Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2008
Aktenzeichen: 19 W (pat) 315/05

(BPatG: Beschluss v. 28.04.2008, Az.: 19 W (pat) 315/05)

Tenor

Das Patent DE 195 30 726 wird in folgender Fassung beschränkt aufrecht erhalten:

Patentansprüche 1 bis 8 vom 28. April 2008 wie überreicht.

Beschreibung wie Patentschrift mit Änderungen vom 28. April 2008 auf Seiten 3/10 und 4/10 wie überreicht Zeichnungen wie Patentschrift.

Gründe

I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat am 26. August 2004 die Erteilung des Patents 195 30 726 veröffentlicht, das am 18. August 1995 angemeldet worden ist. Das Patent betrifft eine Zentralverriegelungsanlage mit baugleichen Kraftfahrzeugtürverschlüssen.

Gegen das Patent hat die Fa. B... GmbH & Co. KG mit Schrift- satz vom 25. November 2004, eingegangen per Fax am selben Tag Einspruch erhoben. Zur Begründung hat sie behauptet, das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 sei nicht neu bzw. beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Streitpatent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Streitpatent aufrecht zu erhalten.

Hilfsweise verteidigte sie das Patent in der Fassung des überreichten Hilfsantrages:

Patentansprüche 1 bis 8 vom 28. April 2008 wie überreicht Beschreibung wie Patentschrift mit Änderungen vom 28. April 2008 auf Seiten 3/10 und 4/10 wie überreicht Zeichnungen wie Patentschrift.

Der erteilte Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet unter Einfügung der Gliederungsbuchstaben 1.1) bis 1.9) gemäß einer Merkmalsanalyse der Patentinhaberin:

"1.1) Zentralverriegelungsanlage für ein Kraftfahrzeug 1.2) mit einem elektronischen Steuergerät (1), 1.3) mit jeweils einem elektrisch ansteuerbaren Kraftfahrzeugtürverschluss (2) für jede Kraftfahrzeugtür und 1.4) mit elektrischen Steuerleitungen (3) zur Ansteuerung der Kraftfahrzeugtürverschlüsse (2) mittels des Steuergerätes (1), 1.5) wobei die Kraftfahrzeugtürverschlüsse (2) eine Drehfalle (7) und eine mit der Drehfalle (7) wechselwirkende Sperrklinke (8) aufweisen, 1.6) wobei die Sperrklinke (8) einerseits mittels eines ersten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (5) und andererseits mittels eines Innenbetätigungshebels (9) aushebbar ist, 1.7) wobei der Innenbetätigungshebel (9) über einen mittels eines zweiten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (6) ein- und ausrückbaren Kupplungshebel (17) in eingerückter Position des Kupplungshebels (17) mechanisch auf die Sperrklinke (8) wirkt, 1.8) wobei die Kraftfahrzeugtürverschlüsse (2) für verschiedene Kraftfahrzeugtüren eines Kraftfahrzeugs praktisch baugleich sind und 1.9) wobei durch die Ansteuerung des ersten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (5) und des zweiten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (6) die Funktionen "Betätigen", "Entriegeln und Verriegeln", "Diebstahlsicherung an und aus" und "Kindersicherung an und aus" der Kraftfahrzeugtürverschlüsse (2) steuerbar sind."

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass bei ihm das Wort "und" zwischen den Merkmalen 1.8) und 1.9) durch ein Komma ersetzt ist und dass an ihn unter Ersetzung des Punktes durch ein Komma - mit Gliederungsziffern versehen - folgende Merkmale angehängt sind:

"1.10) wobei die Sperrklinke (8) einen ersten Auslösezapfen (10) aufweist, 1.11) wobei das erste elektrisch ansteuerbare Stellelement (5) einen Elektromotor sowie ein Schneckengetriebe mit Schnecke (12) und Schneckenrad (13) aufweist, 1.12) wobei mit dem Schneckenrad (13) ein spiralförmiger Antriebsnocken (11) drehfest verbunden ist und 1.13) wobei der erste Auslösezapfen (10) und folglich die Sperrklinke (8) durch den Antriebsnocken (11) betätigbar ist, und 1.14) wobei die Sperrklinke (8) einen zweiten Auslösezapfen (14) aufweist, 1.15) wobei ein auf den zweiten Auslösezapfen (14) wirkender Auslösehebel (15) mit einer Anschlagfläche (16) eingerichtet ist, 1.16) wobei der Kupplungshebel (17) einen gegenüber dem Auslösehebel (15) zwischen Funktionsstellungen "Diebstahlsicherung an" und "Diebstahlsicherung aus" oder "Kindersicherung an" und "Kindersicherung aus" verschiebbaren Kupplungszapfen (18) aufweist und 1.17) wobei der Kupplungszapfen (18) in Funktionsstellung "Diebstahlsicherung aus" oder "Kindersicherung aus" des Kupplungshebels (17) mittels des Innenbetätigungshebels (9) gegen die Anschlagfläche (16) des Auslösehebels (15) betätigbar und in Funktionsstellung "Diebstahlsicherung an" oder "Kindersicherung an" frei von der Anschlagfläche (16) ist."

Dem Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag soll die Aufgabe zugrunde liegen, eine Zentralverriegelungsanlage zu schaffen, bei welcher alle Funktionen ausschließlich elektrisch ansteuerbar sind, welche aber sicherheitstechnisch verbessert ist (Abs. 0005 der Streit-PS).

Die Einsprechende ist der Auffassung, die Zentralverriegelungsanlage gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sei gegenüber der in der DE 42 28 233 A1 beschriebenen nicht mehr neu. Insbesondere weise die daraus bekannte Anlage zwei unabhängig wirkende Antriebe auf, die unabhängig voneinander auf den Hebel 28, der dem anspruchsgemäßen Kupplungshebel entspreche, wirkten.

Im Zusammenhang mit dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag meint die Einsprechende, dass der Fachmann Anlass habe, den aus der DE 42 28 233 A1 bekannten, gemäß ihrer Auffassung konstruktiv ungünstigen und sich leicht verklemmenden Hebel 28 durch eine Anordnung, wie sie aus der DE 43 43 340 A1 bekannt sei, zu ersetzen. Die DE 42 28 233 A1 gebe außerdem einen Hinweis auf allgemeine elektrische Antriebe, so dass der Fachmann hierfür auch einen Antrieb mit Schneckenrad und einem spiralförmigen Antriebsnocken vorsehen könne, wie er ihm aus der DE 39 32 268 A1 bekannt sei. Die Einsprechende hält die im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag beschriebenen Maßnahmen für eine Aggregation und vermisst einen kombinatorischen Effekt. Insbesondere stellt sie heraus, dass die Spiralförmigkeit des Antriebsnockens keinen kombinatorischen Effekt liefere.

Zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag meint die Patentinhaberin, dass bei der Zentralverriegelungsanlage nach der DE 42 28 233 A1 neben einem Stellantrieb ein weiterer Antrieb aus Redundanzgründen funktionell mit dem Stellantrieb verbunden sei. Mit den beiden Antrieben seien keine unterschiedlichen Wirkungsketten verbunden und betätigbar.

Bezüglich des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag führt die Patentinhaberin aus, dass sich durch den spiralförmigen Nocken die Sperrklinke peuapeu von dem Antriebszapfen entferne. Ein spiralförmiger Nocken dem ein Antriebszapfen gegenüberliege sei aus der DE 39 32 268 A1 nicht bekannt. Auch eine Kombination der DE 42 28 233 A1 mit der DE 43 43 340 A1 liege für den Fachmann nicht nahe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die durch § 147 Abs. 3 Nr.1 PatG für das vorliegendende Einspruchsverfahren (Einspruch eingelegt am 25. November 2004, eingegangen am selben Tag) begründete Zuständigkeit des Senats wird durch die in der Zwischenzeit erfolgte Aufhebung dieser Vorschrift nicht berührt (vgl. auch BGH Beschluss vom 27. Juni 2007 (X ZB 6/05) - Informationsübermittlungsverfahren II).

Der Einspruch ist zulässig und hat im Umfang des Hauptantrags Erfolg.

Als Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus mit Kenntnissen in der Konstruktion von Kraftfahrzeugtürschlössern sowie der Sicherheitstechnik von Kraftfahrzeugen anzusehen. Ihm sind die maschinenbaulichen Schnittstellen zur Steuerungstechnik bekannt.

1. Zum Hauptantrag Die Zentralverriegelungsanlage gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist nicht neu. Denn die DE 42 28 233 A1 (Fig. 2) zeigt eine 1.1) Zentralverriegelungsanlage für ein Kraftfahrzeug (Bezeichnung)

1.2) mit einem elektronischen Steuergerät (11), 1.3) mit jeweils einem elektrisch ansteuerbaren Kraftfahrzeugtürverschluss (Fig. 1, 2) für jede Kraftfahrzeugtür und 1.4) mit elektrischen Steuerleitungen (19) zur Ansteuerung der Kraftfahrzeugtürverschlüsse mittels des Steuergerätes 1), 1.5) wobei die Kraftfahrzeugtürverschlüsse eine Drehfalle (2) und eine mit der Drehfalle (2) wechselwirkende Sperrklinke (5) aufweisen, 1.6) wobei die Sperrklinke (5) einerseits mittels eines ersten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (14, 15) und andererseits mittels eines Innenbetätigungshebels (Innentürgriff 7 als Innenbetätigungshebel) aushebbar ist (Sp. 4 Z. 47 bis 64), 1.7) wobei der Innenbetätigungshebel (7) über einen mittels eines zweiten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (Sp. 5 Z. 46 bis 48 i. V. m. mit weiteren Ausführungen unten) ein- und ausrückbaren Kupplungshebel (28) in eingerückter Position (Fig. 2: Strichlierte Stellung des Schwenkhebels, d. h. Wirkstellung i. V. m. Sp. 4 Z. 36 bis 40) des Kupplungshebels (28) mechanisch auf die Sperrklinke (5) wirkt (Sp. 4 Z. 47 bis 57), 1.8) wobei die Kraftfahrzeugtürverschlüsse für verschiedene Kraftfahrzeugtüren eines Kraftfahrzeugs praktisch baugleich sind (Sp. 1 Z. 32 bis 36: keine schlüsselbetätigten Schließzylinder, d. h. alle Kraftfahrzeugtürverschlüsse elektrisch ansteuerbar und damit praktisch baugleich)

1.9) wobei durch die Ansteuerung des ersten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (14, 15) und des zweiten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (Sp. 5 Z. 46 bis 48) die Funktionen "Entriegeln und Verriegeln", "Diebstahlsicherung an und aus" und "Kindersicherung an und aus" der Kraftfahrzeugtürverschlüsse steuerbar sind (Sp. 3 Z. 54 bis 60, 66 i. V. m. bis Sp. 5 Z. 46 bis 48: unabhängige Ansteuerung beider Stellelemente).

Zu Merkmal 1.7):

Der mit dem anspruchsgemäßen Kupplungshebel vergleichbare Schwenkhebel 28 wird beim Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 von einer nicht dargestellten Feder (Sp. 4 Z. 33) und dem ersten elektrischen Stellelement 14 (Sp. 4 Z. 37, 38) in die ein- und ausgerückte Position versetzt (Fig. 2: strichlierte bzw. durchgezogene Darstellung des Schwenkhebels 28 als Kupplungshebel). Die DE 42 28 233 A1 lehrt aber auch, dass ein Verstellen (= ein- bzw. ausrücken = Schwenken) des Schwenkhebels 28 unabhängig von dem Stellantrieb 14, 15 (= erstes elektrisch ansteuerbares Stellelement) von einem separaten Antrieb bewirkt werden kann (Sp. 5 Z. 46 bis 48). Der Fachmann entnimmt daraus, dass dieser zweite Antrieb die Wirkung des ersten elektrischen Stellelements und der nicht gezeigten Feder übernimmt, aber zugleich unabhängig vom ersten Stellelement 14, 15 ansteuerbar ist. Ein solcher unabhängig ansteuerbarer Antrieb ist nach Ansicht des Senats sonach mit dem anspruchsgemäßen zweiten Stellelement vergleichbar.

Die Lesart der Patentinhaberin, dass der zweite Stellantrieb parallel zum ersten wirke, ist aus der DE 42 28 233 A1 nicht zu entnehmen, da diese explizit davon spricht, dass das Verstellen des Schwenkhebels 28 unabhängig von dem Stellantrieb 14, 15 bewirkt werden könne (Sp. 5 Z. 46 bis 48); somit sind die beiden Stellantriebe unabhängig voneinander ansteuerbar, wodurch die in Merkmal 1.9) angegebenen Funktionen erreicht werden.

2. Zum Hilfsantrag 1 2.1 Zulässigkeit Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist zulässig. Er unterscheidet sich von dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass er zusätzlich die Merkmale der erteilten Patentansprüche 4 und 7, die mit den ursprünglichen Patentansprüchen 4 und 7 übereinstimmen, umfasst.

2.2 Neuheit Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist neu.

Aus der DE 42 28 233 A1 sind - wie zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unter Punkt 1 ausgeführt - lediglich die Merkmale 1.1) bis 1.9) bekannt.

Die DE 43 43 340 A1 (Fig. 1 bis 3) zeigt eine 1.1) Zentralverriegelungsanlage für ein Kraftfahrzeug (Bezeichnung)

1.2) mit einem elektronischen Steuergerät (üblich bei Zentralverriegelungen), 1.3) mit jeweils einem elektrisch ansteuerbaren Kraftfahrzeugtürverschluss für jede (Zentralverriegelung) Kraftfahrzeugtür (Fig. 1 bis 3 i. V. m. Sp. 3 Z. 21 bis 25) und 1.4) mit elektrischen Steuerleitungen zur Ansteuerung der Kraftfahrzeugtürverschlüsse mittels des Steuergerätes (notwendig bei Zentralverriegelung mit elektrisch ansteuerbaren Türverschlüssen), 1.5) wobei die Kraftfahrzeugtürverschlüsse (Fig. 1 bis 3) eine Drehfalle (2) und eine mit der Drehfalle (2) wechselwirkende Sperrklinke (3) aufweisen, 1.6teilw) wobei die Sperrklinke (3) mittels eines Innenbetätigungshebels (4) aushebbar ist (Fig. 2 und 3), 1.7) wobei der Innenbetätigungshebel (4) über einen mittels eines (zweiten) elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (Hebelelement 11, das von einem elektrisch reversierbaren elektromechanischen Antrieb angesteuert wird, Sp. 3 Z. 20 bis 37) ein- und ausrückbaren Kupplungshebel (6) in eingerückter Position des Kupplungshebels (6) (Fig. 1: "verriegelt", d. h. ausgerückte Position des Kupplungshebels 6; Fig. 2 und 3: "entriegelt", d. h. eingerückte Position des Kupplungshebels 6) mechanisch auf die Sperrklinke (3) wirkt (Fig. 3), 1.8) wobei die Kraftfahrzeugtürverschlüsse (Fig. 1 bis 3) für verschiedene Kraftfahrzeugtüren eines Kraftfahrzeugs praktisch baugleich sind (In der Druckschrift ist nur der Kraftfahrzeugtürverschluss für eine Tür beschrieben, woraus mitlesbar ist, dass die Kraftfahrzeugtürverschlüsse für alle vier Türen praktisch baugleich sind) und 1.9teilw) wobei durch die Ansteuerung des (zweiten) elektrisch ansteuerbaren Stellelementes (6) die Funktionen "Entriegeln und Verriegeln", "Diebstahlsicherung an und aus" und "Kindersicherung an und aus" der Kraftfahrzeugtürverschlüsse (Fig. 1 bis 3) steuerbar sind (Fig. 1: "verriegelt", Fig 2: "entriegelt", wobei "Entriegeln" mit "Diebstahlsicherung aus" und "Verriegeln" mit "Diebstahlsicherung an" korrespondiert i. V. m. Sp. 2 Z. 35 bis 46 und Sp. 3 Z. 23 bis 25).

1.14) wobei die Sperrklinke (3) einen zweiten Auslösezapfen (ohne Bezugszeichen, auf der rechten unteren Seite der Sperrklinke) aufweist, 1.15) wobei ein auf den zweiten Auslösezapfen (ohne Bezugszeichen) wirkender Auslösehebel (5) mit einer Anschlagfläche (ohne Bezugszeichen, auf der rechten Seite des Auslösehebels) eingerichtet ist, 1.16) wobei der Kupplungshebel (6) einen gegenüber dem Auslösehebel (5) zwischen Funktionsstellungen "Diebstahlsicherung an" (Fig. 1) und "Diebstahlsicherung aus" (Fig. 2, 3) oder "Kindersicherung an" (Fig. 1) und "Kindersicherung aus" (Fig. 2, 3) verschiebbaren Kupplungszapfen (unterer in einem Langloch verschiebbarer Zapfen ohne Bezugszeichen) aufweist und 1.17) wobei der Kupplungszapfen (ohne Bezugszeichen) in Funktionsstellung "Diebstahlsicherung aus" oder "Kindersicherung aus" des Kupplungshebels (6) mittels des Innenbetätigungshebels (4) gegen die Anschlagfläche (ohne Bezugszeichen, Anschlagfläche nächst Langloch) des Auslösehebels (5) betätigbar (Fig 2, 3: Unterer Zapfen liegt an Anschlagfläche an) und in Funktionsstellung "Diebstahlsicherung an" oder "Kindersicherung an" frei von der Anschlagfläche (ohne Bezugszeichen) ist (Fig. 1: Unterer Zapfen liegt unterhalb der Anschlagfläche und ist somit frei von dieser)."

Die Zentralverriegelungsanlage gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von der in der DE 43 43 340 A1 beschriebenen somit dadurch, 1.6Rest) dass die Sperrklinke mittels eines ersten elektrisch ansteuerbaren Stellelementes aushebbar ist, 1.9Rest) durch das die Ansteuerung der Funktion "Betätigen" steuerbar ist, 1.10) wobei die Sperrklinke einen ersten Auslösezapfen aufweist, 1.11) wobei das erste elektrisch ansteuerbare Stellelement einen Elektromotor sowie ein Schneckengetriebe mit Schnecke und Schneckenrad aufweist, 1.12) wobei mit dem Schneckenrad ein spiralförmiger Antriebsnocken drehfest verbunden ist und 1.13) wobei der erste Auslösezapfen und folglich die Sperrklinke durch den Antriebsnocken betätigbar ist, Die DE 39 32 268 A1 beschreibt keine Zentralverriegelungsanlage, sondern eine Gepäckraumtürverriegelung, 1.10teilw) wobei die Sperrklinke (3) eine Fläche (32) aufweist, 1.11) wobei das erste elektrisch ansteuerbare Stellelement einen Elektromotor (7) sowie ein Schneckengetriebe mit Schnecke (71) und Schneckenrad (5) aufweist (Sp. 2 Z 61 bis 63), 1.12teilw) wobei mit dem Schneckenrad (5) ein Antriebsnocken (53) drehfest verbunden ist und 1.13teilw) wobei die Fläche (32) und folglich die Sperrklinke (3) durch den Antriebsnocken (53) betätigbar ist, Entgegen den Merkmalen 1.10) und 1.12) des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag ist hier kein Auslösezapfen, sondern eine als Vorsprung ausgebildete Fläche 32 vorgesehen und weiterhin ist entgegen Merkmal 1.12) der Antriebsnocken 53 nach Überzeugung des Senats nicht spiralförmig.

Die außerdem noch im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen in Bezug auf die Zentralverriegelungsanlage gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 weiter ab, als der abgehandelte Stand der Technik und konnten daher außer Acht gelassen werden. Sie wurden in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufgegriffen.

2.3 Erfinderische Tätigkeit Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns; es beruht auch nicht auf einer Merkmalsaggregation.

2.3.1 Ausgangspunkt DE 42 28 233 A1 Ausgehend von einer Zentralverriegelungsanlage nach der DE 42 28 233 A1 mag sich die patentgemäße Aufgabe, eine Zentralverriegelungsanlage zu schaffen, welche sicherheitstechnisch verbessert ist, in der Praxis zwar stellen. Angesichts des bei der in der Zentralverriegelungsanlage nach der DE 42 28 233 A1 vorgesehenen schwenkbaren und verschiebbaren Kupplungshebels 28 und zweier mit diesem in unabhängigem Wirkzusammenhang stehenden Stellelemente (Sp. 5 Z. 46 bis 48) liegt es nach Überzeugung des Senats für den Fachmann nicht nahe, dieses Konstruktionsprinzip durch das aus der DE 43 43 340 A1 bekannte, das auf Winkel- und Gelenkhebeln beruht, zu ersetzen. Denn es hätte hierfür erheblicher Umkonstruktionen bedurft, um die speziell für den verschieb- und schwenkbaren Kupplungshebel 28 und speziell für einen, eine Längsbetätigung bewirkenden Stellantrieb 14, 15 ausgebildete Sperrklinke 5 an die Winkel- und Gelenkhebel gemäß der DE 43 43 340 A1 anzupassen.

Hinzu kommt, dass die aus der DE 43 43 340 A1 entnehmbaren Wirkprinzipien für die darin gezeigten Hebel in der Druckschrift nicht beschrieben und damit nicht augenscheinlich sind und dass sich die Merkmalsübereinstimmungen der Zentralverriegelungsanlage nach der DE 43 43 340 A1 mit der des Gegenstands des Streitpatents - wie sie beim Neuheitsvergleich unter Punkt 2.2 durchgeführt wurden - erst in rückschauender Betrachtung erschließen.

Es ist auch kein Anlass erkennbar, weshalb der Fachmann den Stellantrieb 14, 15 nach der DE 42 28 233 A1 durch eine Anordnung, wie sie aus der DE 39 32 268 A1 bekannt ist, hätte ersetzen sollen. Aber selbst wenn er dies bewerkstelligt hätte, wäre er noch nicht bei der Spiralform des Antriebsnockens und bei der Gestaltung der vorspringenden Fläche als Auslösezapfen angelangt (Merkmale 1.10) und 1.12)). Denn bei einer Gepäckraumtür ist mangels Komfortbedarf im Gegensatz zu einer Kraftfahrzeugtür eine peuapeu-Entfernung des Antriebsnockens von der Sperrklinke - wie sie gemäß nachvollziehbarem Vortrag der Patentinhaberin durch die Spiralförmigkeit des Antriebsnockens in Verbindung mit einem Auslösezapfen erreicht wird - nicht nötig; ein Weg in diese Richtung wird durch die DE 39 32 268 A1 somit auch nicht gewiesen.

Man überschätzte die Kenntnisse und Fähigkeiten des Fachmanns, wenn man ihm zutraute, dass er all diese Überlegungen hätte durchführen können, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.

2.3.2 Ausgangspunkt DE 43 42 340 A1 Geht der Fachmann angesichts der sich in der Praxis stellenden patentgemäßen Aufgabe, eine Zentralverriegelungsanlage zu schaffen, welche sicherheitstechnisch verbessert ist, von der in der DE 43 42 340 A1 beschriebenen Zentralverriegelungsanlage aus, so gibt ihm die DE 42 28 233 A1 zwar prinzipiell den Hinweis darauf, einen weiteren (ersten) Stellantrieb zur Betätigung der Sperrklinke vorzusehen. Sie zeigt ihm jedoch diesbezüglich nur einen Stellantrieb 14, 15 mit linearer Betätigung. Aber auch wenn er an andere Stellantriebe denken würde, z. B. solche mit Elektromotor, wie er sie von der Gepäckraumtürverriegelungsvorrichtung gemäß der DE 39 32 268 A1 her kennt, käme er noch nicht auf die Spiralform des Antriebsnockens und auf die Gestaltung der vorspringenden Fläche als Auslösezapfen (Merkmale 1.10) und 1.12)), da ihm die DE 39 32 268 A1 - wie unter Punkt 2.3.1 näher ausgeführt - nicht in diese Richtung führt.

Auch zufolge dieser Sichtweise überschätzte man die Kenntnisse und Fähigkeiten des Fachmanns, wenn man ihm zutraute, dass er all diese Überlegungen hätte durchführen können, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.

2.3.3 Zur Frage der Aggregation Die in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag aufgenommenen Merkmale 1.10) bis 1.17) beschreiben das Zusammenwirken zweier Antriebe mit den von ihnen angetriebenen Gliedern, so dass hier eine kombinatorische Wirkung zu erkennen ist.

Zwar mag die Spiralförmigkeit des Antriebsnockens und sein Zusammenwirken mit einem Auslösezapfen für die prinzipielle Funktion der Zentralverriegelungsanlage nicht von vorrangiger Bedeutung sein, im Hinblick auf die konstruktive und damit auch sicherheitstechnische Verbesserung hat sie jedoch wirkungsmäßigen Einfluss auf die von ihr betätigten Glieder (Sperrklinke, Drehfalle), so dass auch hier ein kombinatorischer Effekt vorhanden ist.

3. Rechtsbestand Mit dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 haben auch die Patentansprüche 2 bis 8 nach Hilfsantrag 1, die den erteilten Patentansprüchen 2, 3, 5, 6 und 8 bis 10 in angepasster Rückbeziehung entsprechen, Bestand.

Bertl Gutermuth Groß

Dr. Scholz Pr






BPatG:
Beschluss v. 28.04.2008
Az: 19 W (pat) 315/05


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