Bundespatentgericht:
Urteil vom 23. Oktober 2008
Aktenzeichen: 2 Ni 33/06

(BPatG: Urteil v. 23.10.2008, Az.: 2 Ni 33/06)

Tenor

I. Das Patent DE 199 44 314 wird für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 15. September 1999 angemeldeten Patents DE 199 44 314 (Streitpatent), für das die innere Priorität der Patentanmeldung DE 199 42 155.2 vom 3. September 1999 in Anspruch genommen worden ist. Das Streitpatent mit der Bezeichnung "Prüfgerät für Reifen" umfasst 23 Patentansprüche.

Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Prüfgerät für Reifen mit einer Positioniervorrichtung (14) für den zu prüfenden Reifen (3), einer Druck-, insbesondere Unterdruckkammer (2), in der der Reifen frei von einer Felge und dergleichen positionierbar und innenund außenseitig mit Druck, insbesondere Unterdruck beaufschlagbar ist, und einer Prüfvorrichtung (8), insbesondere Laser-Prüfvorrichtung, die in der Druckkammer positionierbar ist, um den Reifen (3) unter Druckbeaufschlagung in der Druckkammer (2) zu prüfen, dadurch gekennzeichnet, dass die Prüfvorrichtung mehrere Messköpfe (9, 10, 11, 12) mit jeweils zumindest einer Beobachtungseinheit (16) und einer zugeordneten Beleuchtungseinheit (17) aufweist, die in verschiedene Richtungen blicken derart, dass verschiedene Reifenabschnitte gleichzeitig prüfbar sind, wobei jeder Messkopf in mehreren Achsen (27, 28, 29, 30, 32) schwenkund verfahrbar ausgebildet ist".

Wegen der mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Der nebengeordnete Patentanspruch 6 hat folgenden Wortlaut:

"Prüfgerät nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest ein Messkopf (18) mit einer Mehrzahl von Beobachtungseinheiten (16) und diesen zugeordneten Beleuchtungsquellen (17) vorgesehen ist."

Wegen des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf einen vohergehenden Patentanspruch rückbezogenen Ansprüche 7 bis 23 wird auf den Inhalt der Streitpatentschrift verwiesen.

Mit ihrer am 24. August 2006 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die Gegenstände der beiden nebengeordneten Patentansprüche 1 und 6 seien nicht patentfähig, weil sie weder neu seien noch auf erfinderischer Tätigkeit beruhten. Neuheit sei bereits deshalb nicht gegeben, weil dem Streitpatent die Offenlegungsschrift der am 17. März 2000 angemeldeten EP 1 043 578 A2 als ältere Anmeldung im Sinne von § 3 Abs. 2 PatG entgegenstehe. Diese nehme wirksam die Priorität des Gebrauchsmusters DE 299 06 376 sowie der Patentanmeldung DE 199 42 155 in Anspruch.

Zur Begründung beruft sich die Klägerin auf folgende Druckschriften:

K1 DE 199 44 314 C2 (Streitpatent) K2 Auszug aus dem Patentregister zu DE 199 44 314 K3 Klageschrift vor LG Mannheim K4 Merkmalsgliederung Ansprüche 1 und 6 K5 Anlagenkonvolut (Prüfungsverfahren vor DPMA) K6 Prio-Anmeldung von 199 42 155 K7 Anmeldeunterlagen des Streitpatents 199 44 314 K8 DE29906376U1 K9a Protokoll der mündl. Verhandlung vor Gebrauchsmusterabteilungvom 19. Februar 2008 K9b Hilfsanträge Ia, IIa im Gebrauchsmusterverfahren K10a eidesstattliche Versicherung Stanley Ralph Windeler K10b deutsche Übersetzung der eidesstattlichen Versicherung K11a eidesstattliche Versicherung des Henry Brown K11b deutsche Übersetzung der eidesstattlichen Versicherung K12 eidesstattliche Versicherung des Bernward Mähner K13 eidesstattliche Versicherung des Roger Gregory K14a Schreiben des Beklagten an Mike Burgess, 24. Oktober 1996 K14b Gegenüberstellung Prüfgeräte Firma Steinbichler K14c Literaturverzeichnis betr. Gordon M. Brown K15 Merkmalsanalyse Anspruch 1 Streitpatent K16 Merkmalsanalyse Anspruch 6 EP 1 043 578 K17 Fotografie eines Reifenprüfgeräts (Bl. 175 Gerichtsakte)

D1 DE4231578A1 D2 EP0547365B1 D3 EP0228500B2 D4 EP0837308A2 D5a Auszug aus Zeitschrift RETREADING BUSINESS, Issue No. 8, Winter 1998/99 D5b Screenshot der Website der Zeitschrift RETREADING BUSINESS D6a Bedienungsanleitung zu Prüfgerät AST 4200 vom 30. Januar 1998 D6b Bedienungsanleitung zu Prüfgerät AST 4200 S vom 3. Juli 1998 D6c Produktkatalog zu Reifenprüfgerät AST 4000 D6d Fotografien eines Prüfgeräts AST 4200 SH/BC 72 D6e Fotografien eines Prüfgeräts AST 4200 S/72 D6f Fotografie eines Prüfgeräts (Bl. 176 Gerichtsakte) D7 DE19731486A1 D8 US 5,293,687 D9 DE2913601A1 D10 US 5,600,435 D11 EP0039143A2 D12 DE 196 08 528 A1 D13 DE3546149A1 D14 JP 4-12214 und englischer Abstract D 14a deutsche Übersetzung der JP 4-12214 D15a Produktbeschreibung für Reifenprüfgerät K1130 vom 1. Juni 1981 D15b Aufstellung über verkaufte Reifenprüfgeräte K1130 vom 1. Februar 1981 D15c Verkaufsunterlagen zu Reifenprüfgeräten K1130 D15d Bedienungsanleitung zu Reifenprüfgerät K1130 vom 1. Dezember 1978 D16 DE3624689A1 Zum Nachweis einer offenkundigen Vorbenutzung des Reifenprüfgerätes INTACT 750: D17a Anzeige in RETREADING BUSINESS, Issue No. 8, Frühjahr 1999 D17b Fotografien des Reifenprüfgeräts INTACT 750 D17c Kopie eines Prospekts Reifenprüfung D17d Schriftsatz der Beklagten vom 31. März 2006 D17e EP 1 043 578 B1 D17f Offenlegungsschrift EP 1 043 578 A2 D17g Prioritätssituation veranschaulichende Darstellung D18 Aufsatz W. J. Bisle "Optische Prüfung an Luftfahrtkomponenten:

Weiterentwicklung des Scherografie-Prüfverfahrens für nichtkooperative Oberflächen von Flugzeugstrukturen aus Internet-Zeitschrift NDT.NET, Januar 1999 D19 GB2327648A D20 DE3104911C2 D20a Fotografie Reifenprüfgerät (Blatt 178 der Gerichtsakte) D21 DE9016750U1 D22 Prospekt "HTCI Non Destructive Tire Test System". D23a Angebot Nr. AN-0120/96-SD-O vom 12. November 1996 D23b Angebot Nr. AN-0170/97-SD-O vom 27. Mai 1997 D24 Auszug aus Ersatzteilkatalog Grant Engineering, Inc Die Klägerin beantragt, das Patent DE 199 44 314 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise das Patent im Umfang der Hilfsanträge 1 bis 7 aufrechtzuerhalten mit der Maßgabe, dass in den Hilfsanträgen 1 bis 4 im Anspruch 2 die Formulierung "und/oder" ersetzt wird durch die Formulierung "und"; außerdem mit der Maßgabe, dass im Hilfsantrag 4 Unteranspruch 8 entfällt und die Ansprüche 9 bis 21 umnummeriert werden in 8 bis 20.

Wegen der Hilfsanträge 1 bis 4 wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 4. April 2008 (Bl. 151 bis 166 der Gerichtsakte), wegen der in der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2008 überreichten Hilfsanträge 5 bis 7 wird auf Bl. 179 bis 181 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig. Sie bestreitet dezidiert alle von der Klägerin behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen, insbesondere die Offenkundigkeit der Druckschriften D5b, D22, D23a, D23b, D24, K14a und K14b.

Die Klägerin hält die Hilfsanträge 1 bis 7 bereits für nicht zulässig. Sie seien unzulässig erweitert, Unteransprüche seien neu aufgestellt worden, enthielten neue "und/oder"-Verknüpfungen oder seien zu weit gefasst.

Das Gericht hat zur offenkundigen Vorbenutzung durch das Gerät "LTI AST der Serie 4000" und zur Echtheit der Druckschrift D22 den von der Klägerin als Zeugen benannten M... vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2008 verwiesen.

Mit Beschluss vom 30. Mai 2008 hat das Gericht die Akten 84 O 49/99 des Landgerichts Köln, 6 U 46/00 des OLG Köln und 1 ZR 114/01 des BGH beigezogen, das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Klägerin und der Beklagten angeordnet und der Klägerin aufgegeben, die Übersetzung der in das Verfahren eingeführten japanischen Druckschrift JP 4-12214 durch einen vereidigten Dolmetscher oder Übersetzer vorzulegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachund Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten: 84 O 49/99 des Landgerichts Köln, 6 U 46/00 des OLG Köln und 1 ZR 114/01 des BGH, sowie der Amtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet. Der zurecht geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) führt dazu, dass das Patent -in sämtlichen verteidigten Fassungen -für nichtig zu erklären war.

I.

1.

Das Streitpatent betrifft ein Prüfgerät für Reifen. Wie in der Beschreibungseinleitung erläutert wird, weisen in der Praxis bekannte Prüfgeräte eine Positioniervorrichtung für den zu prüfenden Reifen und eine Druck-, insbesondere Unterdruckkammer auf, in der der Reifen frei von einer Felge positionierbar und innenund außenseitig mit Druck, insbesondere Unterdruck beaufschlagbar ist. Mit einer in der Druckkammer positionierbaren Prüfvorrichtung, insbesondere einer Laser-Prüfvorrichtung wird der Reifen geprüft. Aufgrund des Unterdrucks in der Kammer treten Fehlstellen im Reifen besser hervor. Es wird auf eine Anzahl bekannter Prüfgeräte hingewiesen, u. a. auf das in der DE 29 13 601 A1 beschriebene, bei dem der Innenflächenabschnitt eines Reifen ohne Felge in einer Unterdruckkammer mit Laserlicht ausgeleuchtet wird. Mittels eines Interferometers wird von dem Reifen ein Hologramm erzeugt, und die Tiefenlage von Fehlern im Reifen bestimmt. Als nachteilig wird hierbei angesehen, dass bei diesem bekannten Prüfgerät nur die Innenseite des Reifens prüfbar ist und die Prüfung lange dauert, da der Reifen in eine Vielzahl von Winkelstellungen gedreht werden muss.

2.

Vor diesem Hintergrund sieht es die Streitpatentschrift als Aufgabe an, ein verbessertes Reifenprüfgerät zu schaffen, das eine effektive Reifenprüfung ermöglicht, so dass eine vollständige Reifenprüfung in kurzer Zeit erreicht werden kann (vgl. Abs. [0006] des Streitpatents).

3.

Hierzu beschreibt der Patentanspruch 1 ein

"Prüfgerät für Reifen mit 1.1 einer Positioniereinrichtung (14) für den zu prüfenden Reifen (3), 1.2 einer Druck-, insbesondere Unterdruckkammer (2), in der der Reifen 1.2.1 frei von einer Felge und dergleichen positionierbar und 1.2.2 innenund außenseitig mit Druck, insbesondere Unterdruck beaufschlagbar ist, und 1.3 einer Prüfvorrichtung (8), insbesondere Laser-Prüfvorrichtung, 1.4 die in der Druckkammer positionierbar ist, um den Reifen (3) unter Druckbeaufschlagung in der Druckkammer (2) zu prüfen, dadurch gekennzeichnet, dass 1.5 die Prüfvorrichtung mehrere Messköpfe (9, 10, 11, 12) mit 1.6 jeweils zumindest einer Beobachtungseinheit (16) und einer zugeordneten Beleuchtungseinheit (17) aufweist, 1.7 die in verschiedene Richtungen blicken derart, dass verschiedene Reifenabschnitte gleichzeitig prüfbar sind, 1.8 wobei jeder Messkopf in mehreren Achsen (27, 28, 29, 30, 32) schwenkund verfahrbar ausgebildet ist."

(Merkmalsgliederung ergänzt)

II.

1. Zum Hauptantrag:

1.1 Der einschlägige Fachmann, ein Diplomphysiker oder Diplomingenieur mit mehrjähriger Praxis auf dem Gebiet der Reifenprüfung, entnimmt dem Patentanspruch 1, dass die Prüfung von in einem Prüfgerät mit Druckkammer positionierten Reifen ohne Felge dadurch beschleunigt werden kann, dass die Prüfvorrichtung entsprechend Merkmal 1.5 mit mehreren Messköpfen ausgestattet wird. Die einzelnen Messköpfe weisen jeweils (mindestens) eine Beobachtungseinheit und eine zugeordnete Beleuchtungseinheit auf und blicken in verschiedene Richtungen (vgl. Merkmale 1.6 und 1.7). Zudem sind die Messköpfe jeweils in mehreren Achsen schwenkund verfahrbar ausgebildet, wie in Merkmal 1.8 angegeben. Wie in Merkmal 1.7 angegeben und in Absatz [0052] des Streitpatents näher erläutert, ergibt sich durch eine solche Ausgestaltung der Prüfvorrichtung die Möglichkeit, dass mehrere Reifenabschnitte, bspw. Sektoren gleichzeitig geprüft werden können, wobei Reifen oder Messköpfe nicht mehr um 3600, sondern entsprechend geringer gedreht werden müssen. Die Schwenkund Verfahrbarkeit der einzelnen Messköpfe ermöglicht es aber auch, eine Ansicht der Lauffläche und gleichzeitig eine Ansicht im Wulstoder Seitenbereich des Reifens zu prüfen. Die im Patentanspruch 1 angegebenen Maßnahmen ermöglichen es deshalb, eine vollständige Reifenprüfung in kurzer Zeit durchzuführen.

1.2 Das Prüfgerät für Reifen nach dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) gilt nicht als neu (§ 3 Abs. 1 PatG).

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die EP 1 043 578 A2 (D17f) eine ältere Anmeldung im Sinne von § 3 Abs. 2 PatG darstellt und im Offenbarungsgehalt der Anlage DE 299 06 376 U1 (K8) den Gegenstand des Streitpatents neuheitsschädlich vorwegnimmt.

Das Streitpatent nimmt die innere Priorität der Patentanmeldung DE 199 42 155 vom 3. September 1999 in Anspruch. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 PatG gilt auch der Inhalt europäischer Anmeldungen mit älterem Zeitrang, die erst nach dem für den Zeitrang der jüngeren Anmeldung maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind, als Stand der Technik, wenn mit der Anmeldung für die Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt und die Benennungsgebühr dafür bezahlt ist. In der am 11. Oktober 2000 (nach-) veröffentlichten EP 1 043 578 A2 (D17f) ist die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat benannt. Auf die Anmeldung wurde auch ein europäisches Patent (D17e) erteilt, so dass von der Bezahlung der Benennungsgebühr auszugehen ist. Die D17f nimmt u. a. den Zeitrang der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung DE 299 06 376 U1 (K8) vom 9. April 1999 in Anspruch. Die D17f gilt also im Umfang der Offenbarung der K8 für das Streitpatent als Stand der Technik.

Bei der europäischen Patentanmeldung D17f und der von ihr als Prioritätsanmeldung in Anspruch genommenen deutschen Gebrauchsmusteranmeldung K8 handelt es sich um Anmeldungen der Beklagten. Diese Druckschriften stimmen in Hinsicht auf die Ansprüche 1 bis 5 und die Figuren 1 bis 3 exakt überein; in Hinsicht auf die Beschreibungsteile, die sich mit der Erläuterung der in den Figuren 1 bis 3 gezeigten Ausführungsbeispielen befassen, zeigen sie weitgehende Übereinstimmung.

Die Teile der D17f, denen der Zeitrang der K8 zukommt, nehmen das Prüfgerät für Reifen nach dem erteilten Anspruch 1 vorweg, so dass dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) keine Neuheit zukommt.

Die Merkmale 1.1 und 1.3 des Anspruchs 1 des Streitpatents (Positioniereinrichtung, Prüfvorrichtung) ergeben sich unmittelbar aus dem Anspruch 1 der D17f bzw. der K8. Dass der Reifen entsprechend Merkmalsgruppe 1.2 frei von der Felge in einer Druckkammer positionierbar und innenund außenseitig mit Druck beaufschlagbar ist, kann Abs. [0002] der D17f bzw. S. 1, Abs. 2 der K8 entnommen werden. Dass die Prüfvorrichtung entsprechend Merkmal 1.4 in der Druckkammer positionierbar ist, ergibt sich aus Abs. [0030] der D17f bzw. S. 3 mittlerer Abs. der K8. Die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 sind somit vorbekannt. Das im kennzeichnenden Teil genannte Merkmal 1.5 (mehrere Messköpfe) zeigt Anspruch 1 der D17f bzw. der K8. Dass die Messköpfe gemäß Merkmal 1.6 jeweils zumindest eine Beobachtungseinheit und eine Beleuchtungseinheit aufweisen, ergibt sich für den Fachmann bereits aus dem Begriff "Lasermesskopf" (vgl. Anspruch 1 der D17f). Die in den Merkmalen 1.7 und 1.8 genannte Ausrichtung und Verstellbarkeit der Messköpfe ist Abs. [0035] und Abs. [0036] der D17f bzw.

S. 4 Abs. 4 bis S. 5 Abs. 1 der K8 entnehmbar.

Die Prüfvorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist daher durch Ausführungen in der D17f, denen der Zeitrang der K8 zukommt, vorweggenommen.

1.3 Der dem Anspruch 1 nebengeordnete Patentanspruch 6 des Streitpatents beschreibt ein

"Prüfgerät für Reifen mit 1.1 einer Positioniervorrichtung (14) für den zu prüfenden Reifen (3), 1.2 einer Druck-, insbesondere Unterdruckkammer (2), in der der Reifen 1.2.1 frei von einer Felge und dergleichen positionierbar und 1.2.2 innenund außenseitig mit Druck, insbesondere Unterdruck beaufschlagbar ist, und 1.3 einer Prüfvorrichtung (8), insbesondere Laser-Prüfvorrichtung, 1.4 die in der Druckkammer positionierbar ist, um den Reifen (3) unter Druckbeaufschlagung in der Druckkammer (2) zu prüfen, dadurch gekennzeichnet, dass 1.5' zumindest ein Messkopf (18)

1.6' mit einer Mehrzahl von Beobachtungseinheiten (16) und diesenzugeordneten Beleuchtungsquellen (17) vorgesehen ist."

(Merkmalsgliederung ergänzt)

Die Klägerin hat im Klageschriftsatz vom 24. August 2006 und in den mündlichen Verhandlungen die Auffassung vertreten, dass die in den Patentansprüchen 1 und 6 verwendeten Termini "Prüfvorrichtung" "Messkopf", "Beobachtungseinheiten" und "Beleuchtungsquelle" in messtechnischer Hinsicht unbestimmt seien und deshalb der Auslegung bedürften. Die Beklagte hat dem widersprochen und zur Definition des Begriffs "Messkopf" im Zusammenhang mit dem Anspruch 6 auf Sp. 7, Z. 51 -53 des Streitpatents verwiesen.

Die von der Beklagten zitierte Stelle bezieht sich auf das in Figur 7 gezeigte Ausführungsbeispiel, bei dem (mindestens) ein Messkopf (18) oberhalb des Reifens angeordnet und von oben her angelenkt und gelagert ist. Dort wird aber lediglich die Anordnung und Lagerung eines Messkopfs (18) definiert. Aufschluss über das konstruktive Verhältnis zwischen Prüfvorrichtung, Messkopf und den Einheiten zur Beobachtung und Beleuchtung gibt die von der Beklagten genannte Fundstelle nicht. Im Anspruch 6 selbst wird kein Bezug zwischen der im Merkmal 1.3 genannten Prüfvorrichtung (8) und dem im Merkmal 1.5' genannten Messkopf (18) hergestellt, der Aufschluss über den konstruktiven Zusammenhang dieser Einheiten gäbe, so dass zum Verständnis dieser Begriffe die Beschreibung zur Auslegung heranzuziehen ist.

Im Streitpatent werden in den Absätzen [0055] bis [0064] i. V. m. den Figuren 4 bis 10 Ausführungsbeispiele erläutert, die Bezug nehmen auf den "Messkopf (18)". Wie bspw. in dem in Fig. 4 dargestellten Ausführungsbeispiel gezeigt, kann dieser Messkopf (18) aus mehreren starr oder beweglich mit ihm verbundenen Messkopfsegmenten (19 -22) bestehen, die jeweils mindestens eine Beleuchtungseinheit

(17) und eine Beobachtungseinheit (16) aufweisen. In den Absätzen [0046] bis [0054] i. V. m. den Figuren 1 bis 3 werden hingegen Ausführungsbeispiele erläutert, die sich auf eine "Prüfvorrichtung (8)" beziehen, die mehrere (Laser-) Messköpfe (9 -12) aufweist. Ein Vergleich dieser Ausführungsbeispiele veranlasst den Senat zu dem Schluss, dass mit dem im Merkmal 1.5' des Anspruchs 6 verwendeten Begriff "Messkopf (18)" (mit Segmenten 19 -22) die gleiche Einheit bezeichnet sein soll wie mit der in Merkmal 1.3 der Ansprüche 1 und 6 genannten "Prüfvorrichtung (8)" (mit Messköpfen 9 -12). Eine anderweitige Interpretation des Inhalts des nebengeordneten Anspruchs 6, die durch die Ausführungen im Streitpatent gestützt ist, wurde von der Beklagten nicht geltend gemacht.

1.4. Unter Zugrundelegung dieser Auslegung unterscheiden sich Anspruch 1 und 6 in ihrem sachlichen Gehalt 1 lediglich dadurch, dass das Prüfgerät für Reifen nach Anspruch 1 (genau) eine Prüfvorrichtung (8) aufweist, während das Prüfgerät nach Anspruch 6 "zumindest einen Messkopf (18)" (i. S. v. Prüfvorrichtung (8)) aufweist, d. h. nur eine, aber auch mehrere Prüfvorrichtungen aufweisen kann. Im Übrigen bleibt die mit den Merkmalen 1.5' und 1. 6' des Anspruchs 6 beanspruchte Ausbildung der Prüfvorrichtung (8)/des Messkopfs (18) in Hinsicht auf die Verstellbarkeit hinter der des Anspruchs 1 zurück (vgl. dort Merkmale 1.7, 1.8). Der Anspruch 6 in der Variante mit nur einer Prüfvorrichtung (8)/einem Messkopf

(18) ist folglich durch den zum Anspruch 1 erläuterten Stand der Technik vorweggenommen. Damit aber fällt der Anspruch 6 insgesamt.

Dem Hauptantrag der Beklagten war daher nicht zu folgen.

2. Zum Hilfsantrag 1:

2.1 Der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Hauptantrag um folgendes Merkmal ergänzt:

1.23 "wobei die Prüfvorrichtung (8) derart ausgebildet ist, dass sie von oben in den Innenbereich des Reifens (3) fahrbar ist, wenn der Reifen (3) mit seiner Stirnseite auf der Positioniervorrichtung (14) aufliegt."

Diese Fassung des Anspruchs 1 ist durch den erteilten Anspruch 23 gedeckt. Das ergänzte Merkmal 1.23 betrifft die Gestaltung des Einfahrens der Prüfvorrichtung (8)/des Messkopfs (18) in den Reifen. Wie in Abs. [0060] des Streitpatents erläutert, soll die hängende Lagerung und Verfahrbarkeit der Prüfvorrichtung (8)/des Messkopfs (18) von oben eine vereinfachte Ausbildung der Unterlage ermöglichen, auf der der Reifen abgestützt wird.

2.2 Die Klägerin hat geltend gemacht, dass das Prüfgerät nach dieser Fassung des Anspruchs 1 ebenfalls durch die D17f neuheitsschädlich vorweggenommen sei.

Zunächst hat sie hierzu auf Abs. [0002] der D17f verwiesen, in dem ausgeführt ist, dass die Laser-Prüfvorrichtung auch "von oben in den Reifen" gefahren werden kann. Diese Textpassage kann aber nicht zur Stützung der Auffassung der Klägerin herangezogen werden. Denn ihr kommt nicht der frühere Zeitrang der K8 zu, sondern nur der Zeitrang des Streitpatents, wie ein Vergleich von Abs. [0002] der D17f mit der entsprechenden Passage von K8, S. 1, Abs. 2 zeigt. Die Klägerin argumentiert weiterhin, dass der Fachmann aus der D17f (im Offenbarungsgehalt der K8) mitlese, dass die Prüfvorrichtung (8)/der Messkopf (18) entweder von unten oder von oben in das Innere des Reifens eingebracht werden müsse und sich zwangsläufig für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden müsse.

In der durch die K8 gedeckten Offenbarung der D17f ist lediglich ausgeführt, dass die Prüfvorrichtung (8)/der Messkopf (18) "nach oben in die Arbeitsstellung" fährt (vgl. D17f, Abs. [0033] bzw. K8, S. 4 Abs. 2). Ein expliziter Hinweis darauf, dass die Prüfvorrichtung (8)/der Messkopf (18) von oben in ihre Arbeitsstellung fährt, findet sich in der D17f, soweit ihr der Zeitrang der K8 zukommt, nicht. Da nicht auszuschließen ist, dass der Fachmann, bspw. mit Rücksicht auf die mechanische Stabilität der Anordnung es nicht als äquivalent ansah, die Prüfvorrichtung (8)/den Messkopf (18) an der Haube anstatt an der Positioniereinrichtung zu lagern und damit von oben in die Arbeitsstellung zu fahren, erkennt der Senat zugunsten der Beklagten an, dass dem Prüfgerät nach Anspruch 1 Neuheit zukommt.

2.3 Das Prüfgerät nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Von besonderer Bedeutung für die Patentfähigkeit des beanspruchten Prüfgeräts für Reifen sind die Ausführungen in der D6c. An deren Authentizität und öffentlichen Zugänglichkeit vor dem Prioritätstag des Streitpatents hat der Senat nach Vorlage des Originals durch den Zeugen M... in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2008 keinerlei Zweifel; auch die Beklagte hat diesbezüglich keinerlei Zweifel mehr geäußert. Die D6c trägt den Titel "AST 4000 SERIES SHEAROGRAPHY TIRE INSPECTION SYSTEMS", betrifft also Prüfgeräte für Reifen. Einleitend gibt sie eine Übersicht über die Geräteserie und stellt dann die Grundzüge der Wirkungsweise dieser Geräte dar. Wie sich aus der Gesamtkonzeption dieser Druckschrift und bspw. aus den Angaben zur Gewährleistung schließen lässt (vgl. S. 7 Abschnitt "6.0 Warranty"), richtet sich diese Druckschrift an potentielle Kunden. Auf der Titelseite weist sie das Datum "November 1, 1997" auf. Daher ist davon auszugehen, dass diese Druckschrift mit ausreichendem zeitlichen Abstand vor dem Prioritätstag des Streitpatents der interessierten Öffentlichkeit zugänglich war. In dieser Druckschrift ist ein Prüfgerät für Reifen (tire inspection system) beschrieben, das in Übereinstimmung mit den Merkmalen 1.1 bis 1.8 des Patentanspruchs 1 eine Positioniereinrichtung für den Reifen (tire support trolley, vgl. Abschnitt 2.1) und eine Druckkammer (split dome vacuum chamber, vgl. Abschnitt 2.0) aufweist, in der der Reifen frei von der Felge (vgl. Bild nach S. 2 und vor S. 3) positionierbar und mit Druck beaufschlagbar ist. In der Variante mit der Produktbezeichnung AST 4200 ist das Prüfgerät zum Zweck einer beschleunigten Prüfung (for high through put inspection) mit zwei Messköpfen (upper, lower camera laser assembly) ausgestattet, die jeweils eine Beobachtungseinheit und eine zugeordnete Beleuchtungseinheit (laser/camera system) aufweisen, die in verschiedene Richtungen blicken, so dass verschiedene Reifenabschnitte (upper bead, inner crown) gleichzeitig prüfbar sind, wobei die Messköpfe in mehreren Achsen schwenkund verfahrbar ausgebildet sind (vgl. Abschnitte 1.0, 2.0 und 2.3).

Die Beklagte wendet hiergegen ein, dass nach der D6c die Prüfvorrichtung aus zwei voneinander getrennten Messköpfen bestehe, während nach dem Patentanspruch 1 die Messköpfe miteinander in Verbindung stünden. Dem ist entgegenzuhalten, dass es der Patentanspruch 1 offen lässt, ob die Messköpfe miteinander mechanisch verbunden sind. Möglicherweise deutet das in Figur 3 des Streitpatents gezeigte Ausführungsbeispiel eine solche mechanische Verbindung an, diese hat jedoch in der Formulierung des Anspruchs keinen Niederschlag gefunden. Da es nicht zulässig ist, einen Patentanspruch unterhalb seines Wortlauts auszulegen (vgl. BGH in GRUR 2007, 309 -Schussfädentransport -), kann dieses Argument nicht greifen. Der Beklagten ist jedoch dahingehend beizutreten, dass bei dem in der D6c beschriebenen Reifenprüfgerät die Messköpfe nach der Positionierung des Reifens zur Messung angehoben werden (elevated, vgl. Abschnitt 2.3), während sie nach Merkmal 1.23 des Anspruchs 1 von oben in den Innenbereich des Reifens verfahren werden. Sofern man davon absieht, das Einfahren der Prüfvorrichtung mit den Messköpfen in den Reifen von oben anstatt von unten dem Bereich des fachmännischen Handelns zuzuordnen, ist diese Maßnahme jedenfalls durch die Ausführungen in der D20 nahe gelegt. In dieser Druckschrift ist ein Reifenprüfgerät beschrieben, das eine Prüfvorrichtung enthält, die aus einer optischen Einrichtung und einer Lichtquelle (Laser) besteht. Als Vorteil wird dort hervorgehoben, dass die gesamte optische Einrichtung in einem Gehäuse untergebracht werden kann, das beim Messvorgang in das Innere des Reifens abgesenkt wird (vgl. Sp. 3, Z. 14-20). Die Beklagte führt hiergegen an, dass dort die Lichtquelle unter der Grundplatte des Gerätes angebracht sei und nicht abgesenkt werde. Dies ist insoweit zutreffend. Der Fachmann wird eine solche Anordnung der (Laser-) Lichtquelle bei der 1981 angemeldeten Prüfvorrichtung allerdings dem Umstand zuschreiben, dass die damals verfügbaren Laserlichtquellen so große Abmessungen aufwiesen, dass sie nicht im Inneren des Reifens platziert werden konnten. Aus der Sicht des Fachmanns zum Zeitrang des Streitpatents gesehen, bestand dieser Umstand aber nicht mehr. Denn zu diesem Zeitpunkt waren bereits Laserlichtquellen in Form von Laserdioden mit wesentlich geringeren Abmessungen allgemein verfügbar. Damit konnte der in der D20 angestrebte Vorteil, die gesamte optische Einrichtung, mithin auch die Lichtquelle, in einem Gehäuse unterzubringen das in das Innere des Reifens abgesenkt wurde, nun nicht mehr nur zum Teil, sondern in Gänze realisiert werden. Die Ausführungen in der D6c und der D20 legten dem Fachmann die Gestaltung des Prüfgeräts entsprechend den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 somit nahe.

2.4 Der nebengeordnete Anspruch 6 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zum einen durch die Weglassung der Merkmale 1.7 und 1.8 und zum anderen dadurch, dass das Prüfgerät "zumindest einen Messkopf" aufweist. Der Anspruch 6 in der Variante mit nur einem Messkopf ist, wie zum Anspruch 1 ausgeführt, entsprechend durch die D6c und die D20 nahe gelegt und daher nicht patentfähig. Das Streitpatent konnte daher auch in der Fassung nach Hilfsantrag 1 keinen Bestand haben.

3.

Zum Hilfsantrag 2:

3.1 Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von der Fassung nach Hauptantrag dadurch, dass folgendes Merkmal ergänzt ist:

1.15 "wobei eine Einrichtung (39, 40, 41; 42, 43, 44, 45) zur Erfassung der Größe und/oder Position des Reifens (3) und eine Steuereinrichtung, die den zumindest einen Messkopf (18) entsprechend der erfassten Größe und/oder Position des Reifens positioniert, vorgesehen sind."

Das Merkmal 1.15 ist aus dem erteilten Anspruch 15 ergänzt. Mit der Erfassung von Größe und/oder Position des Reifens und der Positionierung des Messkopfs soll eine weitgehende Automatisierung des Prüfvorgangs erreicht werden (vgl. Abs. [0065] des Streitpatents.

3.2 Das Prüfgerät nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Wie zum Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 erläutert, ist in der D6c ein Reifenprüfgerät beschrieben, das die Merkmale 1.1 bis 1.8 des Anspruchs 1 aufweist. Diese Druckschrift legt dem Fachmann aber auch die weitere Ausgestaltung mit Steuereinrichtung und Einrichtung zur Erfassung entsprechend Merkmal 1.15 nahe.

Aus dem Abschnitt 2.2 der D6c geht hervor, dass eine Steuereinrichtung vorgesehen werden kann, die den Messkopf entsprechend der Größe des Reifens positioniert (controller positions the camera to the proper elevation for the test tire size). Dabei liest der Fachmann aus Abschnitt 2.1 mit, dass diese Steuervorrichtung nur arbeitet, wenn der Reifen automatisch zentriert, d. h. positioniert ist. Die Eingabe des Reifentyps und der Größe des Reifens zur Ansteuerung der Steuereinrichtung erfolgt hierbei durch Eingabe einer Bedienperson (the tire type/size is entered by the operator). Insofern weist das bekannte Prüfgerät jedenfalls eine Einrichtung zur Erfassung der Größe des Reifens auf. Nach Auffassung der Beklagten soll die Einrichtung zur Erfassung aber im Sinne von Abs. [0065] des Streitpatents verstanden werden, d. h. als Einrichtung, die selbständig Größe und Position des Reifens erfasst. Aber auch eine solche Auslegung dieses Begriffes -sofern sie unter Beachtung der erwähnten Rechtsprechung als zulässig angesehen würde -würde nicht dazu führen, dass das Prüfgerät als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anerkannt werden kann. Denn für den einschlägigen Fachmann lag es nahe, Vorgänge, die bereits teilautomatisiert stattfanden, wie im vorliegenden Fall die Steuerung der Messköpfe entsprechend der Reifengröße, vollständig zu automatisieren, d. h. die manuelle Eingabe der Größe durch eine automatische Größenerfassung zu ersetzen, sofern der hierfür nötige Aufwand wirtschaftlich vertretbar war. Dass eine automatische Messkopfpositionierung in diesem Zusammenhang vorbekannt war, ergibt sich im Übrigen auch aus der D22 (letzte Seite, linke Spalte, Mitte). Die Offenkundigkeit dieses Prospekts der Beklagten war zunächst von dieser bestritten worden, ergibt sich aber zweifelsfrei aus dem sich in den beigezogenen Akten des LG Köln -84 0 49/99 -befindlichen Original (Bl. 10 ff., K2). Die Einreichung dieses Prospekts erfolgte mit Klageschrift vom 22 Juli 1999, mithin vor dem Prioritätstag des Streitpatents, dem 3. September 1999.

3.3 Der Anspruch 6 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 in der zum Hilfsantrag 1 erläuterten Weise. Das Prüfgerät nach Anspruch 6 ist entsprechend durch die Ausführungen in der D6c nahe gelegt.

4.

Zum Hilfsantrag 3:

4.1 Der Anspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass sowohl Merkmal 1.15 als auch Merkmal 1.23 ergänzt sind, also dass die Prüfvorrichtung von oben in den Innenbereich des Reifens verfahren wird und eine Einrichtung zur Erfassung der Größe und/oder Position des Reifens mit einer Steuereinrichtung zur Positionierung des Messkopfs vorgesehen ist. Ein synergistischer Effekt dieser beiden Maßnahmen ist nicht erkennbar und wurde von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

4.2 Die Patentfähigkeit des Prüfgeräts mit diesen Merkmalen kann daher aufgrund des aus der D6c und der D20 entnehmbaren Standes der Technik nicht anerkannt werden. Im Einzelnen wird hierzu auf die Ausführungen zu Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 verwiesen.

4.3 Der nebengeordnete Anspruch 6 nach Hilfsantrag 3 entspricht dem Anspruch 6 nach Hauptantrag, wobei ebenfalls die Merkmale 1.15 und 1.23 ergänzt sind. Hinsichtlich der Patentfähigkeit dieser Fassung des Anspruchs 6 wird ebenfalls auf die Ausführungen zu den Hilfsanträgen 1 und 2 verwiesen.

Das Streitpatent konnte daher auch in der Fassung nach Hilfsantrag 3 keinen Bestand haben.

5. Zum Hilfsantrag 4:

5.1 Der Anspruch 1 in dieser Fassung ist gegenüber dem Hauptantrag um folgende Merkmale ergänzt:

1.U "derart, dass die Messköpfe (9-12) an der Prüfvorrichtung (8) nach außen und innen und in ihrer Orientierung verstellbar sind, 1.23 wobei die Prüfvorrichtung (8) derart ausgebildet ist, dass sie von oben in den Innenbereich des Reifens (3) fahrbar ist, wenn der Reifen (3) mit seiner Stirnseite auf der Positioniervorrichtung (14)

aufliegt."

Die Beklagte hat hinsichtlich der Offenbarung des Merkmals 1.U auf die Absätze 11 u. 51 des Streitpatents bzw. S. 2, Abs. 4 u. S. 10 Abs. 2 der K7 als Offenbarungsquelle verwiesen. Die Klägerin bemängelt, dass trotzdem unklar bleibe, wie "außen und innen" und "in ihrer Orientierung" definiert sei. Der Klägerin ist dahingehend beizutreten, dass auch die zum Merkmal 1.U genannten Fundstellen nicht präzise erkennen lassen, in welcher Richtung und mit welcher Orientierung die einzelnen Messköpfe verstellbar sein sollen. Einer solchen Präzisierung in der Beschreibung allein käme aber, wie erläutert, keine schutzbegrenzende Wirkung zu. Die Beklagte muss deshalb jede Interpretation des Merkmals 1.U gegen sich gelten lassen, die vom Wortlaut des Anspruchs getragen ist. Merkmal 1.U ist daher im Sinne einer weitgehenden Verstellbarkeit der Messköpfe auszulegen.

5.2 Das Prüfgerät nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist durch den in der D6c und der D20 beschriebenen Stand der Technik nahegelegt. Hinsichtlich der Ausgestaltung der Prüfvorrichtung nach den Merkmalen 1.1 bis 1.8 und 1.23 wird auf die Ausführungen zu Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 verwiesen. Was die Verstellbarkeit der Messköpfe nach Merkmal 1.U anbelangt, so ergibt sich diese aus dem Abschnitt 2.3 der D6c. In diesem Abschnitt ist ausgeführt, dass die beiden Messköpfe (camera laser assemblies) der Prüfvorrichtung so verstellbar (adjustable) sein sollen, dass mit ihnen der ganze Bereich des oberen Wulstes und der Seitenwand und das Innere des Reifens untersucht werden können. Dies versteht der Fachmann in dem Sinne, dass die Messköpfe weitgehend verstellbar sein sollen. Dem gegenüber bringt Merkmal 1.U jedenfalls keine wesentlich andersartige Verstellbarkeit zum Ausdruck.

5.3 Der nebengeordnete Patentanspruch 6 nach diesem Antrag ist gegenüber dem Hauptantrag um folgende Merkmale ergänzt:

1.23 "wobei die Prüfvorrichtung (8) derart ausgebildet ist, dass sie von oben in den Innenbereich des Reifens (3) fahrbar ist, wenn der Reifen (3) mit seiner Stirnseite auf der Positioniervorrichtung (14) aufliegt, 1.13 und wobei die Beobachtungseinheiten (16) und die Beleuchtungsquellen (17) um zumindest eine Achse schwenkbar und entlang zumindest einer Achse verfahrbar ausgebildet sind."

Das gegenüber dem Anspruch 6 nach Hilfsantrag 1 ergänzte Merkmal 1.13 wurde aus dem erteilten Anspruch 13 hinzugezogen. Es besagt, dass die aus Beobachtungseinheiten und Belichtungsquellen bestehenden Messköpfe um mindestens eine (beliebige) Achse schwenkbar und verfahrbar ausgebildet sein sollen. Letztlich unterscheidet sich Merkmal 1.13 damit nicht wesentlich von Merkmal 1.U.

5.4 Hinsichtlich der Patentfähigkeit des Prüfgeräts in dieser Anspruchsfassung ist daher auf die Ausführungen zum Anspruch 1 dieses Antrags zu verweisen, mit der Maßgabe, dass auch nur ein Messkopf vorgesehen sein kann. Demnach ist das Prüfgerät nach Anspruch 6 dem Fachmann durch die Ausführungen in der D6c und der D20 nahegelegt mit der Folge, dass das Streitpatent auch in dieser Fassung keinen Bestand haben kann.

6.

Zum Hilfsantrag 5:

6.1 Der mit einer Gliederung versehene Anspruch 1 lautet:

"Prüfgerät für Reifen mit 1.1 einer Positioniereinrichtung (14) für den zu prüfenden Reifen (3), 1.2 einer Druck-, insbesondere Unterdruckkammer (2), in der der Reifen 1.2.1 frei von einer Felge und dergleichen positionierbar und 1.2.2 innenund außenseitig mit Druck, insbesondere Unterdruck beaufschlagbar ist, und 1.3 einer Prüfvorrichtung (8), insbesondere Laser-Prüfvorrichtung, 1.4 die in der Druckkammer positionierbar ist, um den Reifen (3) unter Druckbeaufschlagung in der Druckkammer (2) zu prüfen, dadurch gekennzeichnet, dass 1.5 die Prüfvorrichtung mehrere Messköpfe (9, 10, 11, 12) mit 1.6 jeweils zumindest einer Beobachtungseinheit (16) und einer zugeordneten Beleuchtungseinheit (17) aufweist, 1.7 die in verschiedene Richtungen blicken derart, dass verschiedene Reifenabschnitte gleichzeitig prüfbar sind, 1.8 wobei jeder Messkopf in mehreren Achsen (27, 28, 29, 30, 32) schwenkund verfahrbar ausgebildet ist, 1.U derart, dass die Messköpfe (9-12) an der Prüfvorrichtung (8) nach außen und innen und in ihrer Orientierung verstellbar sind 1.V und dass die Prüfvorrichtung (8) und/oder die Positioniervorrichtung (14) drehbar gelagert ist, 1.W wobei die Messköpfe (9-12) in einem gleichen Winkelabstand voneinander angeordnet sind, und 1.23 wobei die Prüfvorrichtung (8) derart ausgebildet ist, dass sie von oben in den Innenbereich des Reifens (3) fahrbar ist, wenn der Reifen (3) mit seiner Stirnseite auf der Positioniervorrichtung (14) aufliegt."

6.2 Der Anspruch 1 in dieser Fassung unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 durch die Merkmale 1.V und 1.W, also hinsichtlich der Drehbarkeit von Prüfvorrichtung und/oder Positioniervorrichtung und der Anordnung der Messköpfe in gleichem Winkelabstand.

In Bezug auf Merkmal 1.V macht die Klägerin geltend, dass nach Anspruch 2 in der erteilten Fassung Prüfvorrichtung und Positioniervorrichtung drehbar gelagert sind bzw sich während des Prüfvorgangs drehen. Die mit diesem Hilfsantrag beanspruchten Varianten, dass sich nur Prüfvorrichtung oder Positioniervorrichtung drehen, würden daher das Streitpatent unzulässig erweitern. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Wie vom Bundesgerichtshof ausgeführt, geht eine Merkmalskombination, die sich aus der Aufnahme einzelner Merkmale eines Ausführungsbeispiels in einen Patentanspruch ergibt, (nur) dann über den Inhalt der Anmeldung (bzw. Patents) hinaus, wenn sie in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre umschreibt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen (bzw. dem Patent) nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen konnte (vgl. GRUR 2002, 49 "Drehmomentübertragungseinrichtung"). Im vorliegenden Fall ist Abs. [0009] des Streitpatents entnehmbar, dass bei dem Prüfgerät nach dem erteilten Patentanspruch 1 auch die Prüfvorrichtung oder die Positioniervorrichtung allein drehbar gelagert sein können. Da weiterhin dem erteilten Anspruch 3 entnehmbar ist, dass die Messköpfe in gleichem Winkelabstand voneinander angeordnet sein können, ist diese Fassung des Anspruchs 1 zulässig.

6.3 Das Prüfgerät nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Merkmale 1.V und 1.U, nach denen entweder die Prüfvorrichtung und/oder die Positioniereinrichtung mit dem Reifen gedreht wird, und die mehreren Messköpfe in gleichem Winkelabstand angeordnet sind, ermöglichen es, dass zur Prüfung eines Reifens keine vollständige Drehung mehr durchgeführt werden muss, sondern eine der Anzahl der Messköpfe entsprechend geringere (vgl. Abs. [0009] und [0052] des Streitpatents). Hierdurch erhöht sich zwar der apparative Aufwand, die Prüfzeit kann aber entsprechend der Anzahl der Messköpfe verringert werden, weil jeder Messkopf nur mehr einen Sektor und nicht mehr den gesamten Reifen zu prüfen braucht, wie der Fachmann unschwer erkennt. Soweit eine solche Verkürzung der Prüfzeit durch gleichzeitiges Prüfen verschiedener Sektoren eines Reifens unter Inkaufnahme der Erhöhung der Anzahl der Messköpfe nicht als Maßnahme im Bereich des fachmännischen Handelns angesehen wird, so ist sie durch die Ausführungen in der D14 (JP 4-12214) nahe gelegt. Diese Druckschrift wurde von der Klägerin in Erfüllung des gerichtlichen Beschlusses vom 30. Mai 2008 in beeidigter Übersetzung vorgelegt und befasst sich allgemein mit einem Verfahren zum Erfassen der Form der Innenwand eines Kreiszylinders. Dabei sollen Stufen (i. S. v. Unregelmäßigkeiten) in der Innenwand des Kreiszylinders kontaktlos, bspw. mit Laserlicht, erfasst werden (vgl. S. 3, Abs. 4 u. 5 und S. 5 letzter Abs. der Übersetzung der D14). Hierzu schlägt diese Druckschrift vor, die innerhalb des kreiszylindrischen Körpers frei rotierbare Prüfvorrichtung (Sensorhalter) in Umfangsrichtung mit vier um jeweils 900 versetzten Messköpfen (Sensorabschnitten) auszustatten (vgl. Anspruch 2 u. Figur 1). Dadurch ist es möglich, durch Drehung um einen geringen Winkel (900) den gesamten Umfang des Kreiszylinders zu erfassen (vgl. S. 7 Abs. (4) der Übersetzung). Diese Ausführungen legten es dem Fachmann nahe, auch bei einem Reifenprüfgerät die Prüfvorrichtung mit mehreren in gleichen Winkelabstand angeordneten Messköpfen auszustatten, um eine Verkürzung der Prüfzeit zu erreichen. Dabei war für den Fachmann ohne weiteres erkennbar, dass eine solche Wirkung unabhängig davon eintrat, ob Prüfvorrichtung oder Kreiszylinder bzw. Reifen gedreht wurden. Die Beklagte wendet hiergegen ein, dass sich die D14 mit der Prüfung auf Stufen befasse, die bei der Herstellung von Walzstahl-Coils aufträten, und deshalb nicht dem Stand der Technik zuzurechnen sei, den der Fachmann bei der Prüfung von Reifen heranziehe. Diesem Argument vermag sich der Senat nicht anzuschließen. In der Beschreibung der D14 ist zwar ein solcher Anwendungsfall erwähnt. Aber schon ausweislich ihres Titels bezieht sich diese Druckschrift allgemein auf die Erfassung der Form der Innenwand von Kreiszylindern. Deshalb wird sie der Fachmann auch bei der Prüfung des zylinderförmigen Innenbereichs von Reifen auf Unregelmäßigkeiten heranziehen und als isolierte, die Prüfzeit verkürzende Maßnahme bei Prüfgeräten für Reifen, die entsprechend den restlichen Merkmalen beschaffen sind, anwenden. So gelangte der Fachmann ohne erfinderische Leistung zum Prüfgerät nach Anspruch 1.

6.4 Der nebengeordnete Patentanspruch 4 nach Hilfsantrag 5 lautet mit ergänzter Gliederung:

"Prüfgerät für Reifen mit 1.1 einer Positioniereinrichtung (14) für den zu prüfenden Reifen (3), 1.2 einer Druck-, insbesondere Unterdruckkammer (2), in der der Reifen 1.2.1 frei von einer Felge und dergleichen positionierbar und 1.2.2 innenund außenseitig mit Druck, insbesondere Unterdruck beaufschlagbar ist, und 1.3 einer Prüfvorrichtung (8), insbesondere Laser-Prüfvorrichtung, 1.4 die in der Druckkammer positionierbar ist, um den Reifen (3) unter Druckbeaufschlagung in der Druckkammer (2) zu prüfen, dadurch gekennzeichnet, dass 1.5' zumindest ein Messkopf (18)

1.6' mit einer Mehrzahl von Beobachtungseinheiten (16) und diesenzugeordneten Beleuchtungsquellen (17) vorgesehen ist, 1.23 wobei die Prüfvorrichtung (8) derart ausgebildet ist, dass sie von oben in den Innenbereich des Reifens (3) fahrbar ist, wenn der Reifen (3) mit seiner Stirnseite auf der Positioniervorrichtung (14) aufliegt, 1.X wobei durch die Mehrzahl von Beobachtungseinheiten in dem Messkopf mehrere Bereiche des Reifens gleichzeitig geprüft werden können 1.Y und wobei die Beobachtungseinheiten (16) und die Beleuchtungsquellen (17) um eine horizontale Achse schwenkbar und entlang radialer Achsen verfahrbar ausgebildet sind."

6.5 Die Fassung dieses Anspruchs unterscheidet sich von der des Anspruchs 6 nach Hilfsantrag 1 durch eine Ergänzung der Merkmale 1.X und 1.Y, nach denen die Beobachtungseinheiten und Beleuchtungsquellen schwenkbar und verfahrbar ausgebildet sind und mehrere Bereiche des Reifens gleichzeitig prüfen können.

Wie die Beklagte ausführt, ergibt sich Merkmal 1.X aus dem erteilten Anspruch 13 i. V. m. Abs. [0014] und Merkmal 1.Y aus Abs. [0059] des Streitpatents.

6.6 Das Prüfgerät mit den Merkmalen des Anspruchs 4 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Soweit diese Anspruchsfassung mit der des Anspruchs 6 nach Hilfsantrag 1 übereinstimmt, wird auf die Ausführungen hierzu verwiesen. Merkmal 1.X spezifiziert gegenüber Merkmal 1.6 lediglich, dass die Mehrzahl von Beobachtungseinheiten 16 und Beleuchtungsquellen 17 eines Messkopfs 18

(i. S. v. Prüfvorrichtung 8, vgl. Abschnitt 1.5 dieser Entscheidung) so ausgerichtet sind, dass mehrere Bereiche des Reifens gleichzeitig geprüft werden können, d. h. auf unterschiedliche Bereiche des Reifens gerichtet sind. Merkmal 1.Y besagt weiterhin, dass die Beobachtungseinheiten und Beleuchtungsquellen um eine horizontale Achse schwenkbar und entlang radialer Achsen verfahrbar ausgebildet sind. Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass diese Merkmale weder ausreichend klar stellten, welche Bereiche des Reifens gleichzeitig geprüft würden, noch wie die Schwenkund Verfahrbarkeit der Beobachtungseinheiten und Beleuchtungsquellen konkret ausgebildet sei. Der von der Klägerin vertretenen Ansicht ist insoweit beizutreten, als die beiden ergänzten Merkmale nicht einschränkend im Sinne eines Ausführungsbeispiels, sondern gemäß ihrem Wortlaut auszulegen sind. In diesem Sinne verstanden, geht der Inhalt des Anspruchs 4 hinsichtlich der gleichzeitigen Prüfbarkeit der Reifenabschnitte und der Schwenkbarund Verfahrbarkeit der Messköpfe (hier i. S. v. von Beobachtungseinheiten und Beleuchtungsquellen verstanden) nicht über das hinaus, was im Anspruch 1 mit den Merkmalen 1.7 und 1.8 beansprucht ist. Zu diesen Merkmalen wird daher auf die Ausführungen zu Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 verwiesen. Die Prüfvorrichtung nach dem Anspruch 4 ist dem Fachmann folglich durch die Ausführungen in der D6c i. V. m. der D20 nahe gelegt.

7. Zum Hilfsantrag 6:

7.1 Der Anspruch 1 ist gleichlautend zu Hilfsantrag 5. Hinsichtlich der Patentfähigkeit dieses Anspruchs wird deshalb auf die Ausführungen zum Hilfsantrag 5 verwiesen.

7.2 Der nebengeordnete Patentanspruch 4 mit ergänzter Gliederung lautet:

"Prüfgerät für Reifen mit 1.1 einer Positioniereinrichtung (14) für den zu prüfenden Reifen (3), 1.2 einer Druck-, insbesondere Unterdruckkammer (2), in der der Reifen 1.2.1 frei von einer Felge und dergleichen positionierbar und 1.2.2 innenund außenseitig mit Druck, insbesondere Unterdruck beaufschlagbar ist, und 1.3 einer Prüfvorrichtung (8), insbesondere Laser-Prüfvorrichtung, 1.4 die in der Druckkammer positionierbar ist, um den Reifen (3) unter Druckbeaufschlagung in der Druckkammer (2) zu prüfen, dadurch gekennzeichnet, dass 1.5 ein Messkopf (18)

1.6' mit einer Mehrzahl von Beobachtungseinheiten (16) und diesen zugeordneten Beleuchtungsquellen (17) vorgesehen ist, 1.23 wobei die Prüfvorrichtung (8) derart ausgebildet ist, dass sie von oben in den Innenbereich des Reifens (3) fahrbar ist, wenn der Reifen (3) mit seiner Stirnseite auf der Positioniervorrichtung (14) aufliegt, 1.X wobei durch die Mehrzahl von Beobachtungseinheiten in dem Messkopf mehrere Bereiche des Reifens gleichzeitig geprüft werden können 1.Y' und wobei die Beobachtungseinheiten (16) und die Beleuchtungsquellen (17) um zumindest eine Achse schwenkbar und entlang zumindest einer Achse verfahrbar ausgebildet sind."

7.3 Das Prüfgerät nach Anspruch 4 in dieser Fassung ist gegenüber dem gemäß Hilfsantrag 5 entsprechend Merkmal 1.5' auf Ausführungen mit einem Messkopf eingeschränkt. Das Merkmal 1.Y' ist dahingehend präzisiert, dass die Beobachtungseinheiten und die Beleuchtungsquellen um "zumindest eine" d. h. auch um mehrere Achsen schwenkund verfahrbar ausgebildet sind. Zur Offenbarung dieser Modifikationen hat die Beklagte auf Abs. [0059] des Streitpatents i. V. m. Fig. 7 bzw. auf Abs. [0061] i. V. m. Fig. 8 verwiesen. Aus den von der Beklagten angegebenen Stellen geht lediglich hervor, dass die Messköpfe 18 (als Ganzes) mehrachsig verstellbar und zweiachsig verfahrbar ausgebildet sind, nicht aber die einzelnen Beobachtungsund Beleuchtungseinheiten 16, 17 der Messköpfe für sich. Eine andere Fundstelle, aus der sich die genannten Modifikationen ableiten lassen, konnte von der Beklagten nicht genannt werden und findet sich auch nicht im Streitpatent. Die Fassung des Anspruchs 4 nach Hilfsantrag 6 ist daher nicht zulässig, weil sie den Gegenstand des Streitpatents unzulässig erweitert.

Auch dem Hilfsantrag 6 war daher nicht stattzugeben.

8. Zum Hilfsantrag 7:

Der Anspruch 1 nach diesem Antrag stimmt wörtlich mit dem nach Hilfsantrag 5 überein. Hinsichtlich der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 wird daher auf die Ausführungen zu Hilfsantrag 5 verwiesen. Der nebengeordnete Anspruch 4 ist in dieser Fassung gestrichen.

Das Patent konnte daher weder nach Hauptantrag noch nach einem der Hilfsanträge Bestand haben; deshalb war dem Antrag der Klägerin zu folgen. Fragen der Zulässigkeit der Hilfsanträge wegen unzulässiger Erweiterungen konnten insofern dahinstehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V.m. §709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 23.10.2008
Az: 2 Ni 33/06


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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4a8e73412620/BPatG_Urteil_vom_23-Oktober-2008_Az_2-Ni-33-06




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