Landgericht Cottbus:
Urteil vom 24. Juni 2014
Aktenzeichen: 11 O 153/13

(LG Cottbus: Urteil v. 24.06.2014, Az.: 11 O 153/13)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

für neue Personenkraftwagen €Skodà Citigo, 44 kW€

in Zeitungen und Zeitschriften zu werben, ohne in diesen Werbeschriften Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmisionen im Sinne und nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV zu machen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 2 ersichtlich.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 227,50 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.09.2013 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

für neue Personenkraftwagen €VW Move up 55 kW€

im Internet zu werben, ohne hierbei sicherzustellen, dass Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmisionen im Sinne und nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 und § 2 Pkw-EnVKV gemacht werden und dem Internetnutzer in dem Augenblick zur Kenntnis gebracht werden, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung des beworbenen Fahrzeugs angezeigt werden, wenn dies geschieht, wie in Anlage K 8 wiedergegeben.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 227,50 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.09.2013 zu zahlen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

6. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt als Umwelt- und Verbraucherschutzverband die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger ist seit dem 13.10.2004 in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes mit Wirkung zum 11.10.2004 eingetragen.

Die Beklagte betreibt in ... ein Autohaus. Darüber hinaus unterhält sie ausweislich des Handelsregisters aufgrund Verschmelzungsvertrags vom 30.08.2012 mit dem €...€ eine Niederlassung in ...

Mit Schreiben vom 16.10.2008 mahnte der Kläger die Beklagte erstmalig ab. Anlass der Abmahnung war eine Printwerbung der Beklagten in der €...€ vom 14.10.2008, in der die Pflichtangaben bei einem Inserat ganz, bei weiteren in Form der Angaben zum Kraftstoffverbrauch innerorts und außerorts fehlten (Bl. 42 bis 46 d. A.).

Mit Schreiben vom 08.01.2009 mahnte der Kläger die Beklagte erneut ab. Grund war eine weitere Printwerbung der Beklagten in der €...€, diesmal vom 13. und 20.12.2008, in der die notwendigen Angaben zum Kraftstoffverbrauch innerorts und außerorts fehlten (Bl.47 bis 52 d. A.).

Da die Beklagte nicht reagierte, reichte der Kläger im Februar 2009 Klage beim Landgericht Cottbus ein. Im Laufe des Rechtsstreits legte die Beklagte eine anderweitige Abmahnung vor.

Mit Schreiben vom 31.08.2009 mahnte der Kläger die Beklagte zum dritten Mal ab. Grund war wiederum eine Printwerbung der Beklagten in der €...€, diesmal vom 15./16.08.2009. Darin fehlten die erforderlichen Pflichtangaben gänzlich (Bl. 53 bis 57 d. A.).

Die Beklagte teilte daraufhin mit Anwaltsschreiben mit, wegen des vom Kläger am 31.08.2009 abgemahnten Sachverhaltes sei sie bereits von dem Autohaus ... GmbH & Co. KG abgemahnt worden. Sie fügte eine der Autohaus ... GmbH & Co. KG gegenüber am 20.08.2009 abgegebene Unterlassungserklärung mit einem festen Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 6.000,00 Euro bei (Bl. 58, 59 d. A.).

Der Kläger bat daraufhin die Beklagte um Übersendung einer Kopie des Abmahnschreibens der Autohaus ... GmbH & Co. KG. Eine Reaktion der Beklagten erfolgte nicht.

Am 10.08.2013 warb die Beklagte in der E-Paper-Ausgabe der Wochenzeitung €...€ (Ausgabe ...) unter der Überschrift €Skoda Jahres- und Gebrauchtwagen€ unter anderem für einen Skoda Citigo, Erstzulassung 25.06.2013, 44 KW, 10 Kilometer. Bei dieser Werbung fehlten gänzlich Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen Co2-Emmissionen des beworbenen Fahrzeugs (Bl. 17 d. A.).

Mit Schreiben vom 20.08.2013 mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte diese auf, bis zum 27.08.2013 eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen abzugeben (Bl. 18 bis 20 d. A.). Weiter forderte der Kläger Zahlung einer Abmahnpauschale in Höhe von 227,50 Euro.

Mit Anwaltschreiben vom 26.08.2013 teilte die Beklagte mit, sie sei wegen der vom Kläger beanstandeten Anzeige bereits am 12.08.2013 durch die Autohaus ... GmbH & Co. KG auf Unterlassung in Anspruch genommen worden. Sie habe am 19.08.2013 eine Unterlassungserklärung abgegeben. Mit Schreiben vom 02.09.2013 bat der Kläger um Übersendung des Abmahnschreibens. Mit Schreiben vom 11.09.2013 übersandte die Beklagte das erbetene Schreiben der Autohaus ... GmbH & Co. KG. In diesem Schreiben vom 12.08.2013 forderte die Autohaus ... GmbH & Co. KG die Beklagte auf, die verwirkte Vertragsstrafe bis zum 02.09.2013 zu zahlen. In dem Antwortschreiben vom 19.08.2013 teilte die Beklagte mit, die Vertragsstrafe sei deutlich übersetzt und werde nicht ausgeglichen. Sollte die Autohaus ... GmbH & Co. KG beabsichtigen, ihre vermeintlichen Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, sollten sie die Prozessbevollmächtigten der Beklagten benennen (Bl. 23, 24 d. A.).

Mit Schreiben vom 17.09.2013 nahm die Autohaus ... GmbH & Co. KG die Unterlassungserklärung an und forderte erneut Zahlung der Vertragsstrafe von 6.000,00 Euro bis zum 01.10.2013 (Bl. 110 d. A.). Die Beklagte zahlte die Vertragsstrafe nicht.

Am 03.09.2013 warb die Beklagte auf ihrer Internetseite €www...de€ unter dem Reiter €Neuwagen€ für mehrere Neufahrzeuge, unter anderem die im Antrag zu 3.) genannten Modelle neuer Personenkraftwagen €VW Move UP, 55 KW€ mit einer Laufleistung von 0 Kilometern. Auf die Anzeige wird verwiesen (Bl. 27 bis 34 d. A.).

Mit Schreiben vom 05.09.2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Verbrauchskennzeichnungsvorschriften zukünftig einzuhalten und mahnte den Verstoß vom 03.09.2013 ab. Die Beklagte wurde zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 12.09.2013 aufgefordert, ebenfalls zur Zahlung der Abmahnpauschale von 227,50 Euro (Bl. 35 bis 38 d. A.).

Mit Anwaltschreiben vom 12.09.2013 teilte die Beklagte mit, sie sei wegen ihrer vom Kläger am 05.09.2013 beanstandeten Werbung bereits am 04.09.2013 durch die Auto-Center ... GmbH & Co. KG auf Unterlassung in Anspruch genommen worden. Sie habe am 06.09.2013 eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben (Bl. 39 bis 41 d. A.).

Insoweit wird Bezug genommen auf das von der Beklagten vorgelegte Abmahnschreiben vom 04.09.2013 und die Annahmeerklärung der Autocenter ... GmbH (Bl. 111, 112 d. A.).

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stünden die mit den Anträgen zu 1.) und 3.) geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu. Die von der Beklagten gegenüber Mitbewerbern abgegeben Unterlassungserklärungen hätten die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt. Bestünden an der Ernsthaftigkeit der übernommenen Verpflichtung auch nur geringe Zweifel, sei die Unterlassungserklärung nicht geeignet, die Besorgnis künftiger Verstöße auszuräumen.

Es lege auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers gemäß § 8 Abs. 4 UWG vor.

Die Beklagte sei weiter gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zur Zahlung der Abmahnpauschalen verpflichtet.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbsfür neue Personenkraftwagen €Skodà Citigo, 44 kW€

in Zeitungen und Zeitschriften zu werben, ohne in diesen Werbeschriften Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmisionen im Sinne und nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV zu machen, wenn dies geschieht wie in Anlage K 2 ersichtlich.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 227,50 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.09.2013 zu zahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbsfür neue Personenkraftwagen €VW Move up 55 kW€

im Internet zu werben, ohne hierbei sicherzustellen, dass Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmisionen im Sinne und nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 und § 2 Pkw-EnVKV gemacht werden und dem Internetnutzer in dem Augenblick zur Kenntnis gebracht werden, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung des beworbenen Fahrzeugs angezeigt werden, wenn dies geschieht, wie in Anlage K 8 wiedergegeben.

4. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 227,50 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.09.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist zunächst auf den Umstand, dass die begehrten Unterlassungs-erklärungen weit über das hinaus gingen, was nunmehr Gegenstand der Klage sei. Bezüglich der Abmahnung vom 20.08.2013 habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass die elektronisch abrufbare Ausgabe der Wochenzeitung €...€ mit der gedruckten Auflage tatsächlich übereinstimme.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Wiederholungsgefahr sei durch die gegenüber den Mitbewerbern abgegebenen Unterlassungserklärungen beseitigt. Zweifel an der Ernsthaftig-keit der übernommenen Verpflichtungen bestünden nicht.

Auch handle der Kläger rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. Er habe eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe gefordert. Zudem seien die begehrten Vertrags-strafen mit früher 10.000,00 Euro und jetzt 7.500,00 Euro unangemessen hoch, wenn berücksichtigt werde, dass nur relativ geringfügige Verstöße vorlägen. Alle Punkte zusammengefasst würde die Annahme des Rechtsmissbrauchs rechtfertigen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Partei wird ergänzt auf die wechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten Unterlassung und Zahlung verlangen.

Die Unterlassungsansprüche, die mit den Klageanträgen zu 1.) und 3.) geltend gemacht werden, folgen aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 PKW-EnVKV. Mit den unstreitigen Verstößen gegen § 5 PKW-EnVKV handelte die Beklagte einer Vorschrift zu wider, die auch dazu bestimmt ist, das Marktverhalten zu regeln (vgl. BGH GRUR 2010, 852). Die Verstöße sind spürbar im Sinne von § 3 UWG (vgl. BGH aaO).

Soweit die Beklagte bezüglich der Abmahnung vom 20.08.2013 ausgeführt hat, der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass die elektronisch abrufbare Ausgabe der Zeitschrift vom 10.08.2013 mit der gedruckten Auflage tatsächlich übereinstimme, ist dieses Bestreiten unbeachtlich. Die Beklagte kann hier nach Rücksprache mit ihrem Auftragnehmer, der Zeitschrift, näher Angaben dazu machen, ob eine Übereinstimmung vorliegt oder nicht. Das die in den Abmahnschreiben geforderten Erklärungen weitergefasst waren als die Klageanträge, ist für das Verfahren ohne Bedeutung.

Das Gericht geht auch nicht von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Klägers gemäß § 8 Abs. 4 UWG aus.

Missbrauch liegt dann vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung beziehungsweise Abmahnung erscheinen, wobei ein Fehlen oder ein vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele indessen nicht erforderlich ist, vielmehr genügt es, dass die sachfremden Ziele überwiegen (vgl. BGH GRUR 2006, 243). Dabei ist das Vorliegen eines Missbrauchs jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 2001, 354). Die Beurteilung der gesamten Umstände führt hier zu der Annahme, dass Rechtsmissbrauch nicht angenommen werden kann.

Soweit die Beklagte darauf verweist, es werde eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe geltend gemacht, kann dem nicht gefolgt werden. Eine Unterlassungserklärung, die das Verschulden nicht ausdrücklich erwähnt, ist so zu verstehen, dass nur eine schuldhafte Zuwiderhandlung die Verwirkung der Vertragsstrafe auslöst (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2012, I-20 U 1/12; Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage § 12 Rn. 1. 152).

Soweit die Beklagte darauf verweist, die in den beigefügten formulierten Unterlassungs-erklärungen aufgeführten Vertragsstrafen von 7.500,00 Euro seien zu hoch und dies würde einen Rechtsmissbrauch begründen, kann dem nicht zugestimmt werden. Der vorformulierte Unterlassungsvertrag des Klägers ist nur ein Vorschlag an die Beklagte.

Selbst eine zu hohe Vertragsstrafe in einem Unterlassungsvertrag würde nicht zur Folge haben, dass die Abmahnungen selbst rechtsmissbräuchlich wären. Zudem ist zu berück-sichtigen, dass die streitgegenständlichen Abmahnungen sich auf den vierten und fünften Gesetzesverstoß der Beklagten beziehen. Eine erhöhte Vertragsstrafe kann danach gerechtfertigt sein. Weiter ist zu bedenken, dass die Beklagte selbst gegenüber einem Mitbewerber am 20.08.2009 eine Vertragsstrafe von 6.000,00 Euro versprochen hat.

Die Zahl der Abmahnungen ist letztlich kein ausreichendes Indiz für Rechtsmissbrauch. Eine Vielzahl von Wettbewerbsverletzungen gleicher Art durch eine Vielzahl von Verletzungen kann zu einer Vielzahl von Abmahnungen und Klagen führen. In gleicher Weise gilt dies auch für die sich daraus ergebende Erzielung hoher Einnahmen aus derartigen Rechtsverfolgungsmaßnahmen. Dies ist zwangsläufige Konsequenz und spricht als solches nicht für eine vorrangig auf Einnahmeerzielung gerichtete Motivation des Klägers. Rechtsmissbrauch im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG kann danach nicht angenommen werden.

Auch die Wiederholungsgefahr liegt vor.

Grundsätzlich kann die Wiederholungsgefahr durch eine Drittunterwerfung ausgeräumt werden.

Die Ausräumung der Wiederholungsgefahr durch Drittunterwerfung kann aber nur angenommen werden, wenn die einem Gläubiger (Erstabmahner) abgegebene strafbewehrte Unterwerfungserklärung geeignet erscheint, den Verletzter wirklich und ernsthaft von Wiederholungen abzuhalten. Den anderen Gläubigern stehen in diesem Fall keine Sanktionsmöglichkeiten zu. Es kommt deshalb auf die Person und die Eigenschaften des Vertragsstrafegläubigers und dessen Beziehung zu dem Schuldner an, insbesondere auf seine Bereitschaft und Eignung, die ihm zustehenden Sanktionsmöglichkeiten auszuschöpfen, sodass der Schuldner bei Zuwiderhandlungen mit Sanktionen rechnen muss und deshalb keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Unterlassungserklärung bestehen (vgl. BGH GRUR 1983, 186; OLG Jena, Magazindienst 2011, 915; KG GRUR - RR 2013, 335). Bereits bei geringen Zweifeln an der Ernsthaftigkeit der übernommen Unterlassungsverpflichtung besteht grundsätzlich keine Eignung der Verpflichtung, die Besorgnis künftiger Verstöße zu beseitigen. Zweifel gehen daher grundsätzlich zu Lasten des Schuldners (vgl. BGH GRUR 1997, 379; KG a. a. O).

Ist die Drittunterwerfung gegenüber einem Wettbewerber erklärt worden, ist durchweg Skepsis angebracht; denn niemand weiß, ob nicht der Wettbewerber gegenüber dem Schuldner Zurückhaltung bei der Verfolgung von Zuwiderhandlungen oder Rückerstattung der gezahlten Vertragsstrafe versprochen hat. Außerdem muss sich der Schuldner stets fragen lassen, warum er sich nicht gegenüber dem Gläubiger unterwirft, wenn er doch vor hat, nicht erneut zu verstoßen (vgl. Köhler/Bornkamm, a. a. O. § 2 Rn. 1.168 a).

Vorliegend bestehen bei beiden vorgelegten Drittunterwerfungen Zweifel an der Ernsthaftigkeit.

Zunächst fällt auf, dass beide Mitbewerber sehr zügig reagiert haben. Die am Samstag den 10.08.2013 erschienene wettbewerbswidrige Werbung der Beklagten wurde durch den Mitbewerber bereits am Montag den 12.08.2013 abgemahnt. Dazwischen lag nur ein Sonntag.

Bei dem Wettbewerbsverstoß vom 03.09.2013, den der Kläger zwei Tage später am 05.09.2013 abgemahnt hat, soll der Mitbewerber bereits am 04.09.2013 abgemahnt haben und damit einen Tag nach Kenntnisnahme von dem Verstoß. Wenn im Wettbewerbsrecht auch kurze Fristen gelten, fällt doch auf, dass beide Mitbewerber unmittelbar nach den Verstößen tätig geworden seien sollen, obwohl sie doch primär Verkäufe tätigen.

Wird die Unterwerfungserklärung gegenüber einem Dritten abgegeben, der trotz Kerngleichheit der Verstöße nicht aus ihm gegenüber zuvor abgegebenen Vertragsstrafe- versprechen vorgeht, so bestehen begründete Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Drittunterwerfung (vgl. OLG Jena a. a. O.).

Die Autohaus ... GmbH & Co. KG hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.08.2013 aufgefordert, die verwirkte Vertragsstrafe bis zum 02.09.2013 zu zahlen. Mit Schreiben vom 17.09.2013 erfolgte eine weitere Zahlungsfrist der 6.000,00 Euro auf den 01.10.2013. Obwohl die Beklagte bereits mit Anwaltsschreiben vom 19.08.2013 der Gläubigerin mitgeteilt hat, die Vertragsstrafe sei deutlich übersetzt und werde nicht ausgeglichen, die Gläubigerin möge diese gerichtlich durchsetzen, ist über sechs Monate nichts weiter passiert. Insbesondere hat die Autohaus ... GmbH & Co. KG die Vertragsstrafe nicht gerichtlich geltend gemacht. Nunmehr erklärt die Gläubigerin mit Schreiben vom 23.04.2014 Anlage B5, sie hätte einen Zahlungseingang nicht feststellen können und werde die Ansprüche gerichtlich geltend machen, wenn nicht bis zum 12.05.2014 gezahlt werde.

Dieses Zuwarten der Gläubigerin über mehr als 6 Monate indiziert deutlich, dass die Unterwerfung ihr gegenüber nicht die erforderliche Ernsthaftigkeit besaß.

Auch das Verhalten der Beklagten zeigt dies im Übrigen.

Es wird mit Schreiben vom 20.08.2009 Anlage K 15 die Zahlung einer Vertragsstrafe von 6.000,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprochen und nach Eintritt der Zuwiderhandlung geht die Beklagte mit Anwaltschreiben vom 19.08.2013 Anlage K 5 von vermeintlichen Ansprüchen aus und verweist die Gläubigerin auf den Rechtsweg.

Dieses Verhalten begründet im besonderen Maße Zweifel an der Ernsthaftigkeit der im gleichen Schreiben erneut erklärten Unterwerfung.

Weitergehende Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Drittunterwerfung erweckt der Umstand, dass die Gläubiger keine allgemeinen anerkannten Wettbewerbsverbände sind (vgl. KG a. a. O. Rn 21).

Eine weitere Tatsache begründet Zweifel an der Ernsthaftigkeit.

Erfolgt die Unterwerfung gegenüber einem Dritten, der den Schuldner zuvor nicht abgemahnt hat, ist grundsätzlich Vorsicht geboten (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 1430). Insoweit haben hier auch die früheren Abmahnungen des Klägers Bedeutung.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 07.09.2009 Anlage K16 die Beklagte aufgefordert, ihr das Abmahnschreiben der Autohaus ... GmbH & Co. KG in Kopie zu übersenden. Eine Reaktion der Beklagten ist hierauf nicht erfolgt. Danach kann nicht festgestellt werden, ob der Unterlassungserklärung überhaupt eine Abmahnung vorausgegangen ist. Auch dies begründet Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Unterwerfungserklärungen. Da bereits bei geringen Zweifeln an der Ernsthaftigkeit der übernommenen Unterlassungsverpflichtung grundsätzlich keine Eignung der Verpflichtung besteht, die Besorgnis künftiger Verstöße zu beseitigen und diese geringen Zweifel zu Lasten des Schuldners gehen, kann hier von einer Ausräumung der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden. Es bestehen mehr als geringe Zweifel.

Die Zahlungsansprüche folgen aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die Höhe der Kostenpauschale ist mit 227,50 Euro nicht zu beanstanden (vgl. Köhler/Bornkamm, a. a. O. § 12 Rn. 1.98).

Der Zinsanspruch folgt aus Verzug.

Die prozessualen Nebenentscheidung folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 20.000,00 Euro (entsprechend OLG Brandenburg 6 U 106/10; 6 U 97/13; 6 W 55/11; 6 W 158/13).






LG Cottbus:
Urteil v. 24.06.2014
Az: 11 O 153/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/185c8621b02d/LG-Cottbus_Urteil_vom_24-Juni-2014_Az_11-O-153-13




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share