Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 21. September 2012
Aktenzeichen: 17 W 155/12

(OLG Köln: Beschluss v. 21.09.2012, Az.: 17 W 155/12)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Köln vom 3. August 2012 (5 O 532/09) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.164,80 €

Gründe

I.

Mit Urteil vom 7. Juli 2011 hat der hiesige 24. Zivilsenat die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Oktober 2010 verkündete Urteil des Landgerichts Köln zurückgewiesen und ihr die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Dagegen hat die Beklagte durch ihre beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegen lassen. Die Begründung des Rechtsmittels im Schriftsatz vom 19. Oktober 2011 ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14. Oktober 2011 zugeleitet worden. Diese haben der Klägerin unaufgefordert mit Schreiben vom 24. November 2011 den Rat erteilt, von der Bestellung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts bis zur Entscheidung über die Zulassung abzusehen und bezüglich der Absprache des weiteren Vorgehens um Rückruf gebeten. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 22. Februar 2012 zurückgewiesen worden.

Mit Schriftsatz vom 29. Februar 2012 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Festsetzung einer 0,8 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3403 VV RVG in Höhe von 1.144,80 € sowie einer Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20 € für die Tätigkeit im Nichtzulassungsverfahren beantragt. Dies hat der Rechtspfleger des Landgerichts mit Beschluss vom 3. August 2012 abgelehnt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie die antragsgemäße Festsetzung begehrt. Sie macht geltend, ihre Prozessbevollmächtigten hätten die Begründetheit des gegnerischen Rechtsmittels geprüft und sie auch telefonisch beraten.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 1 S. 3 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung erweist sich im Ergebnis als richtig. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben Gebühren für eine Tätigkeit im Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht verdient.

1.

In der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur wird die Auffassung vertreten, dass ein nicht am Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt, der im Auftrag seiner Partei in einem Nichtzulassungsverfahren sinnvoll tätig wird, zwar keine Verfahrensgebühr gem. Nr. 3506 VV RVG, wohl im Grundsatz aber eine erstattungsfähige Verfahrensgebühr für Einzeltätigkeiten gem. Nr. 3403 VV RVG verdient (vgl. BGH Beschl. v. 10.07.2012 - VI ZB 7/12 - = NJW 2012, 2734 f.; Beschl. v. 01.02.2007 - V ZB 110/06 - = NJW 2007, 1461, 1462; Beschl. v. 04.05.2006 - III ZB 20/05 -­ = NJW 2006, 2266, 2267; OLG München - Beschl. v, 25.08.2009 - 11 W 2045/09 -; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., Nr. 3404 VV Rdnr. 67f. m.w.N.). Das gilt jedenfalls dann, wenn in der Folge kein beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt beauftragt wird (BGH NJW 2012, 2734, 2736). Wann eine in der genannten Rechtsprechung „sinnvolle“ Tätigkeit anzunehmen ist, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall. Eine Erstattungsfähigkeit hat der Senat in der Vergangenheit verneint, wenn der Anwalt gegenüber dem Bundesgerichtshof eine mangels Postulationsfähigkeit von vornherein nicht berücksichtigungsfähige Stellungnahme abgibt (Beschl. v. 07.08.2006 - 17 W 136/06 = AGS 2007, 301). Er hat sie hingegen bejaht, wenn der Anwalt mit Wissen und Wollen seiner Partei mit deren Haftpflichtversicherung hinsichtlich der Erfolgsaussichten der gegnerischen Beschwerde korrespondiert hat (Beschl. v. 20.08.2010 - 17 W 131/10 - = AGS 2010, 530 ff. = JurBüro 2010 654 ff.).

2.

Die Voraussetzungen einer Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten sind vorliegend aus mehreren Gründen zu verneinen.

a)

Bei der anwaltlichen Beratung bezüglich der Frage, ob bereits im Verfahrensstadium der Nichtzulassungsbeschwerde seitens des Beschwerdegegners eine Stellungnahme abzugeben und ggfls. ein beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt einzuschalten ist, handelt es sich um die Prüfung, „ob etwas zu veranlassen ist“ (vgl. Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., § 19 Rdnr. 92 ff. m.w.N). Dabei kann die ohne Außenwirkung entfaltete anwaltliche Mühewaltung von vornherein nur dann unter die Gebührenvorschrift der Nr. 3403 VV RVG fallen, wenn sie nicht mehr gem. § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG dem (vorangegangenen) Berufungsrechtszug zuzurechnen ist. Für die Gebührenfrage ist dabei entscheidend ist, ob es um Tätigkeiten von eher geringerem Umfang geht, die in der Regel sowohl vom Anwalt als auch vom Auftraggeber als eine Art Annex der Tätigkeit in der bisherigen Instanz verstanden werden (BGH NJW 2012, 2734). Der Senat teilt in dieser Frage die noch zur Vorschrift des § 37 Nr. 7 BRAGO vertretene Auffassung des OLG Hamburg (Beschl. v. 23.11.2004 - 8 W 262/04 - = MDR 2005, 1018, 1019), wonach die Partei bereits im Rahmen der im Berufungsrechtszug angefallenen Gebühren von ihrem Prozessbevollmächtigten eine Stellungnahme zum weiteren Verfahren und Vorgehen erwarten kann, ohne dass hierdurch ein neuer Gebührentatbestand erfüllt wird. An dieser Beurteilung hat sich auch nach Einführung des § 19 RVG nichts geändert (vgl. Onderka, AGS 2005, 389, 390; vgl. auch: AnwK-RVG-Mock/N.Schneider/Wolf, 6. Aufl., § 19 Rdnr. 84). Auch der Anwalt, der nach vorangegangener erstinstanzlicher Prozessvertretung das vom Gegner eingeleitete Berufungsverfahren „beobachtet“ (vgl. vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.01.2007 - 15 W 87/06 - = MDR 2007, 1226, 122), verdient zweitinstanzliche Gebühren ebenso wenig wie derjenige, der seinem Auftraggeber - etwa in Form eines zusammenfassenden Prozessberichts oder auch in einer Besprechung - seine Ansicht über die Richtigkeit der ergangenen Entscheidung und über die Aussichten eines Rechtsmittels mitteilt (vgl. BGH Urt. v. 21.03.1991 - IX ZR 186/90 - = NJW 1991, 294 - 296).

Gemessen an diesen Maßstäben haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine im Sinne von Nr. 3403 VV RVG gebührenpflichtige Tätigkeit im Nichtzulassungsverfahren nicht entfaltet. Ihre Tätigkeit ist vielmehr noch dem Berufungsrechtszug zuzurechnen. Zwar haben sie nach Erhalt der gegnerischen Beschwerdebegründung unaufgefordert einige wenige, aus allgemeinen Erwägungen bestehenden Sätze zu den Aussichten der Nichtzulassungsbeschwerde ausgeführt. Mangels näherer Darlegung der entfalteten Tätigkeit geht der Senat allerdings davon aus, dass dem Schreiben lediglich eine Durchsicht bzw. kursorische Prüfung der gegnerischen Rechtsmittelbegründung vorausgegangen war. Ausweislich des Vermerks („keine Stellungnahme durch uns oder BGH-Anwalt“) auf dem Schreiben vom 24. November 2011 dürfte zwar in der Folge der erbetene Rückruf durch die Klägerin stattgefunden haben. Den Inhalt dieses Gespräches hat sie indes ebenfalls nicht näher geschildert. Es ist daher davon auszugehen, dass sie die im Schreiben enthaltene Empfehlung lediglich kurz bestätigt hat. Damit geht die gesamte anwaltliche Tätigkeit aber über die Abklärung des weiteren prozessualen Vorgehens nicht hinaus. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich damit maßgeblich von der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats vom 20.08.2010 (AGS 2010, 530 ff.) zugrundelag. In jenem Verfahren hatte die Prozessbevollmächtigte nach näherer inhaltlicher Prüfung des gegnerischen Beschwerdevorbingens mit dem Haftpflichtversicherer der Mandantschaft telefoniert und zudem eine schriftliche Korrespondenz geführt. Die Tätigkeit hatte damit eine gewissermaßen „parteiinterne Außenwirkung“. Die vorliegend geltend gemachte Mühewaltung bleibt indes weit hinter dem zurück.

b)

Steht - wie hier - die Tätigkeit im Zusammenhang mit der unteren Instanz, so kann der Anwalt eine Vergütung auch dann nicht verlangen, wenn er im Auftrag des Mandanten tätig geworden ist (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.01.2007 - 15 W 87/06 - = MDR 2007, 1226, 1227). Gerade mit Blick auf den geschilderten Erwartungshorizont des Mandanten bedarf es bei einer in der „Nahtstelle“ zweier Instanzen angesiedelten Fallgestaltung wie der vorliegenden einer sorgfältigen Prüfung der Mandatierung des Anwalts. Vorliegend ist eine solche weder ausdrücklich dargetan noch nach dem Geschehensablauf ersichtlich. Eine entsprechende Auftragserteilung wird teilweise in der Rechtsprechung (OLG Koblenz, Beschl. v. 06.08.2007 - 14 W 578/07 - = JurBüro 2008, 196, 197) bei der Entgegennahme und Prüfung der Berufungsschrift unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.04.2005 - V ZB 25/04 - (= NJW 2005, 2233, 2234) zwar vermutet. Der Senat hält dies indes für zu weit gehend. In der Tat hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung die Auffassung vertreten, von einem Auftrag der Partei sei in einem Beschwerdeverfahren in der Regel auszugehen, wenn der Anwalt die Partei im Hauptsacheverfahren vertrete. Allerdings unterscheidet sich der dort entschiedene Fall von dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt maßgeblich dadurch, dass es dort um die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten in einem Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung eines vom Gegner gestellten Befangenheitsgesuches ging. Die Beratungsleistung ist innerhalb eines zwar selbständigen, aber doch eingebettet in dieselbe Instanz durchgeführten Rechtsmittelverfahrens erbracht worden. Eine Vermutung, dass eine Partei ihren Anwalt im Zweifel auch in einem Verfahren höherer Instanz beauftragen will, kann daraus aber nicht hergeleitet werden.

3.

Der Senat lässt vorliegend mit Blick auf die von der Klägerin vorgelegte Entscheidung des OLG München vom 25.08.2009 (- 11 W 2045/09 -) unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zu. Der Frage, ob eine kurze beratende Stellungnahme des Anwalts bezüglich des weiteren Verfahrensganges im Rechtsmittelrechtszug Gebühren auslöst, kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Sie wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch unterschiedlich beurteilt. Das OLG München hat in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden die Entstehung einer Gebühr gem. Nr. 3403 VV RVG bejaht.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.






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