Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 165/00

(BPatG: Beschluss v. 17.10.2001, Az.: 28 W (pat) 165/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden sowie ihr Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 23. Mai 1987 ua für die Waren

"wissenschaftliche Apparate und Instrumente als Laborgeräte für medizinische Zwecke, optische Wäge-, Meß- und Kontrollapparate und -instrumente als Laborgeräte für medizinische Zwecke;"

angemeldete und am 30. September 1987 bekanntgemachte Wortmarke ANDOS ist - beschränkt auf die oben genannten Waren - Widerspruch erhoben worden, aus der für die Waren

"Meßapparate und -instrumente für Laborzwecke, nämlich Inpedanz- und Frequenzmeßgeräte, Spektralanalysegeräte und Oszilloskope, optische Wägeapparate; Apparate und Instrumente für die Starkstromtechnik, nämlich für die Regelung und Steuerung, sowie für die Schwachstromtechnik, nämlich für die Regelungstechnik; Unterhaltungsgeräte als Zusatzgeräte für einen Fernseher und elektrische und elektronische Baugruppen für vorgenannte Geräte; sämtliche vorgenannten Waren mit Ausnahme von Uhren und solcher Geräte für automatische meterologische Meß- und Beobachtungsstationen"

seit dem 20. Mai 1988 eingetragenen Wortmarke 1 122 312 AMOS.

Die Anmelderin hat die Einrede der Nichtbenutzung erhoben und die Widersprechende daraufhin Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereicht.

Die Markenstelle hat diese Unterlagen nicht als zur Glaubhaftmachung der Benutzung ausreichend angesehen und den Widerspruch zurückgewiesen. Die bloße Vorlage von Prospekten und Rechnungen sei keine Glaubhaftmachung im Rechtssinne, insbesondere fehle es an einer eidesstattlichen Versicherung als Mittel zur Beteuerung der Richtigkeit dieser Angaben.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde rügt die Widersprechende, daß der angefochtene Beschluß gegen den Vertrauensgrundsatz verstoße, denn die Markenstelle hätte die Widersprechende auf die vermeintlich fehlenden Mittel zur Glaubhaftmachung vorab hinweisen müssen, damit diese rechtzeitig und nicht nur wie nunmehr im Beschwerdeverfahren ergänzt und nachgereicht werden könnten. Was schließlich die beiderseitigen Kennzeichnungen betreffe, liege angesichts der Produktnähe der jeweiligen Waren und der großen Übereinstimmungen der Marken in klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht eine Verwechslungsgefahr auf der Hand.

Die Widersprechende beantragt, die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Die Anmelderin hat um Entscheidung nach Aktenlage gebeten und ist ebenso wie die Widersprechende ihrer schriftsätzlichen Ankündigung folgend im Termin nicht erschienen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist schon deshalb unbegründet, weil auch nach Auffassung des Senats keine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 26 MarkenG festgestellt werden kann und sich somit die Frage der Verwechslungsgefahr zwischen den Kennzeichnungen nicht mehr stellt.

Nachdem die Anmelderin in zulässiger Weise die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten hat, wäre es Aufgabe der Widersprechenden gewesen glaubhaft zu machen, daß im maßgeblichen Zeitraum nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG (Oktober 1996 bis Oktober 2001) die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt worden ist. Das ist nicht geschehen, wobei die Markenstelle zu Recht darauf abgestellt hat, daß es bereits an den nach § 294 ZPO zwingend erforderlichen Mitteln zur Glaubhaftmachung gefehlt habe. Zwar hat die Widersprechende im Beschwerdeverfahren ihr Vorbringen nunmehr entsprechend durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ergänzt, die indes im Zusammenwirken mit den übrigen eingereichten Benutzungsnachweisen nach wie vor nicht den Anforderungen für die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung genügt. So muß sich aus den eingereichten Unterlagen schlüssig ergeben, in welcher Form, welchem Zeitraum und in welchem Umfang die Benutzung der Marke für die eingetragenen Waren erfolgt ist. Diese Erfordernisse müssen insgesamt erfüllt sein, woran es vorliegend bereits deshalb mangelt, weil ein unmittelbarer Bezug zwischen der Ware und der Marke anhand der Unterlagen nicht erkennbar ist. An diesem Erfordernis des unmittelbaren Warenbezugs ist auch unter Geltung von § 26 MarkenG festzuhalten (vergl BGH GRUR 1996, 267 - Aqua), so dass in der bloßen isolierten Wiedergabe der Marke in Preislisten, Katalogen oder technischen Informationsblättern regelmäßig dann keine funktionsgemäße Benutzung der Marke im Rechtssinne gesehen wird, wenn eine Anbringung auf der Ware technisch möglich und branchenüblich ist. Daß und ggf aus welchem Grund eine Verwendung der Marke auf der Ware vorliegend ausscheidet, hat weder die Widersprechende vorgetragen, noch ist das von der Natur der mit der Widerspruchsmarke unter Schutz gestellten Waren anzunehmen. Soweit in der im Beschwerdeverfahren nachgereichten eidesstattlichen Versicherung dargelegt wird, die Widersprechende vertreibe unter der Bezeichnung "AMOS" ein "Meßdatenerfassungs- und -verarbeitungssystem, Netzwerksynthese-Systeme" sowie "Monitore und Prozessorkarten" findet sich für diese Behauptung in den weiter vorgelegten Benutzungsunterlagen keine Bestätigung für die erforderliche unmittelbare Verbindung von Ware und Marke. Daß die Anbringung der Marke auf der Ware bzw ihrer Verpackung aber bei Soft- und Hardwareprodukten gängige Praxis ist, weiß der Senat aus eigener Anschauung als Teil des beteiligten Verkehrs. Was die vertriebenen Meßdatensysteme und die Netzwerksynthesesysteme betrifft, kann nach den Feststellungen des Senats nichts anderes gelten. Darüberhinaus stellt sich in diesem Zusammenhang aber ohnehin die Frage, ob es sich dabei überhaupt um Herstellung bzw Vertrieb von Waren gemäß den Angaben im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke handelt oder ob bei der Tätigkeit der Widersprechenden nicht eine den individuellen Bedürfnissen der jeweiligen Abnehmer angepaßte Dienstleistung im Vordergrund steht, was im übrigen bereits der Begriff "System" nahelegen würde. Jedenfalls fehlt es nach den ins Verfahren eingebrachten Unterlagen auch insoweit am Nachweis einer Wiedergabe der Marke an den innerhalb des Systems eingesetzten Meßapparaten und -instrumenten.

Folglich war der Widerspruch bereits wegen fehlender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung zurückzuweisen, da eine funktionsgemäße Benutzung der Marke an der Ware nicht dargetan wurde.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden bestand für den Senat - ebenso wie für die Markenstelle im Verfahren vor dem Amt - keine Veranlassung, diese auf Mängel der eingereichten Benutzungsunterlagen hinzuweisen bzw auf deren Ergänzung hinzuwirken. Der im Rahmen des Benutzungszwangs herrschende Beibringunsgrundsatz läßt es nicht zu, die Widersprechende auf diese Verpflichtung zum Vortrag hinzuweisen. Zwar besteht auch im Widerspruchsverfahren eine Hinweispflicht des Gerichts entsprechend § 139 ZPO, sie findet aber dort ihre Grenze, wo ein solcher Hinweis zum einen eine Selbstverständlichkeit darstellt und zum anderen die Stellung einer Partei stärkt und gleichzeitig die der anderen schwächt. Im übrigen hätte aber im Rahmen der vom Senat anberaumten mündlichen Verhandlung die Möglichkeit bestanden, zu Fragen einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke erschöpfend Stellung zu nehmen, bzw den Vortrag entsprechend zu ergänzen. Dieser Möglichkeit haben sich die Beteiligten jedoch durch die Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung begeben.

Im Ergebnis hat daher die Markenstelle zu Recht den Widerspruch aus der Marke 1 122 312 mangels rechtserhaltender Benutzung zurückgewiesen. Folglich hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg.

Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs 3 MarkenG) kommt nicht in Betracht; da keine besonderen Umstände vorliegen, die es unbillig erscheinen lassen, die Beschwerdegebühr einzubehalten. Es gibt entgegen der Ansicht der Widersprechenden keinen Grundsatz, wonach das Patentamt vor Erlaß eines Beschlusses zu erkennen geben muß, daß es den Widerspruch wegen nicht ausreichender Glaubhaftmachung der Benutzung zurückweisen will. Daß im Rahmen der Nichtbenutzungseinrede für die Glaubhaftmachung der Benutzung im Vergleich zum Vollbeweis nach der ZPO ein geringeres Maß an Wahrscheinlichkeit genügt, hat nichts damit zu tun, daß sich die Widersprechende zu den Voraussetzungen einer rechtserhaltenden Benutzung von sich aus und vollständig erklären muß, will sie nicht Gefahr laufen, im Widerspruchsverfahren zu unterliegen. Folglich kann eine von der Widersprechenden behauptete Verletzung des Vertrauensgrundsatzes im Zusammenhang mit dem Erlaß des angefochtenen Beschlusses, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen würde, nicht angenommen werden.

Nach allem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen, ohne daß Anlaß zur Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand.

Stoppel Grabrucker Martens Ju






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Az: 28 W (pat) 165/00


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