Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juli 2000
Aktenzeichen: 27 W (pat) 189/00

(BPatG: Beschluss v. 18.07.2000, Az.: 27 W (pat) 189/00)

Tenor

1. Die Beschwerde wird verworfen.

2. Kosten werden nicht auferlegt.

Gründe I.

Die Bezeichnung "Photo Works" ist als Anmeldemarke für "Software; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Druckereierzeugnisse" eingetragen worden.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der für "Datenverarbeitungsprogramme" registrierten Marke 395 24 456 "PHOTOWORKS".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat dem Widerspruch in vollem Umfang stattgegeben.

Der Beschluß der Markenstelle ist dem Markeninhaber als eingeschriebener Brief durch Aufgabe zur Post zugestellt worden: Die Aufgabe zur Post erfolgte am 8. Februar 2000, die Zustellung lt. Auskunft der Post am 11. Februar 2000.

Gegen den Beschluß hat der Markeninhaber Beschwerde eingelegt, die per Fax am 14. März 2000 beim Patentamt eingegangen ist. Nach einem entsprechenden Hinweis der Rechtspflegerin des Senats hat der Markeninhaber Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist gestellt.

Zur Begründung führt er aus, daß er seit einiger Zeit - so auch beim Eingang des angefochtenen Beschlusses - nicht mehr anwaltschaftlich vertreten sei. Er habe die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses falsch ausgelegt. Zunächst sei er irrtümlich davon ausgegangen, daß er bereits mit der Zahlung der Beschwerdegebühr am 18. Februar 2000 die Rechtsmittelfrist gewahrt habe. Außerdem habe er angenommen, daß die Zustellung mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als erfolgt gelte, "also am 12.02., einem Samstag, und - wegen des Wochenendes - die Rechtsmittelfrist von einem Monat erst an dem 14.02., einem Montag, zu laufen" begonnen habe und dementsprechend auch erst am 14. März abgelaufen sei. Schließlich sei der Beschluß bei der Zustellung auch nicht von ihm persönlich, sondern von einer Mitarbeiterin entgegengenommen worden; von ihr habe er ihn am 14. Februar erhalten.

Die Widersprechende begehrt kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig, da sie verspätet eingelegt worden ist (MarkenG § 66 Abs 2).

Der angefochtene Beschluß ist dem Markeninhaber am 11. Februar 2000 wirksam zugestellt worden. Er wurde am 8. Februar 2000 als eingeschriebener Brief zur Post gegeben, was sich aus dem entsprechenden Aktenvermerk (gem VwZG § 4 Abs 2) unterhalb der Rechtsmittelbelehrung ergibt, und gilt deshalb am dritten Tag nach diesem Termin als zugestellt (MarkenG § 94 Abs 1 iVm VwZG § 4 Abs 1). Dieser gesetzlich vermutete Zustellungstermin entspricht auch dem nach Auskunft der Post tatsächlichen Zustellungstermin im Büro des Markeninhabers. Dabei ist es unerheblich, ob die Sendung den Empfänger an diesem Tag persönlich erreicht hat (vgl zB Schulte, PatentG, 5. Aufl § 127 Rdn 27).

Die mit Fax am 14. März 2000 eingegangene Beschwerde ist damit verspätet, da der Tag des Ablaufs der Beschwerdefrist von einem Monat der 13. März 2000 gewesen ist. Daran ändert auch die früher vorgenommene Zahlung der Beschwerdegebühr nichts (vgl zB Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl § 66 Rdn 35).

Der zulässige Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (MarkenG § 91) konnte keinen Erfolg haben. Aus der Antragsbegründung des Markeninhabers ist nicht zu entnehmen, daß er ohne Verschulden die Beschwerdefrist versäumt hat.

Er beruft sich darauf, die Rechtsmittelbelehrung falsch verstanden und ausgelegt zu haben, also auf einen "Rechtsirrtum". Dazu ist allgemein zu sagen, daß ein Rechtsirrtum oder eine Rechtsunkenntnis grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellt (vgl Schulte aaO, § 123 Rdn 41; Benkard PatG, 9. Aufl § 123 Rdn 36 f). Die verhältnismäßig strenge Rechtsprechung hierzu, die sich zwar in erster Linie auf anwaltschaftliche Vertreter bezieht, erlegt auch Laien in diesem Punkt eine erhebliche Sorgfaltspflicht auf (vgl zB BGH NJW 1997, 1989; Baumbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl § 233 Rdn 32). Nur in verhältnismäßig unübersichtlichen Fällen, bei mißdeutbarer Information von Seiten einer Behörde usw kann ein Irrtum über den Inhalt einer Rechtsmittelbelehrung auch bei juristischen Laien uU folgenlos bleiben. Hierfür sind aber im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte erkennbar.

Der angefochtene Beschluß war mit einer üblichen Rechtsmittelbelehrung versehen, wie sie vom Patentamt täglich hundertfach verwendet wird. Aus ihr ergeben sich die wesentlichen Punkte für die Einlegung der Beschwerde ganz eindeutig und sind insoweit nicht auslegungsbedürftig. So heißt es dort (ua):

- Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses..... einzulegen.

- Bei der Zustellung durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes gilt dieser mit dem 3. Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn,... .

- Als Tag der Aufgabe zur Post ist der 8. Februar 2000 vermerkt.

Ferner wird darauf hingewiesen, daß

- innerhalb der Beschwerdefrist eine Gebühr in Höhe von DM 345,-- ..... zu entrichten ist.

Aus diesen klaren Angaben kann man auch ohne juristische Fachkenntnisse entnehmen, daß der Beschluß am 11. Februar 2000 zugestellt war und an diesem Tag die Monatsfrist zu laufen begann. Für andere Überlegungen, etwa der Art, daß die Frist doch nicht am Zustellungstag sondern erst später zu laufen beginnen könnte, daß der Tag der Zustellung später liegen könnte usw, bietet die Rechtsmittelbelehrung ebensowenig Anlaß wie für die Ansicht, mit der Zahlung der Beschwerdegebühr sei bereits wirksam Beschwerde eingelegt (im übrigen zeigt die - wenn auch verspätete - Beschwerdeeinlegung gerade, daß der Markeninhaber sie für nötig und nicht etwa die Gebührenzahlung allein für ausreichend hielt). Angesichts des Wortlauts der Rechtsmittelbelehrung handelt es sich bei solchen Vermutungen um eigenwillige Überlegungen, die in die Verantwortung des Markeninhabers fallen. Wenn der Markeninhaber bezüglich der Formalitäten einer Beschwerdeeinlegung schon Vorstellungen hat, die von den klaren und unmißverständlichen Vorgaben der Rechtsmittelbelehrung abweichen und mit ihr nicht vereinbar sind, dann wäre es auch seine Sache gewesen, zu überprüfen, ob es mit solchen Vermutungen wirklich seine Richtigkeit hat.

Weder der Wiedereinsetzungsantrag noch die unzulässige Beschwerde konnten sonach Erfolg haben, weshalb letztere zu verwerfen war.

Der Senat möchte nicht verschweigen, daß die Beschwerde (bei Zulässigkeit) auch materiell keinen Erfolg hätte haben können, weil im vorliegenden Fall nur markenrechtliche, nicht aber etwaige (vielleicht zugunsten des Markeninhabers sprechende, worauf er in seinem Sachvortrag wohl hinweisen wollte) wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden können (vgl zB Althammer/Ströbele aaO § 42 Rdn 37).

Für eine Kostenauferlegung (MarkenG § 71 Abs 1) bestand keine Veranlassung. Hinreichende Anhaltspunkte, die ausnahmsweise eine Kostenüberbürdung rechtfertigen könnten, sind weder erkennbar noch vorgetragen. Zumindest in diesem Stadium des Verfahrens kann bei dem Markeninhaber, der offenbar annimmt, daß ihm an der streitbefangenen Kennzeichnung ältere Rechte zustehen, nicht von mangelnder Sorgfalt oder Mutwilligkeit bei der Rechtsverfolgung ausgegangen werden, so daß es bei der gesetzlich vorgesehenen Kostenverteilung (MarkenG § 71 Abs 1 Satz 2) bleibt.

Hellebrand Friehe-Wich Albert Wf/Pü






BPatG:
Beschluss v. 18.07.2000
Az: 27 W (pat) 189/00


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