Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. November 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 200/99

(BPatG: Beschluss v. 28.11.2000, Az.: 33 W (pat) 200/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Annmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Juli 1999 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 27. Januar 1998 die Wortmarke BrandCompassfür die Dienstleistungen der Klassen 35 und 42

"Werbung, Marketing, Marktforschung, Unternehmensberatung;

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 20. Juli 1999 zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß es der Marke im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle und es sich um eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe handele (§ 37 Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Ziff 1, 2 MarkenG). Das Zeichen sei im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen eine rein sach- und themenbezogene Aussage. Auch die Tatsache, daß es sich bei dem Zeichen um eine Wortneuschöpfung handele, vermöge dessen Eintragungsfähigkeit nicht herbeizuführen, da die Wortbildung sprachüblich sei, also Wortverbindungen mit dem einen oder anderen Bestandteil existierten oder nach der Art der Wortbildung außerordentlich nahe lägen.

Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, unter Abänderung des Beschlusses vom 20. September 1999 die Marke "BrandCompass" wie beantragt in die Markenrolle einzutragen.

Sie trägt vor, daß die Kombination "BrandCompass" sich als Neuschöpfung darstelle, welche den angesprochenen Verkehrskreisen bislang nicht bekannt sei und welche von diesen nicht als beschreibend erkannt werde. Der Verkehr werde die Kennzeichnung als phantasievolles unübliches Wortgefüge im Sinne eines Kennzeichnungsmittels aufnehmen. Auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG bestehe nicht. Es lasse sich weder derzeit feststellen, noch für die Zukunft erwarten, daß das zur Anmeldung gebrachte Wortgefüge als Angabe benutzt werde, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale dienen könne.

II Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Marke "BrandCompass" im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen - entgegen der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts - für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 oder Nr 2 MarkenG entgegenstehen.

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (st Rspr vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 - Yes; BGH GRUR 1999, 1093 - For You mwN).

Zwar hat die Markenstelle des Patentamts zutreffend ausgeführt, daß die angemeldete Marke aus den Begriffen "Brand" und "Compass" zusammengesetzt sei und daß beide Einzelbegriffe - obwohl ursprünglich aus der englischen Sprache stammend - breiten Kreisen der deutschen Verbraucher in ihrem Bedeutungsgehalt verständlich seien. Dennoch hält es der Senat nicht für ausreichend wahrscheinlich, daß sich den hier beteiligten Verkehrskreisen, auch wenn es sich hauptsächlich um weitgehend fachlich orientierte Abnehmer handelt, der vom Patentamt festgestellte Sinngehalt der Bezeichnung "BrandCompass" ohne weiteres aufdrängt. Denn die Deutung der angemeldeten Marke im Sinne eines "Markenkompasses" setzt voraus, daß der angesprochene Verkehr spontan und ohne weitere Überlegung überhaupt erkennt, daß die angemeldete Bezeichnung aus englischen Wörtern zusammengesetzt ist. Für eine derartiges Erfassen könnte zwar sprechen, daß auf dem Gebiet der beanspruchten Dienstleistungen häufig englische Ausdrücke verwendet werden. Das bedeutet andererseits jedoch nicht, daß die in Frage kommenden Abnehmer in Deutschland Bezeichnungen grundsätzlich nur mehr vor dem Hintergrund der englischen Sprache wahrnehmen. Vielmehr wird für eine solche Deutung regelmäßig ein entsprechender Anlaß vorhanden sein müssen. Ein solcher Anlaß könnte sich zB daraus ergeben, daß e i n Bestandteil einer Wortzusammensetzung ohne weiteres erkennbar dem Englischen zuzuordnen ist, wie das jedenfalls bei dem von der Markenstelle angeführten Beispiel "brand leader" der Fall ist. Hier werden die beteiligten Verkehrskreise eher geneigt sein, auch das Wort "brand" in seiner englischen Bedeutung zu verstehen (vgl BPatG, Beschluß vom 4. Juni 1997, 26 W (pat) 189/95 - Aromataste). Bei der Wortneubildung "BrandCompass" dagegen ist ein solcher Anlaß nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres, erkennbar. Denn zum einen handelt es sich bei dem Wort "Compass" um einen im Deutschen gebräuchlichen Ausdruck, dessen Schreibweise ("C" anstatt "K") nicht ungewöhnlich erscheint, zumal der Buchstabe "K" - wie das auch bei älteren Bezeichnungen häufig zu sehen ist - in zahlreichen aktuellen Wörtern durch ein "C" ersetzt wird (zB Confiserie/Konfiserie oder Cabaret/Kabarett ua). Hinzu kommt, daß das Wort "Brand" jedenfalls spontan auch dem deutschen Wortschatz zugerechnet werden wird, etwa weil es - wie die Anmelderin meint - als Substantiv des Verbs "brennen" verstanden oder auch andere Assoziationen (zB iVm Weinbrand oder Brandy) auslösen wird. Daß die angemeldete Bezeichnung mit "Marken" in Verbindung gebracht wird, ist nach Auffassung des Senats - zumindest sehr weitgehend - auch vor dem Hintergrund der beanspruchten Dienstleistungen nicht ohne weiteres anzunehmen. Marktforschung wird sich zwar häufig mit der Akzeptanz von Marken uä befassen. Die hierfür gewählte Bezeichnung "Brand-Compass" bringt diese Zusammenhänge jedoch nur unvollkommen zum Ausdruck und setzt letztlich weiterreichende Denkprozesse voraus. Entsprechendes gilt auch für die beanspruchten weiteren Dienstleistungen. Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr diesen Begriff nur im Sinn einer schlagwortartigen Aussage über die verschiedenen Möglichkeiten der damit gekennzeichneten Dienstleistungen wertet, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen wird, zumal darin eine über das reine Wortverständnis hinausgehende Aussage liegt, die es verbietet, dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen.

2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - Protech). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - Change; BGH aaO - For You). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Wortmarke "BrandCompass" nicht. Eine Verwendung dieser Bezeichnung als beschreibende Angabe ist derzeit nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebensowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen, wie Werbung, Marketing, Marktforschung etc., in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

Der angefochtene Beschluß war mithin aufzuheben.

Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 28.11.2000
Az: 33 W (pat) 200/99


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