Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juli 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 9/03

(BPatG: Beschluss v. 15.07.2003, Az.: 27 W (pat) 9/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 15. Juli 2003 entschieden, dass die Beschwerde gegen die Eintragung einer Wort-Bildmarke zurückgewiesen wird. Die Inhaberin einer geschützten Marke hat Widerspruch gegen die Eintragung der Wort-Bildmarke für "Webstoffe und Textilwaren, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Spiele, Spielzeug" erhoben. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr verneint, da die kurzen Vergleichswörter sich in Klang und Schriftbild deutlich genug unterscheiden. Die Widersprechende hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass aufgrund der Warenidentität und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine geringe Markenähnlichkeit für Verwechslungsgefahr ausreiche. Die Markeninhaberin hält dagegen, dass die grafische Gestaltung der Marke vor allem für Kleinkinder ausschlaggebend sei. Nach eingehender Prüfung hat das Bundespatentgericht die Beschwerde abgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass die Vergleichsmarken dem Verkehr überwiegend optisch entgegentreten, da Spielwaren vorwiegend "auf Sicht" gekauft werden. Zudem weisen die Marken deutliche Unterschiede im Schriftbild und in ihrer graphischen Ausgestaltung auf. Auch klanglich besteht keine Verwechslungsgefahr, da die unterschiedlichen Anfangskonsonanten bei durchschnittlicher Sprechweise und einem aufmerksamen Verbraucher ausreichend unterscheidbar sind. Die Kostenentscheidung erfolgt nach dem Grundsatz des Markengesetzes.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 15.07.2003, Az: 27 W (pat) 9/03


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wort-Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür "Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug" hat die Inhaberin der für die Waren "Spielwaren, nämlich Tierfiguren und Puppen" geschützten Marke 726 726

"Hexie"

Widerspruch erhoben und zwar beschränkt auf die Waren "Spiele, Spielzeug" der angegriffenen Marke.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes eine Verwechslungsgefahr verneint, weil der klangliche Unterschied der kurzen Vergleichswörter für ein sicheres Auseinanderhalten ausreiche. Die vom Verkehr üblicherweise besonders beachteten Wortanfänge differierten durch die unterschiedlichen Konsonanten in prägnanter Weise; schriftbildlich und grafisch seien zudem deutliche, Verwechslungen zusätzlich hindernde Unterschiede gegeben.

Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Sie hält die Vergleichsmarken für verwechselbar. Angesichts der Warenidentität und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reiche schon eine - im vorliegenden Fall gegebene - geringe Markenähnlichkeit zur Begründung der Verwechslungsgefahr aus. Die übereinstimmende tonstarke Lautfolge "EXI" der Marken führe angesichts der klangschwachen Anfangskonsonanten in konkreten Verkehrssituationen, insbesondere bei der Zielgruppe der undeutlich sprechenden Kinder, zu einer klanglichen Ähnlichkeit, die die Gefahr von Verwechslungen infolge Verhörens nicht ausschließe.

Die Markeninhaberin ist dem entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, dass die Vergleichsmarken nicht zu verwechseln seien; dies gelte nicht zuletzt deshalb, weil die Zielgruppe der Kleinkinder sich vor allem an der grafischen Gestaltung orientiere.

Eine zwischen den Beteiligten zunächst angestrebte gütliche Einigung ist nicht zustande gekommen.

II Die Beschwerde musste in der Sache erfolglos bleiben; die Vergleichsmarken sind nicht verwechselbar ähnlich im Sinne des Markengesetzes (§ 9 Abs 1 Nr 2).

Wegen der teilweisen Identität und im übrigen engen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren sind bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr zwar eher strenge Maßstäbe anzulegen. Andererseits ist auf dem vorliegenden Warengebiet in erster Linie davon auszugehen, dass die Vergleichsmarken dem Verkehr überwiegend optisch entgegentreten, denn Spielwaren werden, wie die Markeninhaberin zutreffend ausführt, vorwiegend "auf Sicht" gekauft. In dieser Hinsicht sind die Marken, was offenbar auch die Widersprechende nicht in Abrede stellen möchte, hinreichend verschieden, so dass von vornherein bei dieser größeren Zahl der zu erwartenden Begegnungen im Verkehr Verwechslungen ausgeschlossen werden können. Die Vergleichsmarken weisen in ihrem Schriftbild und in ihrer graphischen Ausgestaltung deutliche und ohne weiteres ins Auge fallende Unterschiede auf.

Die Gefahr von Verwechslungen ist aber auch in klanglicher Hinsicht nicht in einem noch entscheidungsrelevanten Umfang zu befürchten. Bei einer Wort-Bildmarke bietet sich zwar in der Regel das Wortelement als einfachste Form der mündlichen Benennung an (stRspr BGH GRUR 1996, 198, 200 - Springende Raubkatze; 1999, 241 - Lions; 2000, 506, 509 - ATTACHé/TISSERAND), etwa beim Warenkauf, wenn der Verbraucher die Ware nicht gleichzeitig vor sich hat, bei mündlichen Bestellungen, Empfehlungen Auskünften usw. Kommt dem Bildelement in einer Marke aber eine den Gesamteindruck mitprägende Wirkung zu, wovon bei der ansprechend stilisierten Raupe mit dem integrierten Wort "LEXIE" auszugehen ist, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, der Verkehr lasse das Bildelement bei der mündlichen Wiedergabe stets unberücksichtigt. Zumindest dann, wenn das Bildelement einen gegenständlich erkennbaren und benennbaren Gegenstand darstellt, wird dieser zumindest von einem Teil des Verkehrs bei der Benennung mit wiedergeben. Bei der angegriffenen Marke ist also davon auszugehen, daß sie in einer nicht unbeachtlichen Zahl von Fällen, vor allem wenn Kinder am Kauf mitbeteiligt sind, als LEXIE-Raupe, LEXIE-Wurm oä bezeichnet wird.

Aber auch dann, wenn sich im mündlichen Geschäftsverkehr nur "LEXIE" und "Hexie" gegenüberstehen, bleibt der Konsonantenunterschied (Labial-/Hauchlaut) an dem betonten und damit auch stärker beachteten Anfang der insgesamt relativ kurzen Wörter jedenfalls bei einer normal sorgfältigen Sprechweise und ausgehend von einem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher (EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 LLoyd; BGH aaO - ATTACHé/TISSERAND) in der Regel nicht völlig unter. Eine zusätzliche Unterscheidungshilfe bietet dabei auch der Sinngehalt der Widerspruchsmarke "Hexie", den sich der Verkehr als Hinweis auf Art oder Aussehen der betreffenden Spielfigur einprägt und den er bei der akustischen Wahrnehmung der jüngeren Marke wiederzufinden sucht. Insgesamt betrachtet ist eine noch erhebliche klangliche Verwechslungsgefahr der Marken daher zu verneinen.

Hinsichtlich der Kosten war kein Anhaltspunkt ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 MarkenG abzuweichen.

Dr. Schermer Friehe-Wich Dr. van Raden Pü

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)9-03.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 15.07.2003
Az: 27 W (pat) 9/03


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