Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 8. Juli 2004
Aktenzeichen: 4a O 304 / 03

(LG Düsseldorf: Urteil v. 08.07.2004, Az.: 4a O 304 / 03)

Tenor

I.

Die Beklagten werden unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

elektrohydraulische Steuerungen, die zur Ausübung eines Verfahrens zum Abbau von Kohleflözen mit definierter Schnittvorgabe bei schälender Kohlegewinnung mittels eines Hobels geeignet und bestimmt sind, wobei ein entlang einer Abbaufront verlaufender Strebförderer um eine definierte Schnitttiefenvorgabe vorgerückt wird und das Vorrücken durch ein Ausfahren von Schreitzylindern erfolgt, die einerseits am Strebförderer und andererseits an parallel zum Strebförderer angeordneten Ausbaugestellen angelenkt sind, wobei das Vorrücken in Abhängigkeit vom in einzelnen definierten, der Schnitttiefenvorgabe entsprechenden Teilhüben durchgeführten Kolbenhub der Schreitzylinder mittels pro Teilhub erzeugter Wegmesssignale gesteuert wird,

anzubieten und/oder zu liefern,

wobei nach Erreichen eines vorbestimmten maximalen Gesamtkolbenhubs das mit dem jeweiligen Schreitzylinder verbundene Ausbaugestell automatisch eingeraubt, um den maximalen Gesamtkolbenhub vorgezogen und anschließend wieder gesetzt wird (Schreitvorgang), sowie die Steuerung der Schreitzylinder derart erfolgt, dass die Summe der Teilhübe der Schreitzylinder jeweils benachbarter Ausbaugestelle verglichen wird und, sofern zwei benachbarte Ausbaugestelle zeitgleich den maximalen Gesamthub der Schreitzylinder erreichen, entsprechend einer vorbestimmten Reihenfolge der Schreitvorgang der beiden benachbarten Ausbaugestelle nacheinander durchgeführt wird,

ohne im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die elektrohydraulische Steuerung nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des deutschen Patents DE A für das vorstehend beschriebene Verfahren verwendet werden darf;

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 16. Januar 1994 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten und/oder der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.

Es wird festgestellt,

dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 16. Januar 1994 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 5% und den Beklagten als Gesamtschuldner zu 95% auferlegt.

IV.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zwangsweise gegen sie durchzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Sicherheiten können auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 30. Mai 1991 angemeldeten deutschen Patents A (Anlage E-K 1, nachfolgend: Klagepatent), dessen Anmeldung am 3. Dezember 1992 offengelegt und dessen Erteilung am 16. Dezember 1993 veröffentlicht worden ist.

Das Klagepatent steht in Kraft.

Es betrifft ein Verfahren zum Abbau von Kohleflözen mit definierter Schnitttiefenvorgabe bei schälender Gewinnung mit einem Hobel.

Wegen Verletzung des Klagepatents nimmt die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Der Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

Verfahren zum Abbau von Kohleflözen mit definierter Schnitttiefenvorgabe bei schälender Kohlegewinnung mittels eines Hobels, wobei ein entlang einer Abbaufront verlaufender Strebförderer um eine definierte Schnitttiefenvorgabe vorgerückt wird und das Vorrücken durch ein Ausfahren von Schreitzylindern erfolgt, die einerseits am Strebförderer und andererseits an parallel zum Strebförderer angeordneten Ausbaugestellen angelenkt sind, wobei das Vorrücken in Abhängigkeit vom im einzelnen definierten, der Schnitttiefenvorgabe entsprechenden Teilhüben durchgeführten Kolbenhub der Schreitzylinder mittels pro Teilhub erzeugter Wegmesssignale gesteuert wird, dadurch gekennzeichnet, dass nach Erreichen eines vorbestimmten max. Gesamtkolbenhubs das mit dem jeweiligen Schreitzylinder verbundene Ausbaugestell automatisch eingeraubt, um den max. Gesamtkolbenhub vorgezogen und anschließend wieder gesetzt wird (Schreitvorgang), sowie die Steuerung der Schreitzylinder derart erfolgt, dass die Summe der Teilhübe der Schreitzylinder jeweils benachbarter Ausbaugestelle verglichen wird und, sofern zwei benachbarte Ausbaugestelle zeitgleich den max. Gesamtkolbenhub der Schreitzylinder erreichen, entsprechend einer vorbestimmten Reihenfolge der Schreitvorgang der beiden benachbarten Ausbaugestelle nacheinander durchgeführt wird.

Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und dienen zur Erläuterung der Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels. Sie zeigen ein Ablaufschema zu dem vom Klagepatent beanspruchten Verfahren.

Über das Klagepatent und andere Schutzrechte der Klägerin kam es in der Vergangenheit zwischen den Parteien zum Streit. Im Zusammenhang mit diesen Auseinandersetzungen heißt es in einem an die Beklagte zu 1. gerichteten, durch den Leiter der Patentabteilung der Klägerin unterzeichneten Schreiben vom 5. Dezember 2000 (Anlage B2):

...

bezüglich nachfolgender A-Schutzrechte gab es zwischen unseren Häusern Meinungsverschiedenheiten, die in folgender Form mehr oder weniger ausgeräumt sind:

...

DE-PS A "Definierte Schnittiefenvorgabe"

Gegen massives Einspruchsvorbringen ist dieses Schutzrecht vom BPatG weiter aufrechterhalten worden. Hier machten sie glaubhaft eine interne Vorbenutzung geltend und A wird auf Klageerhebung verzichten.

...

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, bieten an und vertreiben unter der Bezeichnung pm3 hydropneumatische Steuerungen, die sich neben dem Walzenbetrieb auch für ein Hobelverfahren zum Abbau von Kohleflözen mit definierter Schnitttiefenvorgabe verwenden lassen. Auf eine Anfrage der B vom 29. Januar 2003 (Anlage E-K 9) erhielt sie im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens für das Bergwerk X den Zuschlag, die vorbezeichnete Steuerung herzustellen und zu liefern. Die Klägerin hat hierzu neben einem Lastenheft (Anlage E-K 10) und einem Pflichtenheft (Anlage E-K 11) mehrere Lichtbilder vorgelegt (Anlage E-K 12), auf die Bezug genommen wird.

Die Klägerin sieht in dieser von ihr angegriffenen Ausführungsform eine mittelbare wortlautgemäße Verletzung des Klagepatents.

Die Klägerin hat von den Beklagten ursprünglich unter anderem Unterlassung mit der Maßgabe verlangt, dass diese nur dann dazu berechtigt sind, die angegriffene Ausführungsform zu liefern, wenn sie ihre Abnehmer dazu verpflichten, für den Fall einer ungenehmigten Benutzung des Klagepatents eine Vertragsstrafe an die Klägerin zu zahlen.

In der Sitzung vom 3. Juni 2003 hat die Klägerin diese Maßgabe mit Zustimmung durch die Beklagten zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

zu erkennen, wie geschehen

und zusätzlich,

festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, ihr für die im Tenor unter I.1. bezeichneten und in der Zeit vom 3. Januar 1993 bis zum 15. Januar 1994 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

ihnen für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfängerin der Rechnung enthalten ist;

weiter hilfsweise,

ihnen zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.

Sie wenden ein, die Klage sei mit Rücksicht auf den von der Klägerin mit Schreiben vom 5. Dezember 2000 erklärten Verzicht unzulässig.

Zur Verletzungsfrage machen sie geltend, entgegen dem Klagepatent finde bei der angegriffenen Ausführungsform ein Vergleich der an den Schreitzylindern benachbarter Ausbaugestelle erfolgten Teilhübe nicht statt. Zur Steuerung der Schreitzylinder diene eine als Semaphoren bezeichnete Software-Lösung, nach welcher ein Ausbaugestell von beiden seiner benachbarten Gestelle einen Freigabeimpuls erhalten müsse, ehe es mit dem Schreitvorgang beginnen könne. Bei der Steuerung erfolge keine vergleichende, sondern eine absolute Messung mit Hilfe eines in den Schreitzylindern eingebauten, als Reed-Stab bezeichneten Messaufnehmers. Wenn die Absolutmessung ergebe, dass der verbleibende Hub nicht mehr ausreiche, um die "definierte Schnitttiefenvorgabe" zu erfüllen, beginne dieses Ausbaugestell ohne weiteres mit der Einleitung des Schreitvorgang, sobald es die Freigabeimpulse von seinen beiden Nachbargestellen erhalten habe. Weil der Schreitvorgang erst nach dem Eingang der beiden Freigabeimpulse eingeleitet werden könne, sei dessen Reihenfolge bei benachbarten Ausbaugestellen nicht vorbestimmt, sondern zufallsabhängig.

Unter Hinweis auf 35 am 4. August 1989 (Anlage B7) an die Gewerkschaft C für das von der D betriebene Bergwerk E gelieferte und abgerechnete vorprogrammierte Steuergeräte pm2 / sg. u3 wenden die Beklagten hilfsweise ein Vorbenutzungsrecht an der Erfindung ein.

Schließlich berufen sie sich auf die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und hat in der Sache überwiegend Erfolg. Im übrigen ist sie unbegründet.

I.

Gegen die Zulässigkeit der vorliegenden Klage wenden die Beklagten ohne Erfolg das Schreiben vom 5. Dezember 2000 (Anlage B2) ein, in dem ihnen von der Klägerin durch den Leiter von deren Patentabteilung mitgeteilt worden ist, sie hätten gegenüber dem Klagepatent ein internes Vorbenutzungsrecht glaubhaft gemacht, so dass die Klägerin auf eine Klageerhebung verzichten werde.

Entgegen dem durch die Beklagten geltend gemachten Verständnis enthält das Schreiben keine prozessrechtlich relevante Stillhaltezusage im Sinne eines pactum de non petendo.

Eine solche Zusage setzt den rechtsgeschäftlichen Willen voraus, auf den bezeichneten Gegenstand verzichten zu wollen. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen. Nach dem Erfahrungssatz ist ein Erlass nicht zu vermuten und im Zweifelsfall eng auszulegen (BGH, NJW 1984, 1346, BGH, NJW 1996, 588; BGH, NJW-RR 2000, 130). In entsprechender Weise gilt für die Übertragung von Schutzrechten, dass der Veräußernde im Zweifel nur so viel veräußern will, wie es für den mit dem Vertrag verfolgten Zweck erforderlich ist (sog. Zweckübertragungstheorie, vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 15 PatG, Rz. 19).

Ähnliches gilt für das Schreiben der Klägerin vom 5. Dezember 2000.

Für die Klägerin hat es zum damaligen Zeitpunkt keinen Grund gegeben, ihr Klagerecht aus dem Klagepatent dauerhaft gegenüber den Beklagten aufzugeben. In der Erklärung vom 5. Dezember 2000 findet sich lediglich die damalige Einschätzung durch den Leiter der Patentabteilung der Klägerin wieder, dass ein klageweises Vorgehen gegen die Beklagte ohne Aussicht auf Erfolg sei, weil die Beklagte glaubhaft eine interne Vorbenutzung geltend gemacht habe. Für die Klägerin bestand kein Anlass, über diese Einschätzung hinausgehend auf die Möglichkeit einer Klageerhebung rechtsverbindlich zu verzichten. Ein solcher Verzicht mag nahegelegen haben bei einer allumfassenden Regelung der zwischen den Parteien bestehenden Streitigkeiten. Zu einer solchen Übereinkunft ist es nicht gekommen. So zeigt denn auch das weitere Verhalten der Beklagten, die mit Schreiben vom 10. und 26. November 2002 (Anlagen E-K 20 und E-K 21) die kontrovers geführte Diskussion zur Frage einer Verletzung u.a. des Klagepatents fortgesetzt haben, dass sie selbst von dem Zustandekommen eines Stillhalteabkommens nicht ausgegangen sind. Dieses spätere Verhalten kann für die Auslegung einer möglichen Verzichtserklärung von Bedeutung sein (BGH, NJW 1988, 2878; BGH, NJW-RR 1989, 199; BGH, NJW-RR 1998, 256).

Selbst wenn die vorstehend bezeichnete Erklärung einen rechtsverbindlichen Verzicht enthalten hätte, würde dies der vorliegenden Klage nicht entgegenstehen, weil nicht zu ersehen ist, dass der Verzicht von der Klägerin im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform erklärt worden ist. Bei verständiger Würdigung lässt sich der Inhalt des Schreibens vom 5. Dezember 2000 allein auf die gerichtliche Klärung von zum damaligen Zeitpunkt zwischen den Parteien bereits bestehenden Streitigkeiten beziehen. Ihre vorliegend geltend gemachten Ansprüche indes leitet die Klägerin nicht aus solchen Tatbeständen, sondern aus dem den Beklagten erst 2003 und somit lange nach dem Schreiben vom 5. Dezember 2000 durch die B zuteil gewordenen Zuschlag für die elektrohydraulischen Steuerungen in dem Bergwerg X her.

II.

In der Sache stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht nach den §§ 10 Abs. 1, 14, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259, 421, 840 BGB zu, weil die von den Beklagten unberechtigt angebotene und gelieferte angegriffene Ausführungsform dazu bestimmt und dazu geeignet ist, von der Lehre des Klagepatents Gebrauch zu machen. Wegen der diesbezüglichen Benutzungshandlungen ist die Beklagte zu 1. der Klägerin hingegen nicht dazu verpflichtet, Entschädigung zu leisten.

1.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Abbau von Kohleflözen mit definierter Schnitttiefenvorgabe bei schälender Kohlegewinnung mittels eines Hobels, wobei ein entlang einer Abbaufront verlaufender Strebförderer um eine definierte Schnitttiefenvorgabe vorgerückt wird und das Vorrücken durch ein Ausfahren von Schreitzylindern erfolgt, die einerseits am Strebförderer und andererseits an parallel zum Strebförderer angeordneten Ausbaugestellen angelenkt sind, wobei das Vorrücken in Abhängigkeit vom in einzelnen definierten, der Schnitttiefenvorgabe entsprechenden Teilhübe durchgeführten Kolbenhub der Schreitzylinder mittels pro Teilhub erzeugter Wegmesssignale gesteuert wird.

Für ein solches Verfahren nimmt das Klagepatent auf eine Veröffentlichung in dem Druckwerk Glückauf 126 (1990), Seiten 118, 120 bis 124 Bezug, nach welcher der Schreitvorgang der einzelnen Ausbaugestelle von Hand gesteuert wird.

Zu dem bekannten Verfahren hebt das Klagepatent als nachteilig hervor, dass eine solche Steuerung einen erhöhten Bedienungsaufwand erfordert und die Ausbauleistung beschränkt.

Hiervon ausgehend liegt dem Klagepatent das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, das bekannte Verfahren dahingehend zu verbessern, dass ein vollautomatischer Verfahrensablauf möglich ist.

Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1.

Es handelt sich um ein Verfahren zum Abbau von Kohleflöze mit definierter Schnitttiefenvorgabe bei schälender Kohlegewinnung mittels eines Hobels;

2.

bei dem Verfahren wird ein entlang einer Ablauffront verlaufender Strebförderer um eine definierte Schnitttiefenvorgabe vorgerückt;

3.

das Vorrücken (des Strebförderers) erfolgt durch ein Ausfahren von Schreitzylindern;

4.

die Schreitzylinder sind einerseits am Strebförderer und andererseits an parallel zum Strebförderer angeordneten Ausbaugestellen angelenkt;

5.

das Vorrücken wird in Abhängigkeit vom in einzelnen definierten, der Schnitttiefenvorgabe entsprechenden Teilhüben durchgeführten Kolbenhub der Schreitzylinder mittels pro Teilhub erzeugter Wegmesssignale gesteuert;

6.

nach Erreichen eines vorbestimmten maximalen Gesamtkolbenhubs wird das mit dem jeweiligen Schreitzylinder verbundene Ausbaugestell automatisch eingeraubt, um den maximalen Gesamtkolbenhub vorgezogen und anschließend wieder gesetzt (Schreitvorgang);

7.

die Steuerung der Schreitzylinder erfolgt derart, dass die Summe der Teilhübe der Schreitzylinder jeweils benachbarter Ausbaugestelle verglichen wird;

8.

sofern zwei benachbarte Ausbaugestelle zeitgleich den maximalen Gesamthub der Schreitzylinder erreichen, wird der Schreitvorgang der beiden benachbarten Ausbaugestelle entsprechend einer vorbestimmten Reihenfolge durchgeführt.

Aufgrund des vorgeschlagenen Verfahrens - so das Klagepatent in seiner allgemeinen Beschreibung weiter - wird stets eine konstante Schnitttiefe des Hobels gewährleistet, obwohl wegen unterschiedlichster Gegebenheiten im Streb und mechanischer Unterschiede in den einzelnen Strebausbaugestellen die einzelnen Ausbaugestelle nach kurzer Betriebsdauer in unterschiedlichem Abstand zum Förderer sich befinden, wobei ein vollautomatischer Verfahrensablauf gegeben ist. Eine Blockierung des Hobels wird vermieden und die Einhaltung der Soll-Lage des Strebförderers erreicht. Ein Hobeln in beiden Richtungen sowie auch in Abschnitten ist jederzeit möglich.

2.

Zur Frage einer Schutzrechtsverletzung stimmen die Parteien zutreffend darin überein, dass die angegriffene Ausführungsform dazu bestimmt und geeignet ist, von den Merkmalen 1 bis 6 des Klagepatents wortlautgemäßen Gebrauch zu machen, so dass es hierzu keiner näheren Erläuterung bedarf.

Mit der angegriffenen Ausführungsform lässt sich das Klagepatent auch in seinen funktional zusammenhängenden Merkmalen 7 und 8 bestimmungsgemäß verwirklichen.

Nach dem Merkmal 7 ist die Steuerung der Schreitzylinder für den Schreitvorgang derart ausgelegt, dass die Summe der Teilhübe der Schreitzylinder jeweils benachbarter Ausbaugestelle verglichen wird.

Für den Fall, dass zwei benachbarte Ausbaugestelle zeitgleich den maximalen Gesamthub der Schreitzylinder erreichen, ordnet das Merkmal 8 an, dass der Schreitvorgang der beiden benachbarten Ausbaugestelle entsprechend einer vorbestimmten Reihenfolge durchgeführt wird.

Um welchen Vorgang es sich bei dem Schreiten der Ausbaugestelle handelt, wird vom Klagepatent durch dessen Merkmal 6 erläutert. Hiernach wird der Schreitvorgang nach dem Erreichen eines vorbestimmten maximalen Gesamtkolbenhubs an dem betreffenden Schreitzylinder in Gang gesetzt. Der Vorgang umfasst das automatische Einschrauben des mit dem jeweiligen Schreitzylinder verbundenen Ausbaugestells. Anschließend wird das Gestell um den maximalen Gesamtkolbenhub vorgezogen, ehe es wiederum gesetzt wird.

Aufbauend hierauf legt das Klagepatent in seinem Merkmal 7 für die Steuerung der Schreitzylinder fest, dass hierzu die Summe der Teilhübe der Schreitzylinder jeweils benachbarter Ausbaugestelle verglichen werden.

Für den Fall, dass zwei benachbarte Ausbaugestelle zeitgleich den maximalen Gesamtkolbenhub erreichen, schreibt das Klagepatent in seinem Merkmal 8 vor, dass die beiden benachbarten Ausbaugestelle entgegen dem Merkmal 8 nicht zeitgleich den Schreitvorgang durchführen sollen. Der Schreitvorgang der beiden benachbarten Ausbaugestelle wird entsprechend einer vorbestimmten Reihenfolge durchgeführt.

Hiermit trägt das Klagepatent einem bergbautechnischen Gebot Rechnung, nach dem benachbarte Ausbaugestelle nicht gleichzeitig den Schreitvorgang ausführen dürfen. Aus Sicherheitsgründen soll das Hangende zumindest von jedem zweiten Ausbaugestell abgestützt und gegen Einsturzgefahr gesichert werden. Wenn sich beide Ausbaugestelle zeitgleich im Schreitvorgang befinden würden, wäre es den Ausbaugestellen zudem nicht möglich, sich bei dem Schreiten am jeweils benachbarten Gestell widerlagernd abzustützen.

Bevor ein Ausbaugestell mit dem in dem Merkmal 6 des Klagepatents bezeichneten Schreitvorgang beginnt, ist es bei der angegriffenen Ausführungsform erforderlich, dass sein Schreitzylinder den vorgegebenen Gesamtkolbenhub erreicht hat. Dass Erreichen des maximalen Gesamtkolbenhubs wird durch Reed-Stäbe ermittelt, die in die Schreitzylinder eingelassen sind und als Messaufnehmer dienen. Wie sich aus der Publikation Schreitausbau für den Steinkohlenbergbau - Ein Handbuch für die Praxis von Prof. Dr. Irresberger (Anlagen E-K 5, E-K 5a) erschließt, benutzen derartige Reed-Stäbe hintereinander geschaltete Widerstände zur Wegmessung, wobei sich bei jedem Teilhub der Widerstand als Referenzwert für den Zylinderweg ändert (Anlage E-K 5a, Seite 251).

Ergibt die Messung, dass der verbleibende Hubweg nicht mehr ausreicht, um die vorgegebene Schnitttiefenvorgabe zu erfüllen, liegt die erste Voraussetzung für das Durchführen des Schreitvorgangs vor. Als weitere Bedingung muss hinzukommen, dass das betreffende Ausbaugestell von beiden benachbarten Gestellen eine Softwaregesteuerte Freigabe erhält. Mit dieser sog. Semaphoren-Programmiertechnik wird es bei der angegriffenen Ausführungsform vermieden, dass zwei benachbarte Ausbaugestelle den Schreitvorgang zeitgleich durchführen.

Durch diese Steuerung wird das Merkmal 7 des Klagepatent wortsinngemäß verwirklicht. Weil das Vorschreiten eines Ausbaugestells davon abhängt, dass es von seinen beiden benachbarten Gestellen eine Freigabe ("einen Schlüssel") erhält, und die Freigabe nur dann erfolgt, wenn die benachbarten Gestelle nicht bereits über eine Freigabe verfügen, werden für die Steuerung die Summe der Teilhübe der Schreitzylinder jeweils benachbarter Ausbaugestelle miteinander verglichen. Denn die Freigabe an ein Ausbaugestell erfolgt bei der angegriffenen Ausführungsform nur dann, wenn bei diesem Ausbaugestell der vorbestimmte maximale Gesamtkolbenhub erreicht worden ist, während dies bei den beiden benachbarten Ausbaugestellen noch nicht der Fall ist.

Mit der Semaphoren-Programmierung, nach der bei einem zeitgleichen Erreichen des maximalen Gesamtkolbenhubs der Schreitzylinder zweier benachbarter Ausbaugestelle zunächst nur von einem der beiden Gestelle der Schreitvorgang durchgeführt wird und das weitere Gestell erst dann mit dem Schreitvorgang beginnt, wenn das erste Gestell wieder gesetzt ist, macht die angegriffene Ausführungsform auch von dem Merkmal 8 des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch.

Ohne Erfolg wenden die Beklagten hiergegen ein, die Reihenfolge, mit welcher benachbarte Ausbaugestelle bei der angegriffenen Ausführungsform unter Verwendung der Semaphoren-Programmierung eine Freigabe zur Durchführung des Schreitvorgangs erhalten, sei nicht vorbestimmt, sondern werde beliebig festgelegt. Denn mit der Vorgabe, dass bei gleichzeitigem Erreichen des maximalen Gesamtkolbenhubes an zwei benachbarten Ausbaugestellen, diese Gestelle den Schreitvorgang nach einer vorbestimmten Reihenfolge ausführen, trägt das Klagepatent bei funktionaler Betrachtung allein dem Gebot Rechnung, dass die beiden benachbarten Gestelle den Schreitvorgang nicht zeitgleich durchführen dürfen, weil andernfalls Einsturzgefahr bestünde (vgl. auch: Anlage E-K 1, Spalte 2, Zeilen 44 bis 59). Ist dieses Gebot beachtet, ist die weitere Reihenfolge, in der die einzelnen Ausbaugestelle den Schreitvorgang durchführen, für die Lehre des Klagepatents ohne Bedeutung. So hat auch der fachkundig besetzte technische Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts in seinem Beschluss vom 28. Juli 1998 zum Klagepatent ausgeführt, nach der erfindungsgemäßen Lehre könne im Betriebsablauf an beliebigen, nicht benachbarten Stellen ein Schreitvorgang automatisch eingeleitet werden, was zu einem gleichsam "chaotischen" Rücken der Ausbaugestelle entlang einer Abbaufront führe (Anlage E-K 1a, Seite 10, 2. Absatz).

3.

Zu einer mittelbaren Benutzung des Klagepatents sind die Beklagten nicht nach dem § 12 Abs. 1 PatG berechtigt.

Nach § 12 Abs. 1 PatG tritt die Wirkung des Patents nicht gegen den ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dafür erforderlichen Vorkehrungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen.

Die Entstehung eines solchen Vorbenutzungsrechts setzt den durch Benutzung bekräftigten Erfindungsbesitz, das heißt den "Besitz" der durch das Patent geschützten Erfindung zur Zeit seiner Anmeldung voraus (BGH, GRUR 1964, 496 -Formsand II; BGH, GRUR 1964, 673 -Kasten für Fußabtrittsroste; BGH, GRUR 1969, 35 -Europareise). Von dem Begriff der Benutzung werden die in den §§ 9 und 10 PatG beschriebenen Benutzungsarten umfasst, zu denen der Patentinhaber ausschließlich befugt ist und die er jedem anderen verbieten kann (BGH, GRUR 1964, 491, 494 -Chloramphenicol; BGH, GRUR 1969, 35 -Europareise). Die Benutzung muss im Inland erfolgt sein; im Ausland verübte Benutzungshandlungen lassen ein Vorbenutzungsrecht nicht zur Entstehung gelangen (BGH, GRUR 1969, 35 -Europa- reise).

Ausgehend von diesen Voraussetzungen haben die Beklagten eine Vorbenutzungshandlung an der durch das Klagepatent geschützten Lehre in zweifacher Hinsicht nicht schlüssig dargetan.

Wenn sie sich hierzu auf ihre im Jahr 1989 an die C für das von der Din den Vereinigten Staaten von Amerika betriebene Bergwerk E gelieferten Steuergeräte pm2 / sg. u3 berufen, kann es dahingestellt bleiben, ob diese Steuergeräte dazu geeignet sind, das geschützte Verfahren in der Gesamtheit seiner Merkmale zu verwirklichen.

Unabhängig von dieser Frage stellt das Liefern der Steuergeräte an die im Inland ansässige C kein Anbieten im Sinne des § 9 Nr. 2 PatG dar. Die in dem § 9 Nr. 2 PatG geregelte Benutzungshandlung des patentverletzenden Anbietens setzt nach früherem wie auch geltendem Recht, die Anmaßung der dem Patentinhaber zustehenden Befugnis voraus, die Benutzung des geschützten Verfahrens zu gestatten (Benkard/Bruchhausen, PatG, 9. Aufl., § 9 PatG, Rz. 51; Bernhardt/Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Aufl., S. 556). Das bloße Anbieten oder die Lieferung von Mitteln zur Durchführung des Verfahrens stellt keine Benutzungshandlung im Sinne von § 9 Nr. 2 PatG dar, selbst wenn die Mittel nur zur Ausführung des geschützten Verfahrens verwendet werden können. Hier kommt allenfalls eine mittelbare Benutzungshandlung nach § 10 PatG in Betracht (Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 9 PatG, Rz. 95; Bernhardt/Kraßer, a.a.O., S. 558).

Zwar ist unter dem früheren Recht gelegentlich gefordert worden, den Verfahrensschutz in der Weise zu verstärken, dass das Anbieten und Liefern von Mitteln zur Verfahrensanwendung unter bestimmten Voraussetzungen als unmittelbare Patentverletzung erfasst werden kann. Damit sollte insbesondere ein Vorgehen in solchen Fällen erleichtert werden, in denen die Anwendung des Verfahrens - wie im Zusammenhang mit dem hier behaupteten Vorbenutzungsrecht - ausschließlich im Ausland stattfand. Die Rechtsprechung hat es aber stets abgelehnt, hierin ein - im Inland beginnendes - Inverkehrbringen oder Feilhalten des Verfahrens zu sehen (RGZ 33, 149, 152 -Auslassventil; RGZ 65, 157, 159 -Seidenglanz I; RGZ 101, 135, 139 -Aluminiumverschweißung; RGZ 146, 26, 27 -Saugtrommel; RGZ 149, 102, 105 -Oberlederkantenmaschine). Andererseits stand der Annahme einer mittelbaren Patentverletzung - wegen der Abhängigkeit vom Zustandekommen einer unmittelbaren Verletzung - entgegen, dass die im Ausland erfolgende Verfahrensanwendung das inländische Patent nicht verletzte.

Die Neuregelung des Patentgesetzes bietet für die Erweiterung des Kreises der als unmittelbare Benutzung von Verfahrenspatenten in Frage kommenden Handlungen keine Grundlage. Die neu eingeführte Vorschrift über die mittelbare Verletzung (§ 10 PatG) beendet zwar deren begriffliche Abhängigkeit von einer unmittelbaren Verletzung. Gleichwohl ist sie nach ihrem Wortlaut nur anwendbar, wenn die Erfindungsbenutzung, der die angebotenen oder gelieferten Mittel zu dienen bestimmt sind, im Inland stattfinden soll. Das geltende Recht schützt daher auch unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Verletzung nicht gegen das Anbieten oder Liefern von Mitteln zur ausschließlich im Ausland stattfindenden Anwendung eines patentierten Verfahrens (Bernhardt/Kraßer, a.a.O., S. 558).

Hiernach steht den Beklagten ein Recht nach § 12 PatG auch nicht wegen einer mittelbaren Vorbenutzung zu. Denn das Verfahren, für das die von ihnen gelieferten Steuerungen bestimmt gewesen sind, ist nicht bei der C im Inland, sondern in dem US-amerikanischen Bergwerk E zur Anwendung gekommen.

Ungeachtet des hier nicht bestehenden Inlandsbezuges darf der mittelbare Vorbenutzer aus dem Grunde der Wahrung des Besitzstandes und der Vermeidung einer Vervielfältigung des Vorbenutzungsrechts zulasten des Patentinhabers lediglich seinen vor dem Prioritätszeitpunkt belieferten Abnehmern weiterhin die zur Benutzung der Erfindung geeigneten und bestimmten Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, anbieten oder liefern. Derartige Mittel darf er auch denjenigen weiter zur Benutzung der geschützten Lehre anbieten oder liefern, denen er sie vor dem Prioritätzeitpunkt zur Benutzung der Erfindung angeboten hatte. Das Anbieten oder Liefern solcher Mittel an weitere Personen hingegen ist ihm nicht erlaubt, denn er kann weiteren Personen kein eigenes Benutzungsrecht an der patentierten Erfindung verschaffen. Ebensowenig darf derjenige, der ein Vorbenutzungsrecht durch ein Anbieten eines Verfahrens zur Anwendung (§ 9 Nr. 2 PatG) erlangt hat, das Verfahren nach der Patenterteilung anderen zur Anwendung anbieten, weil auch dies zu einer unangemessenen Erweiterung seines Besitzstandes zulasten des Patentinhabers führen würde (Benkard/Bruchhausen, a.a.O., § 12 PatG, Rz. 25; Bernhardt/Kraßer, S. 607).

Hiernach steht den Beklagten im Hinblick auf die von der Klägerin hier geltend gemachte Verletzungshandlung auch deshalb kein Vorbenutzungsrecht zu, weil sie ihre diesbezügliche Berechtigung nicht aus vor dem Prioritätszeitpunkt des Klagepatents erfolgten Lieferungen an die Bherleiten, sondern aus Lieferungen, die gegenüber der B rechtlich selbstständigen C erfolgt sind.

4.

Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

a)

Weil die Beklagten den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG.

b)

Außerdem kann die Klägerin von den Beklagten nach § 139 Abs. 2 PatG Schadensersatz verlangen. Denn als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

c)

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin sind auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über welche sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

d)

Gemäß § 140b PatG haben die Beklagten über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschriften geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2. mit den Angaben zusammengefasst, welche zum Zwecke der Rechnungslegung vorzunehmen sind.

Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Verpflichtung zur Rechnungslegung auf entsprechenden Antrag ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Dezember 2001, 2 U 91/00). Ein weitergehender, auch die gewerblichen Abnehmer umfassender Wirtschaftsprüfervorbehalt kommt nicht in Betracht, weil die Beklagten nicht dargetan haben, warum eine Benennung dieser Abnehmer für sie im vorliegenden Fall unverhältnismäßig sein soll.

e)

Wegen der von ihr verübten Verletzungshandlungen ist die Beklagte zu 1. der Klägerin hingegen nicht nach § 33 Abs. 1 PatG zur Entschädigung verpflichtet. Wie der Bundesgerichtshof jüngst entschieden hat, rechtfertigt eine mittelbare Patentverletzung keinen Anspruch auf Entschädigung (BGH, Urteil vom 3. Juni 2004, X ZR 82/03, -Verfahren zur Drehzahlermittlung).

5.

Gegenüber ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und hiermit korrespondierender Auskunft und Rechnungslegung berufen sich die Beklagten ohne Erfolg auf die Einrede der Verjährung, § 214 Abs. 1 BGB.

Gemäß § 141 PatG i.V.m. § 195 BGB verjähren die Ansprüche wegen Verletzung des Patents binnen 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt nach dem § 141 PatG a.F., der gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB auf das vorliegende Rechtsverhältnis weiter Anwendung findet, mit dem Zeitpunkt in dem der Berechtigte von der Verletzung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt.

Ausgehend von diesen Voraussetzungen sind die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt. Denn es ist nicht einzusehen und von den Beklagten auch nicht geltend gemacht worden, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits länger als 3 Jahre von der angegriffenen Ausführungsform wusste. Die Verletzungshandlung, aus der die Klägerin ihre Ansprüche herleitet, ist von der Beklagten erst im Laufe des Jahres 2003 verübt worden.

III.

Die Darlegungen der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17. Juni 2004 rechtfertigen keine anderslautende Entscheidung.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.

Besonderer Vollstreckungsschutz steht den Beklagten nicht zu, weil sie die hierfür nach § 712 ZPO bestehenden Voraussetzungen nicht dargetan haben.

V.

Der Streitwert wird auf 500.000,00 Euro festgesetzt.

Dr. Grabinski Matz Klepsch






LG Düsseldorf:
Urteil v. 08.07.2004
Az: 4a O 304 / 03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/312a0f46eacb/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_8-Juli-2004_Az_4a-O-304---03




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