Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 6. November 2012
Aktenzeichen: 6 B 1267/12

(Hessischer VGH: Beschluss v. 06.11.2012, Az.: 6 B 1267/12)

1. Eine Verletzung der Anhörungspflicht ist dann gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG unbeachtlich, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird.

2. Die Vorschrift des § 29 Abs. 2 VwVfG bestimmt ausdrücklich, dass die Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet ist, soweit die Vorgänge geheimhaltungsbedürftig sind; in einem solchen Fall gehört die vollständige Akteneinsicht nicht zu einer ordnungsgemäßen Anhörung i. S. d. § 28 VwVfG.

3. Für den Fall, dass sich die Behörde auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit oder Vertraulichkeit von Akten oder Aktenbestandteilen beruft, ist nur dann die Vorlage einer Sperrerklärung erforderlich und ein Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO zulässig, wenn das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit der begehrten Unterlagen - grundsätzlich in Form eines Beweisbeschlusses oder einer vergleichbaren Äußerung - festgestellt hat.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Mai 2012 - 9 L439/12.F - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die sofortige Vollziehbarkeit eines Bescheids vom 9. August 2011, mit dem die Antragsgegnerin ein Auskunftsverlangen gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 KWG an den Antragsteller als Geschäftsleiter der Raiffeisenbank XY AG richtete.

In dem Bescheid ersuchte die Antragsgegnerin den Antragsteller um Auskunft bis zum 24. August 2011 zu folgenden Fragen betreffend die xyz GmbH:

€1. Für welchen Zeitraum hat das Treuhandverhältnis zwischen Ihnen und Frau B. bestanden€2. Wer war vor und nach dem Bestehen des Treuhandverhältnisses mit Frau B. Inhaber des betreffenden Stammanteils an der GmbH€3. Wer war, neben Frau B., während der Laufzeit der Kreditengagements ... KG und ... KG Geschäftsführer der GmbH€4. Wurde Herr X und der Aufsichtsrat Ihres Institutes über das Bestehen des Treuhandverhältnisses informiert, wenn ja wie und wann€5. Wurden die Jahresabschlussprüfer Ihres Institutes über das Bestehen des Treuhandverhältnisses informiert€6. Was war der Grund für den Abschluss des Treuhandvertrages€7. Welche weiteren Kredite hat Ihr Institut an Kommanditgesellschaften vergeben, bei denen die GmbH Komplementärin war€ Bitte geben Sie die Laufzeiten dieser Kreditengagements an.8. Gab oder gibt es zwischen Ihnen und Personen, die in diesen Kommanditgesellschaften oder der GmbH Gesellschafter oder Geschäftsführer sind oder waren, vergleichbare Treuhandverhältnisse€9. Gab oder gibt es zwischen Ihnen und Personen, die in anderen Kreditengagements Ihres Institutes oder in mit solchen zu bildenden Kreditnehmereinheiten Gesellschafter oder Geschäftsführer sind oder waren, vergleichbare Treuhandverhältnisse€€

Für den Fall, dass der Antragsteller dem Auskunftsersuchen nicht oder nicht vollständig bis zu dem genannten Termin nachkommen sollte, drohte die Antragsgegnerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 20.000,00 € an.

Dagegen legte der Antragsteller am 16. August 2011 Widerspruch ein, begehrte Akteneinsicht und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung; in Anbetracht der ausstehenden Akteneinsicht bat er um Einräumung einer Frist für die Widerspruchsbegründung bis zum 30. September 2011.

Den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17. August 2011 ab. Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge - mit Ausnahme der Seiten 111 und 112der Fachakte BA ...-.. ...-.../... (Beiakten II) - wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 22. August 2011 gewährt.

Den ebenfalls am 22. August 2011 gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom selben Tag (9 L 2358/11.F) ab.Auf die Beschwerde des Antragstellers änderte der Senat den Beschluss des Verwaltungsgerichts ab und ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 9. August 2011 wegen Verletzung der Anhörungspflicht nach § 28 Abs. 1 VwVfG an (Beschluss des Senats vom 23. September 2011 - 6 B 1701/11 -, NVwZ-RR 2012, 163).

Die Antragsgegnerin gab dem Antragsteller mit Schreiben vom 12.Oktober 2011 Gelegenheit, bis zum 2. November 2011 zum Auskunftsersuchen abschließend Stellung zu nehmen und den Widerspruch zu begründen. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 wies sie den Widerspruch des Antragstellers zurück. Der Antragsteller erhob am 30. Januar 2012 bei dem Verwaltungsgericht Anfechtungsklage.

Am 3. Februar 2012 stellte die Antragsgegnerin bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main einen Antrag gem. § 80 Abs. 7VwGO auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. September 2011 (6 B 1701/11) und Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung unter Berufung darauf, dass die formelle Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 9. August 2011 zwischenzeitlich gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt sei.

Die Antragsgegnerin legte dem Verwaltungsgericht auf Anforderung die Verwaltungsvorgänge - mit Ausnahme der Seiten 111 und 112 der Fachakte BA ...-. ...-.../... - vor. Hinsichtlich der zurückgehaltenen Seiten reichte das Bundesministerium der Finanzen eine Sperrerklärung gem. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom 11. April 2012ein.

Mit Beschluss vom 14. Mai 2012 änderte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main (9 L 439/12.F) den Beschluss des Senats vom 23.September 2011 (6 B 1701/11) und lehnte den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 9. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 9. Januar 2012ab. Dagegen richtet sich die vom Antragsteller am 4. Juni 2012eingelegte und mit Schriftsatz vom 21. Juni 2012 sowie ergänzenden Schriftsätzen begründete Beschwerde.

Einen am 26. Juni 2012 im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO hat der Fachsenat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs mit Beschluss vom 28. August 2012 - 27 F1538/12 - als unzulässig abgelehnt.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§ 146 Abs. 1 und 4 VwGO), insbesondere ist sie fristgemäß eingelegt und begründet worden. Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14.Mai 2012 ist dem Bevollmächtigten des Antragstellers - ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. 120a der Gerichtsakten) - am 22. Mai 2012 zugestellt worden. Die Beschwerde ist am 4. Juni 2012 - also innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO - bei dem Verwaltungsgericht eingelegt und am 21. Juni 2012 - und damit innerhalb der Frist von einem Monat gem. § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO -bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof begründet worden.

In der Sache hat die Beschwerde allerdings keinen Erfolg.

Die Darlegungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung vom 21. Juni 2012, auf deren Überprüfung der Senat gem. § 146 Abs.4 Satz 3 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der angegriffenen Entscheidung auch unter Berücksichtigung der nach Fristablauf eingegangenen ergänzenden Schriftsätze nicht.

Das Verwaltungsgericht hat dem Begehren der Antragsgegnerin auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. September 2011 gem. §80 Abs. 7 VwGO zu Recht stattgegeben und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 9. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 9. Januar 2012abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht ist in dem angegriffenen Beschluss vom 14. Mai 2012 davon ausgegangen, dass durch den Widerspruchsbescheid eine veränderte Lage i. S. d. § 80 Abs. 7 VwGO eingetreten sei, die es rechtfertige, erneut über die Frage zu entscheiden, ob die vom Senat vorgenommene Anordnung der aufschiebenden Wirkung des vom Antragsteller erhobenen Widerspruchs aufrecht erhalten bleibe. In der Sache hat das Verwaltungsgericht die Frage verneint, indem es den Beschluss des Senats vom 23. September 2011 (6 B 1701/11)abgeändert und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 16. August 2011gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 9. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 9. Januar 2012 abgelehnt hat.Dabei hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die Antragsgegnerin im Verlauf des Widerspruchsverfahrens und durch Erlass des Widerspruchsbescheids die Anhörung gem. § 45 Abs. 1 Nr.3, Abs. 2 VwVfG nachgeholt habe. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der sonstigen Erfolgsaussichten der Klage auf die Ausführungen im Beschluss vom 22. August 2011 -versehentlich als Beschluss vom 22. September 2011 bezeichnet - (9L 2359/11.F) Bezug genommen, in dem es das Auskunftsersuchen als rechtmäßig und die Vollziehung als eilbedürftig bewertet hatte.Ergänzend hat sich das Verwaltungsgericht die Ausführungen der Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid gem. § 117 Abs. 5 VwGO zu Eigen gemacht.

Durchgreifende Bedenken gegen die Argumentation des Verwaltungsgerichts ergeben sich aus der Beschwerdebegründung des Antragstellers vom 21. Juni 2012 - auch unter Berücksichtigung der nach Ablauf der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsätze -nicht.

Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung vom 21. Juni 2012 geltend gemachten Verfahrensfehler der Gehörsverletzung (B I 1der Beschwerdebegründung) und des Verstoßes gegen die richterliche Hinweispflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO (B I 2) sind nicht geeignet,eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zu rechtfertigen. Dabei können die Fragen, ob das Verwaltungsgericht den Antragsteller eindeutig und unter Fristsetzung zu einer Stellungnahme in der Sache hätte auffordern müssen und ob das Verwaltungsgericht den Antragsteller darauf hätte hinweisen müssen,dass es alsbald nach Ablauf der Stellungnahmefrist zur Sperrerklärung i. S. d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch in der Sache entscheiden wolle, dahingestellt bleiben. Jedenfalls hatte der Antragsteller im Beschwerdeverfahren ausreichend Gelegenheit, zur Sache Stellung zu nehmen; etwaige Verstöße des Verwaltungsgerichts gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs bzw. gegen richterliche Hinweispflichten wären damit geheilt.

Der vom Antragsteller erhobene Einwand, der Bescheid der Antragsgegnerin vom 9. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 9. Januar 2012 sei nach wie vor wegen unterbliebener Anhörung und fehlender Nachholung formell rechtswidrig (B I 3 und B II 1 der Beschwerdebegründung),rechtfertigt eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung ebenfalls nicht. Das Verwaltungsgericht ist im Beschluss vom 14.Mai 2012 zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin im Verlauf des Widerspruchsverfahrens und durch Erlass des Widerspruchsbescheids die Anhörung gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfGnachgeholt hat.

Der Senat hat bereits im Beschluss vom 23. September 2011 (6 B1701/11) darauf hingewiesen, dass eine Verletzung der Anhörungspflicht dann gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG unbeachtlich ist, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 24.Juni 2010 - 3 C 14/09 -, BVerwGE 137, 199). Das setzt voraus, dass der Beteiligte - nachträglich - eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken (Kopp/Ramsauer,Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 12. Aufl., 2011, § 45 Rdnr.26; Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, Handkommentar, 2. Aufl.,2010, § 45 VwVfG, Rdnr. 29).

Von einer Heilung in diesem Sinne ist das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss vom 14. Mai 2012 zu Recht ausgegangen.Der Antragsteller hat im Widerspruchsverfahren eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und die Antragsgegnerin hat die vorgebrachten Argumente zum Anlass genommen, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken, und hat dies im Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 dokumentiert. Einer vollwertigen Gelegenheit zur Stellungnahme steht - entgegen der Auffassung des Antragstellers - insbesondere nicht entgegen, dass diesem bislang nur unvollständig Akteneinsicht in die Fachakte der Antragsgegnerin gewährt wurde und er dementsprechend seine Widerspruchsbegründung vom 29. November 2011 lediglich als €vorläufig€ bezeichnete. Die Vorschrift des § 29 Abs. 2VwVfG bestimmt ausdrücklich, dass die Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet ist, soweit die Vorgänge geheimhaltungsbedürftig sind. Daraus folgt zwangsläufig, dass die vollständige Akteneinsicht in einem solchen Fall nicht zu einer ordnungsgemäßen Anhörung i. S. d. § 28 Abs. 1 VwVfG gehört.

Für den Fall, dass sich die Behörde auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit oder Vertraulichkeit von Akten oder Aktenbestandteilen beruft, ist nur dann die Vorlage einer Sperrerklärung erforderlich und ein Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGOzulässig, wenn das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit der begehrten Unterlagen - grundsätzlich in Form eines Beweisbeschlusses oder einer vergleichbaren Äußerung - festgestellt hat (vgl. beispielsweise: BVerwG, Beschluss vom 12.Januar 2006 - 20 F 12.04 -, BVerwGE 125, 40 [42]). Das Verwaltungsgericht hatte zwar zunächst auf eine fehlende Sperrerklärung i. S. v. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO hingewiesen und die Vorlage der fehlenden Blätter der Verwaltungsvorgänge angefordert.Letztlich entschied das Verwaltungsgericht jedoch über den Abänderungsantrag der Antragsgegnerin, ohne die fehlenden Blätter der Fachakte gesehen zu haben und ohne die angekündigte Prüfung eines Antrags nach § 99 Abs. 2 VwGO durch den Antragsteller abgewartet zu haben. In den Gründen des angegriffenen Beschlusses hat das Verwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, dass es auf den Inhalt der zurückgehaltenen Seiten 111 und 112 der Behördenakten für die Entscheidung nicht ankomme. Dass es zu einem zwischengeschalteten Verfahren auf Einsichtnahme in die gesperrten Unterlagen gem. § 99 Abs. 2 VwGO nur kommen kann, wenn die zurückgehaltenen Aktenbestandteile in einem gerichtlichen Verfahren entscheidungserheblich sind (ständige Rechtsprechung des Senats vgl. Beschluss vom 30. April 2010 - 6 A 1341/09 -, NVwZ 2010,1112), hat auch der zuständige Fachsenat mit Beschluss vom 28.August 2012 (Hess. VGH - 27 F 1538/12 -) bestätigt.

Trotz der zurückgehaltenen Aktenblätter (zwei Seiten) hat der Antragsteller mithin im Widerspruchsverfahren eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Antragsgegnerin hat sich mit der €vorläufigen Widerspruchsbegründung€ vom 29. November 2011 im Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 auch auseinandergesetzt und darin zum Ausdruck gebracht, dass sie trotz der vorgebrachten Argumente an ihrer Entscheidung festhalte. Dass die Antragsgegnerin sich nicht in einem für die Nachholung einer versäumten Anhörung i. S. d. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ausreichenden Maße mit der Widerspruchsbegründung auseinandergesetzt habe, hat der Antragsteller in der Beschwerdebegründung zwar behauptet (S. 18und 22), aber nicht näher ausgeführt.

Die Beschwerde des Antragstellers hat auch insoweit keinen Erfolg, als das Verwaltungsgericht das Auskunftsersuchen als rechtmäßig bewertet hat. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang in erster Linie auf die Ausführungen der Kammer im Beschluss vom 22. August 2011 - versehentlich als Beschluss vom 22.September 2011 bezeichnet - (9 L 2359/11.F) Bezug genommen und ergänzend darauf abgestellt, dass die Ausführungen des Antragstellers im Widerspruchsverfahren nicht geeignet seien, die Richtigkeit der Argumentation in Frage zu stellen. Auf die - seiner Ansicht nach - zutreffende Behandlung der Einwände des Antragstellers im Widerspruchsbescheid hat das Verwaltungsgericht gem. § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen.

Die Einwände des Antragstellers im Beschwerdeverfahren rechtfertigen es nicht, die Rechtmäßigkeit des Auskunftsersuchens ernsthaft in Zweifel zu ziehen.

Das gilt zunächst für die Rüge des Antragstellerbevollmächtigten unter B II 2 der Beschwerdebegründung, wonach es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine erhebliche Beteiligung und Kontrolle des Antragstellers an Gesellschaften gebe, an die in der Vergangenheit Kredite vergeben worden seien. Dabei nimmt der Bevollmächtigte des Antragstellers Bezug auf eine Passage, die sich auf Seite 7 des angegriffenen Beschlusses vom 14. Mai 2012befindet. Er wirft dem Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang vor, verkannt zu haben, dass der Antragsteller an den Kommanditgesellschaften, die allein Kreditnehmer gewesen seien, zu keinem Zeitpunkt beteiligt gewesen sei.

Der Vorwurf trifft indessen nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat auf Seite 5 f. des angegriffenen Beschlusses ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid vom 9. August 2011 von einer möglichen Vergabe eines oder mehrerer Organkredite unter Verstoß gegen die dafür geltenden Sonderbestimmungen des Kreditwesengesetzes ausgehe,und hat auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid gem. § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen. Der entsprechenden Passage in dem Bescheid vom 9. August 2011 (S. 2 ff.) lässt sich entnehmen, dass die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, dass nach Abschluss des Treuhandvertrages zwischen dem Antragsteller und Frau B. zwei Kredite der Raiffeisenbank XY AG an die xxx-xxxxx XXX... GmbH & Co. KG (... KG) und an die xxx-xxxxx YYY ... GmbH& Co. KG (... KG) als Organkredite zu behandeln gewesen wären.Jedenfalls hätten zwei Kreditnehmereinheiten bestehend aus dem Antragsteller, der xyz GmbH und der ... KG einerseits und dem Antragsteller, der xyz GmbH und der ... KG andererseits bestanden,die gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 KWG bei der Anwendung des § 15 KWG als jeweils ein Kredit anzusehen seien. Die Notwendigkeit der Bildung einer Kreditnehmereinheit zwischen der xyz GmbH und der ... KG bzw.der ... KG ergibt sich ohne weiteres aus § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2KWG - in der bis zum 30. Dezember 2010 geltenden Fassung - bzw. aus § 19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 KWG - in der seit dem 31. Dezember 2010geltenden Fassung. Dass auch zwischen dem Antragsteller und der xyz GmbH eine Kreditnehmereinheit zu bilden ist, folgert die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des Treuhandvertrages aus §16 Abs. 1 und 4 AktG i. V. m. § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alternative 3 KWG. Auf diese Zusammenhänge stellt das Verwaltungsgericht in der zitierten Passage auf Seite 7 des Beschlusses ab, wenn es formuliert, dass der Antragsteller an den Gesellschaften €wohl in sehr erheblichem Umfang beteiligt war, und die der Antragsteller wohl auch tatsächlich kontrollierte€.Tragfähige Argumente gegen die von der Antragsgegnerin vorgenommene rechtliche Bewertung nach dem Kreditwesengesetz hat der Antragsteller in der Beschwerdebegründung nicht angeführt.

Auch der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht seien unzutreffender Weise davon ausgegangen,dass das beaufsichtigte Institut - die Raiffeisenbank XY AG - die Erteilung der gewünschten Auskünfte €verweigert€ habe,ist nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Auskunftsersuchens aufkommen zu lassen. Der vom Antragsteller zitierte Satz steht in einem Kontext mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach es nicht unverhältnismäßig sei, dass die Antragsgegnerin gerade gegen den Antragsteller persönlich vorgehe. Dabei hat das Verwaltungsgericht maßgeblich darauf abgestellt, dass die persönliche Inanspruchnahme des Antragstellers keine ihn übermäßig belastende Maßnahme darstelle, da er für die seine persönlichen Treuhandverhältnisse betreffenden Auskünfte ohnehin allein auskunftspflichtig sei. Dass die Antragsgegnerin gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 KWG berechtigt ist, von den Mitgliedern eines Organs eines Kreditinstituts Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten der Bank zu verlangen und dass das Auskunftsersuchen Geschäftsangelegenheiten der Bank betrifft, hat das Verwaltungsgericht bereits auf Seite 5 und 6 des angegriffenen Beschlusses festgestellt. Auf der vom Antragsteller zitierten Seite 7 des Beschlusses hat das Verwaltungsgericht zwar ausgeführt, dass sich die Antragsgegnerin zunächst um eine Auskunftserteilung durch die Bank selbst bemüht, dabei jedoch keinen Erfolg gehabt habe, da die Erteilung der gewünschten Auskünfte €verweigert wurde€. Damit hat das Verwaltungsgericht lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Antragsgegnerin zunächst ohne Erfolg an die Raiffeisenbank XY AG herangetreten ist. Die Fragen, ob die Bank der Antragsgegnerin die begehrte Auskunft hätte erteilen müssen bzw. ob diese die Auskunftserteilung zu Recht verweigert hat, waren für den angegriffenen Beschluss dagegen nicht entscheidungserheblich. Auch die Frage, ob der Antragsgegnerin bereits Antworten der drei Aufsichtsratsmitglieder zu sieben Fragen vorliegen, hat das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung nicht thematisiert und damit nicht als entscheidungserheblich betrachtet. Allein die Behauptung des Bevollmächtigten, die dortigen Fragen deckten sich im Wesentlichen mit denjenigen, welche die Antragsgegnerin an den Antragsteller gerichtet habe, lässt das an den Antragsteller gerichtete Auskunftsersuchen nicht ohne weiteres rechtswidrig bzw. nicht mehr eilbedürftig erscheinen.

Soweit sich der Antragsteller - unter B II 4 der Beschwerdebegründung - gegen den Vorwurf zur Wehr setzt, er wolle die Aufklärung hinauszögern, vermag dies der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Verwaltungsgericht hat auf Seite 8 des angegriffenen Beschlusses maßgeblich darauf abgestellt, dass die Vollziehung der Auskunftspflicht eilbedürftig sei, da der Antragsteller keine gewichtigen Interessen habe benennen können,die einer sofortigen und insoweit der gesetzlichen Regel - des § 49KWG (vgl. S. 4 des Beschlusses) - entsprechenden Auskunftserteilung entgegenständen. Nach einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass ein weiteres Hinauszögern der Aufklärung dem Gericht nicht sachgerecht erscheine. Die im Anschluss an diese Ausführungen geäußerte Vermutung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller wolle offenbar erreichen, dass künftig noch mehr Zeit bis zur Aufklärung verstreiche, war für das Entscheidungsergebnis nicht tragend.

Unter B III 1 der Beschwerdebegründung rügt der Antragsteller,das Verwaltungsgericht sei auf Seite 6 des angegriffenen Beschlusses zu Unrecht von dem €rechtswidrigen Untätigbleiben einer Ordnungsbehörde€ ausgegangen und habe auf Grund dessen einen Vertrauenstatbestand zu Gunsten der Bank und des Antragstellers verneint. In diesem Zusammenhang beruft sich der Antragsteller darauf, die Bank und er hätten auf Grund der Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin darauf vertrauen dürfen, dass kein Fall des § 19 Abs. 2 KWG im Verhältnis der Komplementär-GmbHzu jeder einzelnen kreditnehmenden Kommanditgesellschaft gegeben gewesen sei, woran auch ein Treuhandverhältnis bei der Komplementär-GmbH unter Beteiligung des Antragstellers nichts geändert hätte.

Dabei verkennt der Antragsteller, dass das Verwaltungsgericht von einem €rechtswidrigen Untätigbleiben€ der Antragsgegnerin nicht ausgegangen ist. Das Verwaltungsgericht hat lediglich ausgeführt, ordnungsrechtliches Einschreiten könne nicht verwirken, da öffentlich-rechtliche Pflichten auch dann zu erfüllen seien, wenn die Behörde längere Zeit und €womöglich zu Unrecht€ untätig geblieben sein sollte. Feststellungen des Inhalts, dass die Antragsgegnerin in der Vergangenheit tatsächlich in rechtswidriger Weise untätig geblieben wäre, hat das Verwaltungsgericht im Folgenden allerdings nicht getroffen. Einen Vertrauensschutztatbestand zu Gunsten des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht vielmehr mit der Begründung abgelehnt, die Antragsgegnerin wolle mit dem streitgegenständlichen Auskunftsersuchen Tatsachen erfragen, die sie in die Lage versetzten, zu prüfen, ob die früheren Untersuchungen bei der Bank auf einer unvollständigen und daher falschen Tatsachengrundlage beruhten, weil die für die mögliche Einstufung ausgereichter Kredite als Organkredite maßgeblichen Umstände unbekannt geblieben seien. Dass das Treuhandverhältnis keinerlei Auswirkungen auf die rechtliche Einordnung der an die Kommanditgesellschaften vergebenen Kredite nach Maßgabe der §§ 19 Abs. 2 und 15 KWG gehabt hätte,macht der Antragsteller zwar unter Hinweis auf die €ohnehin einflusslose Komplementär-GmbH€ geltend. Die diesbezüglichen Ausführungen des Antragstellers genügen indessen nicht, um der Antragsgegnerin von vornherein das Recht abzusprechen, mit Hilfe des Auskunftsersuchens in eine erneute Prüfung etwaiger Verstöße gegen die Vorschriften über Organkredite einzutreten.

Unter B III 2 a bis c der Beschwerdebegründung stellt sich der Antragsteller auf den Standpunkt, das Auskunftsverlangen sei unter nicht ordnungsgemäßer Ausübung des Ermessens erfolgt und auf Grund der Schwere der Einwände und der grundrechtsbeschränkenden Bedeutung eines solchen belastenden Verwaltungsakts als nichtig anzusehen. Der Antragsteller macht in diesem Zusammenhang zutreffend geltend, dass das Auskunftsverlangen als eigenständige Aufsichtsmaßnahme in vollem Umfang den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit unterliege. Die Verhältnismäßigkeit verlange -so der richtige Ausgangspunkt des Antragstellers -, dass die eingesetzten Mittel geeignet und erforderlich seien, um die aufsichtlichen Ziele zu erreichen, und nicht gegen das Übermaßverbot verstießen. Die betreffenden Tatsachen, Vorgänge und Verhältnisse müssten insbesondere aufsichtlich relevant sein.Daraus zieht der Antragsteller allerdings zu Unrecht die Schlussfolgerung, dass das Auskunftsverlangen vom 9. August 2011schon jetzt erkennbar rechtswidrig sei, weil kein Fall von § 19Abs. 2 KWG und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 KWG und damit selbst für den Fall einer fehlenden Information über ein Treuhandverhältnis kein aufsichtsrelevanter Gesetzesverstoß vorliege. Der Antragsteller argumentiert zunächst damit, dass bereits zwischen den Kommanditgesellschaften einerseits und der xyz GmbHandererseits keine Kreditnehmereinheit gem. § 19 Abs. 2 KWG zu bilden gewesen wäre und nimmt insoweit Bezug auf Schriftverkehr mit der Antragsgegnerin aus den Jahren 2004 bis 2006 sowie deren Verwaltungspraxis. Unabhängig vom Inhalt des Schriftverkehrs und der Verwaltungspraxis war und ist nach § 19 Abs. 2 KWG eine Kreditnehmereinheit zu bilden zwischen Personenhandelsgesellschaften oder Kapitalgesellschaften und jedem persönlich haftenden Gesellschafter. Das ergab sich in der Vergangenheit aus § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KWG a. F. und ergibt sich heute aus § 19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 KWG n. F. Die Antragsgegnerin hat im Bescheid vom 9. August 2011 zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei § 19 Abs. 2 Satz 2 KWG (a. F.), auf den sie das Auskunftsersuchen u.a. gestützt hat, um eine €unwiderlegbare Rechtsvermutung€ handelt. Dass die xyz GmbH Komplementärin - also persönlich haftende Gesellschafterin -der Kommanditgesellschaften war, ergibt sich aus dem eigenen Vortrag des Antragstellers in der Beschwerdebegründung (S. 39). Auf die Frage, ob darüber hinaus die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2Satz 1 KWG (a. F.) gegeben waren - was der Antragsteller bestreitet, indem er behauptet, die Komplementär-Gesellschaft sei jederzeit austauschbar und es hätten keine Kapitalverflechtungen bestanden -, kommt es demzufolge nicht an. Auch eine möglicherweise gegenläufige Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin in der Vergangenheit ändert nichts daran, dass kraft Gesetzes eine Kreditnehmereinheit zwischen den Kommanditgesellschaften und der xyz GmbH zu bilden gewesen wäre.

Die Bildung einer weiteren Krediteinheit zwischen der xyz GmbHund dem Antragsteller hat die Antragsgegnerin im Bescheid vom 9.August 2011, auf den das Verwaltungsgericht Bezug genommen hat,damit begründet, dass die GmbH über den Treuhandvertrag zwischen dem Antragsteller und Frau B. gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1Alternative 3 KWG a. F. i. V. m. § 16 Abs. 1 und 4 AktG im Mehrheitsbesitz des Antragstellers gestanden habe. Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, diese Argumentation ernstlich in Zweifel zu ziehen; allein der Hinweis darauf, dass er weder mit mehr als 10 % an einer der kreditnehmenden Kommanditgesellschaften beteiligt noch jemals deren persönlich haftender Gesellschafter gewesen sei, genügt insoweit nicht.

Unter B III 3 rügt der Antragsteller, die Antragsgegnerin wahre mit ihrem Auskunftsverlangen nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da der behauptete Verstoß gegen § 15 Abs. 1KWG inzwischen über sieben Jahre zurückliege, zu keinerlei Schaden geführt habe und allein schon wegen des Zeitablaufs und der Geringfügigkeit des behaupteten Altverstoßes schutzzweckgerecht kein Sanktionsinteresse der Antragsgegnerin mehr bestehe. Zur Begründung dafür, dass etwaige Verstöße gegen § 15 KWG jedenfalls nach fünf Jahren nicht mehr sanktionierbar seien, stützt sich der Antragsteller u.a. auf § 17 Abs. 3 KWG sowie § 34 GenG und § 93AktG und damit auf Vorschriften, in denen es um die Verjährung von Schadensersatzansprüchen geht. Allein daraus lässt sich allerdings nicht die Schlussfolgerung ziehen, die Fünfjahresfrist müsse auch als Ausschlussfrist für jegliches aufsichtsrechtliche Vorgehen der Antragsgegnerin gegen Institute und ihre Geschäftsleiter nach den übrigen Vorschriften des Kreditwesengesetzes gelten. Der Antragsteller verkennt zudem bei seiner Argumentation, dass es der Antragsgegnerin nicht nur um die Aufklärung eines €Altverstoßes€ geht, sondern dass sie mit dem Bescheid vom 9. August 2011 auch Auskunft darüber begehrt, ob es vergleichbare Kreditengagements in der Vergangenheit gab und heute noch gibt. Das streitgegenständliche Auskunftsverlangen dient daher u.a. der Ermittlung, ob es wiederholte - möglicherweise bis in die Gegenwart reichende - Verstöße gegen § 15 KWG gegeben hat und noch gibt. Damit geht auch die Argumentation des Antragstellers unter Hinweis auf § 25a Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 KWG (Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren) ins Leere. Selbst wenn daraus - wie vom Antragsteller behauptet - der Umkehrschluss zu ziehen wäre, dass die Antragsgegnerin länger als fünf Jahre zurückliegende erledigte Sachverhalte nicht mehr klärend aufgreifen dürfte, träfe das im vorliegenden Fall nicht zu, da das Auskunftsersuchen der Antragsgegnerin bis in die Gegenwart reicht und gerade der Ermittlung etwaiger wiederholter Verstöße gegen § 15 Abs. 1 KWGdient. Auch der Hinweis des Antragstellers auf die Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin zu § 36 Abs. 2 KWG lässt das Auskunftsverlangen nicht von vornherein ungerechtfertigt erscheinen. Die Frage, ob zwischen einer Verwarnung und einem erneuten, eine Abberufung rechtfertigenden Verstoß im Sinne eines fortgesetzten Handelns ein zeitlicher Zusammenhang - seien es drei oder fünf Jahre - bestehen muss, stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht. Das Auskunftsverlangen dient der Ermittlung von -gegebenenfalls wiederholten - Verstößen gegen § 15 KWG in einem Zeitraum von ca. zehn Jahren, ohne dass es zuvor eine Verwarnung gegeben hätte. Inwieweit etwaige Verstöße gegen § 15 KWGsanktioniert werden können, ob sie insbesondere den Schluss auf die Unzuverlässigkeit oder die fehlende fachliche Eignung des Antragstellers rechtfertigen, lässt sich erst nach Abschluss der Sachverhaltsermittlung beantworten. Jedenfalls trifft die Schlussfolgerung des Antragstellers, aus der Auskunft könnten keinerlei Folgen mehr für ein weiteres Aufsichtshandeln der Antragsgegnerin hergeleitet werden, nicht zu.

Schließlich sind auch die Ausführungen unter B IV zum Erfordernis einer gesonderten Verhältnismäßigkeitsprüfung trotz der indiziellen Wirkung des § 49 KWG nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Das Verwaltungsgericht hat die Vollziehung der Auskunftspflicht in dem angegriffenen Beschluss vom 14. Mai 2012 unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Beschluss vom 22. August 2011 (9 L2359/11.F) - zu Recht als eilbedürftig bewertet. Dabei ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in § 49 KWG einen grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses für ein auf § 44 Abs. 1 KWGgestütztes Auskunftsverlangen angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat der Gesetzgeber sich schon für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte - neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache - zu einer Einzelfallbetrachtung nur im Hinblick auf solche Umstände gehalten,die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist.Derjenige Antragsteller, der die Aufhebung des Sofortvollzugs begehrt, muss die Wertung des Gesetzgebers mit Besonderheiten seiner Situation entkräften und Wege aufzeigen, die gleichwohl den öffentlichen Belangen noch Rechnung tragen. Allerdings sind die Folgen, die sich für den einzelnen Antragsteller mit dem Sofortvollzug verbinden, nur insoweit beachtlich, als sie nicht schon als regelmäßige Folge der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzugs in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden haben (Hess. VGH, Beschluss vom 26. April 2004 - 6 TG 3495/03 -, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR2025/03 -, NVwZ 2004, 93).

Dem Antragsteller ist es in der Beschwerdebegründung nicht gelungen, die Wertung des Gesetzgebers in § 49 KWG mit Besonderheiten seiner Situation zu entkräften. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der kraft Gesetzes angeordnete Vorrang des Vollzugsinteresses im vorliegenden Verfahren - im Gegensatz zum Beschluss des Senats vom 23. September 2011 - zur Geltung kommt,nachdem die Anhörung gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nachgeholt worden ist und das Verwaltungsgericht das Auskunftsersuchen auch im Übrigen zu Recht als aller Voraussicht nach rechtmäßig bewertet hat. Das Verwaltungsgericht hat auch die vom Antragsteller geltend gemachte Gefahr drohender Folgemaßnahmen in Form von Verwarnungen oder Abberufungsverlangen zu Recht nicht genügen lassen, um von der gesetzlichen Regel des Sofortvollzugs abzuweichen. Dass Auskunftsersuchen gem. § 44 Abs. 1 KWG unter Umständen weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen, hat der Gesetzgeber berücksichtigt und sowohl hinsichtlich des Auskunftsverlangens als auch hinsichtlich etwaiger Folgemaßnahmen wie Verwarnung oder Abberufung gem. § 36 KWG den grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses in § 49 KWG angeordnet. Der Gesetzgeber hat die damit verbundene Folge, dass sich der Betreffende bereits im Eilverfahren sowohl gegen das Auskunftsverlangen als auch gegen etwaige Folgemaßnahmen zur Wehr setzen muss, bewusst in Kauf genommen.

Auch die weiteren Argumente des Antragstellers rechtfertigen es nicht, zu seinen Gunsten vom gesetzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses abzuweichen. Dem Hinweis des Antragstellers auf einen €abgeschlossenen Altsachverhalt€ ist auch in diesem Zusammenhang entgegen zu halten, dass das Auskunftsverlangen der Ermittlung von - gegebenenfalls wiederholten - Verstößen gegen § 15 KWG in einem Zeitraum von ca. zehn Jahren dient und bis in die Gegenwart reicht. Die wiederholten Hinweise des Antragstellers,dass die Kredite zu marktmäßigen Bedingungen gewährt worden seien,die Bank wirtschaftlich hervorragend dastehe, die Interessen der Bankgläubiger nicht gefährdet seien und die Geschäfte im Übrigen seit Jahren ordnungsgemäß geführt würden, sind ebenfalls nicht geeignet, die Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers ausfallen zu lassen. Die vom Antragsteller vorgetragenen Umstände sind möglicherweise bei der Frage zu berücksichtigen, ob und gegebenenfalls welche aufsichtsrechtlichen Konsequenzen aus der Sachverhaltsermittlung gezogen werden, die mit dem Auskunftsverlangen ermöglicht werden soll. Anlass dafür, den gesetzlich angeordneten Sofortvollzug des Auskunftsersuchens ausnahmsweise außer Kraft zu setzen, geben die vorgetragenen Umstände dagegen nicht.

Schließlich rechtfertigt es der Zeitablauf - unabhängig davon,ob er entsprechend der Behauptung des Antragstellers durch das Verhalten der Antragsgegnerin oder durch den Ablauf des gerichtlichen Verfahrens bedingt ist - ebenfalls nicht, eine von der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 49 KWG abweichende Entscheidung zu treffen. Im Hinblick darauf, dass jede weitere zeitliche Verzögerung die Ermittlungschancen senkt und etwaigen wiederholten Verstößen gegen § 15 KWG Vorschub leistet und damit der Regelung des § 49 KWG zuwiderläuft, kommt es für die Frage der Eilbedürftigkeit nicht darauf an, aus welchen Gründen ein früheres Einschreiten der Behörde unterblieben ist oder sich das gerichtliche Verfahren verzögert hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1und § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 66Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).






Hessischer VGH:
Beschluss v. 06.11.2012
Az: 6 B 1267/12


Link zum Urteil:
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