Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. März 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 136/99

(BPatG: Beschluss v. 27.03.2000, Az.: 30 W (pat) 136/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die vorliegende Gerichtsentscheidung betrifft einen Widerspruch gegen eine eingetragene Marke. Die Widersprechende ist Inhaberin einer älteren Marke mit dem Namen "SAMANTHA". Die jüngere Marke, gegen die der Widerspruch gerichtet ist, trägt den Namen "SAMANTHA FOX". Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Widerspruch zunächst zurückgewiesen, da keine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken bestehe. In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende den Widerspruch auf die angegriffenen Waren der Klasse 25 beschränkt. Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Patent- und Markenamts wurde nun vom Bundespatentgericht zurückgewiesen. Das Gericht entschied, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken bestehe, da der Name "SAMANTHA" nicht allein durch den Namen "SAMANTHA FOX" verkürzt werde. Die Entscheidung ist endgültig, es fallen keine Kosten an.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 27.03.2000, Az: 30 W (pat) 136/99


Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter der Rollennummer 396 45 635 die Bezeichnungsiehe Abb. 1 am Endeals Kennzeichnung ua für die Waren Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen für Freizeit und Sport, T-Shirts, Sweatshirts, Stirnbänder und Sonnenblenden, Schuhwaren.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1984 ua für die Waren Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungeneingetragenen Marke 1 071 406 SAMANTHA.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch, der sich damals noch gegen alle eingetragenen Waren der Klasse 9, 3, 16, 21 und 25 richtete, zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, selbst bei identischen Waren scheide eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aus, denn die Marken würden sich in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht ausreichend deutlich voneinander unterscheiden. Eine Verwechslungsgefahr käme nur in Betracht, wenn die angegriffene Marke auf den Bestandteil SAMANTHA verkürzt werde, womit hier aber nicht zu rechnen sei. Bei Samantha Fox handle es sich um eine englische Popsängerin der 80er Jahre; wer diese Sängerin kenne werde die Marke in ihrer Gesamtheit benennen. Diejenigen Verkehrskreise, denen die Popsängerin nicht bekannt sei, hätten ebenfalls keine Veranlassung sich bei der Benennung der jüngeren Marke alleine auf SAMANTHA zu beschränken, unabhängig davon ob sie diesen Bestandteil als Vornamen erkennen würde oder nicht.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben. Sie ist der Ansicht, die jüngere Marke werde durch den Bestandteil SAMANTHA maßgeblich (mit-)geprägt. Der Name sei im Deutschen unüblich und deshalb besonders einprägsam und prägnant. Demgegenüber sei das zweite Markenwort FOX nur kurz und werde von nicht unerheblichen Teilen des Verkehrs als das englische Wort für Fuchs verstanden. Die Widersprechende benenne mit ihrer Marke ua Pelzmäntel aus Fuchspelz, der Verkehr könne deshalb FOX als beschreibenden Zusatz erkennen und ihn vernachlässigen. Weiter macht die Widersprechende einen sehr hohen Bekanntheitsgrad ihrer Marke geltend, denn ihre Firma sei eines der größten Fachgeschäfte der Welt für Pelz- und Ledermoden; der überwiegend verwendeten Marke SAMANTHA komme deshalb ein erhöhter Schutzumfang zu.

Die Widersprechende hat in der mündlichen Verhandlung ihren Widerspruch auf die angegriffenen Waren der Klasse 25 beschränkt.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke zu beschließen.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie auf den patentamtlichen Beschluß Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr 2 MarkenG, so daß die Markenstelle den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen hat (§ 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Die sich registermäßig gegenüberstehenden Waren sind identisch, denn die für Freizeit und Sport bestimmten Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen der Inhaberin der jüngeren Marke werden von dem weiteren Warenverzeichnis der Widersprechenden mitumfaßt. Völlige Warenübereinstimmung liegt vor bei den Schuhwaren. Diese Warensituation erfordert grundsätzlich die Anlegung eines strengen Maßstabes bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen. Dieser Abstand wird aber von der jüngeren Marke gewahrt.

Der Widerspruchsmarke konnte ein erhöhter Schutzumfang nicht zugebilligt werden, denn allein die - unwidersprochene - Behauptung, bei der Widersprechenden handle es sich um eines der größten Fachgeschäfte für Pelz- und Ledermoden und die Vorlage eines Prospektes, aus dem sich ergibt, daß verschiedene Pelzmäntel mit der Marke gekennzeichnet sind, trägt nicht die Rechtsfolge einer erhöhten Bekanntheit der Widerspruchsmarke. Notwendig hierfür wären vielmehr zB konkrete Umsatzzahlen, der Umfang des Werbeaufwands, die Anzahl der Verkaufsstätten und insbesondere die zB durch eine Verkehrsbefragung ermittelte Bekanntheit der Marke innerhalb der Verkehrskreise.

Bei der Gegenüberstellung der Marken ist von dem Grundsatz auszugehen, daß auf den jeweiligen Gesamteindruck abzustellen ist, was nicht ausschließt, daß der Gesamteindruck einer Marke durch einen einzelnen Zeichenbestandteil geprägt wird (und die anderen Bestandteile zurücktreten), so daß bei der Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil eine Verwechslungsgefahr zu bejahen ist (stRspr vgl zB BGH GRUR 1998, 942 - ALKA-SELTZER; MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Der Bestandteil eines Gesamtzeichens tritt aber nur dann zurück (und kann nur dann für den Gesamteindruck vernachlässigt werden), wenn der andere Bestandteil das Zeichen alleine prägt, dh eine bloße Mitprägung des Gesamtzeichens reicht nicht aus (vgl BGH aaO - RAUSCH/ELFI RAUCH). Denn die Hervorhebung eines einzelnen Bestandteils mit der Folge, daß die weiteren Bestandteile in den Hintergrund treten und für den Verkehr an Bedeutung verlieren, hat Ausnahmecharakter. Stehen sich wie hier Namen gegenüber, so gilt an sich der Erfahrungssatz, daß der Verkehr dazu neigt, Bezeichnungen (sofern er sie mündlich wiedergibt, was bei Bekleidungsgegenständen nur seltener der Fall ist) in einer die Aussprechbarkeit und Merkbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen (BGH, MarkenR 1999, 57 - Lions). Im Bekleidungssektor begegnet der Verkehr besonders häufig Kennzeichen, die aus einem vollständigen Namen, dh Vor- und Familiennamen, bestehen. Wenn ein Name verkürzt wird, so findet eine solche Verkürzung regelmäßig auf den Familiennamen statt (denn nur dieser ermöglicht die eigentliche Individualisierung) und nicht auf den Vornamen. Etwas anderes mag gelten, wenn der Vorname derart ungewöhnlich ist, daß er allein schon für eine Individualisierung ausreicht. Davon ist bei dem Vornamen Samantha aber nicht auszugehen, denn auch wenn er nicht gerade häufig anzutreffen ist, so ist dieser vermutlich in Amerika im 18. Jahrhundert bei der schwarzen Bevölkerung aufgekommene Name - als weibliches Pendant zum männlichen Vornamens Sam - in neuerer Zeit auch in Deutschland modisch geworden (vgl Wortschatzlexikon, Projekt Deutscher Wortschatz 1995 bis 1999, Institut für Informatik, Universität Leipzig, recherchiert im Internet; Duden, Das große Vornamenlexikon 1998; Weitershaus, Das große Vornamenlexikon, jeweils Stichwort Samantha). Hinzu kommt, daß es sich bei Samantha Fox um einen in den 80er Jahren bekannt gewordenen Popstar handelt, der auch in der Tagespresse erwähnt wird (vgl Tiroler Tageszeitung vom 11./ 12. März 2000). Dort wird diese Künstlerin sogar auch "Sam Fox" oder nur "Fox" genannt, was ebenfalls für den allgemeinen Grundsatz spricht, daß aus Vor- und Familiennamen bestehende Marken allenfalls auf den Familiennamen, nicht jedoch auf den Vornamen verkürzt werden. Infolgedessen wurde eine Verwechslungsgefahr zwischen einer Marke, die nur aus einem Vornamen besteht und einer Marke mit Gesamtnamen regelmäßig verneint (zB BPatG 27 W (pat) 293/94: JENNIFER PEOPLE # jennifer; 27 W (pat) 117/95: EDWIN SCHLOSSBERG # EDWIN; 27 W (pat) 178/96: Marilyn # Marilyn Monroe, veröffentlicht in Pavis Proma, Kliems bzw Knoll). Bei der Entscheidung BPatGE 40, 23 - Boris = BORIS BECKER, in der ausnahmsweise die Prägung des Gesamtzeichens durch den Vornamen bejaht wurde, handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, denn nach den dortigen Feststellungen wird der Tennisstar Boris Becker im sportlichen und gesellschaftlichen Bereich häufig allein bei seinem Vornamen Boris benannt. Derartige Feststellungen konnten im vorliegenden Fall nicht getroffen werden. Stehen sich aber die Zeichen SAMANTHA FOX und SAMANTHA in ihrer Gesamtheit gegenüber, so ist mit Verwechslungen nicht zu rechnen.

Die Beschwerde ist demnach ohne Erfolg.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Schwarz-Angele Fa Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)136-99.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 27.03.2000
Az: 30 W (pat) 136/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/46b8537fdd1f/BPatG_Beschluss_vom_27-Maerz-2000_Az_30-W-pat-136-99




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