Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Oktober 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 57/03

(BPatG: Beschluss v. 21.10.2003, Az.: 33 W (pat) 57/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung der Wortmarke PetroCompfür die Waren und Dienstleistungen Kunstharze im Rohzustand; Kunststoffe im Rohzustand; Kunststoff-Compounds; Veredlung von Kunststoffendurch Erstprüferbeschluss der Markenstelle für Klasse 1 vom 18. Dezember 2002 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Markenstelle hat ausgeführt, dass die angesprochenen Verkehrskreise, hier im wesentlichen Fachkreise, das angemeldete Zeichen ohne weitere Überlegung als Oberbegriff für chemische Verbindungen auf Erdölbasis verstehen würden. Es handle sich somit lediglich um eine Beschaffenheitsangabe. Auch wenn die Gesamtbezeichnung lexikalisch in dieser Form bisher nicht nachweisbar sei, habe der neugebildete Gesamtbegriff einen rein beschreibenden Charakter und sei deshalb von der Eintragung ausgeschlossen.

Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung beantragt die Anmelderin, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Sie trägt vor, dass die Markenbestandteile "Petro" und "Comp" beide für verschiedene Begriffe stehen könnten. Insgesamt handle es sich um eine mehrdeutige Wortkombination, die sich vollständig aus fremdsprachlichen Akronymen zusammensetze, so dass für die maßgeblichen Verkehrskreise ein sachbezogener Aussagegehalt auch nicht aus dem Kontext mit den angemeldeten Waren ohne weitere Analyse klar beschreibend auf der Hand liege.

Sie verweist darauf, dass die Marke "PetroComp" im schweizerischen Register eingetragen worden sei. Im Zusammenhang mit dieser Eintragung stehe auch ein Auszug aus der vom Senat durchgeführten Internetrecherche, nämlich eine Studie verschiedener Wissenschaftler zum Thema "Biologisch abbaubare Polymere". Der in dieser Studie verwandte Begriff "PetroComp" werde im Zusammenhang mit der Firma "Petroplast" genannt, die Eigentümerin einer diesbezüglichen Marke sei.

Hilfsweise sei die Rechtsbeschwerde zu folgender Frage zuzulassen:

Ist bei der Zurückweisung der Anmeldung "PetroComp" möglicherweise verkannt worden, dass die Vorbenutzung eines Wortes im Geschäftsverkehr, in der Werbung oder durch Wettbewerber nicht schon als solches ein Eintragungshindernis ist, sondern zusätzlich festgestellt werden muss, dass das vorbenutzte Wort vom Verkehr nicht im Sinne einer nicht eingetragenen Marke oder einer im übrigen originellen Wendung aufgefasst wird, die er trotz gegebener beschreibender Anklänge selbst dann nicht als beschreibende Angabe versteht, wenn sie schon anderweitig verwendet worden ist.

Der Senat hat der Anmelderin mit der Ladung zum Termin vom 12. August 2003 Ermittlungsunterlagen zugesandt und auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen. Daraufhin hat die Anmelderin ihren Terminsantrag zurückgenommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet.

Nach Auffassung des Senats fehlt der angemeldeten Marke jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, so dass die Markenstelle des Patentamts die Anmeldung im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen hat.

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, ist zwar grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082 - marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren bzw Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH aaO - marktfrisch; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).

Die angemeldete Marke ist aus den Bestandteilen "Petro" und "Comp" zusammengesetzt. Der Sinngehalt des Bestandteiles "Petro" ist ohne weiteres erkennbar, seine Bedeutung liegt auch für Abnehmer ohne weiteres auf der Hand, die ihn nicht korrekt vom griechischen Wortstamm ableiten können. Wörter wie "Petro-Chemie" "Petro-Dollar" oder "Petroleum" gehören zum allgemeinen Wortschatz und vermitteln auch ohne exakte Sprachkenntnisse die Vorstellung, dass die so bezeichneten Waren mit dem Produkt "Erdöl" in Verbindung stehen (so auch BPatG 28 W (pat) 72/95 - Petromin/PENTOSIN).

Die Abkürzung "Comp" steht, worauf die Anmelderin zutreffend verweist, für verschiedenste Begriffe ua "Compare", "Compensator", "Computer", aber auch "Compound" (vgl Wennrich, Internationales Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Elektrotechnik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, 1992, S 209; Koblischke, Lexikon der Abkürzungen, 1994, S 118; Duden, Wörterbuch der Abkürzungen, 1999, S 85; Wennrich, Angloamerikanische und deutsche Abkürzungen in Wissenschaft und Technik, 1976, S 375, 376). Im Zusammenhang mit den hier angemeldeten Waren bzw Dienstleistungen die sämtliche mit Kunststoffen im Zusammenhang stehen, steht die Bedeutung "compound" im Sinne von "chemische Verbindung" (vgl Wenske, Wörterbuch Chemie Englisch-Deutsch, 1992, S 1454) so im Vordergrund, dass andere Bedeutungsinhalte nicht in Betracht kommen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil auch die Anmelderin selbst ihre Produkte als "Kunststoff-Compounds" benennt und unter anderem für diese Waren die Eintragung begehrt.

Den hier angesprochenen Verkehrskreisen, im wesentlichen Fachkreise der chemischen Industrie, ist der Begriff "Compound" auch ohne weiteres bekannt, wie sich aus der Internetrecherche des Senats ergibt. Dort wirbt beispielsweise die Firma Chemietechnik-Huethig für "Hartstoff-Compounds" (chemietechnik.huethig.de); im Lieferprogramm der Firma Impag für den Bereich Chemie findet sich ein "Compound" basierend auf Natriumaluminiumsilikat (www.impag.de).

Zwar ist, wie die Anmelderin ausgeführt hat, bei der Beurteilung der Marke zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit all seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen, so dass bei aus mehreren Wörtern bestehenden Marken das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG für die Wortfolge in ihrer Gesamtheit festzustellen ist (MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Das Gesamtzeichen, hier im übrigen zu einem Wort zusammengezogen, bringt aber im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zum Ausdruck, dass es sich um "chemische Petrolverbindungen" handelt.

Dem Zeichen kann die Schutzfähigkeit auch nicht deshalb zugebilligt werden, weil es teilweise für ähnliche Waren in anderen Ländern als Marke eingetragen worden ist. Denn diese Eintragungen lassen keine Rückschlüsse auf das Verständnis des Zeichens beim inländischen Publikum zu, auf das allein bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abzustellen ist (vgl auch Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdz 81 ff.).

Der Senat sieht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde gemäss § 83 Abs 2 Nr 1 oder 2 MarkenG zuzulassen. Im vorliegenden Fall hatte das Gericht lediglich über Tatsachen, nicht über Rechtsfragen zu entscheiden. Bei der Beurteilung derFrage der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens hat der Senat nicht zugrundegelegt, dass der Gesamtbegriff bereits im Geschäftsverkehr, in der Werbung oder durch Wettbewerber kennzeichnend oder in beschreibender Art und Weise benutzt worden ist.

Winkler Baumgärtner Dr. Hock Hu






BPatG:
Beschluss v. 21.10.2003
Az: 33 W (pat) 57/03


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