Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Januar 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 207/00

(BPatG: Beschluss v. 29.01.2002, Az.: 27 W (pat) 207/00)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 29. Februar 2000 und vom 19. August 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Bezeichnung "Thrombolyzer" sollte ursprünglich für "Geräte und Apparate zur Untersuchung von Körperflüssigkeiten für nichtmedizinische Zwecke, insbesondere zur Bestimmung von Gerinnungswerten von Blut und Plasma; labormedizinische Geräte und Apparate zur Untersuchung von Körperflüssigkeiten für medizinische Zwecke, insbesondere zur Bestimmung von Gerinnungswerten von Blut und Plasma" als Marke geschützt werden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zwar handele es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung. Da es jedoch den geläufigen Fachbegriff "Thrombolyse" (für die Auflösung von Thromben mittels Pharmaka) gebe, sei das Anmeldewort im Sinne von "Thrombenauflöser" ohne weiteres verständlich. Es besage nur, daß die damit gekennzeichneten Geräte zur Auflösung von Thromben geeignet seien. Unerheblich sei dabei, ob sie tatsächlich diesem Zweck dienten; maßgeblich sei allein, daß dem Verkehr diese Vorstellung (eines unmittelbar beschreibenden Hinweises) vermittelt werde. Der Erinnerungsprüfer hat dies (trotz des hilfsweisen Angebotes der Anmelderin, ihr Warenverzeichnis durch einen klärenden Zusatz einzuschränken) bestätigt, weil es nur auf die mögliche Meinung des Verkehrs, nicht auf die tatsächliche Zweckbestimmung der beanspruchten Ware ankomme.

Gegen den Erinnerungsbeschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie meint, die Markenstelle gehe von falschen Voraussetzungen aus, weil sie nicht berücksichtige, daß die Anmeldewaren zur Auflösung von Thromben gar nicht geeignet seien. Ein Freihaltungsbedürfnis sei sonach nicht erkennbar, weshalb auch eine noch hinreichende Unterscheidungskraft nicht verneint werden könne, zumal die hier angesprochenen Fachkreise den gegebenen Sachverhalt ohne weiteres erkennen würden. Sie hat dem Warenverzeichnis der Anmeldung nunmehr die bereits früher von ihr hilfsweise vorgeschlagene Fassung "Geräte und Apparate zur Untersuchung von Körperflüssigkeiten außerhalb des menschlichen oder tierischen Körpers für nichtmedizinische Zwecke, insbesondere zur Bestimmung von Gerinnungswerten von Blut und Plasma; labormedizinische Geräte und Apparate, Geräte und Apparate zur Untersuchung von Körperflüssigkeiten außerhalb des menschlichen oder tierischen Körpers für medizinische Zwecke, insbesondere zur Bestimmung von Gerinnungswerten von Blut und Plasma" gegeben.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde mußte in der Sache Erfolg haben, da jedenfalls nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses die Vorschriften des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG einer Eintragung nicht entgegenstehen.

Die angemeldete Marke besitzt hinreichende Unterscheidungskraft. Zunächst ist - was ja auch von der Markenstelle eingeräumt wurde - zu bedenken, daß es sich bei dem Wort "Thrombolyzer" nicht um einen geläufigen oder auch nur lexikalisch auffindbaren Fachausdruck handelt. Andererseits ist zuzugeben, daß angesichts des Fachwortes "Thrombolyse" ("Thrombenauflösung") das Anmeldewort durchaus als englischer Begriff für "Thrombenauflöser" verstanden werden könnte, dh also auch eine Sachbezeichnung für ein entsprechendes (thrombenauflösendes) Gerät sein könnte. Derartige Geräte gibt es wohl, wie eine Internetrecherche des Senats zeigt (www.angioclinic.de/therapie/mech); bemerkenswert ist aber, daß im Zusammenhang mit solchen Apparaten der Ausdruck "Thrombolyzer" offenbar nicht verwendet wird, während er (wie weitere Internetauszüge zeigen, zB www.telemeter.de; www.behnk.de; www.diapharma.com; www.medinor.dk) verhältnismäßig häufig im Zusammenhang mit Laborgeräten auftritt, wobei er meist auf das Unternehmen der Anmelderin hinweist.

Nun ist richtig, daß einer beschreibenden Angabe auch dann die Unterscheidungskraft fehlt, wenn sie eine nur mögliche Zweckbestimmung einer Ware beschreibt. Allerdings darf auch bei der Prüfung der Unterscheidungskraft nicht von irgendwelchen (beliebigen) denkbaren Waren ausgegangen werden; vielmehr sind die beanspruchten konkreten Waren zugrundezulegen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl § 8 Rdn 23). Insoweit sind in den angefochtenen Entscheidungen der Markenstelle sowohl der Charakter der Waren als auch die damit angesprochenen Fachkreise nicht hinreichend gewürdigt worden.

Bei den Waren handelt es sich nicht um irgendwelche medizinischen Geräte, mit denen vielleicht auch eine Behandlung durchgeführt werden könnte, sondern um Laborgeräte, die ausschließlich der Untersuchung von Körperflüssigkeiten dienen (was mit der Einschränkung des Warenverzeichnisses jedenfalls hinreichend deutlich gemacht worden ist). Ferner ist zu berücksichtigen, daß solche Geräte ausschließlich für Fachleute bestimmt sind, bei denen davon ausgegangen werden kann, daß ihnen der Unterschied zwischen einem Laborgerät und einem Therapiegerät geläufig ist. Insoweit erscheint es dem Senat nicht naheliegend, daß ein noch beachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs - selbst wenn er den möglichen beschreibenden Gehalt des Wortes "Thrombolyzer" (er)kennt - in der Anmeldung nur einen Sachhinweis sieht, da ein solcher im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren eben keinerlei Sinn macht. Allenfalls wird er darin ein sprechendes Zeichen vermuten (wie es gerade im medizinischen Bereich nicht unüblich ist), das ua darauf hinweisen mag, daß die so gekennzeichneten Untersuchungsgeräte in irgendeiner Weise im Rahmen einer Thrombosebehandlung (oder -vorbeugung) eingesetzt werden können.

Nach allem ist auch ein Freihaltungsbedürfnis (das auch die Markenstelle offen gelassen hat) nicht gegeben.

Unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse war sonach der Beschwerde stattzugeben.

Dr. Schermer Friehe-Wich Albert Na






BPatG:
Beschluss v. 29.01.2002
Az: 27 W (pat) 207/00


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