Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 14. Juli 2010
Aktenzeichen: I-3 Wx 123/10

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 14.07.2010, Az.: I-3 Wx 123/10)

BGB §§ 1059a Nr. 2, 1094, 1098 Abs. 3; GBO §§ 22, 29; AktG § 273 Abs. 4 (analog)

1.

Der mit den Mitteln des § 29 GBO zu erbringende Nachweis, dass bei der als Berechtigte eines subjektivpersönlichen Vorkaufsrechts eingetragenen GmbH nach Eintragung der Beendigung der Liquidation und des Erlöschens der Firma keinerlei Vermögen mehr vorhanden, diese daher nicht mehr existent und das Vorkaufsrecht deshalb untergegangen ist, setzt zusätzlich den Nachweis voraus, dass die GmbH das Vorkaufsrecht nicht vor ihrem Erlöschen im Rahmen einer Teilübertragung des Unternehmens nach § 1059a Nr. 2 BGB (mit-) übertragen hat.

2.

In der Eintragung eines subjektiv persönlichen Vorkaufsrechts für eine GmbH liegt - unabhängig von der Frage, ob es (noch) Vermögenswert besitzt und damit unverteiltes Vermögen der Gesellschaft darstellt - eine formale Rechtsposition, deren angestrebte Beseitigung (Löschung) eine Nachtragsliquidation erfordert.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2010 - I-3 Wx 123/10

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Wert: 1.000,- Euro.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind zu je 1/2 Anteil Eigentümer des im Grundbuch von Huckingen Blatt …unter lfd. Nr. 16 gebuchten Grundstücks Hf.,

In Abteilung II lfd. Nr. 3 ist dort seit dem 03. Februar 1965 ein "Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für die F. G.m.b.H. in Mülheim a. d. Ruhr" unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 27. Januar 1965 eingetragen.

Die Beteiligten schlossen unter dem 24. Februar 2010 zu Urk.-R.-Nr. 37/2010 des Notars L. in Duisburg einen Kaufvertrag über das Grundstück.

Unter dem 15. März 2010 beantragte der Notar die Löschung des Vorkaufsrechts, da bezüglich der buchberechtigten F. G.m.b.H. am 01. April 1993 die Liquidation beschlossen und dies im Bundesanzeiger Ausgabe 0125/1995 veröffentlicht worden sei. Die Beendigung der Liquidation sei ordnungsgemäß zum Handelsregister angezeigt und am 22. August 1996 mit dem Erlöschen der Firma eingetragen worden. Die Vollbeendigung der Berechtigten sei damit aktenkundig.

Daraufhin hat das Grundbuchamt unter dem 24. März 2010 - mit Fristsetzung bis zum 24. April 2010 und unter Ankündigung der Zurückweisung des Antrags - gebeten, die ordnungsgemäße Löschungsbewilligung des Nachtragsliquidators zu den Akten zu reichen. Nachtragsliquidation sei nach ordnungsgemäßer Abwicklung der Gesellschaft analog § 273 Abs. 4 Satz 1 AktG auch dann geboten, wenn die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht sei und noch irgendwelche weiteren Abwicklungsmaßnahmen, wozu auch die Abgabe einer Löschungserklärung gegenüber dem Grundbuchamt gehöre, notwendig seien.

Hiergegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 zunächst Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht, das insoweit die Nichtabhilfe beschlossen hatte, hat, nachdem die Beteiligten mit Schrift vom 12. April 2010 gebeten haben, die Beschwerde als Grundbuchberichtigungsantrag nach § 22 GBO auszulegen, den Nichtabhilfebeschluss aufgehoben und die Anträge vom 15. März 2010 auf Löschung des Vorkaufsrechts und vom 12. April 2010 auf Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 22 GBO zurückgewiesen und zur Begründung u. A. ausgeführt,

gemäß § 22 GBO könne ein Recht im Grundbuch auch dann gelöscht werden, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuch nachgewiesen sei. Nachzuweisen sei die Nichtübereinstimmung des Grundbuchs mit der wirklichen Rechtslage. Zu Unrecht meinten die Beteiligten, die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die liquidierte F. GmbH sei ausgeschlossen, da das Vorkaufsrecht durch das Erlöschen der Firma dauerhaft nicht mehr ausgeübt werden könne. Die Liquidation einer juristischen Person führe nämlich nicht notwendig zum Erlöschen einer ihr zustehenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit.

Stehe eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit einer juristischen Person zu, so sei sie nach § 1059 a BGB übertragbar. Das gelte auch für das Vorkaufsrecht, §§ 1094, 1098 Abs. 3, 1059 a BGB. Dieses könne daher nicht allein aufgrund der Eintragung im Handelsregister gelöscht werden, weil damit der Nachweis für den Untergang des Rechts nicht zu führen sei [vgl. BayObLG, MittBayNotk 1992, 397]. Die Grundbuchunrichtigkeit im Sinnes des § 22 GBO sei nicht ausreichend nachgewiesen; eine Löschung komme nicht in Betracht.

Mit Schreiben vom 26. April 2010 legt der Notar hiergegen Beschwerde ein, mit der er geltend macht, die aufgelöste und liquidierte Berechtigte verfüge seit 1992 über keinerlei Vermögen mehr, das sie Dritten übertragen könnte. Das Amtsgericht verkenne, dass nicht das Vorkaufsrecht selbst eine Vermögensposition darstelle, die übertragen werden könnte, vielmehr sei Voraussetzung, dass die juristische Person, die ein Recht nach § 1059a BGB übertragen möchte, zunächst Vermögenswerte übertragen müsse, was der Berechtigten hier nicht (mehr) möglich sei.

Mit Beschluss vom 30. April 2010 hat das Grundbuchamt der Beschwerde vom 26. April 2010 nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 und 2 ist gemäß §§ 71 Abs. 1, 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO zulässig und nach der vom Grundbuchamt ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO. Es hat allerdings in der Sache keinen Erfolg.

Das Grundbuchamt hat den Beteiligten zu 1 und 2 die beantragte Berichtigung des Grundbuchs dahin, dass das in Abt. II Nr. 3 eingetragene Vorkaufsrecht gelöscht wird, zu Recht verweigert.

1.

Die Löschung des Vorkaufsrechts ist nicht wegen Gegenstandslosigkeit gerechtfertigt, weil das dafür vorgeschriebene Verfahren nach §§ 84 ff. GBO nicht durchgeführt worden ist (§ 85 Abs. 2 Halbsatz 1 GBO) und die solches ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts nicht anfechtbar ist (§ 85 Abs. 2 Halbsatz 2 GBO).

2.

Der ursprüngliche Antrag auf Löschung des Vorkaufsrechts wegen Gegenstandslosigkeit mit Blick auf den angeblichen Fortfall des Berechtigten richtet sich nunmehr zulässigerweise (vgl. Demharter, Grundbuchordnung 27. Auflage 2010 § 22 Rdz. 45) auf Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO.

a)

Eine Grundbuchunrichtigkeit liegt immer dann vor, wenn eine Divergenz zwischen Grundbuchinhalt und materieller Rechtslage besteht. Diese Divergenz muss im Hinblick auf die dingliche Rechtslage bestehen (Kössinger in Bamberger/Roth Beck´scher Online Kommentar Stand 01.10.2007 Rdz. 3).

Ohne Bedeutung ist, ob es sich um eine ursprüngliche Unrichtigkeit handelt oder ob aufgrund einer außerhalb des Grundbuchs eingetretenen Änderung der materiellrechtlichen Lage das Grundbuch nachträglich unrichtig geworden ist (Kössinger, a.a.O. Rdz. 7).

Geltend gemacht werden kann der Anspruch von dem Inhaber des nicht oder unzutreffend eingetragenen Rechts oder des durch die Belastung oder Beschränkung beeinträchtigten Rechtes (Kössinger, a.a.O. Rdz. 12).

Außerhalb der Bewilligung des durch die Eintragung einer Berichtigung (Löschung) in seinem Recht Betroffenen (§ 19 GBO) bedarf die Löschung im Wege der Berichtigung der Führung des Nachweises der Unrichtigkeit des Grundbuches (§ 22 Abs. 1 GBO) mit den Mitteln des § 29 GBO (BayObLG MittBayNotK 1992, 397).

b)

Dies vorausgeschickt, ist vorliegend eine Grundbuchberichtigung im beantragten Sinne nicht vorzunehmen.

aa)

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben nicht nachgewiesen, dass das Grundbuch in Bezug auf das zu Gunsten der F. GmbH in Mülheim a. d. Ruhr eingetragene Vorkaufsrecht durch Fortfall des Berechtigten unrichtig geworden ist. Ein Recht, dessen Berechtigter im Handelsregister eingetragen ist, erlischt regelmäßig mit der Löschung des Berechtigten im Handelsregister, sofern keinerlei Vermögen mehr vorhanden ist (Demharter, GBO 27. Auflage 2010 § 84 Rdz. 7).

(a)

Die Löschung der Berechtigten im Handelsregister am 31. Juli 1996 ist zwar durch den entsprechenden Eintrag nachgewiesen, ebenso die am 31. Juli 1996 in das Handelsregister eingetragene Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma.

(b)

(aa)

Diese Belege reichen allerdings nicht als Nachweis dafür aus, dass die F. GmbH in Mülheim a. d. Ruhr nicht mehr existiert und deren Vorkaufsrecht deshalb erloschen ist.

Die Eintragung der Löschung einer Firma im Handelsregister hat nämlich nur rechtsbekundende, nicht jedoch rechtsgestaltende Wirkung. Die Firma erlischt demnach nicht mit der Löschung, sondern erst im Augenblick der tatsächlichen Beendigung der Liquidation (vgl. BayObLG, BB 1983, 82 f.; Senat, NJW-RR 1995, 611 f.). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die Personenhandelsgesellschaft, sondern auch für die GmbH als juristische Person. Stellt sich etwa nach der Löschung heraus, dass noch Vermögen vorhanden ist, so ist die GmbH nicht voll beendet (vgl. Senat, a. a. O.).

(bb)

Hier ermangelt es des - mit den Mitteln des § 29 GBO von den Beteiligten zu 1 und 2 zu erbringenden - Nachweises, dass bei der Berechtigten nach der am 31. Juli 1996 in das Handelsregister eingetragenen Beendigung der Liquidation und Erlöschen der Firma keinerlei Vermögen mehr vorhanden ist und diese daher nicht mehr existiert und das Vorkaufsrecht daher untergegangen ist. Denn das subjektivpersönliche Vorkaufsrecht, das eine Juristische Person berechtigt, kann im Gegensatz zu dem eine natürliche Person berechtigenden Vorkaufsrecht, u. U. vor dessen Erlöschen nach Maßgabe der §§ 1098 Abs. 3; 1059a Nr. 2 BGB übertragen worden sein, was nach § 873 BGB ohne die Zustimmung des Eigentümers erfolgen kann.

Die Beteiligten zu 1 und 2 hätten deshalb neben der Beendigung der Gesellschaft und dem Verstreichen des Jahreszeitraums nachzuweisen, dass die "F. G.m.b.H. in Mülheim a. d. Ruhr" das Vorkaufsrecht nicht vor ihrem Erlöschen im Rahmen einer Teilübertragung des Unternehmens nach § 1059a Nr. 2 BGB (mit-) übertragen hat. Der Nachweis hätte nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO durch öffentliche Urkunden (§ 415 ZPO) zu erfolgen.

bb)

Unabhängig davon, dass demnach der Fortfall des gebuchten Vorkaufsrechts - wie hier - nicht nachgewiesen ist, bedarf es allein für die erstrebte Beseitigung der Buchposition - wie das Grundbuchamt in anderem Zusammenhang im Einzelnen zutreffend dargestellt hat - einer Nachtragsliquidation.

Der Hauptfall einer Nachtragsliquidation ist zwar das nachträgliche Hervortreten unverteilten Vermögens der Gesellschaft. Daneben genügt aber auch bereits die Notwendigkeit irgendwelcher weiterer Abwicklungsmaßnahmen analog § 273 Abs. 4 AktG, somit auch solcher, die ein verteilbares Vermögen gerade nicht voraussetzen. Es kann ferner etwa die Beseitigung formaler Rechtspositionen erforderlich sein, weil z. B. noch eine Grundbucheintragung zu löschen ist. Es genügt in solchen Fällen, dass Rechtsbeziehungen oder Tatsachen bekannt werden, die eine gesetzliche Vertretung der Gesellschaft verlangen (OLG München FGPrax 2008, 171; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Auflage 2010 § 60 Rdz. 105; Heinemann in Keidel, FamFG 16. Auflage 2009, § 394 Rdz. 38).

In der Eintragung des subjektiv persönlichen Vorkaufsrechts liegt - unabhängig von der Frage, ob es (noch) Vermögenswert besitzt und damit unverteiltes Vermögen der Gesellschaft darstellt - eine formale Rechtsposition im vorgenannten Sinne. Die angestrebte Beseitigung (Löschung) zugunsten der "F. G.m.b.H. in Mülheim a. d. Ruhr" gebuchten Vorkaufsrechts erfordert deshalb - wie das Grundbuchamt im Einzelnen zutreffend dargestellt hat - eine Nachtragsliquidation.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 Satz 2 KostO.






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Beschluss v. 14.07.2010
Az: I-3 Wx 123/10


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