Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 20. Januar 2006
Aktenzeichen: 2 Wx 44/05

(OLG Köln: Beschluss v. 20.01.2006, Az.: 2 Wx 44/05)

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten vom 30. November 2005 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 15. November 2005 - 3 T 371/05 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf der Mitgliederversammlung vom 8. Oktober 2004 beschloss der Beteiligte (im folgenden: der Verein) unter Tagesordnungspunkt 10, den Vereinsnamen von "N-Vereinigung" in "N-Vereinigung Deutschland e. V. - Sitz B" zu ändern, damit deutlich werde, dass der Verein ganz Deutschland vertrete und nicht nur den Raum B. Unter dem 9. März 2005 reichte Notar Dr. T bei dem Amtsgericht das Protokoll der Mitgliederversammlung nebst beglaubigten Anträgen des Vorstandes auf Eintragung der Satzungsänderung betreffend den neuen Vereinsnamen ein. Ergänzend wies der Verein durch Schreiben vom 16. Juni 2005 darauf hin, er sei bundesweit tätig, mit einem Schwerpunkt auch in Ostdeutschland. Im Zentrum seiner Tätigkeiten stehe die Ausbildung von Lehrern und Erziehern in der N-Pädagogik. Er habe bundesweit ca. 1200 Mitglieder, davon ca. 160 Dozenten nebst 65 Assistenten. Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt sei die Verbreitung der N-Pädagogik durch wissenschaftliche Veröffentlichungen und Tagungen. Derzeit gebe es zwei weitere bundesweit auf demselben Sachgebiet tätige Vereine, nämlich die "Deutsche N-Gesellschaft e. V." und die "Deutsche heilpädagogische Vereinigung e. V.". Zusammen mit dem beteiligten Verein und einigen Landesverbänden bildeten diese beiden den "N-Dachverband-Deutschland".

Durch Beschluss vom 6. September 2005 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts (Registergerichts) den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Der beabsichtigte Name sei zur Täuschung geeignet, weil er der Allgemeinheit den Eindruck vermittele, der Verein sei ein Dachverband von N-Vereinen in Deutschland. Die Verwendung der auf eine allumfassende Betätigung im Rahmen der N-Bewegung hindeutende Bezeichnung "N-Vereinigung" in Verbindung mit dem Zusatz "Deutschland" ohne weiteren (einschränkenden) Zusatz hinsichtlich des Betätigungsfeldes (nicht des Betätigungsgebietes) lege eine solche Interpretation nahe. Ein Dachverband sei der Verein nach eigenem Begründen jedoch nicht. Gegen diesen Beschluss, der dem Verein nach eigenen Angaben am 13. September 2005 zugegangen ist, hat er durch Schriftsatz vom 16. September 2005, beim Landgericht eingegangen am 20. September 2005, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, von der vom Amtsgericht angenommenen Irreführung könne nicht ausgegangen werden. Er sei der einzige bundesweit tätige Verein, bei dem die auf ganz Deutschland bezogene Aufgabenstellung nicht im Namen deutlich werde, obwohl er die mit Abstand größte Organisation sei. Mit dem Zusatz "Deutschland" werde die bundesweite Tätigkeit verdeutlicht.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde dem Amtsgericht zugeleitet und um Übersendung der Akten nach Abhilfe/Nichtabhilfeentscheidung gebeten. Das Amtsgericht hat durch Verfügung vom 21. Oktober 2005 der Beschwerde nicht abgeholfen. Durch den angefochtenen Beschluss vom 15. November 2005, dem Verein am 21. November 2005 zugestellt, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Es hat sich der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen, dass der von der Mitgliederversammlung beschlossene und den Zusatz "Deutschland" enthaltende Name den irreführenden, gegen den Grundsatz der Namenswahrheit verstoßenden Eindruck erwecke, bei dem Beteiligten handele es sich um einen der bestehenden deutschen N-Vereinen übergeordneten Dachverband, der repräsentativen Anspruch für das Bundesgebiet erhebe. Dieser Eindruck eines Dachverbandes sei sowohl "ersichtlich" als auch "wesentlich" gemäß der im Vereinsrecht entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 18 Abs. 2 HGB. Der Würdigung des Amtsgerichts stehe insbesondere auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des Zusatzes "deutsch" als Bestandteil des Vereinsnamens entgegen (BGH MDR 1987, 996). Diese Rechtsprechung führe nicht dazu, dass geografische Zusätze des Vereinsnamens, die fälschlich eine das hervorgehobene Territorium abdeckende Organisation vermuten ließen, zulässig wären. Anders als die Bezeichnung "deutsch" vermittele die Verwendung des Eigennamens "Deutschland" den Eindruck eines umfassenden Repräsentationsanspruches. Es werde der Eindruck der Einzigartigkeit erweckt, wie er insbesondere einer Dach- oder sonstigen Spitzenorganisation eigen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. Juni 1999 (NJW 1999, 1710 ff.) Zusätze im Vereinsnamen wie "Euro" oder "European" für unbedenklich halte. Die erste dieser beiden Bezeichnungen sei eine bezüglich "deutsch" oder "Deutschland" äquivalentlose Kurzform, die ein sehr breites Bedeutungsspektrum habe; die zweite Bezeichnung sei ein geografisches Eigenschaftswort, das überregional der regionaleren Bezeichnung "deutsch" entspreche.

Mit seiner am 2. Dezember 2005 beim Oberlandesgericht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde rügt der Verein die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und die Verletzung materiellen Rechts. Zunächst sei es zu beanstanden, dass das Landgericht ohne tatsächliche Überprüfung und ohne auf seine Absicht hinzuweisen überraschend festgestellt habe, nach allgemeinem Verständnis und Sprachgebrauch verleihe der Zusatz "Deutschland" den Eindruck der Einzigartigkeit, wie er insbesondere einer Dach- oder Spitzenorganisation eigen sei. Hätte das Landgericht den Verein hierzu vorher angehört, so hätte dieser bereits im Beschwerdeverfahren näher darlegen können, dass jedenfalls im Vereinswesen "deutsch" und "Deutschland" wahlweise zur Bezeichnung der regionalen Aufgabenstellung verwendet würden. Es sei gängige Praxis, dass sowohl Dachverbände als auch Vereine ohne diese Funktion "deutsch" oder "Deutschland" im Namen führten. So würden beispielsweise Kraftfahrer nicht nur von dem allgemeinen Deutschen Automobilclub e. V. (ADAC) und dem Automobilclub für Deutschland e. V. (AVD) vertreten, sondern neuerdings auch von dem Verkehrsclub Deutschland e. V. (VCD). Daneben gebe es eine Vielzahl weiterer Vereine, die "Deutschland" als Bezeichnung ihres Tätigkeitsbereiches im Namen führten. Wäre ihm - dem Beteiligten - rechtliches Gehör gewährt worden, hätte er im Beschwerdeverfahren beantragt, ein Sachverständigengutachten zur Verwendung und Bedeutung von "deutsch" und "Deutschland" im Vereinswesen einzuholen. Im Übrigen verletzten die angefochtenen Entscheidungen auch materielles Recht, denn sie schränkten die nach § 57 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 18 Abs. 2 HGB freie Namenswahl grundlos ein. Der Verein bringe mit dem Zusatz "Deutschland" zutreffend zum Ausdruck, dass sich sein Aufgabengebiet auf ganz Deutschland erstrecke. Es liege ihm fern, über die Art seines Vereins zu täuschen. Auch sonst seien keine konkreten Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass sich die durchschnittlichen Angehörigen des hier angesprochenen Personenkreises, nämlich die an N-Pädagogik Interessierten durch den Namenszusatz "Deutschland" im Namen der N-Vereinigung zu für sie nachteiligen Aktionen verleiten lassen könnten. Wer wirklich einen Dachverband suche, finde ihn im Internet unter dem hierfür zutreffenden Namen "N Dachverband Deutschland e. V.".

II.

Die weitere sofortige Beschwerde des beteiligten Vereins ist zulässig. Sie ist nach den §§ 160 a Abs. 1, 27 Abs. 1 FGG statthaft und in rechter Form (§ 29 Abs. 1 Satz 1 FGG) eingelegt worden. Da die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts gemäß § 160 a Abs. 1 FGG der sofortigen Beschwerde unterlag, findet gemäß § 29 Abs. 2 FGG auch gegen die Entscheidung des Landgerichts die sofortige weitere Beschwerde statt. Die hiernach bestehende 2-Wochen-Frist (§ 29 Abs. 4 FGG in Verbindung mit § 22 Abs. 1 FGG) hat der Verein gewahrt.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 FGG in Verbindung mit § 546 ZPO). Das Landgericht hat die sofortige Erstbeschwerde des Vereins gegen die Entscheidung des Amtsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

1. Das Landgericht hat die Zulässigkeit der Erstbeschwerde, die das Rechtsbeschwerdegericht selbstständig zu prüfen hat (vgl. z. B. Senat, Rpfleger 2002, 318; BayObLGZ 1998, 179 [180]; BayObLG, FGPrax 2000, 40), jedenfalls im Ergebnis zutreffend bejaht. Die Statthaftigkeit folgt aus § 11 Abs. 1 RPflG in Verbindung mit den §§ 160 a Abs. 1, 19 FGG. Der Verein hat auch die zweiwöchige Beschwerdefrist gemäß § 160 a Abs. 1 FGG in Verbindung mit § 22 Abs. 1 FGG eingehalten. Da das Amtsgericht seine Entscheidung - entgegen der ausdrücklichen Anordnung in § 16 Abs. 2 FGG - nicht förmlich hat zustellen lassen, kommt als Eingangsdatum der Entscheidung bei dem Verein nur das in der Beschwerdeschrift von dem Verein selbst angegebene Datum in Betracht (13. September 2005). Die Beschwerdefrist ist deshalb durch den am 20. September 2005 bei dem Landgericht eingegangenen Beschwerdeschriftsatz gewahrt. Schließlich steht der Zulässigkeit der Erstbeschwerde auch nicht der Umstand entgegen, dass das Landgericht nach Eingang der Beschwerde diese zu Unrecht dem Amtsgericht zur Herbeiführung einer Abhilfe-/Nichtabhilfeentscheidung vorgelegt und das Amtsgericht der Beschwerde unter dem 21. Oktober 2005 nicht abgeholfen hat. Da die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts vom 6. September 2005 der sofortigen Beschwerde unterlag, war das Amtsgericht gemäß der ausdrücklichen Anordnung in § 18 Abs. 2 FGG zu einer Änderung und damit einer Abhilfe nicht befugt. An der Zulässigkeit der Erstbeschwerde vermag die von dem Amtsgericht gleichwohl getroffene Nichtabhilfeentscheidung allerdings nichts zu ändern.

2. In der Sache hat das Landgericht die Erstbeschwerde zutreffend als unbegründet angesehen. Die Voraussetzungen für die von dem Verein beantragte Eintragung der Satzungsänderung und der hierin erfolgten Änderung des Vereinsnamens in das Vereinsregister liegen nicht vor, so dass das Amtsgericht den Eintragungsantrag zutreffend abgelehnt und das Landgericht die gegen diese Ablehnung gerichtete sofortige Beschwerde des Vereins zutreffend zurückgewiesen hat.

a) Nicht zu beanstanden ist zunächst der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts bzw. des Amtsgerichts. Nach § 60 BGB ist die Anmeldung eines Vereins zurückzuweisen, wenn einem der Erfordernisse der §§ 56 bis 59 BGB nicht genügt ist. Dies gilt nach der Verweisungsnorm des § 71 Abs. 2 BGB auch bei - wie hier - angemeldeten Satzungsänderungen. In beiden Fällen ist die Prüfung des Registergerichtes, soweit sie den Vereinsnamen zum Gegenstand hat, nicht auf die Fragen beschränkt, ob die Satzung des Vereins überhaupt einen Namen vorsieht (§ 57 Abs. 1 BGB) und ob sich dieser Name hinreichend deutlich von den Namen der übrigen an demselben Ort oder in derselben Gemeinde eingetragenen Vereine unterscheidet (§ 57 Abs. 2 BGB). Vielmehr ist die Prüfung des Registergerichtes entsprechend § 18 Abs. 2 HGB auch auf die Frage zu erstrecken, ob der Name des Vereins geeignet ist, eine Täuschung über die Art, die Größe oder die sonstigen Verhältnisse des Vereins herbeizuführen (vgl. hierzu nur Senat, NJW-RR 1997, 1531 [1532]; BayObLG, NJW-RR 1990, 996; Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 10. Aufl. 2005, Rdn. 78 ff. m. w. N. ; Staudinger/Habermann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 57 Rdn. 6 ff. m. w. N.). Das Landgericht hat auch nicht verkannt, dass nach der Neufassung des § 18 Abs. 2 HGB nur noch solche Angaben vom Registergericht beanstandet werden dürfen, die ersichtlich geeignet sind, über Verhältnisse des Vereins, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen (vgl. hierzu ausführlich OLG Hamm, NJW-RR 1999, 1710 ff.; OLG Frankfurt, NJW-RR 2002, 176; Reichert, a. a. O., Rdn. 479 m. w. N.; Staudinger/Habermann, a. a. O., § 57 Rdn. 6).

b) Das Landgericht ist vorliegend auch zu Recht davon ausgegangen, dass der von dem Verein zur Eintragung angemeldete Name zur Täuschung bzw. Irreführung im oben bezeichneten - eingeschränkten - Sinne geeignet ist.

aa) Die Täuschungseignung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff; Maßstab für seine Beurteilung ist die Verkehrsauffassung der in Betracht kommenden Verkehrskreise. Die Frage, wie die in Betracht kommenden Verkehrskreise einen Vereinsnamen verstehen können, ob also die Gefahr der oben umrissenen Täuschung besteht oder nicht, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Der Senat ist insoweit mit dem Oberlandesgericht Frankfurt (vgl. Beschluss vom 25. März 1974, 20 W 192/74 - veröffentlicht in Juris) der Auffassung, dass sich die Überprüfungsmöglichkeiten des Rechtsbeschwerdegerichtes nach den Grundsätzen richten, die die Rechtsprechung in wettbewerbsrechtlichen Rechtsstreitigkeiten entwickelt hat. Auch dort geht es häufig um die Feststellung einer bestimmten Verkehrsauffassung und deren Überprüfung durch das Revisionsgericht. Da Revisionsinstanz und Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 27 FGG bzw. § 546 ZPO die gleichen Aufgaben gestellt sind, bestehen gegen eine Übernahme der Grundsätze des Revisionsrechts in das Rechtsbeschwerdeverfahren keine Bedenken (vgl. in diesem Sinne auch OLG Frankfurt a.a.O.). Die Revisionsinstanz und demgemäß auch die Rechtsbeschwerdeinstanz sind deshalb an die Feststellungen des Tatrichters betreffend eine Irreführung bzw. Täuschung gebunden, es sei denn, der Tatrichter hat bei der Feststellung gegen Verfahrensregeln oder gegen Erfahrungssätze verstoßen ( vgl. OLG Frankfurt a.a.O. mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Wettbewerbsrecht; siehe auch die jüngste, grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Feststellung einer Verkehrsauffassung und der Überprüfung durch das Revisionsgericht durch Urteil vom 2. Oktober 2003 - BGHZ 156, 250 ff.; vgl. ferner Bornkamm, WRP 2000, 830 [833]; Ahrens/Bornkamm, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl. 2005, Kapitel 30 Rdn. 25 ff.; Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 5 UWG Rz. 3.15).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Feststellung des Landgerichts, dass der von dem Verein beabsichtigte neue Name den irreführenden Eindruck erwecke, bei ihm handele es sich um einen den bestehenden deutschen N-vereinen übergeordneten Dachverband, der repräsentativen Anspruch für das Bundesgebiet erhebe, nicht zu beanstanden.

(1) Es begründet zunächst keinen Verfahrensfehler, dass das Landgericht seine Feststellungen, wie der von dem Verein beabsichtigte neue Name von der Verkehrsauffassung zu verstehen ist, ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens getroffen hat. Es hat vielmehr zu Recht aufgrund eigener Sachkunde beurteilt, wie die von dem Verein angesprochenen Verkehrskreise den Vereinsnamen verstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Wettbewerbssachen, die auch im vorliegenden Zusammenhang heranzuziehen ist und der der Senat folgt, bedarf es im Allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens, um das Verständnis des Verkehrs zu ermitteln, wenn die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören (vgl. auch hierzu grundlegend BGHZ 156, 250 [255] m. w. N.; siehe auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. März 1974, 20 W 192/74 - veröffentlicht in Juris, zu der Parallelproblematik im Vereinsrecht; siehe ferner Bornkamm, WRP 2000, 830 [831] ff.; Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, a. a. O., § 5 UWG Rz. 3.11 ff.). Hier liegt nach dem eigenen Vorbringen des Vereins ein Tätigkeitsschwerpunkt in der Verbreitung der N-Pädagogik durch wissenschaftliche Veröffentlichungen und Tagungen. Von daher werden auch die Richter als potentielle Interessenten des Vereins, die sich möglicherweise erstmalig über den N-gedanken informieren möchten, angesprochen. Sie sind deshalb auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens in der Lage, die Reichweite und die Bedeutung des in Aussicht genommenen Namens zu beurteilen. Dies gilt im übrigen selbst dann, wenn die Richter nicht zu den von dem Verein angesprochenen Verkehrskreisen gehörten. Es gibt nämlich keinen Rechtssatz des Inhalts, dass eine Beweiserhebung zu einer Verkehrsauffassung stets geboten ist, wenn die Richter von der in Rede stehenden Werbung - bzw. hier: von dem in Rede stehenden Verein - selbst nicht angesprochen werden. Insbesondere in den Fällen, in denen es zur Feststellung der Verkehrsauffassung keiner besonderen Erfahrungen bedarf, kann der Richter die Frage einer möglichen Irreführung selbst beurteilen (vgl. auch hierzu BGH 156, 250 [255]; Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, § 5 UWG R. Z. 3.12). So liegt der Fall aber hier: Die Bestimmung der Reichweite des beabsichtigten Namens "N-Vereinigung Deutschland e. V." setzt - über das allgemeine Erfahrungswissen der Richter hinaus - keine besondere Sachkunde voraus. Vielmehr kommt es insoweit auf den allgemeinen Sprachgebrauch und die insoweit bestehenden Erfahrungssätze an, für die die allgemeine Lebenserfahrung der Richter ausreicht.

(2) Das von dem Landgericht angenommene Verständnis des beabsichtigten Vereinsnamens durch die von dem Verein angesprochenen Verkehrskreise verstößt auch nicht gegen allgemeine Erfahrungssätze bzw. die Denkgesetze. Insoweit bedarf es vorliegend keiner allgemeinen Entscheidung, in welcher Form der Verein seine - auch von der Beschwerdekammer nicht in Abrede gestellte - deutschlandweite Betätigung ohne irreführenden Angaben in dem Namen zum Ausdruck bringen könnte. Auch nach der eigenen Erfahrung und dem Sprachverständnis des Senats vermittelt jedenfalls hier die Verwendung des Eigennamens "Deutschland" den Eindruck eines umfassenden Repräsentationsanspruchs des Vereins, der ihm tatsächlich nicht zukommt. Der Verein hat auch nicht einen derartigen Bekanntheitsgrad, dass für nahezu jeden - auch erstmalig an dem N-Gedanken - Interessierten klar ist, welche Organisationsstruktur und welche Bedeutung dem Verein im Vergleich zu anderen Vereinigungen mit vergleichbarer Zielsetzung zukommt. Für die Entscheidung über die weitere Beschwerde unerheblich ist der Umstand, dass es nach dem Vorbringen des Vereins "gängige Praxis" sei, dass sowohl Dachverbände als auch Vereine ohne diese Funktion "deutsch" oder "Deutschland" im Namen führten. Entscheidend ist nur, wie der vorliegend verwendete Name von den betroffenen Personenkreisen bei verständiger Würdigung verstanden wird. An der Tatsache aber, dass zumindest vorliegend - nur hierum geht es - durch den beabsichtigten Namen der - sachlich unzutreffende - Eindruck eines umfassenden Repräsentationsanspruches der in Deutschland tätigen N-vereine erweckt wird, vermag eine etwaige registerrechtliche Praxis in anderen Bereichen, deren Hintergründe im übrigen dem Senat nicht bekannt sind, nichts zu ändern.

(3) Der weiteren Beschwerde verhilft auch der Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu Erfolg, wonach ein Verein das Adjektiv "deutsch" ohne Irreführung verwenden dürfe, obwohl es sich um keinen Dachverband handele. Der Bundesgerichtshof hat in der von dem Verein zitierten Entscheidung (vgl. BGH MDR 1987, 996) keine allumfassende Aussage dahingehend aufgestellt, dass jegliche geografische Angabe - sei es in Form eines Adjektivs oder sei es in Form eines Substantivs - bereits dann vereinsrechtlich zulässig ist, wenn sich ein Verein in dem angegebenen geografischen Gebiet betätigt. Eine entsprechende Aussage lässt sich auch nicht der von dem Verein zusätzlich zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. Juli 1999 (NJW 1999, 1710 ff.) entnehmen. Entscheidend ist vielmehr, wie ein Name im jeweils zur Entscheidung stehenden Einzelfall zu verstehen ist.

(4) Ob schließlich das Landgericht den Verein vor der Entscheidung über die Beschwerde darauf hätte hinweisen müssen, dass es den Namensbestandteil "Deutschland" anders auslegt als einen Namensbestandteil "deutsch", kann ebenfalls dahinstehen. Sollte die Beschwerdekammer hierdurch den Anspruch des Vereins auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Artikel 103 Abs. 1 GG) nicht beachtet und damit verfahrensfehlerhaft vorgegangen sein - dies liegt allerdings nach der Auffassung des Senats eher fern -, würde dies nicht automatisch zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Sache führen. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs stellt keinen absoluten Rechtsbeschwerdegrund dar (§ 27 Satz 2 FGG in Verbindung mit § 547 ZPO), bei dessen Vorliegen unwiderlegbar vermutet wird, dass die Entscheidung darauf beruht. Vielmehr ist sie nur dann von Bedeutung, wenn die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensverstoß beruht oder beruhen kann (vgl. BayObLGZ 1980, 23 [25]; BayObLG, FamRZ 1981, 999 [1001 f.]; Meyer-Holz in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. 2003, § 27 Rdn. 17). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Im Rahmen der dem Rechtsbeschwerdegericht obliegenden Prüfung der Ursächlichkeit der Gesetzesverletzung (Meyer-Holz in: Keidel/Kuntze/Winkler, a. a. O., § 27 Rdn. 17, 19) kann nämlich die abgegebene Stellungnahme des Vereins im Rahmen der weiteren Beschwerde berücksichtigt werden. Wie oben aber bereits ausgeführt wurde, vermögen auch die ergänzenden Ausführungen des Vereins zu der Interpretation des Namensbestandteils "Deutschland" an der Eignung zur Irreführung nichts zu ändern. Auch wenn das Landgericht den Verein deshalb auf die in dem Beschluss vorgenommene Interpretation vorab hingewiesen hätte, wäre die Entscheidung nicht anders ausgefallen. Insbesondere hätten auch die ergänzenden Ausführungen des Vereins das Landgericht nicht zu einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten gezwungen. Der Senat braucht auch mangels Ursächlichkeit einer etwaigen Gehörsverletzung nicht zu überprüfen, ob das Amtsgericht bzw. das Landgericht die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts vom 21. Oktober 2005 dem Verein vor der Entscheidung über die Beschwerde zur Kenntnis gebracht haben. Ein Zustellungsnachweis lässt sich insoweit der Akte nicht entnehmen. Auch auf einem derartigen Verfahrensverstoß würde die Entscheidung des Landgerichts indessen nicht beruhen. Die obigen Ausführungen gelten insoweit entsprechend.

3. Da dem Verein ein Gegner, für den eine Kostenerstattung in Betracht käme, nicht gegenübersteht, besteht für eine Kostenentscheidung keine Veranlassung. Die Haftung für die Gerichtskosten ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. §§ 131 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Nr. 1 KostO).

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 3.000,00 EUR (§§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO).






OLG Köln:
Beschluss v. 20.01.2006
Az: 2 Wx 44/05


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