Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 26. Juli 2010
Aktenzeichen: 6 W 98/10

(OLG Köln: Beschluss v. 26.07.2010, Az.: 6 W 98/10)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28.4.2010 - 203 O 74/10 - teilweise abgeändert.

Die Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG) durch die Beteiligte zur Erteilung der Auskunft an die Antragstellerin über Namen und Anschriften derjenigen Nutzer, denen zu den in der Anlage ASt 1 unter den laufenden Nummern 116 bis 150 (das Album "Sportfreunde Stiller - MTV Unplugged in New York" betreffend) angegebenen Zeitpunkten die dort aufgeführten IP-Adressen zugeteilt waren, ist zulässig.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten tragen die Parteien selbst; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Beschwerdewert: 3.000 €.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat teilweise, nämlich im Hinblick auf das Album "MTV Unplugged in New York" der Musikgruppe "Sportfreunde Stiller" Erfolg, weil das Landgericht insofern zu Unrecht eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß verneint hat; im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

1. Eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß kann sich nicht nur daraus ergeben, dass ein besonders wertvolles Werk unerlaubt angeboten wird (vgl. Senat, Beschluss vom 3.11.2008 - 6 W 136/08, bei juris), sondern liegt auch dann vor, wenn ein komplettes Musikalbum in der aktuellen Verwertungsphase der Öffentlichkeit in einer Internettauschbörse angeboten wird (vgl. Senat, GRUR-RR 2009, 9, 11). Beginnt die Verwertung - wie dies bei etablierten Künstlern regelmäßig der Fall ist - unmittelbar mit der Veröffentlichung des Werkes, kann von einem Andauern der relevanten Verwertungsphase nicht mehr ohne weiteres ausgegangen werden, wenn der Veröffentlichungszeitpunkt bereits länger zurückliegt. Der Senat geht daher mit dem Landgericht davon aus, dass bei einem aktuellen Musikalbum besondere Umstände vorliegen müssen, um nach Ablauf von sechs Monaten seit der Veröffentlichung eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß annehmen zu können. Solche Umstände können etwa darin liegen, dass das Werk weiterhin in den TOP 50 der Verkaufscharts plaziert ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 8.1.2010 - 6 W 153/09 - und vom 25.3.2010 - 6 W 28/10). Nicht genügend ist es dagegen, dass das Werk (auch) noch zu normalen Verkaufspreisen angeboten und also weiterhin noch verwertet wird, wie dies die Antragstellerin im Schriftsatz vom 23.7.2010 vertieft ausgeführt hat. Der Gesetzgeber hat bewusst nicht jede Rechtsverletzung für einen Auskunftsanspruch genügen lassen, sondern einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des Urhebers verlangt, damit ein Auskunftsanspruch, durch die in verfassungsrechtlich geschützte Rechte des Dritten eingegriffen wird (vgl. Beschluss des Senats vom 21.7.2010 - 6 W 79/10), gerechtfertigt ist. Das fortwährende Angebot des Werks zu normalen Verkaufspreisen rechtfertigt die Annahme einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß daher jedenfalls dann nicht, wenn das Werk ursprünglich in den Charts plaziert war, dies inzwischen aber nicht mehr der Fall ist (vgl. Senat, Beschluss vom 25.3.2010 - 6 W 28/10).

2. Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht die Anordnung hinsichtlich des Werks "MTV Unplugged in New York" der Musikgruppe "Sportfreunde Stiller", das zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auf Platz 39 der Longplaycharts plaziert war, zu Unrecht abgelehnt. Hinsichtlich des Werks "In dieser Stadt" der Künstlerin Christina Stürmer hat das Landgericht dagegen das gewerbliche Ausmaß der Rechtsverletzung zu Recht verneint, weil es keine Umstände feststellen konnte, aus denen sich ein Fortdauern der relevanten Verwertungsphase über den Zeitraum von 6 Monaten hinaus ergeben würden. Dies geht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - zu Lasten der materiell beweisbelasteten Antragstellerin.






OLG Köln:
Beschluss v. 26.07.2010
Az: 6 W 98/10


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