungsbefugt.

Sie behaupten, sie seien seit vielen Jahren Aktionäre der Beklagten, was ihr aufgrund der Eintragung in das Aktienregister auch bekannt sei. Obwohl die Beklagte dies bestritten hat, haben die Kläger zu 69 und 70 keine ergänzenden Angaben gemacht. Sie hätten vortragen müssen, wann sie die Aktien erworben haben beziehungsweise wann sie in das Aktienregister der Beklagten eingetragen worden sind. Ferner hätten sie ihren Sachvortrag - etwa durch die Vorlage der Bescheinigung der Eintragung in das Aktienregister unter Beweis stellen müssen.

Kläger zu 73 (Menzel)

Der Kläger zu 73 ist anfechtungsbefugt.

Die Anfechtungsbefugnis ist von der Beklagten nicht bestritten worden.

Begrenzung des Sachvortrags der Kläger

Der Sachvortrag der Anfechtungskläger, die mit der Beklagten Teilvergleiche geschlossen haben, ist für die noch streitige Entscheidung ohne Relevanz. Auch wenn die Anfechtungskläger notwendige Streitgenossen sind, wird der jeweilige Sachvortrag eines Anfechtungsklägers nicht allen übrigen Anfechtungsklägern zugerechnet.

Das gilt selbst dann, wenn einzelne Anfechtungskläger ausdrücklich erklärt haben, dass sie sich den Vortrag der übrigen Anfechtungskläger zueigen machen. Soweit derartige Erklärungen bereits in der Klageschrift innerhalb der Anfechtungsfrist abgegeben worden sind, ist die pauschale Inbezugnahme des Vortrags anderer Anfechtungskläger prozessual unbeachtlich, auch wenn die konkrete Verweisung auf den Sachvortrag eines Streitgenossen durchaus zulässig sein kann. Denn zu diesem Zeitpunkt war den Anfechtungsklägern der Prozessvortrag der übrigen Anfechtungskläger noch gar nicht bekannt. Ihnen war nicht einmal bekannt, ob weitere Anfechtungsklagen eingereicht worden sind. Es kann kaum angenommen werden, dass sich Anfechtungskläger den gesamten Vortrag anderer Anfechtungskläger, der ihnen nicht bekannt ist und auch schaden kann, zueigen machen wollen.

Nichts anderes gilt für den Fall, dass die Anfechtungskläger die Erklärung, sich den Vortrag der übrigen Anfechtungskläger zueigen machen zu wollen, erst nach Kenntnis des Prozessvortrags der übrigen Prozessparteien abgegeben haben. Auch hier ist eine derart pauschale Inbezugnahme des Vortrags der übrigen Kläger prozessual unzulässig. Entscheidend ist aber, dass der Vortrag, soweit eine zulässige prozessuale Erklärung unterstellt wird, verspätet wäre. Es ist anerkannt, dass die Anfechtungsgründe innerhalb der einmonatigen Frist gemäß 246 S. 1 AktG vorgebracht werden müssen. Es genügt nicht, dass innerhalb der Anfechtungsfrist Klage erhoben wird. Vielmehr ist erforderlich, dass die Anfechtungsgründe innerhalb der Frist in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern dargelegt werden. Entscheidend sind die Tatsachen, nicht ihre rechtliche Würdigung. Wenigstens die Angriffsrichtung muss innerhalb der Monatsfrist festgelegt sein. Nachgeschobene Anfechtungsgründe bleiben in diesem Konzept unbeachtlich (klarstellend BGH AG 2005, 395, 397; Hüffer, AktG, 8. Auflage, § 246 Rn. 26). Durch eine pauschale Verweisung auf den Sachvortrag anderer Anfechtungskläger nach Ablauf der Anfechtungsfrist könnte ein Kläger seinen Sachvortrag unter Umgehung der Anfechtungsfrist ausweiten. Im Extremfall könnte damit sogar ein Kläger, der innerhalb der Anfechtungsfrist keine relevanten Tatsachen vorgetragen hat, seine Klage schlüssig machen. Das würde dem Sinn und Zweck von § 246 Abs. 1 AktG widersprechen.

Verstoß gegen §§ 121 Abs. 3 S. 2, 123 Abs. 3 S. 3 AktG

Der Tagesordnungspunkt 5 ist entgegen der Ansicht des Klägers zu 73 nicht wegen Verstoßes gegen §§ 121 Abs. 3 S. 2, 123 Abs. 3 S. 3 AktG gemäß § 241 Abs. 1 Nr. 1 AktG nichtig.

Zutreffender Stichtag für den Legitimationsnachweis für Inhaberaktien

Der Einwand des Klägers zu 73, dass das satzungsmäßige Erfordernis eines stichtagsbezogenen Legitimationsnachweises für Inhaberaktien zu unbestimmt sei, da die Satzung nicht entsprechend § 123 Abs. 3 S. 2 AktG ausdrücklich den 21. Tag vor der Hauptversammlung als maßgeblichen Stichtag benenne, ist unbegründet.

Nach § 123 Abs. 3 S. 3 AktG hat sich der besondere Nachweis des Aktienbesitzes durch das depotführende Institut zwingend auf den Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung zu beziehen. Eine abweichende und nicht lediglich ergänzende Satzungsregelung ist bei börsennotierten Gesellschaften unzulässig (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 123 Rn. 11). Deshalb kann die Satzung der Beklagten in § 19 Abs. 1 lit. b) S. 5 auf eine ausdrückliche Nennung des Stichzeitpunkts verzichten und stattdessen für den Nachweis abstrakt bestimmen, dieser habe sich auf den im Gesetz vorgesehenen Zeitpunkt zu beziehen. Denn insoweit nimmt die Satzung ohnehin nur die gesetzliche Regelung in Bezug und hat insoweit deklaratorischen Charakter.

Die Beklagte war entgegen der Ansicht des Klägers zu 73 auch nicht verpflichtet, ihre vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung der Aktionärslegitimation zum 1. November 2005 als Vorratsbeschluss gefasste Satzungsregelung entsprechend § 16 EGAktG durch ausdrückliche Nennung des 21. Tages anzupassen. Durch § 16 S. 3 EGAktG sind die Vorstände von börsennotierten Aktiengesellschaften ermächtigt (nicht verpflichtet), vor dem 1. November 2005 gefasste Vorratsbeschlüsse hinsichtlich des Nachweiszeitpunktes ohne erneute Befassung der Hauptversammlung zu ändern. Notwendig geworden war diese Ermächtigung, nachdem im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens vom zunächst vorgesehenen Stichzeitpunkt, dem 14. Tag vor der Hauptversammlung, abgerückt worden war und stattdessen der 21. Tag vor der Hauptversammlung zum maßgeblichen gesetzlichen Stichzeitpunkt bestimmt wurde. Etliche börsennotierte Gesellschaften hatten in der Hauptverssammlungssaison 2005 mit Blick auf den Gesetzesentwurf in der Fassung vom 17. November 2004 bereits Vorratsbeschlüsse zur Anpassung ihrer Satzung an die künftige neue Rechtslage gefasst. Diese Vorratsbeschlüsse enthielten entweder überhaupt keine Bezugnahme auf einen Nachweisstichtag oder benannten ausdrücklich den 14. Tag vor der Hauptversammlung als Stichzeitpunkt. Um diesen Gesellschaften noch vor der Hauptversammlungssaison 2006 (d.h. ohne erneute Einschaltung der Hauptversammlung) eine Anpassung der Satzung an die Gesetz gewordene Stichtagsregelung (21. Tag vor der Hauptversammlung) zu ermöglichen, wurde vom Gesetzgeber die Übergangsregelung in § 16 S. 3 EGAktG geschaffen. Für die Beklagte bestand keine Notwendigkeit, von dieser Ermächtigung Gebrauch zu machen. Denn der Vorratsbeschluss der Beklagten nahm von vornherein abstrakt auf den gesetzlich vorgesehenen Nachweiszeitpunkt Bezug. Eine Änderung des Vorratsbeschlusses war deshalb trotz der zwischenzeitlichen Entwicklungen im Gesetzgebungsverfahren nicht erforderlich.

Zulässige Frist für den Legitimationsnachweis

Dem Kläger zu 73 ist auch nicht darin zu folgen, dass die Einladung zur Hauptversammlung gegen § 121 Abs. 3 S. 2 AktG verstieß, da sowohl die Anmeldung als auch der Nachweis (des depotführenden Instituts) bis spätestens zum Ablauf des 19. Juni 2007 verlangt wurde. Mangels einer Regelung in der Satzung sei es ausreichend, wenn der Legitimationsnachweis bis zum Tag der Hauptversammlung erbracht werde.

Die Rüge ist unbegründet. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass es nicht erforderlich ist, dass die Satzung ausdrücklich eine Frist für die Einreichung des Legitimationsnachweises enthält (Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2006, § 123 Rn. 7). Nach § 123 Abs. 3 S. 3 AktG muss der stichtagsbezogene Nachweis von Gesetzes wegen spätestens am 7. Tag vor der Hauptversammlung (vorliegend 19. Juni 2007) bei der Gesellschaft zugehen, wenn die Satzung wie vorliegend keine abweichende kürzere Frist bestimmt.

Übertragungsverlangen nach § 327 a ff. AktG

Die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft kann einen Übertragungsbeschluss gemäß § 327 a Abs. 1 AktG nur fassen, wenn die Hauptaktionärin dies zuvor verlangt hat. Dieses Verlangen hat als Teil des Ausschlussverfahrens korporationsrechtlichen Charakter. Es ist gegenüber der durch ihren Vorstand vertretenen AG zu erklären; § 78 Abs. 2 S. 2 AktG findet Anwendung. Eine besondere Form ist in § 327 a Abs. 1 AktG nicht vorausgesetzt. Ein wirksames Verlangen verpflichtet die Gesellschaft zur Einberufung einer Hauptversammlung und zur Erteilung von Informationen, die die Hauptaktionärin zur Unternehmensbewertung beziehungsweise Ermittlung der angemessenen Abfindung benötigt. Bei Unwirksamkeit des Verlangens ist der Übertragungsbeschluss anfechtbar (Emmerich in: Emmerich/Habersack, GmbH-und Aktien-Konzernrecht, 5. Aufl., § 327 a Rn. 19 f. mit weiteren Nachweisen).

Die für den Squeeze out erforderliche Kapitalmehrheit der Hauptaktionärin muss nach dem eindeutigen Wortlaut des § 327 a Abs. 1 S. 1 AktG zum Zeitpunkt des Verlangens, der Beschlussfassung und der Eintragung des Übertragungsbeschlusses vorliegen (OLG Düsseldorf NZG 2004, 328, 331; OLG Köln Konzern 2004, 30, 32; Emmerich in: Emmerich/Habersack, GmbH-und Aktien-Konzernrecht, 5. Aufl., § 327 a Rn. 18 mit weiteren Nachweisen).

Bestimmtheit des Übertragungsverlangens vom 18. September 2006

Die Kammer vermag den Einwand der Kläger nicht nachvollziehen, dass das schriftliche Übertragungsverlangen der A2 vom 18. September 2006 (Anlage KE 1) zu unbestimmt sei und lediglich die Ankündigung eines Übertragungsverlangens enthalte. In dem vorgenannten Schreiben wird unter anderem ausgeführt:

"………

Wir beabsichtigen den Erwerb sämtlicher noch außenstehenden Aktien der S-Gesellschaft Aktiengesellschaft im Wege eines Verfahrens zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre (Squeezeout) nach §§ 327a ff. AktG. Wir bitten Sie daher, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und Schritte zu veranlassen, damit das Verfahren nach § 327a ff. AktG durchgeführt und die Hauptversammlung der S-Gesellschaft Aktiengesellschaft alsbald über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die A1 Reinsurance Corporation als Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen kann. Wir schlagen vor, dass wir den weiteren Ablauf des Verfahrens in Kürze besprechen."

Als Absender dieses Schreibens geht die A2 hervor, unterzeichnet von M P. C als deren Chairman and Chief Executive Officer.

Die Diktion des Schreibens lässt keinen Zweifel daran, dass die A2 am 18. September 2006 ein vorbehaltloses und bedingungsloses Übertragungsverlangen bei der Beklagten gestellt hat.

Die Beklagte hat das Schreiben der A2 auch in diesem Sinne verstanden, was aus ihrer adhoc-Mitteilung vom 19. September 2006 (Anlage KE 2) gefolgert werden kann. Darin hat die Beklagte mitgeteilt, dass die A2 ein Übertragungsverlangen gemäß § 327 a ff. AktG gestellt hat.

Vertretungsberechtigung der für die A2 handelnden Personen

Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte die Behauptung der Kläger, dass das Übertragungsverlangen der A2 vom 18. September 2006 schon deshalb unwirksam sei, da der Unterzeichner des Übertragungsverlangens, Herr C, nicht allein berechtigt gewesen sei, die Hauptaktionärin wirksam zu vertreten, widerlegt.

Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass das Übertragungsverlangen durch Organmitglieder der Hauptaktionärin in vertretungsberechtigter Zahl gestellt werden kann. M P. C sei als Chief Executive Officer der A2 alleinvertretungsbefugt gewesen. Die Beklagte legt zum Nachweis die Vertretungsbescheinigung nebst beglaubigter Übersetzung vor (Anlage KE 59). Daraus ergibt sich folgendes:

"Ich, Z3 N. Z2, Geschäftsführer der A1 Reinsurance Corporation (das "Unternehmen"), BESCHEINIGE HIERMIT folgendes:

Jede der weiter unten aufgelisteten Personen ist ein kompetenter und amtierender Vertreter des Unternehmens, der rechtsgültig zu der seinem Namen gegenüber genannten Position ernannt wurde, und dass die seinem Namen gegenüber stehende Unterschrift seine Originalunterschrift ist. Jede der weiter unten aufgelisteten Personen war mindestens seit dem 1. Januar 2006 separat dazu ermächtigt, Dokumente im Auftrag des Unternehmens zu unterzeichnen und auszufertigen, und ist es bis heute.

Vertreter Titel M P. C Vorstandsvorsitzender und A1direktor V.H.H. Leitender Vizepräsident Finanzdirektor und Leiter der Finanzabteilung

Die Kläger sind der vorgelegten Urkunde nicht entgegengetreten.

Folglich kann davon ausgegangen werden, dass Herr C am 18. September 2006 berechtigt war, für die A2 die Übertragung der Aktien von der Beklagten zu verlangen.

Überschreitung der 95%-Schwelle durch die A2

Die A2 war als Hauptaktionärin mit einem Aktienbesitz von mehr als 95% des Grundkapitals der Beklagten zum Squeeze Out gemäß § 327 a Abs. 1 AktG berechtigt. Das gilt sowohl für den Zeitpunkt des Übertragungsverlangens am 18. September 2006 als für den Zeitpunkt der Hauptversammlung am 26. Juni 2007. Die Berechtigung der A2 zum Squeeze out ist durch die vorgelegten Depotauszüge sowie den Vortrag zur Eintragung der A2 in das Aktienregister der Beklagten hinreichend belegt.

Depotauszüge

Es ist durch Depotauszüge nachgewiesen, dass die Hauptaktionärin A2 insgesamt 95,22% des Grundkapitals der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt des Squeezeout-Verlangens am 18. September 2006 als auch zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 hielt. Die A2 hielt unmittelbar 35,80% des Grundkapitals der Beklagten. Weitere 59,42% hielt die A2 mittelbar über ihre 100%ige Tochtergesellschaft D1. D1 ist im Sinne von § 17 Abs. 2 AktG von der A2 abhängig, so dass die von der D1 gehaltenen Aktien an der Beklagten der A2 nach § 327a Abs. 2 AktG i. V. m. § 16 Abs. 4 AktG zuzurechnen waren.

Auch wenn ein Nachweis für den Anteilsbesitz im Übertragungsbericht nicht erbracht werden muss, hat die Hauptaktionärin ihre Beteiligungshöhe von mehr als 95% des Grundkapitals der Beklagten plausibel dargelegt und insbesondere im einzelnen ausgeführt, welche Gesellschaften des Re-Konzerns im Einzelnen an der Beklagten beteiligt sind (Übertragungsbericht S. 15-16, Anlage KE49). Dem Übertragungsbericht waren in Kopie Bescheinigungen des Bankhauses Sal. P beigefügt, mit denen Sal. P den im Übertragungsbericht dargestellten Aktienbesitz der Hauptaktionärin und der D1 zum 18. September 2006, dem Tag des Übertragungsverlangens, bestätigte. Diese Bescheinigungen umfassen sowohl die Inhaber- als auch die Namensaktien (Übertragungsbericht, Anlage KE49, Anlage 4). Darin wird der A1 Reinsurance Corporation of T3, 1209 Orange Street, T1, T3 19801, USA, bestätigt,

"dass die A1 Reinsurance Corporation per heute Stück 6.497.130 vinkulierte Namensaktien der S-Gesellschaft AG (WKN 842200) sowie Stück 993.535 Inhaberaktien der Kölnischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG (WKN 842202) auf ihrem Depot Nr. 92.61131 in unserem Hause hält."

Mit Schreiben der Sal. P vom 18. April 2007 wird der A2 bestätigt,

"dass die A1 Reinsurance Corporation unverändert per heute Stück 6.497.130 vinkulierte Namensaktien der Kölnischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG (WKN 842200) sowie Stück 993.535 Inhaberaktien der S-Gesellschaft AG (WKN 842202) auf ihrem Depot Nr. 92.61131 in unserem Hause hält."

In einem weiteren Schreiben vom 18. September 2006 wird der D1 Corporation, Suite 1300, 1105 North Market Street, T1, T3 19801, USA, bestätigt,

"dass die D1 Corporation per heute Stück 9.791.763 vinkulierte Namensaktien der S-Gesellschaft AG (WKN 842200) sowie Stück 2.641.701 Inhaberaktien der S-Gesellschaft AG (WKN 842202) auf ihrem Depot Nr. 92.60075 in unserem Hause hält"

Mit Schreiben der Sal. P vom 18. April 2007 wird der D1 bestätigt,

"dass die D1 Corporation unverändert per heute Stück 9.791.763 vinkulierte Namensaktien der S-Gesellschaft AG (WKN 842200) sowie Stück 2.641.701 Inhaberaktien der S-Gesellschaft AG (WKN 842202) auf ihrem Depot Nr. 92.60075 in unserem Hause hält."

Der Eignung dieser Bescheinigungen zum Nachweis der Hauptaktionärseigenschaft steht nicht entgegen, dass bezüglich der im Depot der Hauptaktionärin befindlichen vinkulierten Namensaktien der Beklagten in einem Depotauszug vom 14. September 2006 ein sog. "Sperrvermerk" enthalten war. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten beruhte dieser "Sperrvermerk" darauf, dass vor der Einleitung des Squeezeouts für die von A2 gehaltenen Namensaktien in deren Auftrag die Bank Sal. P als Legitimationsaktionär im Aktienregister eingetragen war. Dieser Bestand wurde auf Antrag der A2 vor der Übermittlung des Squeezeout-Verlangens auf A2 umgeschrieben. Der "Sperrvermerk" in dem EDV-System bei Sal. P signalisierte, dass Aktien des Depotbestands bei Sal. P Gegenstand eines laufenden Umschreibeverfahrens im Aktienregister der Beklagten waren. Das Umschreibeverfahren wurde vor dem 18. September 2006 abgeschlossen. Der "Sperrvermerk" verlor damit seine Funktion, ohne dass die Aussagekraft der vorgelegten Depotauszüge per 18. September 2006 dadurch im Übrigen beeinträchtigt worden wäre.

Eintragung der A2 und der D1 in das Aktienregister der Beklagten

Es ist davon auszugehen, dass die A2 und die D1 sowohl zum Zeitpunkt des Übertragungsverlangens am 18. September 2006 als auch zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 in dem Aktienregister der Beklagten mit dem vorgenannten Aktienbestand eingetragen waren.

Die Beklagte hat einen Auszug aus dem Aktienregister der Beklagten zum 20. September 2006 für den Aktionär "2597 A1 Reinsurance Corporation" vorgelegt (Anlage KE 44). Danach sind unter der Wertpapierkennnummer 842200 insgesamt 5.667.497 Aktien mit einem Nominalkapital von 14.506.371,33 € ausgewiesen. Für den Aktionär "2772 A1 Reinsurance Corporation" sind unter der identischen Wertpapierkennnummer weitere 829.633 Aktien mit einem Nominalkapital von 2.122.632,35 € ausgewiesen. Addiert man die ausgewiesenen 5.667.497 Aktien und die 829.633 Aktien, ergibt sich die Summe von 6.497.130 Aktien, die auch durch die vorgelegten Depotauszüge dokumentiert werden.

Damit steht im Einklang, dass nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Beklagten bereits auf ihrer Hauptversammlung am 26. Juni 2007 auf die Frage von Aktionären, mit wie vielen Aktien die Tochtergesellschaft (D1) der Hauptaktionärin A2 am 18. September 2006 im Aktienregister der Beklagten eingetragen war, wie folgt Antwort erteilt wurde (Anlage KE51, Frage 225):

"Ich verstehe Ihre Frage so, dass Sie die Anzahl der Aktien, mit denen die A1 Reinsurance Corporation im Aktienregister am 18. September 2006 eingetragen war, wissen möchten. Ich stelle klar, dass die A1 Reinsurance selbst Hauptaktionärin ist. Wie bereits ausgeführt, waren am 18. September 2006 im Aktienbuch 6.497.130 Stück Aktien auf den Namen der A1 Reinsurance Corporation eingetragen. Ferner war zum genannten Zeitpunkt die D1 Corporation, eine 100%ige Tochter des Hauptaktionärs, mit 9.791.763 Namensaktien im Aktienregister eingetragen."

Bestätigt werden die vorstehenden Angaben der Beklagten auf ihrer Hauptversammlung am 26. Juni 2007 zusätzlich durch die gerichtliche Anhörung des für die Führung des Aktienregisters der Beklagten zuständigen Mitarbeiters K. Er hat im Termin vom 14. März 2008 hat folgendes angegeben:

"Die D1 ist bereits seit langen im Aktienbuch der Beklagten eingetragen. Das Aktienbuch der Beklagten wird elektronisch geführt. Das heißt, ein Aktienbuch in konventioneller Art, d.h. in Schriftausführung, gibt es nicht mehr. Es handelt sich um ein Computerprogramm. Die D1 ist im Aktienregister der Beklagten mit 9.791.763 Stückaktien eingetragen. Die A2 ist mit 6.443.533 Stückaktien eingetragen. Die D1 ist erstmals 1999 eingetragen worden. Die A2 erstmals im Jahre 2005.

………

Unmittelbar nach dem Verlangen des Hauptaktionärs A2 im September 2006 habe ich das elektronische Aktienregister überprüft und festgestellt, dass die A2 und die D1 mit den von mir konkret genannten Stückaktien im Aktienregister eingetragen waren. Der mit der Anlage K 44 eingereichte Auszug aus dem Aktienregister mit Datum "20.09." bezieht sich auf das Jahr 2006.

………

Die heutigen Stückzahlen der A2 und der D1 sind identisch mit den Stückzahlen von 2006."

Auch wenn die Angaben des informell angehörten Mitarbeiters der Beklagten bezüglich der von A2 gehaltenen und im Aktienregister der Beklagten eingetragenen Aktien geringfügig von ihren Angaben in der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 beziehungsweise den Auszügen aus dem Aktienregister abweichen - 6.443.533 Aktien statt 6.497.130 Aktien für die A2 - sieht die Kammer aber keine Veranlassung, in Frage zu stellen, dass die in den Auszügen des Aktienregisters zum 20. September 2006 dargestellten Zahlen, die in der Hauptversammlung wiederholt worden sind, zutreffen. Es ist davon auszugehen, dass sich der Mitarbeiter der Beklagten, Herr K, insofern geirrt bzw. versprochen hat. Dafür sprechen die vorgelegten Depotauszüge der Sal. P, wonach für A2 6.497.130 Aktien der Beklagten gehalten wurden, sowie die Auszüge aus dem Aktienregister der Beklagten und ihre Angaben in der Hauptversammlung am 26. Juni 2007.

Die Kläger haben den vorstehenden Vortrag der Beklagten beziehungsweise die vorgelegten Unterlagen mit Nichtwissen bestritten. Das ist unzureichend. Die Beklagte hat ihrer sekundären Darlegungslast genügt, indem sie detaillierte Unterlagen und Angaben zur vorstehenden Streitfrage gemacht hat. Die Kläger hätten diesen spezifizierten Vortrag erschüttern müssen, das heißt, sie hätten Tatsachen darlegen müssen, die geeignet wären, die Angaben der Beklagten beziehungsweise die von ihr vorgelegten Unterlagen inhaltlich zu erschüttern. Mangels spezifischen Vortrags hat die Kammer keine Veranlassung, die Erläuterungen der Beklagten infrage zu stellen.

Zurechnung der Aktien der D1 zur A2

Die von der D1 gehaltenen Aktien der Beklagten sind der A2 gemäß §§ 16, 17 AktG zuzurechnen. Für die Kammer ist erwiesen, dass die D1 sowohl zum Zeitpunkt des Übertragungsverlangens am 18. September 2006 als auch zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 eine 100%ige Tochtergesellschaft der A2 war. Die Beklagte hat durch Vorlage eines Corporate Secretary Certificate belegt, dass die A2 alleinige Gesellschafterin der D1 war.

Der Behauptung der Kläger, das Zertifikat sei kein geeigneter Nachweis und lasse sich nicht zuordnen, ist die Beklagte in ihrer Duplik entgegen getreten. Sie hat zunächst die notariell beglaubigte Übersetzung der Erklärung von Frau X in ihrer Funktion als Verwaltungssekretärin der D1 vom 9. Juni 2006 vorgelegt. Darin wird bestätigt:

"Ich, X, Verwaltungssekretär [Secretary] der D1 Corporation ("D1"), einer gemäß den Gesetzen des Staates T3 gegründeten und bestehenden Gesellschaft, bescheinige hiermit, dass A1 Reinsurance Corporation ("A2"), eine gemäß den Gesetzen des Staates T3 gegründete und bestehende Gesellschaft, alleinige Aktionärin von D1 ist. Beigefügt ist eine wahrheitsgemäße und korrekte Abschrift der Gründungsurkunde D1 als Nachweis für insgesamt 1.000 zugelassene Aktien. Ebenfalls hier beigefügt ist eine wahrheitsgemäße und korrekte Abschrift des D1 Aktienzertifikats [Share Certificate] Nr. 2 als Nachweis für alle 1.000 zugelassenen Aktien von D1. Diese Bescheinigung gilt ab dem heutigen Tag bis eine schriftliche Mitteilung im Namen von D1 ergeht, diese zu beenden oder zu überprüfen. ZUM ZEUGNIS DESSEN unterzeichne ich Vorliegendes mit meinem Namen und versehe es mit dem Siegel der D1 Corporation."

Der beglaubigende Notar hat Folgendes ausgeführt:

"Ich bescheinige hiermit, dass die vorstehende Unterschrift von X, geschäftsansässig 695 East Main Street, B5, Connecticut 06901, die mir von Person bekannt ist, von ihr persönlich mit eigener Hand vor mir geleistet wurde."

Die Beklagte hat dazu ausgeführt, dass es sich bei einem solchen Zertifikat um einen typischen Nachweis handelt, wenn es um Angelegenheiten einer US-Gesellschaft geht, da es in den USA kein Handelsregister gebe, bei dem Informationen über Gesellschaften abgefragt werden könnten.

Frau White, die den Nachweis unterzeichnet habe, sei Corporate Secretary der D1. Aus der in Übersetzung beigefügten Bestellungsurkunde (Anlage KE 81) ergibt sich, dass Frau X am 5. Juli 2007 von den Direktoren der D1 zum "Sectretary" ernannt worden ist. Das Schriftstück trägt im Original die Unterschriften der Direktoren der D1.

Die Beklagte hat ferner hat folgendes Zertifikat in beglaubigter Übersetzung vorgelegt (Anlage KE 82):

"D1 Corporation

Hiermit wird bescheinigt, dass A1 Reinsurance Corporation Eigentümer von eintausend (1.000) Aktien am Grundkapital der D1 Corporation ist, die in die Bücher der Gesellschaft nur durch deren Inhaber dieses Dokuments persönlich oder durch Bevollmächtigten auf Vorlage dieser ordnungsgemäß indossierten Bescheinigung übertragen werden können. Zum Zeugnis dessen hat die genannte Gesellschaft diese Bescheinigung von ihren ordnungsgemäß bevollmächtigten leitenden Angestellten unterzeichnen und mit dem Firmensiegel versehen lassen.

Am heutigen 28. Dezember 2001

H5, Secretary H6, President"

Zudem hat die Beklagte das Protokoll einer Gesellschafterversammlung der D1 vom 27. Juni 2007 vorgelegt, wonach Herr C als Chairman and Chief Executive Officer der A1 Reinsurance Corporation erklärt hat (Anlage KE 81):

"Anstelle der jährlichen Gesellschafterversammlung erklärt der Unterzeichnete in seiner Eigenschaft als Alleingesellschafter der D1 Corporation (die "Gesellschaft") hiermit, dass er folgenden Maßnahmen namens der Gesellschaft zustimmt: …………"

Schließlich hat die Beklagte die apostillierte Bescheinigung des Gesellschaftssekretärs der D1 nebst öffentlich beglaubigter Ablichtung der Satzung der D1 und des Zertifikats für Aktien der D1 vorgelegt (Anlage KE 82).

Die Kläger sind diesem schlüssigen und durch Beifügung von Urkunden nachgewiesenen Sachvortrag der Beklagten nicht mehr entgegengetreten.

Ordnungsgemäßes Barabfindungsgebot

Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin zu 40 verstößt der Beschluss zum Squeeze out im Hinblick auf die angebotene Abfindung nicht gegen § 327 a Abs. 1 S. 1 AktG.

Börsenkurs

Die angebotene Abfindung ist selbst dann nicht greifbar unangemessen und rechtswidrig, falls der durchschnittliche Börsenkurs im Dreimonatszeitraum vor der Hauptversammlung nicht berücksichtigt wurde. Es handelt sich um eine typische Bewertungsfrage, ob und in welchem Ausmaß der durchschnittliche Börsenkurs entsprechend der Bundesgerichtshof-Rechtsprechung als Untergrenze der Abfindung fungiert. Nach § 327 f S. 1 AktG kann die Anfechtung nicht darauf gestützt werden, dass die Barabfindung nicht angemessen ist (BGH, NJW-RR 2007, 99, 100 f.; Grunewald, in: MünchKomm AktG, 2. Aufl. 2004, § 327f Rn. 1; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl. 2008, § 327fRn. 6).

In dem Übertragungsbericht der Hauptaktionärin wird ab der Seite 95 analysiert, in welcher Weise der Börsenkurs der Aktien der Beklagten bei der Festsetzung der Abfindung zu berücksichtigen ist. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und Bundesgerichtshofs wird zitiert. Die Frage, ob der vom Bundesgerichtshof für maßgeblich gehaltene Referenzzeitraum von drei Monaten vor dem Stichtag sachgerecht ist, wird unter Bezugnahme abweichender Stimmen in der Literatur beziehungsweise der Rechtsprechung des OLG Stuttgart und des Kammergerichts Berlin diskutiert. Die KPMG beziehungsweise die Hauptaktionärin hielt es aus diversen Gründen für sachgerecht, statt des Dreimonatszeitraums vor der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 den Dreimonatszeitraum ab dem 18. September 2006, d. h. dem Tag vor der adhoc-Mitteilung der Beklagten über den geplanten Squeeze out, heranzuziehen. Auf dieser Basis ergab sich für die Namensaktien der Beklagten ein durchschnittlicher Börsenkurs von 128,76 € und für deren Inhaberaktien ein Betrag von 132,25 €. Die Hauptaktionärin begründete ihren Standpunkt auch mit dem zu beobachtenden Kursverlauf der Aktie der Beklagten seit Anfang 2004. Daraus sei erkennbar, dass die Kursentwicklung der Aktie der Beklagten seit der Ankündigung des Squeeze outs von der allgemeinen Marktentwicklung abgekoppelt gewesen sei.

Wie sich aus § 327 f S. 3 AktG ergibt, kann die Anfechtungsklage zwar darauf gestützt werden, dass die Hauptaktionärin eine Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten hat, nicht hingegen darauf, dass die durch die Hauptaktionärin festgelegte Barabfindung nicht angemessen ist. Von § 327 f S. 3 AktG erfasst ist zunächst das gänzliche Fehlen eines Angebots auf bare Abfindung. Ein nicht ordnungsgemäßes Angebot liegt etwa dann vor, falls die Bankgewährleistung nach § 327 b Abs. 3 AktG fehlt. Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich bei der Bestimmung des Referenzzeitraums für den Börsenkurs aber nicht um eine Frage der Ordnungsmäßigkeit des Angebots der Barabfindung, die außerhalb des Spruchverfahrens überprüft werden kann. Die Bestimmung der Referenzperiode gehört vielmehr - wie die Frage der Berücksichtigung des Börsenkurses überhaupt - zur Unternehmensbewertung, die der Ermittlung der Höhe der Barabfindung und deren Festlegung zugrunde liegt. Das ist im Spruchverfahren zu klären (OLG Düsseldorf, AG 2005, 654, 656).

Gewährleistung des Kreditinstituts nach § 327 b AktG

Die Gewährleistungserklärung des Kreditinstituts gemäß § 327 b Abs. 3 AktG ist nicht zu beanstanden.

Die Auffassung der Kläger, aus der Gewährleistungserklärung von Sal. P (Anlage KE 60) gehe nicht hervor, dass diese Erklärung an die Hauptaktionärin gerichtet sei, entbehrt jeder Grundlage. In der Gewährleistungserklärung vom 18. April 2007 heißt es einleitend:

"……, dass das Bankhaus davon unterrichtet worden sei, dass auf Verlangen der A1 Reinsurance Corporation, 1209 Orange Street, T1, T3 19801, USA nachstehend: Hauptaktionärin die Hauptversammlung der S-Gesellschaft AG - nachstehend: Gesellschaft am 26. Juni 2007 gemäß § 327a Abs. 1 AktG die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre der Gesellschaft nachstehend: Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen soll.

………

Dies vorausgeschickt, übernimmt das Bankhaus P als im Geltungsbereich des Aktiengesetzes zum Geschäftsbetrieb befugtes Kreditinstitut hiermit nach § 327b Abs. 3 AktG im Wege einer Bankgarantie zugunsten jedes Minderheitsaktionärs der Gesellschaft die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung der Hauptaktionärin, jedem Minderheitsaktionär nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister der Gesellschaft unverzüglich die von der Hauptaktionärin festgelegte Barabfindung in Höhe von € 148,90 für jede mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister auf die Hauptaktionärin übergehende auf den Namen oder auf den Inhaber lautende Stückaktie der Gesellschaft zu zahlen. ………"

Rechtsverlust nach § 28 WpHG

Nach § 28 WpHG bestehen Rechte aus Aktien, die einem Meldepflichtigen gehören oder aus denen ihm Stimmrechte gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder 2 WpHG zugerechnet werden, nicht für die Zeit, für welche die Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 oder 1a WpHG nicht erfüllt werden. Allerdings führt nicht jede unvollständige oder falsche Mitteilung zum Rechtsverlust. Formale Mängel, wie etwa eine fehlerhafte Anschrift, führen nicht zum Rechtsverlust (Aßmann/Schneider (Hrsg.), WpHG, 4. Auflage, § 28 WpHG Rn. 17 bis 19 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und Literatur).

Welche Angaben notwendig, aber auch ausreichend sind, folgt aus dem Sinn und Zweck der Mitteilung, also ihrer Bedeutung für die Gesellschaft einerseits und die Anleger andererseits. Die Gesellschaft soll erkennen können, welche wesentlichen Beteiligungen gehalten werden, wer ihre Aktionär sind und ob Rechte aus der Mitgliedschaft bestehen oder wegen der Verletzung der Mitteilungspflichten nicht bestehen. Die Gesellschaft ist davor zu schützen, dass Dividenden an Aktionäre ausgezahlt werden, die ihren Anspruch auf Gewinnbeteiligung verloren haben. Der Anleger soll die Kursentwicklung beurteilen können.

Voraussetzungen der §§ 21, 22 WpHG

Nach der für den Zeitraum vom 20. Januar 2007 bis zum 27. Dezember 2007 geltenden Fassung von § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG ist meldepflichtig, wer durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 Prozent, 5 Prozent, 10 Prozent, 15 Prozent, 20 Prozent, 25 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent der Stimmrechte an einem Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, erreicht, überschreitet oder unterschreitet (Meldepflichtiger). Er hat dies unverzüglich dem Emittenten und gleichzeitig der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (B7), spätestens innerhalb von vier Handelstagen, unter Beachtung von § 22 Abs. 1 und 2 WpHG mitzuteilen. Die Frist des Satzes 1 beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Meldepflichtige Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben muss, dass sein Stimmrechtsanteil die genannten Schwellen erreicht, überschreitet oder unterschreitet. Nach § 21 Abs. 4 WpHG kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilung nach § 21 Abs. 1 S. 1 und Abs. 1a WpHG.

Der Verordnungsgeber hat auf dieser Grundlage die Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung - WpAIV) vom 13. Dezember 2004, zuletzt geändert durch Art. 2 TransparenzRL-UmsetzungsG1 vom 5. Januar 2007 (BGBl. I S. 10) erlassen. In § 17 WpAIV wird der Inhalt der Mitteilung wie folgt konkretisiert:

(1) Die Mitteilungen nach § 21 Abs. 1 S. 1 und Abs. 1a des Wertpapierhandelsgesetzes haben zu enthalten:

1.die deutlich hervorgehobene Überschrift "Stimmrechtsmitteilung",

2.den Namen und die Anschrift des Mitteilungspflichtigen,

3.den Namen und die Anschrift des Emittenten,

4.die Schwelle, die berührt wurde, sowie die Angabe, ob die Schwelle überschritten, unterschritten oder erreicht wurde,

5.die Höhe des nunmehr gehaltenen Stimmrechtsanteils in Bezug auf die Gesamtmenge der Stimmrechte des Emittenten, auch wenn die Ausübung dieser Stimmrechte ausgesetzt ist, und in Bezug auf alle mit Stimmrechten versehenen Aktien ein und derselben Gattung und

6.das Datum des Überschreitens, Unterschreitens oder Erreichens der Schwelle.

(2) 1Zusätzlich hat im Fall der Zurechnung von Stimmrechten nach § 22 Abs. 1 und 2 des Wertpapierhandelsgesetzes die Mitteilung nach Absatz 1 zu enthalten:

1. den Namen des Dritten, aus dessen Aktien dem Mitteilungspflichtigen Stimmrechte zugerechnet werden, wenn dessen zugerechneter Stimmrechtsanteil jeweils 3 Prozent oder mehr beträgt,

2. gegebenenfalls die Namen der kontrollierten Unternehmen, über die die Stimmrechte tatsächlich gehalten werden, wenn deren zugerechneter Stimmrechtsanteil jeweils 3 Prozent oder mehr beträgt.

2Die zuzurechnenden Stimmrechte sind in den Mitteilungen nach § 21 Abs. 1 und 1a des Wertpapierhandelsgesetzes für jede der Nummern in § 22 Abs. 1 und für § 22 Abs. 2 S. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes getrennt anzugeben.

Nach § 18 WpAIV sind die Mitteilungen nach § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 1a und § 25 Abs. 1 S. 1 WpHG schriftlich oder mittels Telefax in deutscher oder englischer Sprache an den Emittenten und die B7 zu übersenden.

Nach § 22 Abs. 1. Nr. 1, Abs. 3 WpHG stehen für die Mitteilungspflichten nach § 21 Abs. 1 und 1a WpHG den Stimmrechten des Meldepflichtigen die Stimmrechte aus Aktien des Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, gleich, die einem Tochterunternehmen des Meldepflichtigen gehören. Nach § 22 Abs. 3 WpHG sind Tochterunternehmen Unternehmen, die als Tochterunternehmen im Sinne des § 290 HGB gelten oder auf die ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann, ohne dass es auf die Rechtsform oder den Sitz ankommt. Das Mutterunternehmen muss keine Kapitalgesellschaft sein, so dass auch natürliche Personen in Betracht kommen (OLG Stuttgart, Urt. vom 10.11.2004 - 20 U 16/03, AG 2005, 125, 128; Assmann/Schneider (Hrsg.), WpHG, 4. Aufl. 2006, § 22 Rn. 31 ff.). Vor dem gesetzlichen Hintergrund gilt der Grundsatz der mehrfachen Mitteilungspflicht, das heißt, dass sowohl der unmittelbar beteiligte Aktionär als auch derjenige, dem die Stimmrechte nach § 22 WpHG zugerechnet werden, unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 WpHG meldepflichtig sind. Im Ergebnis können daher die gemeldeten Beteiligungen die Gesamtzahl der Stimmrechte - im mehrstufigen Konzern infolge einer Kettenzurechnung häufig um ein Vielfaches - übersteigen (Bayer in: Münchener Kommentar zum Aktienrecht, 2. Aufl., 2000, § 21 WpHG, Rn. 10; Assmann/Schneider (Hrsg.), WpHG, 4. Aufl. 2006, § 22 Rn. 14 ff.).

Die Darlegungs- und Beweislast für den Rechtsverlust nach § 28 WpHG liegt nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen bei den Anfechtungsklägern. In der Regel wird den Minderheitsaktionären aber bereits die Darlegung von Verstößen gegen die Mitteilungspflichten der Hauptaktionärin schwer fallen, da sie keinen Einblick in die Verhältnisse der möglicherweise meldepflichtigen Aktionäre haben. Daher hilft in der Regel nur eine Gesamtwürdigung des Einzelfalls (Indizienbeweis). Gewisse Beweiserleichterungen sind zuzulassen, um die Vorschrift nicht leer laufen zu lassen. Im Übrigen ist eine sekundäre Darlegungslast der Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Tatsachennähe anzunehmen, vor allem dann, wenn die Gesellschaft über die Informationen verfügt bzw. sie diese unter zumutbaren Bedingungen beschaffen kann.

Maßgeblichkeit der letzten Mitteilungen

Ein Rechtsverlust gem. § 28 S. 1 WpHG besteht nur dann, wenn der Meldepflichtige seiner zeitlich sich zuletzt ergebenden Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1, 1a WpHG nicht ordnungsgemäß nachkommen ist (Kremer/Oesterhaus, in: KölnKomm WpHG, 2007, § 28 Rn. 73; Schneider/Schneider, ZIP 2006, 493, 496). Wurden diese Mitteilungspflichten ordnungsgemäß erfüllt, so wird ein Rechtsverlust nicht dadurch ausgelöst, dass weitere, zeitlich vorhergehende (und mit der neueren Mitteilung überholte) Mitteilungspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt wurden (Schneider/Schneider, ZIP 2006, 493, 496.). Ein Stimmrechtsverlust ist mit Wirkung für die Zukunft nur gerechtfertigt, wenn ein Irreführungspotenzial hinsichtlich des gegenwärtigen Stimmrechtsanteils besteht. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der zeitlich letzten Mitteilungsverpflichtung entsprochen und daher die vom WpHG bezweckte Beteiligungstransparenz hergestellt wurde (Kremer/Oesterhaus, in: KölnKomm WpHG, 2007, § 28 Rn. 73; Schneider/Schneider, ZIP 2006, 493, 496). Die Nachholung längst überholter Mitteilungen von früheren - von den aktuellen Beteiligungsverhältnissen abweichenden Stimmrechtsanteilen würde dem Ziel einer größtmöglichen Transparenz und möglichst aktuellen Information des Kapitalmarktes eher zuwiderlaufen.

Beteiligungsverhältnisse

Die Kläger haben die Meldungen der Hauptaktionärin und der ihr zuzurechnenden Unternehmen nach §§ 211 WpHG im Einzelnen nicht mitgeteilt. Lediglich die Beklagte hat die Meldelage - insofern unwidersprochen geblieben und mit dem Übertragungsbericht der Hauptaktionärin übereinstimmend (Anlage KE 49) - detailliert wie folgt erläutert :

(Es folgt eine graphische Darstellung)

Mitteilungen der Meldepflichtigen

Nach den geschilderten Beteiligungsverhältnissen waren die A2, die D1, A1 Re, T2 und C3 meldepflichtig. Zwar besitzt C3 nicht die Mehrheit der Aktien von T2. Allerdings hat die Beklagte selbst vorgetragen, dass C3 die T2 kontrollierte. Auf die Meldungen der B6Co kommt es nicht mehr an.

Meldungen der D1

Bezüglich der Beteiligungsverhältnisse zum Zeitpunkt des Übertragungsverlangens im September 2006 und der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 war demnach primär die D1 aufgrund ihres unmittelbaren Anteils von 59,42% an der Beklagten meldepflichtig.

Die von der Beklagten in Bezug genommenen Meldungen vom 15. November 2005 (Anlage KE 39) und vom 15. Dezember 2005 (Anl. KE 40) stammen von der A2.

In der Meldung vom 15. November 2005 (Anlage KE 39) teilt die A2 der Beklagten Folgendes mit:

"Mitteilungen gemäß §§ 21 Abs. 1, 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG

……………

Im Auftrag und im Namen der D1 Corporation, 1209 Orange Street, T1, DE 19801, USA, teilen wir Ihnen gemäß § 21 Abs. 1 WpHG mit, dass der Stimmrechtsanteil der D1 Corporation an der S-Gesellschaft Aktiengesellschaft, am 14. November 2005 die Schwelle von 75% unterschritten hat und seitdem 59,42% beträgt. Sämtliche Stimmrechte werden von der D1 Corporation unmittelbar gehalten."

In der Meldung vom 15. Dezember 2005 (Anlage KE 40) teilt die A2 der Beklagten Folgendes mit:

"Mitteilungen gemäß §§ 21 Abs. 1, 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG

Zur Präzisierung unserer Mitteilungen vom 15. November 2005 teilen wir Ihnen folgendes mit:

…………

Im Auftrag und im Namen der D1 Corporation, 1209 Orange Street, T1, DE 19801, USA, teilen wir Ihnen gemäß § 21 Abs. 1 WpHG mit, dass der Stimmrechtsanteil der D1 Corporation an der S-Gesellschaft Aktiengesellschaft, am 14. November 2005 die Schwelle von 75% unterschritten hat und seitdem 59,42% beträgt. Sämtliche Stimmrechte werden von der D1 CORPORATION unmittelbar gehalten.

Nachvollziehbarkeit der Meldungen

Der Klägerin zu 38 kann nicht darin gefolgt werden, dass die Meldungen der A2 für die D1 nicht nachvollziehbar seien, unter anderem wegen Mehrfachmeldungen ein und desselben Sachverhaltes, so z.B. die Meldungen vom 15. November 2005 und 15. Dezember 2005 (Anlagen KE 39 und KE 40). Maßgebend ist jeweils die zeitlich letzte Mitteilung.

Im Übrigen kann von irreführenden Mitteilungen keine Rede sein, da die Mitteilungen bezüglich der D1 einen identischen Wortlaut haben.

Soweit die Klägerin zu 38 beanstandet, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die B6Co die 5% Schwelle und die D1 die 75% Schwelle unterschritten und die A2 die 75% Schwelle überschritten haben, ist zu entgegnen, dass derartige Begründungen in den Mitteilungen nach § 21 WpHG nicht gefordert sind.

Inhaltliche und formelle Richtigkeit

Die letzte Meldung vom 15. Dezember 2005 bezüglich der D1 ist nicht zu beanstanden. Sie ist überschrieben als Mitteilung nach § 21 WpHG. Darin werden die Namen und die Anschriften des Mitteilungspflichtigen und des Emittenten genannt. Es wird mitgeteilt, dass und wann die Schwelle von 75% unterschritten wurde. Die Höhe des verbleibenden Stimmrechtsanteils von 59,42% wird ebenfalls genannt. Schließlich wird erwähnt, dass Zurechnungstatbestände gemäß § 22 Abs. 1 WpHG nicht vorliegen, sondern die Anteile unmittelbar von der D1 gehalten werden.

Die Meldung der D1 vom 15. Dezember 2005 ist auch insoweit richtig, als darin der 14. November 2005 als der Tag genannt wird, an dem die D1 die Schwelle von 75% der Stimmrechte an der Beklagten unterschritt. Ab diesem Zeitpunkt waren die von der B6Co noch gehalten Stimmrechte aus Aktien der Beklagten der D1 nicht mehr zuzurechnen, da ihr der Erlös aus der zuvor beschlossenen Liquidation der B6Co am 14. November 2005 zugeflossen war. Die Beklagte hat ausführlich - unwidersprochen geblieben - ausgeführt, dass an die D1 die von der B6Co für die D1 gehaltenen Aktien der Beklagten im Rahmen der Liquidation am 14. November 2007 übertragen wurden. Die Mehrheitsbeteiligung der D1 von 50,1% an der B6Co bestand zwar weiter, allerdings hatte die D1 keinen unternehmerischen Einfluss mehr auf die B6Co. Aus diesem Grunde standen die am 14. November 2005 bei der B6Co noch verbliebenen Aktien der Beklagten wirtschaftlich ausschließlich der A2 zu und wurden von der D1 für deren Rechnung gehalten.

Die D1 hatte ab dem 15. November 2005 auch keinen beherrschenden Einfluss mehr auf die B6Co im Sinne von § 22 Abs. 3 WpHG, 17 Abs. 1 AktG. Zunächst bestand nach dem Entschluss für die Liquidation für die D1 keine Möglichkeit mehr, kraft ihrer Gesellschafterstellung den Liquidationsprozess aufzuhalten und unternehmerischen Einfluss auf die B6Co auszuüben. Die Beklagte hat insofern zu den gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten nach B6emburgischen Recht ausgeführt. Zudem hatte die D1 nach allgemeinen Grundsätzen auch keinen beherrschenden Einfluss mehr auf die B6Co trotz ihrer Mehrheit von 50,1%. Die Vermutungswirkung des § 17 Abs. 1 AktG, dass ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen abhängig ist, ist widerlegt, wenn ein weiterer Gesellschafter der Untergesellschafter seinerseits ihren Mehrheitsgesellschafter beherrscht (vergleiche Emmerich in: Emmerich Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Auflage 2008, § 17 Rn. 41 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und Literatur). Vorliegend stand die D1 am 14. November 2005 im Mehrheitsbesitz der A2 mit der Folge, dass die A2 einen beherrschenden Einfluss auf die D1 und damit auch mittelbar auf die B6Co hatte.

Vertretungsmacht der A2

Der Einwand der Kläger, der A2 habe die Vertretungsmacht gefehlt, am 15. Dezember 2005 für die D1 eine Meldung gemäß §§ 21 ff. WpHG vorzunehmen, ist unbegründet. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zur Vertretung der D1 durch die A2 Angaben gemacht. Die Beklagte hat eine schriftliche Vollmachtsurkunde vom 10. November 2005 (Anlage KE 84) in beglaubigter Übersetzung vorgelegt, in der die D1 die A2 bevollmächtigt, für und namens der D1 alle Mitteilungen gemäß §§ 21 ff. WpHG im Hinblick auf Beteiligung an der Beklagten abzugeben.

Zugang der Meldungen bei der Beklagten und der B7

Die Mitteilung der D1 vom 15. Dezember 2005 ging sowohl der Beklagten als auch der B7 zeitnah zu (Mail vom 12. Dezember 2005, Anl. KG 41).

Der Zugang der Mitteilung gegenüber der B7 ergibt sich auch aus der von den Klägern vorgelegten und über das Internet abrufbaren Veröffentlichungen der B7. Danach finden sich bezüglich der Beklagten folgende Eintragungen:

(Es folgt eine tabellarische Übersicht)

Präzisierung durch die Meldung vom 25. Juni 2007

Die D1, vertreten durch die A2, präzisierte ihre Mitteilung hinsichtlich der Stimmrechtsanteile vorsorglich am 25. Juni 2007 (Anlage KE 23). In dieser Meldung werden die Stimmrechtsanteile der D1 an der Beklagten zum 30. Oktober 1997, 9. Juli 1999 und 1. April 2002 korrigiert. Für den 25. Juni 2007 wird bestätigt, dass der Stimmrechtsanteil der D1 an der Beklagten 59,42% beträgt und sämtliche Stimmrechte von der D1 unmittelbar gehalten werden. Damit steht die Meldung vom 25. Juni 2007 mit der vorhergehenden Meldung vom 15. Dezember 2005 in Einklang.

Es kann offen bleiben, ob die Meldung vom 25. Juni 2007 der Beklagten und der B7 rechtzeitig vor der Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 zugegangen ist und ob die Meldung richtig ist. Ferner kann offen bleiben, ob die Meldung vom 25. Juni 2007 im Hinblick auf das Übertragungsverlangen und das Teilnahmerecht der Hauptaktionärin verspätet war. Denn die Meldung vom 25. Juni 2007 erfolgte vorsorglich hinsichtlich früherer meldepflichtiger Vorgänge, die inzwischen aber überholt waren. Der letzte meldepflichtige Vorgang war bereits am 15. Dezember 2005 zutreffend an die Beklagte und die B7 gemeldet worden.

Meldungen der A2

Auf der 1. Stufe der Zurechnung nach § 22 Abs. 1, 3 WpHG hat die A2 mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 15. Dezember 2005 (Anl. KG 40) der Beklagten Folgendes mitgeteilt:

"Mitteilungen gemäß §§ 21 Abs. 1, 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG

……………

"Hiermit teilen wir mit, dass uns am 14. und 15.11.2005 91,23% und damit unverändert über 75% der Stimmrechte an der S-Gesellschaft Aktiengesellschaft zugestanden haben. Am 14. November 2005 wurden uns davon Stimmrechte in Höhe von 29,39% gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG über die Tochtergesellschaft A1 Re Reinsurance and Investment S.a.r.1. und in Höhe von 59,42% über die Tochtergesel1schaft D1 Corporation zugerechnet. Seit dem 15. November 2005 werden die Stimmrechte in Höhe von 31,81 % von uns unmittelbar gehalten. In Höhe von 59,42% werden uns die Stimmrechte gem. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG nach wie vor über die Tochtergesel1schaft D1 Corporation zugerechnet."

Inhaltliche und formelle Richtigkeit

Auch diese Meldung ist in Ordnung. Es wird mitgeteilt, dass die Schwelle von 75% nach wie vor überschritten ist und dass der absolute Anteil der Stimmrechte 91,23% beträgt. Namen und Anschriften des Meldepflichtigen und des Emittenten sind genannt. Der Zurechnungstatbestand nach § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1WpHG wird genannt, und zwar sowohl für die Zeit bis zum 14. November 2005 als auch für die Zeit ab dem 15. November 2005.

Unerheblichkeit früherer Meldungen

Ohne Bedeutung ist der Einwand der Klägerin zu 38, dass die Meldung der A2 vom 7. Januar 2002 (Anlage KE 22) lediglich das Überschreiten der 5% Schwelle angebe, obwohl ihre Stimmrechtsquote seinerzeit 88,52% betragen habe. Diese frühere Mitteilung ist durch die Mitteilung vom 15. Dezember 2005 überholt.

Weitere Veränderung des Stimmanteils der A2

Unerheblich ist zudem, dass sich der Stimmanteil der A2 bis zum Zeitpunkt des Übertragungsverlangens noch auf über 95% erhöht hat. Die absolute Veränderung des Stimmanteils war nicht meldepflichtig, da die in § 21 WpHG genannten Meldeschwellen nicht berührt wurden. Die Überschreitung der höchsten Meldeschwelle von 75% war bereits früher gemeldet worden.

Meldungen A1 Re, T2 und C3

Auf der 2. Stufe der Zurechnung nach § 22 Abs. 1, 3 WpHG (Kettenzurechnung) waren A1 Re, T2 und C3 zu Meldungen verpflichtet.

Mit der Bestandsmitteilung zum 1. April 2002 gem. § 41 Abs. 2 WpHG meldete die A1 Re der Beklagten die Beteiligungen der an der Spitze der GenRe-Gruppe stehenden C3, T2 und A1 Re (Anl. KE 34). Die betreffenden Mitteilungen gingen der B7 am 4. April 2002 zu, wie auch der bereits dargestellten Veröffentlichung der B7 entnommen werden kann.

Zunächst teilte die A1 Re in der vorgenannten Meldung gemäß "§ 41 Abs. 2 S. 1, 21 Abs. 1, 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG" mit, dass ihr am 1. April 2002 88,52% der Stimmrechte an der Beklagten zugestanden haben und dass seitdem keine Veränderung eingetreten ist. Ferner teilte A1 Re mit, dass ihr die Stimmrechte gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zugerechnet werden. Wortgleich dazu werden Erklärungen im Auftrag und im Namen von C3 und T2 abgegeben. Im Auftrag und im Namen der D1 wird mitgeteilt, dass dieser am 1. April 2002 29,62% der Stimmrechte an der Beklagten zugestanden haben, und dass seitdem keine Veränderung eingetreten ist.

Diese Mitteilung ist nicht zu beanstanden.

Nennung der Tochterunternehmen

Unerheblich ist zunächst, dass in der vorgelegten Bestandsmitteilung zum 1. April 2002 nicht nach § 22 Abs. 3 WpHG a. F. zuzurechnende Stimmrechte unter Nennung der Tochterunternehmen und deren Stimmrechtsanteile aufgegliedert werden.

In der Meldung vom 4. April 2002 wird nicht mitgeteilt, dass beispielsweise C3 die Stimmrechte über die Tochtergesellschaften T2, A1 Re, A2 und D1 gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG zugerechnet werden. Anders als nach geltendem Recht (vgl. § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WpAIV), wonach die Namen der kontrollierten Unternehmen, über die die Stimmrechte tatsächlich gehalten werden, anzugeben sind, bestand zum Zeitpunkt der Mitteilung entsprechend der Rechtslage im Jahr 2002 kein solches Erfordernis (vergleiche Aßmann/Schneider (Hrsg.), WpHG, 4. Auflage, § 21 WpHG Rn. 81 zur Rechtslage bis 2007). Das war auch nicht nach § 41 Abs. 2 WpHG gefordert. Deshalb stand die Mitteilung zum 1. April 2002 auch nicht in Widerspruch zur Mitteilung vom 26. Juni 2007, in der entsprechend § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WpAIV die Unternehmen der Zurechnungskette namentlich genannt werden. § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG in der Fassung vom 1. April 2002 bis zum 19. Januar 2007 sah lediglich vor, dass die zuzurechnenden Stimmrechte in den Mitteilungen nach § 21 Abs. 1 und 1a WpHG für jede der in § 22 Abs. 1 und Abs. 2 WpHG genannten Fälle getrennt anzugeben sind. Das ist vorliegend geschehen, da sämtliche Anteile über § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG zugerechnet wurden.

Nennung der Wertpapierkennnummern

Unerheblich ist, dass in der Mitteilung zum 1. April 2002 nicht beide Wertpapierkennnummern der Aktien der Beklagten angegeben sind. Eine solche Angabe war und wird vom Gesetz nicht gefordert (vergleiche Aßmann/Schneider (Hrsg.), WpHG, 4. Auflage, § 21 WpHG Rn. 74 ff. mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und Literatur).

Nennung der überschrittenen Meldeschwellen

Dass die Bestandsmitteilung zum 1. April 2002 nicht die überschrittenen Meldeschwellen nennt, ist entgegen der Ansicht der Klägerin zu 38 ohne Relevanz. In der Bestandsmitteilung nach § 41 Abs. 2 S. 1 WpHG müssen die Höhe des Stimmrechtsanteils zum 1. April 2002, die Anschrift des Meldepflichtigen sowie die dem Meldepflichtigen zuzurechnenden Stimmrechte für jeden Zurechnungstatbestand getrennt angegeben werden (vgl. Witt, AG 2001,233, 239; vgl. auch Begr. RegE zu § 41 WpHG, BT-Drucks. 14/7034, S. 71). Folglich musste in der Bestandsmitteilung nur der absolute Stimmrechtsanteil mitgeteilt werden, nicht aber die überschrittenen Meldeschwellen.

Ziel der Bestandsmitteilung nach § 41 Abs. 2 WpHG war nach Neufassung des WpHG zum 1. Januar 2002, dem Meldepflichtigen die Gelegenheit einzuräumen, unzutreffende Mitteilungen zu korrigieren. Ferner sollten erstmals die Beteiligungsverhältnisse an Gesellschaften, deren Aktien nicht zum amtlichen Handel an einer Börse oder einem anderen geregelten Markt im europäischen Wirtschaftsraum zugelassenen waren, gemeldet werden (Aßmann/Schneider (Hrsg.), WpHG, 4. Auflage, § 41 WpHG Rn. 6). Folglich ist davon auszugehen, dass die Bestandsmitteilung gemäß § 41 Abs. 2 S. 1 WpHG die bis dahin erfolgten, aber fehlerhaften Meldungen gemäß §§ 21 ff. WpHG ersetzen sollte. Ansonsten hätte zunächst eine ordnungsgemäße Meldung gemäß § 21 WpHG erfolgen müssen und gleichzeitig eine Bestandsmitteilung nach § 41 Abs. 2 S. 1 WpHG. Das war vom Gesetz nicht gefordert. Vielmehr musste lediglich eine Bestandsmitteilung gemäß § 41 Abs. 2 WpHG erfolgen, auch wenn durch den Gesetzgeber nicht auf einen Gleichklang von § 41 Abs. 2 WpHG und § 21 WpHG geachtet wurde (Witt, AG 2001,233, 240 mit weiteren Beispielen zu den Abweichungen). Folglich ist davon auszugehen, dass die Bestandsmitteilung zum 1. April 2002 eine vollwertige Meldung im Sinne des WpHG war, die aber nach dem klaren Wortlaut der Norm § 41 Abs. 2 WpHG ohne Nennung der Meldeschwellen erfolgen konnte.

Bestandsmitteilung zum 20. Januar 2007

Eine neue Bestandsmitteilung zum 20. Januar 2007 gem. § 41 Abs. 4a S. 1 WpHG war hingegen nicht gefordert.

Nach § 41 Abs. 4a S. 1 WpHG in der zum 20. Januar 2007 durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) geltenden Fassung haben mitteilungspflichtige Personen dem Emittenten bis zum 20. März 2007 eine Mitteilung ihrer Stimmrechtsanteile zu übermitteln, wenn sie am 20. Januar 2007 einen Stimmrechtsanteil halten, der die Schwelle von 15%, 20% oder 30% erreicht, überschreitet oder unterschreitet. Diese Verpflichtung gilt jedoch nach § 41 Abs. 4a S. 2 WpHG nicht, wenn bereits vor dem 20. Januar 2007 eine Mitteilung mit gleichwertigem Informationsgehalt gemacht wurde.

Durch das TUG sind die Schwellen von 15%, 20% und 30% neu in § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG aufgenommen worden. Die ebenfalls eingeführte Pflicht zur Bestandsmitteilung nach § 41 Abs. 4a S. 1 WpHG soll, wie sich aus der Einschränkung in S. 2 ergibt, diejenigen Fälle erfassen, in denen seit der letzten WpHG-Mitteilung eine der genannten neuen Schwellen erreicht, überschritten oder unterschritten worden ist. Denn in diesen Fällen bestand mangels Mitteilungspflicht nach altem Recht keine Transparenz hinsichtlich des Erreichens bzw. Über- oder Unterschreitens der neu eingeführten Schwellen (Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471, 477).

Zum 1. April 2002 haben C3, T2 und A1 Re gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG (a. F.) einen Stimmrechtsanteil von jeweils 88,52% mitgeteilt. Diese Mitteilung enthält zugleich die Information, dass die Meldepflichtigen die Schwellen von 15%, 20% und 30% der Stimmrechte an der Beklagten überschritten haben. Folglich war eine Bestandsmitteilung § 41 Abs. 4a S. 2 WpHG zum 20. Januar 2007 nicht erforderlich.

Eine Bestandsmitteilung nach § 41 Abs. 4 a S. 2 WpHG war auch nicht deshalb gefordert, weil sich nicht nur die Meldeschwellen verändert haben, sondern auch die Anforderungen der Mitteilung nach § 17 WpAIV. Eine Mitteilungspflicht wurde lediglich durch die Erreichung der neuen Meldeschwellen von 15%, 20% oder 30 % begründet. Tatbestandsauslösend für eine neue Meldung nach § 41 Abs. 4 a S. 2 WpHG war nach dem klaren Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift hingegen nicht allein die Divergenz des Inhalts der Mitteilung nach altem und neuem Recht (§ 17 WpAIV).

Stimmanteilsveränderungen 2005

Die nach dem Jahr 2005 eingetretenen Stimmrechtsveränderungen bei der A2 und der D1 haben eine zusätzliche Meldung von C3, T2 und A1 Re nicht erfordert.

Wie bereits dargelegt worden ist, wurde in der Mitteilung vom 15. Dezember 2005 erläutert, dass der A2 zum 15. November 2005 91,23% der Stimmrechte aus Aktien der Beklagten zustanden. Der Stimmanteil von C3, T2 und A1 Re hat sich folglich von 2002 auf 2005 - absolut gesehen - erhöht, nämlich von 88,52% auf 91,23%. Dieser Anteil hat sich bis zum Übertragungsverlangen am 18. September 2006 nochmals auf 95,22% erhöht. Dennoch war die Meldung des Stimmanteils der A2 von 91,23% bzw. 95,22% nicht erforderlich. Begründet wird eine Meldungspflicht lediglich bei der Berührung der in § 21 WpHG genannten Schwellenwerte. Eine Meldung für den Fall, dass sich der bereits für die Überschreitung des höchsten Schwellenwertes maßgebende Stimmanteil noch weiter erhöht hat, ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Meldungen der A2 vom 26. Juni 2007

Es kann offen bleiben, ob die für C3, T2 und A1 Re am 26. Juni 2007 erfolgte Mitteilung im Sinne von §§ 21 ff. WpHG (Anlage KE 29) der Beklagten und der B7 rechtzeitig vor der Abstimmung in der Hauptversammlung der Beklagten am 26. Juni 2007 zugegangen und inhaltlich richtig ist. Ferner kann offen bleiben, ob die Meldung vom 26. Juni 2007 im Hinblick auf das Übertragungsverlangen und das Teilnahmerecht der Hauptaktionärin verspätet war. Denn die Meldung vom 26. Juni 2007 erfolgte vorsorglich hinsichtlich früherer meldepflichtiger Vorgänge, die inzwischen aber überholt waren. Der letzte meldepflichtige Vorgang war bereits am 4. April 2002 zutreffend an die Beklagte und die B7 gemeldet worden.

Ablauf der Hauptversammlung am 26. Juni 2007

Beeinträchtigung des Teilnahmerechts einzelner Aktionäre und Ausschluss berechtigter Stimmen

Die Rüge der Klägerin zu 40, an der Hauptversammlung am 26. Juni 2007 hätten Nichtaktionäre Stimmkarten für die Hauptversammlung erhalten, während andere Aktionäre, die nachweislich Aktien der Beklagten verfügten, der Eintritt zur Versammlung zunächst verweigert und erst nach mehrfacher Rüge und dem Nachweis des Aktienbesitzes die Teilnahme gestattet worden sei, hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Die Klägerin zu 40 behauptet nicht, dass sie selbst in ihrem Teilnahmerecht betroffen war. Sie schildert mögliche Beeinträchtigungen von anderen Aktionären, so bezüglich der Kläger Professor Dr. X2 und Z1. Soweit die Klägerin zu 40 damit rügen will, dass durch den Ausschluss berechtigter Aktien das Beschlussergebnis zu TOP 5 verfälscht worden sei, hat sie nicht erläutert, welche Aktien beziehungsweise welche Stimmen von Aktionären auf der Hauptversammlung am 20. Juni 2007 unrechtmäßig von der Beklagten ausgeschlossen worden sind. Zudem hat sie auch nichts dazu gesagt, inwiefern mögliche Verstöße für die angegriffenen Hauptversammlungsbeschlüsse relevant geworden sein könnten.

Doppelzählungen von Stimmen

Auch der Einwand der Klägerin zu 40, dass es aufgrund der Unregelmäßigkeiten bei der Ausgabe der Stimmenkarten zu Doppelzählungen oder dem Ausschluss berechtigter Stimmen gekommen sei, ist nicht erfolgreich.

Die Beklagte hat im Einzelnen den Ablauf der Hauptversammlung dargelegt, insbesondere hat sie erläutert, dass durch technische Vorkehrungen sichergestellt worden sei, dass Aktionäre zur Hauptversammlung am 26. Juni 2007 mit den ihnen gebührenden Stimmkarten zugelassen wurden. Nach dem Vortrag der Beklagten haben sich bis zum 19. Juni 2007, dem letzten Tage der Anmeldefrist, insgesamt 538 Aktionäre bzw. Aktionärsvertreter zur Teilnahme an der Hauptversammlung angemeldet (309 Inhaberaktionäre und 229 Namensaktionäre). Für alle angemeldeten Aktionäre und Aktionärsvertreter seien durch die I AG ("Computershare"), den von der Beklagten mit der technischen Abwicklung der Hauptversammlung beauftragten Dienstleister, Eintrittskarten für den Besuch der Hauptversammlung ausgestellt und den Aktionären bzw. Aktionärsvertretern per Post zugesendet worden. Zu den ordnungsgemäß angemeldeten Aktionären, die - soweit Inhaberaktien betroffen waren - auch einen Nachweis des Anteilsbesitzes durch das depotführende Institut beigebracht haben, gehörten auch die A2 und die D1 (Anlagen KE 6 - KE 10).

Hinsichtlich eines Teils des angemeldeten Namensaktienbestandes (Eintrittskarten-Nr. 001 bis 153 von insgesamt 229 an Namensaktionäre ausgestellten Eintrittskarten) seien aufgrund eines technischen Versehens bei Computershare pro Aktionär zwei Eintrittskarten ausgestellt und versendet worden. Nach dem Bemerken des Doppelversandes von 153 der insgesamt 229 für Namensaktionäre bestimmten Eintrittskarten am Nachmittag des 14. Juni 2007 seien am 15. Juni 2007 sämtliche betroffenen Aktionäre bzw. Aktionärsvertreter von Computershare angeschrieben und auf das Versehen aufmerksam gemacht worden. Die betreffenden Aktionäre und Aktionärsvertreter seien in dem Schreiben darauf hingewiesen worden, dass der jeweilige Aktienbestand nur einmal zur Hauptversammlung angemeldet und eine Mehrfachvertretung bzw. Mehrfachabstimmung desselben Aktienbestandes technisch ausgeschlossen sei. Die Aktionäre und Aktionärsvertreter seien gleichwohl gebeten worden, nur mit einer der beiden Eintrittskarten zur Hauptversammlung anzureisen. Für etwaige Fragen könnten sich die betreffenden Aktionäre und Aktionärsvertreter unter einer im Schreiben genannten Hotline telefonisch an das Service-Team von Computershare wenden (Anlage KE 11).

Für den Tag der Hauptversammlung selbst seien umfangreiche organisatorische Vorkehrungen getroffen worden, die sicherstellten, dass die überzähligen Ausfertigungen nicht dazu hätten verwendet werden können, unberechtigt zur Hauptversammlung Zutritt zu erlangen und an den Abstimmungen teilzunehmen. Auf diese Vorkehrungen habe - erfreulicherweise - nicht zurückgegriffen werden müssen, da alle betroffenen Aktionäre die an sie schriftlich übermittelten Hinweise beachtet und nur eine Ausfertigung der Eintrittskarte am Aktionärsempfang vorlegt hätten.

Die angesprochenen Vorkehrungen hätten im Einzelnen folgende Elemente umfasst: Am Tag der Hauptversammlung seien diejenigen Besucher, die bei der Zugangskontrolle zum Präsenzbereich eine der betroffenen Eintrittskarten vorgewiesen hätten, von Mitarbeitern von Computershare am Einlass befragt worden, ob es sich bei ihnen um die auf der Eintrittskarte als Aktionär bzw. Aktionärsvertreter benannte Person handelt. Nur bei eindeutiger Bejahung dieser Frage seien die betreffenden Personen zu Hauptversammlung zugelassen worden. Die Mitarbeiter von Computershare hätten sich ferner auch nach dem Verbleib der Zweitfertigung der Eintrittskarte erkundigt. Alle Eintritts- und Stimmkarten seien mit einem Barcode versehen gewesen. Die versehentlich versendeten Zweitfertigungen der Eintrittskarten hätten jeweils denselben Barcode wie die Erstausfertigung getragen. An der Einlasskontrolle zur Hauptversammlung seien alle Eintrittskarten mit einem Barcodescanner erfasst worden. Die entsprechenden Aktionärsdaten seien im elektronischen Präsenzerfassungssystem hinterlegt gewesen. Ferner sei im EDV-System diesem Datensatz ein Stimmkartenblock fest zugeordnet und den Aktionären ausgehändigt worden. Die Erfassung im EDV-System sei online im Beisein des Aktionärs bzw. Aktionärsvertreters erfolgt. Hätte nach Zulassung des Inhabers der ersten Eintrittskarte eine weitere Person die Zweitfertigung der Eintrittskarte an der Einlasskontrolle vorgelegt, wäre bei der elektronischen Erfassung durch die EDV-Anlage aufgefallen, dass für den selben Barcode bereits eine andere Person Zutritt zur Versammlung erlangt hat. Im Falle einer Doppelvorlage wäre die zweite Person gebeten worden, ihre Teilnahmeberechtigung etwa durch Vorlage des Personalausweises - nachzuweisen. In diesem Fall wäre der Stimmkartenblock des Nichtberechtigten im EDV-System deaktiviert und dem tatsächlich Berechtigten ein funktionsfähiger Stimmkartenblock ausgehändigt worden.

Von der vorbeschriebenen Funktionsweise der EDV-Anlage habe sich Frau Dr. E, die die Hauptversammlung protokollierende Notarin, am Vortag der Hauptversammlung überzeugt, indem sie sich die Anlage von Mitarbeitern von Computershare habe erläutern lassen und mehrere Testläufe verfolgt habe, bei denen auch die Verwendung von Eintrittskarten mit demselben Barcode simuliert worden sei.

Dieser Vortrag der Beklagten stimmt überein mit den Feststellungen der beurkundenden Notarin im Hauptversammlungsprotokoll (S. 4):

"Der Vorsitzende wies zu Beginn der Hauptversammlung darauf hin, dass der von der Gesellschaft beauftragte Hauptversammlungsdienstleister aufgrund eines technischen Versehens einigen Namensaktionären jeweils zwei Eintrittskarten zugesendet habe, welche jeweils dieselbe Eintrittskartennummer trügen. Unverzüglich nach Entdeckung des Versehens seien alle betroffenen Namensaktionäre angeschrieben und auf das Versehen aufmerksam gemacht und gebeten worden, nur mit einer Eintrittskarte zur Hauptversammlung zu kommen. Zusätzlich sei durch das EDV-System sichergestellt, dass nicht mehrere Personen für ein und denselben Aktienbestand an der Hauptversammlung teilnehmen könnten. Ebenso sei gewährleistet, dass aus allen angemeldeten Aktien das Stimmrecht nicht doppelt, sondern nur einmal ausgeübt werden könne."

Aufgrund dieser technischen Vorkehrungen war sichergestellt, dass an die Aktionäre nicht mehr Stimmkarten ausgegeben wurden, als ihnen nach ihrem Aktienbesitz zustanden.

Die Klägerin zu 40 ist diesem substantiierten Vortrag der Beklagten nicht mehr entgegengetreten, so dass die Ausführungen tatsächlicher Art als zugestanden erachtet werden müssen.

Verletzung des Informationsrechts gemäß § 131 Abs. 1 AktG

10.1. Einsicht in das Aktionärsregister

Die Beklagte hat nicht die Auskunftsrechte der Aktionäre gemäß § 131 Abs. 1 AktG verletzt, indem sie die Einsicht in das Aktienregister verweigert hat.

Die Beklagte hat auf die entsprechende Forderung von Minderheitsaktionären erklärt, dass insbesondere aus Rücksicht auf die nicht anwesenden Aktionäre das Aktienregister nicht auslegt werden könne. Zugleich wurde angeboten, den Aktionären mitzuteilen, ob und mit welchen Angaben sie persönlich im Register eingetragen sind.

Wie die Beklagte in rechtlicher Hinsicht zutreffend ausführt, gewährt § 131 Abs. 1 AktG keinen Anspruch auf Vorlage oder Einsichtnahme in Unterlagen der Gesellschaft. Der Anspruch ist gerichtet auf Erteilung von mündlichen Informationen (vergleiche Hüffer, AktG, 8. Auflage, § 131 Rn. 22 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung und Literatur). Im Einzelfall kann es jedoch geboten sein, die geforderte Auskunft durch Vorlage von Unterlagen zu erteilen.

Die Aktionäre waren lediglich berechtigt zu der Frage, ob die Hauptaktionärin im Aktienregister eingetragen war und ist. Der Vorstand der Beklagten hätte dazu auf der Hauptversammlung unter Berücksichtigung von § 400 AktG wahrheitsgemäß, gegebenenfalls nach Einsichtnahme in das Aktienregister, Auskunft erteilen müssen. Die Kläger haben jedoch nicht vorgetragen, dass die auf der Hauptversammlung vertretenen Aktionäre der Beklagten diese Frage gestellt haben und die Beklagte die Auskunft dazu verweigert hat.

Ausweislich des vorgelegten Hauptversammlungsprotokolls (Anl. 5, Frage Nr. 235) bat Rechtsanwalt C8 darum,

"einen aktuellen Handelsregisterauszug auszulegen, der auf die heutige Hauptversammlung bezogen sein sollte, damit wir nachvollziehen können, ob tatsächlich noch die Aktien vorhanden ist, die für den heutigen Beschluss notwendig sind".

Ausweislich der protokollierten Frage Nr. 267 bat Rechtsanwalt Dr. B2 darum,

"Auszüge aus dem Aktienregister zum 18. September 2006, 18. April 2007 und heute auszulegen, denen ich jeweils entnehmen kann, mit welchen Aktienanteil die Hauptaktionärin beziehungsweise die zugehörigen Gesellschaften vermerkt sind".

Die Beklagte erwiderte darauf:

Sie erbaten Einsicht in einen Namensregisterauszug per 18.09.2006 und 18.04.2007. Nach § 67 Abs. 6 S. 1 AktG kann ein Aktionär nur Einsicht zu seinen eigenen im Aktienregister eingetragenen Daten verlangen. Wir können ihn aber nochmals versichern, dass die A2 und die D1 mit dem bereits mehrfach genannten Beständen an Namensaktien zu den genannten Zeitpunkten im Aktienregister eingetragen waren beziehungsweise sind."

Folglich wurde die berechtigte Frage der Aktionäre nach dem Zeitpunkt der Eintragung der A2 und der GRG im Aktienregister der Beklagten beantwortet. Darauf hatten die Aktionäre nach § 131 AktG Anspruch. Offensichtlich wurde aber die Einsichtnahme in das Aktienregister gefordert, um sich selbst Gewissheit darüber zu verschaffen, dass die Hauptaktionärin im Aktienregister rechtzeitig vor dem Übertragungsverlangen eingetragen wurde. Darauf hatten die Aktionäre keinen Anspruch.

Vor diesem Hintergrund konnten die Aktionäre die Vorlage des Aktienregisters zwecks Einsichtnahme nicht verlangen, zumal die Beklagte die Auslage des Aktienregisterauszuges zutreffend auch damit verweigert hat, dass ansonsten die datenschutzrechtlichen Interessen der im Aktienregister eingetragenen Aktionäre verletzt würden. Das entspricht § 67 Abs. 6 AktG, wonach jeder Aktionär einer Aktiengesellschaft Auskunft über die zu seiner Person in das Aktienregister eingetragenen Daten verlangen kann. Damit hat der Gesetzgeber dem Gesichtspunkt des Datenschutzes Rechnung getragen. Die frühere umfassende Befugnis zur Einsichtnahme in das Aktienregister ist abgeschafft worden.

Prüfung der Barabfindung

Die Behauptung der Klägerin zu 40, die gerichtlich bestellte Sachverständige Q & I2 habe nicht die gesetzlich vorgesehene Prüfung durchgeführt, sondern für die Hauptaktionärin die angemessene Barabfindung ermittelt, ist ohne Substanz.

Es ist nicht die Aufgabe des sachverständigen Prüfers, selbst eine Unternehmensbewertung vorzunehmen oder die ihr zugrunde liegenden Angaben selbst zu ermitteln oder festzustellen. Zu überprüfen sind nach §§ 327c Abs. 2 S. 2-4 i. V. m. 293e AktG vielmehr die vom Bewertungsgutachter angewendeten Methoden zur Ermittlung der Barabfindung und die Angemessenheit ihrer Anwendung im konkreten Fall sowie das Ergebnis ihrer Anwendung. Dabei hat der Prüfer die Bewertungsschritte des Bewertungsgutachters nachzuvollziehen und daraufhin zu prüfen, ob die zugrunde gelegten Daten fachgerecht abgeleitet sind und die Zukunftseinschätzungen plausibel erscheinen (Eisolt, DStR 2002, 1145, 1147; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 293e Rn. 3, 6).

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet keine abweichende Interpretation. In der Edscha-Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit der §§ 327 a ff. AktG u. a. damit begründet, dass der Gesetzgeber die volle Abfindung der Minderheitsaktionäre in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dadurch sichergestellt habe, dass die Angemessenheit der Abfindung bereits vorab durch einen gerichtlich ausgewählten und bestellten Sachverständigen überprüft werde (§ 327 c Abs. 2, 3 AktG) und unabhängig davon das Spruchverfahren gewährleiste, dass etwaige Fehleinschätzungen des Gutachters nachträglich korrigiert werden können (BVerfG, Beschluss vom 30. 5. 2007 - 1 BvR 390/04 "Edscha AG", NJW 2007, 3268, Rn. 26). Auch das Bundesverfassungsgericht spricht von einer "Überprüfung" der vom Hauptaktionär festgesetzten Barabfindung, nicht hingegen von einer völlig unabhängigen und eigenständigen Ermittlung der Barabfindung.

Der vorgelegte Prüfungsbericht (Anlage KE 62) widerlegt die pauschalen Behauptungen der Kläger. Die Prüfgutachterin hat ausgeführt, dass sie ihre Prüfungsarbeiten vom Oktober 2006 bis April 2007 in ihrem Büro in Düsseldorf sowie in den Geschäftsräumen der Beklagten durchgeführt hat. Prüfungsgegenstand sei nach § 327c Abs. 2 S. 2 AktG die Angemessenheit der Barabfindung, die die A2 als Hauptaktionärin der Gesellschaft ausweislich ihres schriftlichen Berichtes an die Hauptversammlung der Beklagten festgelegt hat. Die Prüfungsergebnisse beruhten auf der Prüfung von Unterlagen der A2 und der Beklagten, Auskünften von Vertretern der A2 und der Beklagten, des Bewertungsgutachtens der KPMG und den ergänzenden Informationen seitens des Bewertungsgutachters. Die Prüfungsarbeiten seien vor Abschluss der Bewertung durch die KPMG bereits aufgenommen worden. Diese Vorgehensweise sei im Rahmen von Prüfungen üblich und durch die Rechtsprechung anerkannt. Nachfolgend hat die Prüferin auf Planungsrechnungen des Bewertungsgutachters aufgebaut und deren Plausibilität anhand zugänglicher Unternehmens- und Marktdaten überprüft.

Aus dem Prüfungsbericht ergibt sich, dass die Prüferin nicht, wie von den Klägern behauptet, die Bewertungsannahmen einfach übernommen hat. Sie hat ausweislich des Prüfberichts untersucht, ob die Planungsrechnungen die voraussichtliche Entwicklung der Beklagten und ihrer wesentlichen Tochtergesellschaften unter Berücksichtigung der zu erwartenden zukünftigen Markt- und Wettbewerbsbedingungen sachgerecht abbilden (vgl. Prüfbericht S. 13). Sie hat die jeweils für Bewertungszwecke vorgenommenen Modifikationen der Planungsrechnungen im Einzelnen nachvollzogen und daraufhin überprüft, ob diese sachgerecht sind. Beispielhaft sei auf die Ausführungen der Prüferin im Prüfbericht zur Gewinnverwendungspolitik der Beklagten (S. 18), zu Modifikationen der von der Beklagten geplanten Ergebnisse (S. 20), zu Modifikationen bzgl. in Abwicklung befindlicher Portfolios und Konzerngesellschaften sowie und Verwaltungsaufwendungen (S. 21 -23), zu den Bruttobeiträgen (S. 24), zu den Schadensquoten (S. 25), zu den Kapitalanlagen (S. 21, 26) und zur Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes (S. 28-34) verwiesen, wobei insbesondere die Ausführungen zum Risikozuschlag deutlich machen, dass der Prüfer ergänzend Studien zur Plausibilisierung herangezogen hat (S. 30). Die inhaltliche Prüfung des Prüfberichts bestätigt folglich nicht den Vorwurf der Kläger.

Ohne Bedeutung ist auch, ob die gerichtlich bestellte Prüferin parallel zu dem im Auftrag der Hauptaktionärin tätigen Bewertungsgutachter geprüft hat. Es entspricht der herrschenden und zutreffenden Meinung, dass eine Parallelprüfung nicht grundsätzlich unzulässig ist, sondern aufgrund der frühzeitigen Aufdeckung von Fehlern effektiv sein kann.

Sonstige Bewertungsrügen

Die Rüge der Klägerin zu 40, dass der Bewertungseinwand, dass bei der Ermittlung des Unternehmenswertes der Beklagten im Rahmen der ewigen Rente die Ausschüttungsquote in völliger Abkehr der bislang vorgenommenen Ausschüttungspraxis von unter 1% unzutreffenderweise auf 45% erhöht worden sei, auch im Anfechtungsverfahren zu berücksichtigen sei, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Abfindung von einem unabhängigen und vom Gericht bestellten Gutachter ermittelt worden sei, ist nicht begründet.

Die Klägerin zu 40 erläutert nicht, warum die Abfindung nicht von der gerichtlich bestellten Gutachterin geprüft und ermittelt worden ist. Das Gegenteil ist richtig. Insofern kann auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden.

Der Rechtsstandpunkt der Klägerin zu 40 resultiert offensichtlich daraus, dass die gerichtlich bestellte Prüfgutachterin die von der Hauptaktionärin angebotene Abfindung, bei der der behauptete durchschnittliche Börsenkurs keine Berücksichtigung gefunden hat und eine Ausschüttungsquote von 45% für die ewige Rente angenommen worden ist, nicht korrigiert hat. Diese Schlussfolgerung ist jedoch nicht berechtigt, und zwar selbst dann nicht, wenn das Prüfgutachten fehlerhaft sein sollte. Es handelt sich um einen Einwand, der dem Spruchverfahren vorbehalten ist.

Verspäteter Vortrag

Der Vortrag des Klägers zu 73 in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. Juli 2008 ist verspätet und nicht zu berücksichtigen. Auch seinem Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2008 ist nicht zu entsprechen. Wiedereröffnungsgründe sind nicht dargelegt worden. Entgegen der Ansicht des Klägers zu 73 liegt kein Verfahrensfehler vor. Der Verkündungstermin wurde ordnungsgemäß im Termin vom 14. März 2008 bestimmt und nachfolgend im Hinblick auf die Vergleichsverhandlungen der Parteien verlegt. Zwischenzeitlich ist nicht neu verhandelt worden. Der Termin am 20. Juni 2008 war ein Erörterungstermin und diente dem Abschluss des Teilvergleichs.

Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Bei der Verteilung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Beklagten musste zu Gunsten der Kläger zu 38, 40, 60, 69, 70 und 73 berücksichtigt werden, dass die Beklagte gegenüber den übrigen Klägern in den Teilvergleichen sämtliche Kosten übernommen hat. Folglich haben die vorgenannten Kläger die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Beklagten nur entsprechend ihrer Beteiligungsquote zu tragen, ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jedoch in voller Höhe.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.

Streitwert

Der Streitwertwert wird unter Berücksichtigung von § 247 AktG wie folgt festgesetzt:

TOP 2: 30.000,00 € TOP 3: 30.000,00 € TOP 4: 30.000,00 € TOP 5: 500.000,00 € Gesamt 590.000,00 €






LG Köln:
v. 18.07.2008
Az: 82 O 63/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4b88a5e4a73d/LG-Koeln__vom_18-Juli-2008_Az_82-O-63-07




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