Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Juli 2009
Aktenzeichen: 28 W (pat) 18/09

(BPatG: Beschluss v. 01.07.2009, Az.: 28 W (pat) 18/09)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle vom 31. Oktober 2008 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren

"Milch, Tee, Kaffeeersatzmittel" zurückgewiesen wurde. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Register ist die Wortfolge Knabber Cupfür Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30 und 43.

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2008 hat die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung teilweise zurückgewiesen und zwar für folgende Waren und Dienstleistungen:

"Klasse 29 Fleisch, Wurstwaren, Fisch, Geflügel und Wild, auch als Konserven; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Fertigund Halbfertiggerichte im Wesentlichen bestehend aus den vorgenannten Waren; Fleisch-, Wurst-, Fisch-, Wildund Geflügelsalate; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte.

Klasse 30 Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Teigwaren; Gebäck; Fleischpasteten; Fertigund Halbfertiggerichte, im Wesentlichen bestehend aus Mehl, Teigwaren und/oder Reis, auch mit Zugabe von Kartoffeln, Gemüse, Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Gewürzen und/oder Kräutern und Käsemischungen; Sandwiches; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Süßwaren; Speiseeis; Honig, Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen".

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Kombination aus zwei dem inländischen Verkehr geläufigen Wörtern fehle die Unterscheidungskraft, denn sie werde im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als beschreibender Hinweis auf "Knabbertasse, -becher, -schale" verstanden. Die von der Zurückweisung betroffenen Waren seien Lebensmittel, die sich zum Verzehr oder zum Vertrieb in einem Becher, einer Schale oder Tasse bzw. in einer dementsprechenden Portionsmenge eignen könnten. Auch für die Dienstleistung "Verpflegung von Gästen" stehe die beschreibende Bedeutung der Wortfolge im Vordergrund.

Mit der Beschwerde beantragt die Anmelderin, die angemeldete Marke unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 31. Oktober 2008 für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen einzutragen.

Sie trägt vor, die angemeldete Marke stelle eine nicht nachweisbare Wortneuschöpfung dar, wobei die Verbindung des aus der deutschen Sprache stammenden Bestandteils "Knabber" mit dem englischen Ausdruck "Cup" deren Eigentümlichkeit begründe. Der Begriff "Cup" stehe für den Verkehr ohnehin eher mit Sportveranstaltungen im Zusammenhang als mit Lebensmittel, so dass sich insgesamt ein diffuser Sinngehalt ergäbe. Beansprucht seien zahlreiche Waren, die mit den klassischen "Knabberartikeln" nichts zu tun hätten. Somit bestehe weder ein Freihaltungsbedürfnis noch könne der Marke jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist insoweit begründet, als einer Eintragung der angemeldeten Marke für die im Tenor genannten Waren das von der Markenstelle festgestellte Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegensteht. Darüber hinaus ist der Beschwerde der Anmelderin der Erfolg jedoch zu versagen, denn für die restlichen, von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen hat die Markenstelle zu Recht angenommen, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens im Unterschied zu solchen anderer Unternehmen wahrgenommen zu werden (std. Rspr., vgl. z. B. BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice) und damit eine eindeutige betriebliche Zuordnung dieser Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen. Der Europäische Gerichtshof hat für den Bereich der registrierten Marken mehrfach die Herkunftsfunktion als die entscheidende Hauptfunktion herausgehoben. Die Eintragung einer Marke kommt daher nur in Betracht, wenn sie geeignet ist, den Verbrauchern klar und eindeutig den betrieblichen Ursprung der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu offenbaren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen. Sonstige Funktionen einer Marke -insbesondere ihre Werbefunktion -dürfen daneben nur von nachrangiger, untergeordneter Bedeutung sein (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 35) -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).

Im vorliegenden Fall erschöpft sich die angemeldete Wortfolge in der bloßen sprachund werbeüblichen Aneinanderreihung zweier produktbeschreibender Einzelbegriffe. Der angegriffene Beschluss geht zutreffend davon aus, dass die angemeldete Marke aus der Bezeichnung einer Warengruppe in Kombination mit einem Hinweis auf eine allgemein gebräuchliche Verpackungsform gebildet ist. Der vom deutschen Verb "knabbern" abgeleitete Bestandteil "Knabber" beschränkt sich dabei entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht nur auf Knabberartikel im engeren Sinne wie etwa Salzgebäck, sondern umfasst nach der Verkehrsauffassung ganz generell alle Lebensmittel, die sich in irgendeiner Weise zum Knabbern eignen, d. h. die in kleinen Bissen als Snack oder Nascherei zwischendurch verzehrt werden können. Solche Imbissartikel werden häufig schon verzehrfertig und in Einzelportionen abgepackt in Supermärkten, Bäckereien oder Metzgereien angeboten oder an Imbissständen zum Mitnehmen hergerichtet, um aus Zeitgründen etwa am Arbeitsplatz nebenbei gegessen oder in Gesellschaft als Ergänzung zu einem Getränk gereicht zu werden. Dabei bietet sich gerade ein Cup, also eine Schale bzw. ein Becher als besonders vorteilhafte Verpackungsart für solche Imbissartikel in Form von (Halb-) Fertigprodukten an. Soweit die Anmelderin darauf hinweist, es handele sich bei "Knabber Cup" um eine Wortneubildung aus Wörtern zweier Sprachen, kann hieraus nicht schon die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgeleitet werden. Eine Verbindung für sich schutzunfähiger Angaben kann nur dann zur Eintragbarkeit führen, wenn dadurch eine neue Gesamtaussage entsteht, die erkennbar mehr ist als die bloße Kombination der fraglichen Wörter (EuGH MarkenR 2004, 111 - BIOMILD; EuGH MarkenR 2004, 99 -Postkantoor). Diese Anforderungen erfüllt der Gesamtbegriff "Knabber Cup" nicht, vielmehr bewegt er sich in jeder Hinsicht im Rahmen des Üblichen und Verständlichen und bleibt für die beanspruchten Waren ebenfalls beschreibend. Denn aufgrund der geschilderten Verkaufsgewohnheiten auf dem Lebensmittelsektor nimmt der Verkehr keine eindeutige betriebliche Zuordnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vor. Er sieht in der Wortfolge vielmehr eine werbemäßige Herausstellung verbraucherrelevanter Informationen, die die Art der Waren (zum Knabbern geeignet) und deren Abgabeform in einem Cup betreffen. Soweit die Anmelderin auf die Mehrdeutigkeit des Begriffes "Cup" verweist, der auch einen Bezug zu Sportveranstaltungen implizieren könne, vermag dieser Aspekt die Schutzfähigkeit der Marke schon deshalb nicht zu begründen, weil eine Wortmarke bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn sie - wie hier in einer ihrer möglichen Bedeutungen einen produktbeschreibenden Aussagegehalt aufweist (vgl. etwa EuGH, GRUR 2004, 146, Rdn. 32 -Doublemint). Dem typischen, dem markenrechtlichen Leitbild entsprechenden Verbraucher ist bewusst, dass eine gewisse begriffliche Unbestimmtheit von Sachaussagen sogar gewollt sein kann, um einen weiten Bereich produktbezogener Eigenschaften erfassen zu können, ohne diese im Einzelnen benennen zu müssen (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice). Die behauptete begriffliche Unschärfe führt jedenfalls nicht dazu, dass damit die von der Rechtsprechung geforderte Herkunftsfunktion der Marke in den Vordergrund rückt. Denn die normative Auslegung des markenrechtlichen Begriffs Unterscheidungskraft muss sich an den beanspruchten Waren und der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise orientieren. Auf dem hier maßgeblichen Warensektor und unter Berücksichtigung der geschilderten Verkaufsgewohnheiten lässt die angemeldete Wortfolge aber gerade nicht die Wertung zu, ihre Herkunftsfunktion als Marke stehe im Vordergrund.

Somit ist die angemeldete Bezeichnung für diejenigen Waren wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) vom Markenschutz auszuschließen, für die der Verzehr in Form eines Imbissgerichts in Bechergröße in Betracht kommt oder die bei der Herstellung eines solchen Gerichts als Zutat verwendet werden können. Hierfür nicht in Frage kommen lediglich die Waren "Milch, Tee, Kaffeeersatzmittel", da sie allenfalls bei der Zubereitung von Getränken eingesetzt werden und sich somit nicht zur Weiterverarbeitung zu solchen Lebensmitteln eignen, die zum Knabbern im Becher angeboten werden. Für die übrigen von der Zurückweisung betroffenen Waren ist das Schutzhindernis jedoch ebenso zu bejahen wie für die Dienstleistung "Verpflegung von Gästen", da diese auch in Form der Verabreichung kleiner Snackmahlzeiten erbracht werden kann. Insoweit hatte die Beschwerde der Anmelderin daher keinen Erfolg.

Stoppel Schell Martens Vorsitzender Richter Stoppel hat Urlaub und kann daher nicht selbst unterschreiben.

Martens Me






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Beschluss v. 01.07.2009
Az: 28 W (pat) 18/09


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