Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 14. Februar 2008
Aktenzeichen: 2 U 81/07

(OLG Stuttgart: Urteil v. 14.02.2008, Az.: 2 U 81/07)

1. Ein pulverförmiges, in Kapselform vertriebenes Mittel, das im Wesentlichen aus dem Enzym Laktase besteht und zur Überwindung von Laktose-(Milchzucker-)Intoleranz entweder beim Verzehr laktosehaltiger Speisen eingenommen oder zuvor in diese eingebracht werden soll, ist kein zulassungspflichtiges Arzneimittel i.S.d. § 2 I Nr. 3 AMG in der durch die RL 2001/83 EG i.d.F. der RL 2004/27 EG gebotenen Auslegung.

2. Diesem Mittel fehlt es an der seit der Vollharmonisierung des Arzneimittelbegriffs (von der spätestens seit 30.10.2005 auszugehen ist, vgl. BGH GRUR 2006, 513, 516 f, TZ 33 - Arzneimittelwerbung im Internet) notwendigen Voraussetzung zur Einstufung als Funktionsarzneimittel gem. Art. 1 Nr. 2 b der RL 2001/83 EG. Denn nicht die physiologische Funkton des Körpers (Verdauung) wird beeinflusst etc., sondern der Zustand der zu verdauenden Nahrung.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Vorsitzenden der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 05.09.2007 - 40 O 55/07 KfH - wird

zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 20.000,-- EUR

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen den Beklagten einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

1. Der Kläger ist Arzt und vertreibt über das Internet Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel. Er beabsichtigt, ein Mittel zur Milchzuckerspaltung in Pulverform zu vertreiben, das den milchzuckerhaltigen Nahrungsmitteln vor dem Verzehr beizugeben ist.

Die Beklagte vertreibt bundesweit über Apotheken in Kapselform das Mittel L.®, das im wesentlichen aus dem Enzym Laktase besteht und beim Verzehr milchzuckerhaltiger Lebensmittel eingenommen werden soll, wobei der Kapselinhalt auch direkt in milchzuckerhaltige Speisen oder Getränke eingerührt werden kann. L.® ist nicht als Arzneimittel zugelassen.

Das Enzym Laktase wird bei Menschen, die keine sog. Laktoseintoleranz aufweisen, vom Körper produziert. Es spaltet Milchzucker (Laktose, ein Disaccharid) in die Monosaccharide Glucose (Traubenzucker) und Galaktose und macht diesen dadurch verdaulich.

Der Kläger hat behauptet, bei L.® handle es sich um ein zulassungspflichtiges Funktionsarzneimittel, weshalb die Beklagte durch dessen ohne Arzneimittelzulassung erfolgenden Vertrieb wettbewerbswidrig handle.

Demgegenüber hat die Beklagte die Auffassung vertreten, bei L.® handle es sich um ein diätetisches Lebensmittel und nicht um ein Arzneimittel. Es fehle an der Beeinflussung physiologischer Funktionen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens in erster Instanz wird auf die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. ZPO.

2. Die Vorsitzende der 40. Kammer für Handelssachen beim Landgericht Stuttgart hat durch das vom Kläger angegriffene Urteil die Unterlassungsklage abgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG liege nicht vor, weil das Mittel L.® kein zulassungspflichtiges Arzneimittel i. S. v. §§ 2 Abs. 1, 21 AMG sei.

Maßgeblich sei der einheitliche europäische Arzneimittelbebgriff (Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG, im Folgenden: Richtlinie), dessen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

L.® sei weder ein Präsentationsarzneimittel noch ein Funktionsarzneimittel. Die Unfähigkeit, Milchzucker zu verdauen, sei keine Krankheit, so dass Art. 1 Nr. 2a) der Richtlinie nicht eingreife. Die Voraussetzungen von Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie seien ebenfalls nicht erfüllt. Auch wenn durch die Einnahme von L.® bewirkt werde, dass sonst unverdaulicher Milchzucker verdaut werden könne und damit eine Beeinflussung der physiologischen Funktion Verdauung vorliege, so beruhe dies nicht auf pharmakologischer Wirkung, weil L.® nicht die körpereigene Produktion des Enzyms Laktase ermögliche, sondern dieses ersetze. Eine metabolische Wirkung i. S. v. Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie sei zwar gegeben, weil der Stoffwechsel mittelbar beeinflusst werde. Es fehle aber an einer nennenswerten Beeinflussung der Funktionsbedingungen des Körpers, was Voraussetzung für das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels sei.

3. Mit der Berufung wendet sich der Kläger unter vollumfänglicher Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen gegen die Zurückweisung seines Unterlassungsantrags und verfolgt diesen weiter.

Das Landgericht habe den Arzneimittelbegriff in § 2 AMG falsch ausgelegt. L.® sei nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG ein Arzneimittel, weil es dazu bestimmt sei, durch Anwendung im menschlichen Körper von diesem erzeugte Wirkstoffe (Laktase) zu ersetzen. Diese Auslegung stehe auch nicht im Widerspruch zu der genannten Richtlinie, denn das Kriterium des Ersetzens vom Körper erzeugter Wirkstoffe lasse sich ohne weiteres dem Wiederherstellen einer menschlichen physiologischen Funktion i. S. v. Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie zuordnen.

Zu Unrecht fordere das Landgericht eine nennenswerte Beeinflussung der Funktionsbedingungen des Körpers. Der Bundesgesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, bei der Definition des Arzneimittels das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen oder relevanten Funktionsbeeinflussung aufzunehmen. Abgesehen davon liege eine solche auch vor, weil ohne das Enzym Laktase auch die geringste Menge Milchzucker nicht verdaulich sei.

Außerdem sei der Laktasemangel ein krankhafter Zustand, dessen Beeinflussung die Wiederherstellung des normalen physiologischen Zustands bedeute. Auch wenn die körpereigene Laktaseproduktion durch L.® nicht beeinflusst werde, liege eine Beeinflussung der physiologischen Funktionen vor, da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 25.07.2007, 3 C 22.6) hierfür die Beseitigung der Symptome einer Krankheit als auch die Verhinderung von Folgeerkrankungen - hier etwa Blähungen oder Durchfall - durch Veränderung der organischen Abläufe ausreiche. Die Beeinflussung erfolge auch durch eine pharmakologische Wirkung, beruhe nämlich auf dem gezielten Einsatz einer arzneilich wirksamen Substanz.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil unter pauschaler Bezugnahme auf ihr gesamtes Vorbringen in erster Instanz.

Das Landgericht habe zu Recht die Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG nicht angewandt, denn durch die Verweisung in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sei die Definition des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie unmittelbar geltendes und vorrangig anzuwendendes Gemeinschaftsrecht geworden.

Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung liege aber deshalb keine metabolische Beeinflussung von Körperfunktionen vor, weil die Verdauung nicht pauschal als eine solche Funktion i. S. von Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie bezeichnet werden könne, was sich auch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15.11.2007 (C-319/05) ergebe.

Jedenfalls fehle es, wie das Landgericht zu Recht angenommen habe, an einer relevanten Auswirkung auf dem menschlichen Körper. Nicht in den Begriff des Arzneimittels einzubeziehen seien deshalb Stoffe, die sich nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirkten und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussten. Ein Erzeugnis, dessen physiologische Funktionen nicht über die Wirkungen eines in angemessener Weise verzehrten Lebensmittels hinausgingen, unterfalle nach der Rechtsprechung des EuGH nicht Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie. Ein Erzeugnis müsse nicht nur im Allgemeinen für die Gesundheit förderlich sein, sondern wirklich die Funktionen der Verhütung oder Heilung besitzen.

Das Produkt L.® beeinflusse aber die physiologischen Funktionen des Menschen gar nicht, sondern wirke durch das darin enthaltene Enzym Laktase nur auf den Speisebrei. Jedenfalls rufe es keine Wirkungen hervor, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Vorgänge lägen, was aber nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 25.07.2007, 3 C 23.6, Tz. 28) erforderlich sei, um ein Funktionsarzneimittel annehmen zu können. Vier Kapseln L.® reichten z. B. aus, um ein Glas Milch zu trinken und entsprächen 10g Laktose. Die Gesamtmenge an verzehrbarem Milchzucker bleibe also weit hinter den 50g zurück, die Menschen ohne Laktosemangel in einer Portion verzehren könnten. Die Wirkung von L.® gehe damit nicht über die Wirkungen hinaus, die Lebensmittel wie etwa Joghurt mit probiotischen Mikroorganismen hätten, die ebenfalls zum Abbau von Milchzucker beitrügen und damit teilweise den Laktasemangel kompensierten.

Laktasemangel sei auch keine organische Störung, sondern ein bei dem größten Teil der Menschheit vorzufindender Normalzustand. Infolgedessen beim Verzehr von Milchprodukten eintretende Verdauungsstörungen stellten keine (behandlungsbedürftige) Krankheit dar, sondern bloße Befindlichkeitsstörungen.

Menschen mit Laktasemangel könnten im Übrigen durchaus fast immer Milchzucker verwerten, da eine Restaktivität fast immer erhalten bleibe, nur eben in deutlich kleineren Mengen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2008 (Bl. 156f) verwiesen (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, weil es sich bei dem von der Beklagten vertriebenen Produkt L.® nicht um ein nach § 21 Abs. 1 AMG zulassungspflichtiges Arzneimittel handelt und damit dessen Vertrieb ohne Zulassung kein wettbewerbswidriges Verhalten i. S. v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG darstellt.

1. Zwischen den Parteien besteht ein Wettbewerbsverhältnis, da der Kläger Mitbewerber der Beklagten i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist.

Wie auch die Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat, ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger beabsichtigt, ebenfalls ein Produkt vertreiben, das wie das angegriffene Produkt der Beklagten das Enzym Laktase beinhaltet und dadurch Laktose (Milchzucker) spaltet.

Aufgrund dessen besteht zwischen den Parteien - wie das Landgericht unangegriffen und zu Recht unter Ziff. 2 der Entscheidungsgründe seines Urteils (S. 6) festgestellt hat - ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, da es erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Markteintritt auf dem jeweils relevanten Markt bevorsteht bzw. der potentielle Mitbewerber sich tatsächlich anschickt, auf einem bestimmten Markt tätig zu werden (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 26. Aufl., § 2 Rn. 71; KG NJW-RR 2006, 1633, 1634).

2. Bei den Vorschriften, welche die Zulassungspflicht von Arzneimitteln begründen - insbesondere § 21 (i.V.m. § 2) AMG -, handelt es sich um Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 4 Nr. 11 UWG (vgl. nur Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 11.147 mit zahlr. Nachw. aus der Rspr.).

3. Ein Wettbewerbsverstoß liegt jedoch nicht vor, weil es sich bei dem Produkt L.® nicht um ein Arzneimittel handelt.

a) Für die Frage, ob ein Arzneimittel vorliegt, ist die Definition des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG vom 06.11.2001 (Gemeinschaftskodex für Arzneimittel) i. d. F. der Richtlinie 2004/27/EG vom 30.04.2004 (im Folgenden: Richtlinie) maßgebend.

aa) Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass durch die Änderungsrichtlinie 2004/27/EG vom 30.04.2004 nach Ablauf der in deren Art. 3 bestimmten Umsetzungsfrist am 30.10.2005 eine Vollharmonisierung des Arzneimittelbegriffs für Funktionsarzneimittel i. S. v. Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie erfolgt ist und deshalb § 2 AMG richtlinienkonform ausgelegt werden muss (GRUR 2006, 513, 516f - Tz. 33). Es kann dahinstehen, ob - wie die Beklagte meint - eine solche Vollharmonisierung bereits durch das Inkrafttreten der Verordnung Nr. 178/2002/EG vom 28.01.2002 (Lebensmittelbasisverordnung) mit ihrer in Art. 2 Abs. 3 enthaltenen Verweisung auf die Arzneimitteldefinition in Art. 1 der Richtlinie 2001/83/EG eingetreten ist (so Fezer/Meyer, UWG, Lauterkeitsrecht, §§ 1-4, § 4-S2 Rn. 75f; Doepner/Hüttebräuker WRP 2005, 1195, 1196 und 1202 und wohl auch Meyer/Reinhart WRP 2005, 1437, 1444). Jedenfalls ist seit dem 30.10.2005 für die Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmitteln und damit auch für die Definition derselben von einer Vollharmonisierung auszugehen.

Die Vollharmonisierung ist dabei für alle Arzneimittel, also für Funktions-, aber auch für Präsentationsarzneimittel i. S. v. Art. 1 Nr. 2a) der Richtlinie erfolgt. Aus der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; die Beschränkung seiner Aussage auf Funktionsarzneimittel ergibt sich daraus, dass die Änderungsrichtlinie 2004/27/EG für Präsentationsarzneimittel ohnehin keine inhaltliche Änderung brachte (vgl. Göhring WRP 2005, 709, 711f; im Ergebnis auch BVerwG NVwZ 2007, 591, 592 - Tz. 18).

Zu Recht geht der Bundesgerichtshof (a.a.O. Tz. 33) dabei davon aus, dass für die Abgrenzung von Lebens- und Arzneimitteln auch die Definition des Lebensmittels heranzuziehen ist: nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG sind nämlich Lebensmittel keine Arzneimittel. Lebensmittel i. S. des LFGB sind wiederum nach § 2 Abs. 2 LFGB Lebensmittel i. S. von Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, und nach Art. 2 Satz 3 lit. d) dieser Verordnung sind Arzneimittel i. S. der Richtlinien 65/65/EWG und 92/73/EWG keine Lebensmittel. An die Stelle der beiden zuletzt genannten Richtlinien ist die Richtlinie 2001/83/EG getreten, nach deren Art. 128 Satz 2 Bezugnahmen auf die aufgehobenen Richtlinien als solche auf die Richtlinie 2001/83/EG gelten.

bb) Die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 14.12.2006 (3 C 40/05, NVwZ 2007, 591, 592 - Tz. 15f) sowie in drei Urteilen vom 25.07.2007 (3 C 23.06, Tz. 15-17, 3 C 22.06 = A & R 2008, 43, Tz. 16-19 und 3 C 21.06 - Tz. 21-23) vorgenommene direkte Anwendung der Normenkette § 2 Abs. 2 LFGB; Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 178/2002; Art. 1 Nr. 2 Richtlinie 2001/83/EG führt zu keinem anderen Ergebnis, so dass dahinstehen kann, welche Begründung vorzugswürdig ist.

Im Übrigen geht auch das Bundesverwaltungsgericht - und zwar ganz selbstverständlich (steht außer Frage; BVerwG NVwZ 2007, 591, 592 - Tz. 15) - davon aus, dass gegebenenfalls eine richtlinienkonforme Auslegung von § 2 Abs. 1 AMG möglich und geboten ist.

cc) Zu Unrecht erachtet es die Berufung daher als rechtfehlerhaft, dass das Landgericht § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG nicht angewandt hat. Zutreffend hat das Landgericht vielmehr allein geprüft, ob das Produkt L.® unter den Arzneimittelbegriff der Richtlinie 2001/83/EG (i. d. F. der Änderungsrichtlinie 2004/27/EG) fällt. Denn sowohl nach der oben geschilderten Auffassung des Bundesgerichtshofs als auch des Bundesverwaltungsgerichts darf infolge der Vollharmonisierung des Arznei- und Lebensmittelbegriffs ein Produkt nur dann als Arzneimittel behandelt werden, wenn es die Kriterien der Richtlinie erfüllt. Für die Definition des Arzneimittels und seine Abgrenzung zum Lebensmittel ist also Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG maßgebend.

Entgegen der offenbar vom Kläger vertretenen Auffassung kann der nationale Gesetzgeber aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts den Anwendungsbereich des Arzneimittelrechts nicht erweitern, ohne gegen Gemeinschaftsrecht zu verstoßen. M. a. W.: Auch nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG darf ein Produkt nur dann als Arzneimittel behandelt werden, wenn es die Kriterien von Art. 1 Nr. 2 Richtlinie 2001/83/EG erfüllt.

Ob dabei aufgrund der Normenkette § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG i.V.m. § 2 Abs. 2 LFGB i. V. m. Art. 2 Satz 3 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG (i. d. F. der Richtlinie 2004/27/EG) § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG gar nicht mehr anwendbar ist (wie die Beklagte meint), oder ob man diesen richtlinienkonform auslegen muss, weil § 2 Abs. 1 AMG sonst der Richtlinie nicht voll entspricht, kann, weil zum gleichen Ergebnis führend, dahinstehen.

Das Produkt L.® ersetzt zwar nun - unstreitig - das vom Körper laktoseintoleranter Menschen nicht (mehr) produzierte Enzym Laktase, so dass nach seinem Wortlaut § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG (wohl) eingreifen würde (vgl. allgemein dazu, dass Enzympräparate unter § 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG fallen Kloesel/Cyran, Arzneimittelgesetz, 104. Akt.-Lief., § 2 A. 1.0 Rn. 55). Entscheidend ist aber nach dem Gesagten, ob die Kriterien von Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie erfüllt sind.

b) Das Landgericht hat unter 3.a) der Entscheidungsgründe (S. 6f des Urteils) festgestellt, dass es sich bei L.® nicht um ein Präsentationsarzneimittel i. S. v. Art. 1 Nr. 1a) der Richtlinie handelt. Diese Feststellungen greift die Berufung nicht an; sie sind auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Kläger hat im Übrigen auch in erster Instanz nicht behauptet, dass L.® die Kriterien von Art. 1 Nr. 1a) der Richtlinie erfülle, sondern immer nur vorgetragen, das Produkte der Beklagten sei ein Funktionsarzneimittel i. S. v. Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie.

c) L.® erfüllt aber auch nicht die Kriterien für ein Funktionsarzneimittel.

Nach Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie sind Funktionsarzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verabreicht werden, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen&.

Diese Voraussetzungen sind unter Anlegung der von der Rechtsprechung entwickelten Auslegungsmaßstäbe nicht erfüllt:

aa) Physiologische Funktionen sind die normalen Lebensvorgänge, die im Körper ablaufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 23/06, Tz. 20). Diese müssen also wiederhergestellt, korrigiert oder beeinflusst werden.

(1) Die Wiederherstellung einer physiologischen Funktion setzt voraus, dass sie nicht mehr ordnungsgemäß abläuft.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dies hinsichtlich der Fähigkeit des Körpers, Laktose durch körpereigene Laktase zu spalten, anzunehmen. Zwar entsprach es - unstreitig - an sich beim Menschen einem normalen Vorgang, dass er als Erwachsener das Enzym Laktase nicht mehr produziert und daher die Fähigkeit verliert, Laktose zu spalten. Durch eine genetische Anpassung hat sich jedoch bei Teilen der Menschheit, und insbesondere bei der großen Mehrzahl der Zentral- und Nordeuropäer (bei den Deutschen nach den von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten von Prof. Dr. B. und Univ.-Prof. Dr. habil. F. - Anlagen B 2 und B 3 - 85-95 %), aber auch der Mehrheit der Südeuropäer (nach dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. habil. F. bei 70%) die Eigenschaft herausgebildet, auch im Erwachsenenalter (selbst bei 70 % der über 60jährigen Europäer, Anlage B 3) noch Laktase bilden zu können, somit Laktose (Milchzucker) spalten und infolgedessen milchzuckerhaltige Produkte ohne sonst auftretende Beschwerden wie Durchfall und/oder Blähungen zu sich nehmen zu können.

Aufgrund dieser genetischen Veränderung ist die Fähigkeit, auch als Erwachsener bis ins Alter Laktase bilden und Laktose spalten zu können, Teil der bei den Bewohnern Deutschlands (und der EU) ordnungsgemäß ablaufenden Lebensvorgänge. Unerheblich ist demgegenüber, dass in anderen Teilen der Welt, insbesondere in Südostasien, die Laktoseintoleranz nach wie vor den (ursprünglich offenbar bei der ganzen Menschheit gegebenen) Normalfall darstellt.

(2) Es fehlt an einer Wiederherstellung dieser Fähigkeit durch L.®:

Ausweislich S. 7 des landgerichtlichen Urteils ermöglicht das Produkt der Beklagten nicht die Produktion von Laktase durch den Körper, sondern ersetzt diese. Der Kläger hat diese Feststellung nicht angegriffen - auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 31.01.2008 -, sie vielmehr auf S. 1 seines Schriftsatzes vom 29.11.2007 (Bl. 76) bestätigt.

Danach ist von dem Vortrag der Beklagten auszugehen, wonach die unstreitig in dem Produkt enthaltene Laktase in den im Magen-Darm-Trakt befindlichen Speisebrei gelangt und etwaigen sich in diesem befindenden Milchzucker spaltet, bevor dieser von der Darmschleimhaut aufgenommen wird. Die Funktion der Darmzotten oder der Verdauungssekrete wird hingegen nicht beeinflusst.

Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es somit mangels streitigen entscheidungserheblichen Vortrags nicht.

Die vom Beklagten in erster Instanz (S. 7 der Klageschrift, Bl. 7) pauschal und ohne konkreten Bezug auf L.® vorgetragenen Auswirkungen der Einnahme von Laktaseprodukten hätten ohnehin allenfalls - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat (Klagerwiderung S. 8, Bl 24) - die Wirksamkeit dieser Produkte belegt und beruhen offenbar darauf, dass die durch die verzehrte Laktase infolge der Aufspaltung der Laktose entstandenen Einfachzucker vom Körper (Darm) aufgenommen werden.

(3) Angesichts dessen scheidet auch eine Korrektur physiologischer Funktionen aus.

(4) Es fehlt aber auch an der Beeinflussung einer physiologischen Funktion.

Zwar hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Urteil vom 19.07.2006 (14 A 135.97, veröffentlicht in Juris) ebenso wie Landgericht (Urteil S. 7), angenommen, durch die Ermöglichung der Verdauung von Milchzucker würden solche Produkte, die wie das der Beklagten Laktase zuführen, die physiologische Funktion (Körperfunktion) Verdauung beeinflussen.

Abgesehen von dem beachtlichen Einwand der Beklagten, dass die Verdauung ein viel zu komplexer Vorgang ist, als dass sie ohne weiteres pauschal als eine Funktion des Körpers betrachtet werden könnte, ist jedoch die Begründung, mit der eine Beeinflussung durch metabolische Wirkung bejaht wurde (vgl. Rn. 42 in Juris), im Ergebnis nicht tragfähig:

Danach war für das Verwaltungsgericht Berlin die Überlegung maßgebend, dass Laktaseprodukte wie das der Beklagten nach der Einnahme die Aufspaltung der Laktose im Darm, die ansonsten nicht oder nicht vollständig erfolgen würde, ermöglichen; dadurch würde die normale Darmfunktion beeinflusst oder zumindest wiederhergestellt (a.a.O.).

Tatsächlich wird aber nach der Schilderung der Wirkung der in L.® enthaltenen Laktase durch die Beklagte, welcher der Kläger - trotz Fachkunde - keine abweichende gegenüber gestellt und die er auch in der Erörterung der Sache in der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2008 nicht in Frage gestellt hat, dem laktoseintoleranten Körper nicht die Aufspaltung der Laktose ermöglicht, vielmehr spaltet die künstlich zugeführte Laktase die Laktose selbst; die Körperfunktionen als solche bleiben dabei unverändert.

M. a. W. : Die Laktase spaltet die Laktose und verändert dabei unmittelbar den Speisebrei, nicht die Körperfunktionen. Es wird nicht die Verdauung beeinflusst, sondern vielmehr der Nahrungsbrei verdaulicher gemacht. Die Wirkung von L.® besteht also nicht in der Beeinflussung des Verdauungsvorgangs, sondern in der (bloßen) Veränderung des Zustands der (erst noch) zu verdauenden Nahrung (des zu verdauenden Speisebreis).

Dettling (Pharma-Recht 2006, 58, 64) spricht zu Recht davon, dass Beeinflussung i. S. v. Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie (also die pharmakologische Wirkung im weiteren, metabolische, immunologische und pharmakologische Wirkung i. e. S. und damit sämtliche Möglichkeiten einer Beeinflussung physiologischer Funktionen umfassenden Sinne, vgl. zu dieser Unterscheidung Dettling a.a.O. 65) eine gezielte Steuerung von Körperfunktionen verlangt. Dieses vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. NVwZ-RR 2007, 771, 773 unter Tz. 22) offenbar gebilligte Konzept der Funktionssteuerungstheorie verlangt für die pharmakologische Wirkung (im weiteren Sinne) einen aktiven Bioeffekt, d. h. der von außen kommende Stoff muss eine aktive, steuernde Rolle im Körperprogramm spielen, indem er auf die physiologischen Funktionen des Körpers aktiv verändernd einwirkt, also modifizierende Bioeffekte auslöst. Die Testfrage lautet damit: Steuert der Körper den Stoff oder steuert der Stoff den Körper€ (Dettling a.a.O. 63).

Die mit L.® aufgenommene Laktase steuert aber den Körper (die Verdauungsorgane) des laktoseintoleranten Menschen gerade nicht.

bb) Fehlt es an der Beeinflussung physiologischer Funktionen i. S. v. Art. 1 Nr. 2b) der Richtlinie, so kommt es nicht mehr darauf an, ob eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung vorliegt (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007, 3 C 23.06 - Tz. 21).

Derartige Wirkungen liegen aber auch nicht vor:

(1) Eine immunologische Wirkung ist unstreitig nicht gegeben.

(2) In Übereinstimmung mit dem Landgericht und entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es aber auch an einer pharmakologischen Wirkung (im engeren Sinn). Eine pharmakologische Wirkung setzt nämlich die gezielte Steuerung von Körperfunktionen durch eine arzneilich wirksame Substanz voraus (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007, 3 C 22.06 = A & R 2008, 43 Tz. 32). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine solche bei der Einnahme von L.® vorläge. Erforderlich wäre zumindest eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen der in Frage stehenden Substanz (Laktase) und einem zellulären Bestandteil des menschlichen Körpers (vgl. Dettling a.a.O. 64). Die mit L.® zugeführte Laktose gelangt aber gar nicht bis in die Darmzellen.

(3) Zu verneinen ist auch eine metabolische Wirkung. Soweit das Verwaltungsgericht Berlin diese allerdings in seinem Urteil vom 14.07.2006 (a.a.O., Rn. 44 in Juris) für Laktase-Präparate unter Berufung auf Dettling (a.a.O. S. 63, 65) bejahte, geschah dies aufgrund der Behauptung, für die metabolische Wirkung sei der Ort des Wirkungseintritts belanglos (a.a.O. Rn. 45). Dies trifft aber nicht zu: physiologischer Metabolismus ist die Gesamtheit der in den Zellen des Organismus ablaufenden Stoffwechselvorgänge; der pharmakologische Metabolismus ist demgegenüber sogar noch enger (Dettling, a.a.O., 61f). Eine Beeinflussung der Vorgänge in den (Darm-)Zellen des laktoseintoleranten Menschen findet aber ja gerade nicht statt.

Jedenfalls fehlt es insoweit an dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes entwickelten Erfordernis, dass sich das Produkt nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und die Funktionsbedingungen des Körpers wirklich beeinflussen muss, damit es als Funktionsarzneimittel eingestuft werden kann (EuGH, Urteil vom 15.11.2007, C-319/05 - Tz. 60; ebenso bereits Urteil vom 15.04.1991, C 112/89 - Tz. 22). Das Bundesverwaltungsgericht spricht insoweit zutreffend von einer Erheblichkeitsschwelle, wonach die Wirkungen eines Produkts über diejenigen hinausgehen müssen, die auch durch die Nahrungsaufnahme ausgelöst werden (BVerwG, NVwZ-RR 2007, 771, 773 - Tz. 29; NVwZ 2007, 591, 593 - Tz. 22 und Urteil vom 25.07.2007, 3 C 21.06 - Tz. 29).

Die Wirkungen, welche durch die Einnahme von L.® ausgelöst werden, entsprechen aber im Ergebnis denen, die erzielt werden, wenn Produkte wie dasjenige, das der Kläger als diätetisches Lebensmittel auf den Markt zu bringen beabsichtigt, unmittelbar in die anschließend verzehrten milchzuckerhaltigen Produkte eingebracht werden. Auch hier spaltet die Laktase den Milchzucker mit der Folge, dass von den Darmzellen die gespaltenen Einfachzucker aufgenommen werden, ohne dass die Funktion(sweise) der Darmzellen verändert würde und ohne dass der ansonsten nicht aufgelöste und in seinen Bestandteilen aufgenommene Milchzucker im Dickdarm mit den Folgen Blähungen und/oder Durchfall von den dortigen Darmbakterien verstoffwechselt werden müssten (vgl. das von der Beklagten vorgelegte Privatgutachten von Prof. Dr. Ru., Anlage B 8).

Dementsprechend wird auch in der Literatur die Laktoseintoleranz zu den Krankheiten, Störungen und Beschwerden gerechnet (Fezer/Meyer, a.a.O., § 4-S4 Rn. 60; vgl. auch § 1 Abs. 2 Nr. 1a) Diätverordnung), für die ergänzende bilanzierte Diäten i. S. v. § 1 Abs. 4a Nr. 2b) Diätverordnung angeboten werden können. Auch dies spricht dafür, L.® nicht als Arzneimittel, sondern als (diätetisches) Lebensmittel oder als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen; diese Abgrenzung kann hier aber dahinstehen.

d) Streitig ist, ob aufgrund der Neufassung von Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG durch die Richtlinie 2004/27/EG bei der Einordnung als Arzneimittel die in der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. nur EuGH, Urteil vom 09.06.2005 - C-211/03, C-299/03, C-316/03,C-317/03, C-318/03 -, Rn. 30 m.w.N., veröffentlicht etwa in WRP 2005, 863ff) neben der pharmakologischen Wirkung im weiteren (also immunologische, metabolische oder pharmakologische Wirkung i. e. S. umfassende) Sinne entwickelten weiteren Merkmale wie Modalitäten seines (= des Produktes) Gebrauchs, Umfang der Verbreitung, Bekanntheit bei den Verbrauchern und mögliche Risiken seiner Verwendung nach wie vor zu berücksichtigen sind.

Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht dem Europäischen Gerichtshof mit Beschluss vom 14.12.2006 (3 C 38.06, veröffentlicht etwa in Juris) in einem Vorabentscheidungsverfahren vorgelegt.

Sie ist aber für den vorliegenden Rechtsstreit nicht erheblich, denn auch wenn diese Kriterien weiter von Relevanz sein sollten, ergibt sich aus dem Parteivortrag nichts, was in Anwendung dieser Kriterien abweichend von der (nach o. G. fehlenden) Beeinflussung physiologischer Funktionen bzw. der fehlenden pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkung vorgenommenen Beurteilung eine Einstufung als Arzneimittel rechtfertigen würde. Ein Zuwarten bis zur Entscheidung des EuGH ist daher nicht veranlasst (so ist das vorlegende Bundesverwaltungsgericht im Übrigen selbst in den Urteilen vom 14.12.2006 - 3 C 40/05, NVwZ 2007, 591, 594 - Tz. 28 und vom 16.05.2007 - 3 C 34/06, NVwZ-RR 2007, 771, 773f - Tz. 35f, verfahren).

III.

Die Berufung ist aufgrund dessen mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Der festgesetzte Betrag von 20.000,-- EUR entspricht sowohl der Streitwertangabe in der Klageschrift als auch der von keiner Partei angegriffenen Festsetzung in erster Instanz.

Ein Grund, die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, besteht entgegen der vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 06.02.2008 vertretenen Auffassung nicht, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Die hier entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Arzneimittelbegriffs sind durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. die oben zitierten Entscheidungen) hinreichend geklärt. Der Senat folgt bei der Auslegung des Arzneimittelbegriffs den von diesen Gerichten entwickelten Grundsätzen.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 27.04.2000 (6 U 17/99, LRE 38, 368ff) erfordert keine Zulassung der Revision. Zwar wurde dort ein Laktase-Präparat als Arzneimittel und nicht als (diätetisches) Lebensmittel eingestuft, doch zum einen erging diese Entscheidung noch zu einer Zeit, als es noch keinen (frühestens durch die Richtlinie 2001/83/EG sowie die Verordnung (EG) Nr. 178/02 und spätestens durch die Änderungsrichtlinie 2004/27/EG geschaffenen) vollharmonisierten europäischen Arzneimittelbegriff gab, so dass diese Entscheidung insoweit zu einer noch anderen Rechtslage erging, und zum anderen war für die Entscheidung zumindest auch maßgebend, dass das damals zu beurteilende Produkt die Anforderungen an ein Präsentationsarzneimittel erfüllte (vgl. a.a.O. 372f).

Allein der Umstand, dass in einer erstinstanzlichen Entscheidung, nämlich der des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19.07.2006 (14 A 135.97) zur Frage einer metabolischen Wirkung von Laktase-Präparaten eine andere - nach Auffassung des Senats aus o. g. Gründen unzutreffende, weil den Anforderungen an die physiologische Beeinflussung nicht gerecht werdende Auffassung - vertreten wird, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, zumal sich der Senat bei seiner Auslegung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sieht.






OLG Stuttgart:
Urteil v. 14.02.2008
Az: 2 U 81/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/48c0c4d08b5b/OLG-Stuttgart_Urteil_vom_14-Februar-2008_Az_2-U-81-07




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