Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht:
Urteil vom 17. Mai 2011
Aktenzeichen: 10 LB 163/08

(Niedersächsisches OVG: Urteil v. 17.05.2011, Az.: 10 LB 163/08)

1. Zur hinreichenden Bestimmtheit zurückgenommener Bewilligungsbescheide über Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/922. Die Vorschriften über den Vertrauensschutz in § 10 Abs. 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 VwVfG werden bei der Rücknahme von Bewilligungsbescheiden über Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 nicht durch europäisches Gemeinschaftsrecht verdrängt. 3. Bei einer Verschmelzung zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach dem Umwandlungsgesetz geht eine der übertragenden Gesellschaft erteilte Vollmacht auf die übernehmende Gesellschaft über, wenn nicht andere Anhaltspunkte aus dem der Bevollmächtigung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis entnommen werden können.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Rückforderung von Ausgleichszahlungen für Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln (nachfolgend: Stärkekartoffeln) für das Wirtschaftsjahr 1997/98 und die teilweise Rücknahme von zwei zugrunde liegenden Bewilligungsbescheiden.

Die Klägerin erzeugt Kartoffeln zur Herstellung von Stärke. Sie schloss am 22. April / 26. Mai 1997 als €Erzeuger€ mit der T.U. GmbH einen Anbau- und Liefervertrag für Stärkekartoffeln für das Wirtschaftsjahr 1997/98 mit der Vertragsnummer 372 (Bl. 88 GA) über eine Vertragsmenge von 1.530 t Kartoffeln (Netto). In dem Vertrag bevollmächtigte der €Erzeuger€ die T.U. GmbH, €sein Unternehmen bei der Antragstellung auf Ausgleichszahlung für zur Stärkeherstellung bestimmter Kartoffellieferungen gemäß Verordnung (EWG) 1766/92 und Durchführungsbestimmungen zu vertreten und entsprechende Zahlungen entgegenzunehmen.€ In dem diesem Vertrag zugrunde liegenden Vertrag vom 18. April 1991 (Bl. 99 GA) zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der T.U. GmbH heißt es unter Ziffer 5: €Bei unbegründeter Nichterfüllung des Vertrages oder bei Verletzung der Meldepflicht etwaiger Mindererträge kann die Fabrik Schadensersatz in Höhe von 50 % des Kaufpreises, Basis 17 % Stärkegehalt, verlangen. Verlangt sie Vertragserfüllung, so gilt die Fabrik vom Erzeuger unwiderruflich als ermächtigt, auf seine Kosten Deckungskäufe in Höhe der Fehlmenge vorzunehmen.€

Mit Verschmelzungsvertrag vom 25. Februar 1997 wurde die T.U. GmbH von ihrer damaligen Muttergesellschaft, der D-T GmbH, übernommen. Am 24. April 1997 erfolgte hinsichtlich der T.U. GmbH als übertragendem Rechtsträger die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts Neuruppin (HRB 140), am 22. Mai 1997 hinsichtlich der D-T GmbH als übernehmendem Rechtsträger in das Handelsregister des Amtsgerichts Nordhorn (HRB 201). Die Löschung der T.U. GmbH im Handelsregister erfolgte am 5. Juni 1997.

Mit Gutschrift vom 23. Dezember 1997 (Bl. 180 GA) schrieb die D-T GmbH - Werk M - der Klägerin für vier Stärkekartoffellieferungen vom 18. und 19. Dezember 1997 auf die Vertragslieferanten-Nummer 372 an das Werk M (Abrechnungslauf 19) die hierfür erwarteten Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln in Höhe von 4.278,01 DM neben weiteren erwarteten Ausgleichszahlungsbeträgen für drei an anderen Tagen erfolgten Kartoffellieferungen zur Vertragslieferanten-Nummer 372 gut.

Mit Schreiben vom 16. Februar 1998 (Bl. 223 GA) übersandte die D-T GmbH der Bezirksregierung Weser-Ems für die Kampagne 1997/98 die €6. Beantragung der Prämie zur Herstellung von Stärke und der EG-Ausgleichszahlung für die Kartoffelerzeuger€. Dem Schreiben war eine €Gutschriftenzusammenstellung kumuliert Konzern - Antrag Nr. 6 Emsland Stärke GmbH€ (Bl. 225 GA) beigefügt, wonach sich der Antrag auf die Abrechnungsläufe 16 bis 18 zu Kartoffellieferungen an das Werk Emlichheim, 16 bis 17 zu Kartoffellieferungen an das Werk Golßen, 17 bis 19 zu Kartoffellieferungen an das Werk M und 15 bis 17 zu Kartoffellieferungen an das Werk Loitz bezog. Für jedes Werk wurde der für die Kartoffellieferungen an dieses Werk insgesamt beantragte Ausgleichszahlungsbetrag genannt. Für die Kartoffellieferungen an das Werk M wurde eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1.187.021,07 DM beantragt. Mit dem Antrag wurde der Bezirksregierung Weser-Ems von der D-T GmbH eine Diskette übersandt, auf der ausweislich beigefügter €DTA-Begleitschreiben f. beleglosen Datenträgeraustausch€ (BA D zu 10 LB 156/08) Textdateien mit den Abrechnungsläufen gespeichert waren. Zudem wurde mit dem Antrag die Gutschrift vom 23. Dezember 1997 vorgelegt. Der Anbau- und Liefervertrag wurde nicht übermittelt.

Mit an die D-T GmbH gerichtetem Bescheid vom 2. März 1998 (Bl. 220 GA) bewilligte die Bezirksregierung Weser-Ems auf den Antrag vom 16. Februar 1998 eine Ausgleichszahlung für Stärkekartoffelerzeuger in Höhe von 7.464.909,24 DM, davon für Lieferungen an die Betriebsstätte M (Abrechnungsläufe 17 bis 19) eine Ausgleichszahlung von insgesamt 1.163.221,18 DM.

Mit Gutschrift vom 13. Januar 1998 für drei Kartoffellieferungen zum Abrechnungslauf 21 (Bl. 181 GA), Gutschrift vom 22. Januar 1998 für zwei Kartoffellieferungen zum Abrechnungslauf 22 (Bl. 182 GA) und Gutschrift vom 30. Januar 1998 für zwei Kartoffellieferungen auf den Abrechnungslauf 23 (Bl. 183 GA), die zwischen dem 6. und 19. Januar 1998 auf die Vertragslieferanten-Nummer 372 an das Werk M erfolgt waren, schrieb die D-T GmbH - Werk M - der Klägerin die hierfür erwarteten Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln in Höhe von 7.042,93 DM gut.

Mit Schreiben vom 17. März 1998 (Bl. 217 GA) übersandte die D-T GmbH der Bezirksregierung Weser-Ems für die Kampagne 1997/98 die €7. Beantragung der Prämie zur Herstellung von Stärke und der EG-Ausgleichszahlung für die Kartoffelerzeuger€. Dem Schreiben war eine €Gutschriftenzusammenstellung kumuliert Konzern - Antrag Nr. 7 Emsland Stärke GmbH€ (Bl. 219 GA) beigefügt, wonach sich der Antrag auf die Abrechnungsläufe 19 bis 22 zu Kartoffellieferungen an das Werk Emlichheim, 20 bis 25 zu Kartoffellieferungen an das Werk M, 18 bis 21 zu Kartoffellieferungen an das Werk Loitz und 4 bis 5 zu Kartoffellieferungen an das Werk Wietzendorf bezieht. Für jedes Werk wurde wiederum der für die Kartoffellieferungen an dieses Werk insgesamt beantragte Ausgleichszahlungsbetrag genannt. Für die Kartoffellieferungen an das Werk M wurde eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1.855.914,41 DM beantragt. Mit dem Antrag wurde der Bezirksregierung Weser-Ems von der D-T GmbH eine Diskette übersandt, auf der ausweislich beigefügter €DTA-Begleitschreiben f. beleglosen Datenträgeraustausch€ (BA D zu 10 LB 156/08) Textdateien mit den Abrechnungsläufen gespeichert waren. Zudem wurden mit dem Antrag die Gutschriften vom 13., 22. und 30. Januar 1998 vorgelegt. Der Anbau- und Liefervertrag wurde nicht übermittelt.

Mit an die D-T GmbH gerichtetem Bescheid vom 7. April 1998 (Bl. 214 GA) bewilligte die Bezirksregierung Weser-Ems auf den Antrag vom 17. März 1998 eine Ausgleichszahlung für Stärkekartoffelerzeuger in Höhe von 12.499.159,79 DM, davon 1.824.437,22 DM für Lieferungen an die Betriebsstätte M (Abrechnungsläufe 20 bis 25).

Bei einer vom Landesamt für Ernährung und Landwirtschaft des Landes Brandenburg bei der Klägerin durchgeführten Kontrolle, deren Ergebnisse in einem Prüfbericht vom 2. November 1998 (Bl. 1 ff. BA A) festgehalten sind, wurde festgestellt, dass von den auf den Anbau- und Liefervertrag vom 22. April / 26. Mai 1997 insgesamt an die Betriebsstätte M gelieferten 1.559,785 t Stärkekartoffeln nur 1.250,283 t von der Klägerin selbst geliefert worden waren. Die übrigen 309,502 t Stärkekartoffeln hatte die A. GmbH in den o.g. vier Lieferungen vom 18. und 19. Dezember 1997 und sieben Lieferungen zwischen dem 6. und 19. Januar 1998 liefern lassen. Insoweit hatte die Klägerin am 30. April 1997 ihrerseits einen €Anbau- und Liefervertrag für Stärkekartoffeln€ mit der A. GmbH (Bl. 89 GA) geschlossen. Die A. GmbH hatte die gelieferten 309,502 t Stärkekartoffeln ebenfalls nicht selbst erzeugt, sondern hatte Unterverträge mit der B. B.V., der C. B.V. und Herrn D. geschlossen, die teilweise weitere Unterverträge eingegangen waren.

Nach einer auch bei der D-T GmbH durchgeführten Kontrolle, deren Ergebnisse in einem Prüfbericht vom 10. September 1999 (BA A) festgehalten sind, nahm die Bezirksregierung Weser-Ems zunächst mit - hier nicht streitgegenständlichem - Bescheid vom 25. Oktober 1999 gegenüber der D-T GmbH die Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 insoweit zurück, €als es die Zahlung des Ausgleichsbetrags für die von der Agrargenossenschaft E. in der Kampagne 1997/98 nicht selbst erzeugten Stärkekartoffeln betrifft€, forderte die Rückzahlung der hierfür bewilligten Ausgleichszahlungen und verhängte eine Sanktion. Den Widerspruch der D-T GmbH wies sie zurück. Die D-T GmbH erhob Klage beim Verwaltungsgericht Osnabrück (2 A 183/03, später 1 A 63/05). Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2004 (BVerwG 3 C 37.03) gab die Landwirtschaftskammer Hannover mit Teilabhilfebescheid vom 17. März 2005 dem Widerspruch insoweit statt, als die im Bescheid vom 15. Oktober 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2003 festgesetzte Ausgleichszahlung nicht von der D-T GmbH zurückgefordert werde. Daraufhin wurde das Klageverfahren insoweit für erledigt erklärt.

Mit - hier streitgegenständlichem - Bescheid vom 8. September 2000 (Bl. 5 GA) nahm die Bezirksregierung Weser-Ems nach vorheriger Gelegenheit zur Stellungnahme durch Schreiben vom 28. August 2000 (BA A) die Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 gegenüber der Klägerin insoweit zurück, als es die Zahlung des Ausgleichsbetrags für die auf den Anbauvertrag der Klägerin in der Kampagne 1997/98 gelieferten Stärkekartoffeln betrifft, die nicht von der Klägerin selbst erzeugt wurden. Zugleich forderte sie die Klägerin auf, von der für diese Kampagne bewilligten Ausgleichszahlung einen Teilbetrag in Höhe von 11.320,94 DM zurück zu zahlen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Ausgleichszahlung werde nur für die Kartoffelmenge gewährt, die durch einen zwischen Kartoffelerzeuger und Stärkefabrik geschlossenen Anbauvertrag gebunden sei. Als Anbauvertrag gelte jeder zwischen einem Erzeuger oder einer Erzeugervereinigung einerseits und dem Stärkeunternehmen andererseits geschlossene Vertrag. Ein Erzeuger sei jede natürliche oder juristische Person oder Vereinigung dieser Personen, die selbst oder von ihren Mitgliedern erzeugte Kartoffeln in ihrem Namen und für ihre Rechnung im Rahmen eines von ihr oder in ihrem Namen geschlossenen Anbauvertrags an ein Stärkeunternehmen liefere. Bei den von der Klägerin zugekauften 309,502 t Kartoffeln handele es sich nicht um vertragsgebundene Stärkekartoffeln. Auch sei der Mindestpreis für die über die A. GmbH organisierten Kartoffellieferungen nicht in voller Höhe weitergeleitet worden. Die für die betreffenden Stärkekartoffeln bewilligten Ausgleichzahlungen seien daher gemäß § 10 MOG, §§ 48, 49a VwVfG zurückzufordern. Die Klägerin sei Antragstellerin und Zuwendungsempfängerin. Die D-T GmbH habe lediglich als Vertreterin für sie gehandelt. Vertrauensschutz sei nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG ausgeschlossen, weil die Bewilligung durch objektiv falsche Angaben erwirkt worden sei. Zudem scheide ein Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG aus, weil der Klägerin die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide bekannt gewesen sei. Denn mit Schreiben vom 2. Februar 1995 habe sie, die Bezirksregierung, die D-T GmbH darauf hingewiesen, dass nur mit Erzeugern oder Erzeugervereinigungen Anbauverträge geschlossen werden dürften und gemäß Art. 4 Abs. 1 1. Spiegelstrich VO (EG) Nr. 97/95 Anbauverträge mit Handelspartnern, die keine selbst angebauten Kartoffeln lieferten, unzulässig seien. Daraus habe sich auch ergeben, dass nicht selbst angebaute Kartoffeln nicht vertragsgebunden seien und deren Annahme zur Stärkeherstellung unzulässig sei. Da die D-T GmbH bei der Antragstellung und Annahme der Ausgleichszahlungen als Vertreterin der Klägerin gehandelt habe, sei ihr Wissen dieser anzulasten. Die Rückzahlungsbeträge seien gemäß § 14 MOG vom Zeitpunkt des Empfangs an mit 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem seit dem 1. Januar 1999 gültigen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu verzinsen. Der Zinsanspruch werde hiermit dem Grunde nach geltend gemacht. Die Zinsberechnung erfolge, sobald die Beträge bei der Bundeskasse eingegangen seien.

Die Klägerin erhob Widerspruch und führte im Wesentlichen aus: Nach Treu und Glauben sei es unbillig, sie in Anspruch zu nehmen. Der Zukauf von Stärkekartoffeln sei von der T.U. GmbH und der A. GmbH €eingefädelt€ worden. Den darauf entfallenen Ausgleichsbetrag habe sie an die A. GmbH weitergeleitet. Damit sei diese materiell begünstigt. Sie selbst habe nur als Zahlstelle fungiert. Die Ausgleichszahlungen seien deshalb von der A. GmbH zurückzufordern. Die Rückforderung müsse sich zudem gegen die T.U. GmbH richten, da letztlich deren Interesse an der Auslastung ihres Werks für den Zukauf der Stärkekartoffeln maßgeblich gewesen sei. Sie habe auf die Vorgehensweise der sachkundigen Stärkefabrik vertraut. Denn die T.U. GmbH habe die Ausgleichszahlungen beantragt und die Gespräche mit der Behörde und den Ministerien geführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005 (Bl. 9 GA) wies die Landwirtschaftskammer Hannover den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Bewilligungsbescheide für die Kampagne 1997/98, mit denen der Klägerin Ausgleichszahlungen für die auf ihren Anbauvertrag gelieferten Stärkekartoffeln, die sie nicht selbst erzeugt habe, gewährt worden seien, seien nach § 10 Abs. 1 MOG zurückzunehmen gewesen. Sie seien rechtswidrig, soweit sie die auf den Anbauvertrag der Klägerin gelieferten, nicht von dieser erzeugten Kartoffelmengen beträfen. Die zugekauften Stärkekartoffeln seien nicht durch einen Anbauvertrag gedeckt. Das Erfordernis der Vertragsgebundenheit der Kartoffeln ergebe sich sowohl aus dem in Art. 11 Abs. 1 Buchst. a) VO (EG) Nr. 97/95 enthaltenen Verweis auf Art. 8 Abs. 2a Satz 1 und Abs. 2b VO (EWG) Nr. 1766/92 als auch aus dem in Art. 11 Abs. 2 VO (EG) Nr. 97/95 enthaltenen Verweis auf das Zahlungsverzeichnis gemäß Art. 10 VO (EG) Nr. 97/95, in dem ein Anbauvertrag gefordert werde. Die Vertragsgebundenheit werde zudem in Art. 4 Abs. 5 VO (EG) Nr. 97/95 vorausgesetzt. Gemäß Art. 1 Buchst. e) VO (EG) Nr. 97/95 sei ein Anbauvertrag jeder zwischen einem Erzeuger oder einer Erzeugervereinigung und dem Stärkeunternehmen geschlossene Vertrag. Zwar habe die Klägerin einen solchen Vertrag für die Kampagne 1997/98 geschlossen. Die beanstandeten Kartoffellieferungen seien jedoch nicht von ihr erzeugt worden und daher nicht durch diesen Vertrag gedeckt. Die Angaben hinsichtlich des Erzeugers seien bei den Anträgen objektiv falsch gewesen. Darüber hinaus sei den tatsächlichen Erzeugern nicht der Mindestpreis gezahlt worden, weil die Klägerin und die A. GmbH Provisionen einbehalten hätten. Art. 11 Abs. 1 Buchst. a) VO (EG) Nr. 97/95 sei so zu lesen, dass der Mindestpreis vor der Antragstellung an den tatsächlichen Erzeuger zu zahlen sei. Dies ergebe sich aus den Verweisen auf Anhang 2 Spalte 4 und Art. 8 Abs. 2 Satz 1 VO (EWG) Nr. 1766/92, aus Art. 11 Abs. 2 VO (EG) Nr. 97/95 sowie Sinn und Zweck der gesamten gemeinschaftsrechtlichen Beihilferegelungen für die Stärkekartoffeln. Das Bundesverwaltungsgericht habe am 9. Dezember 2004 (BVerwG 3 C 37.03) entschieden, dass sich der Rückforderungsbescheid gegen denjenigen zu richten habe, dem gegenüber das aufzuhebende Rechtsverhältnis im Zeitpunkt der Rücknahme bestehe. Dies sei die Klägerin. Sie habe für die Kampagne 1997/98 einen Anbauvertrag geschlossen und der Stärkefabrik eine Vollmacht erteilt, ihr Unternehmen bei der Antragstellung auf Ausgleichszahlungen zu vertreten. Die D-T GmbH habe im Auftrag der Klägerin die Ausgleichszahlungen beantragt. Nur die Klägerin sei der Bezirksregierung Weser-Ems als Vertragspartnerin der D-T GmbH benannt worden. Die Unterverträge und Zukäufe seien der Bezirksregierung nicht bekannt gewesen, so dass die tatsächlichen Stärkekartoffelerzeuger als Empfänger der Bewilligungsbescheide nicht in Betracht kämen. Ferner könne nicht angenommen werden, dass die Klägerin als (verdeckte) Vertreterin der tatsächlichen Erzeuger den Vertrag geschlossen habe. Es sei davon auszugehen, dass die Stärkefabrik in der Klägerin ihren Vertragspartner gesehen habe und die Willenserklärungen nicht darauf gerichtet gewesen seien, dass ausschließlich ein unmittelbarer Vertrag zwischen ihr und dem tatsächlichen Erzeuger habe zustande kommen sollen. Zudem müssten nach Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 97/95 im Anbauvertrag Name und Anschrift des Erzeugers oder der Erzeugervereinigung schriftlich fixiert sein. Im Anbauvertrag für das Wirtschaftsjahr 1997/98 sei der Name der Klägerin genannt. Die Klägerin könne sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil sie die Verwaltungsakte unter Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Im Anbau- und Liefervertrag sei sie als €Erzeuger€ bezeichnet worden. Somit sei sie als Erzeugerin der beanstandeten Stärkekartoffeln aufgetreten, obwohl sie diese wissentlich nicht erzeugt habe. Zudem könne sich ein Begünstigter nicht auf Vertrauen berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe (§ 10 Abs. 1 Halbsatz 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Aus dem Anbau- und Liefervertrag ergebe sich, dass die Klägerin die Kartoffeln selbst hätte anbauen müssen. Indem sie Stärkekartoffeln geliefert habe, die sie nicht selbst erzeugt habe, habe sie grob fahrlässig gehandelt. Im Übrigen müsse das nationale Recht so angewandt werden, dass die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene Rückforderung staatlicher Beihilfen nicht praktisch unmöglich gemacht und das Gemeinschaftsinteresse voll berücksichtigt werde. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide diene hier nicht nur dem fiskalischen Interesse und dem Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, sondern insbesondere auch der Durchsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsordnung. Diesem gesteigerten öffentlichen Rücknahmeinteresse gebühre bei der Abwägung im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG auch dann der Vorrang vor dem Interesse der Klägerin, wenn dieses nicht von vornherein wegen Böswilligkeit i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG schutzunwürdig sei. Besondere Umstände, die hiervon eine Abweichung geböten, lägen bei der Klägerin nicht vor. Im Gegenteil müsse sie sich das Wissen durch das Schreiben der Bezirksregierung Weser-Ems an die D-T GmbH vom 2. Februar 1995 zurechnen lassen.

Die Klägerin hat am 29. September 2005 Klage beim Verwaltungsgericht Potsdam erhoben. Dieses hat sich mit Beschluss vom 4. November 2005 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Hannover verwiesen.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ergänzend zu ihrem Widerspruchsvorbringen darauf hingewiesen, dass die T.U. GmbH gewusst habe, dass ein Teil der auf ihren Anbau- und Liefervertrag gelieferten Stärkekartoffeln von der A. GmbH gestammt habe. Zudem sehe der ursprüngliche Anbau- und Liefervertrag vom 18. April 1991 eine Vertragsstrafe bei Nichterfüllung des Vertrags vor bzw. nehme die T.U. GmbH im Fall des Verlangens der Vertragserfüllung auf Kosten der Vertragspartners Deckungskäufe vor. Daher habe sie sich genötigt gesehen, auch wider besseren Wissens der von der T.U. GmbH vorgeschlagenen Vorgehensweise zuzustimmen. Schließlich berufe sie sich auf einen Wegfall der Bereicherung.

Die Klägerin hat beantragt,

den Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten (richtigerweise: Landwirtschaftskammer Hannover) vom 29. August 2005 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie die Gründe der angefochtenen Bescheide vertieft.

Das Verwaltungsgericht Hannover hat mit Urteil vom 16. Mai 2007 den Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2005 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei an § 48 VwVfG i.V.m. § 10 Abs. 1 und 3 MOG zu messen. Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts sei der Gegenakt zu dem aufzuhebenden Verwaltungsakt. Dieser müsse daher in seinem Inhalt konturenscharf feststehen. Nur wenn er bestimme, wer Regelungsadressat sei, wem gegenüber durch den Bescheid Rechte oder Pflichten begründet würden, und welche Ansprüche sich in welcher Höhe herleiten ließen, könne er nach § 48 VwVfG abgewickelt werden (BVerwG 5 C 65.88). Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 3 C 37.03) werde davon ausgegangen, dass die Bezirksregierung Weser-Ems die Bewilligungsbescheide hinsichtlich der Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger zwar an die Stärkefabrik als Empfangsadressaten gerichtet, aber gleichwohl mit dem Willen gehandelt habe, Rechte für die jeweiligen Stärkekartoffelerzeuger und damit ein Rechtsverhältnis mit diesen zu begründen. Die Stärkekartoffelerzeuger seien damit Regelungsadressaten. Da die Entscheidung nicht erkennen lasse, mit welchem individuellen Adressaten ein Rechtsverhältnis mit Leistungsansprüchen in welcher konkreten Höhe begründet worden sei, fehle es indes an der Konkretisierung des Verwaltungsakts, der durch den angefochtenen Gegenakt aufgehoben werden solle. Wie sich aus den Verwaltungsvorgängen ergebe, habe den Bewilligungen auch nicht die Entscheidung zugrunde gelegen, gerade der Klägerin eine Ausgleichszahlung in bestimmter Höhe zu bewilligen. Denn Grundlage des Bescheids seien Meldungen der Stärkefabrik hinsichtlich gelieferter Kartoffelmengen ohne Angabe gewesen, welcher Erzeuger welche Leistung erbracht habe. Es handele sich bei den Bescheiden daher nicht um eine rechnerische Zusammenfassung von Leistungsbewilligungen, welche die Behörde zuvor konkretisiert hätte. Die Bewilligungsbehörde habe quasi abstrakt Ausgleichszahlungen in Höhe der gemeldeten Lieferungen aufgrund von Lieferverträgen ohne Kenntnis gewährt, auf welchem Liefervertrag die gemeldeten und der Bewilligung zugrunde liegenden Lieferungen tatsächlich beruht hätten. Eine Bewilligung gegenüber den einzelnen Kartoffelerzeugern habe dabei nicht ihren Vorstellungen entsprochen, wie sich aus der vorangegangenen Rücknahme der Bescheide und Rückforderung der Ausgleichszahlung gegenüber der Stärkefabrik ergebe. Die Richtigkeit der systematischen Vorgabe, dass der Gegenakt der Aufhebung eines Verwaltungsakts zunächst einen konkreten individualisierten Verwaltungsakt voraussetze, werde durch den Verlauf des Verwaltungsverfahrens im Parallelverfahren 11 A 7613/05 bestätigt, der die Unmöglichkeit einer Rückabwicklung unter den gegebenen Umständen belege. So habe die Beklagte mit dem dort angefochtenen Bescheid u.a. einen Bescheid vom 13. Januar 1998 aufgehoben, der gar keine Leistungen für die Lieferungen von Stärkekartoffelerzeugern an die Stärkefabrik M enthalte. Gleiches gelte für den - ebenfalls teilweise aufgehobenen - Bescheid vom 23. April 1997. In den zugrunde liegenden Meldungen der D-T GmbH seien jedoch Lieferungen an diese Stärkefabrik enthalten. Aber nur wenn Klarheit darüber bestehe, mit welchem Bescheid der Klägerin Leistungen bewilligt worden seien, sei auch bestimmbar, welche Bescheide teilweise rechtswidrig gewesen seien und deren Aufhebung deshalb zu prüfen gewesen sei. Aus dem vorgelegten Verwaltungsvorgang ergebe sich auch für das vorliegende Verfahren keine Grundlage für die der Aufhebung des Bescheids konstitutive Annahme, die fremdgelieferten Kartoffeln lägen ausschließlich der Gesamtbewilligung im aufgehobenen Bescheid zugrunde. Wenn in dem Bescheid vom 13. Januar 1998 keine Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger mit Lieferungen an die Stärkefabrik M enthalten seien, tatsächlich aber Lieferungen an M in die Berechnung der Gesamtausgleichszahlung in diesen Bescheid eingeflossen seien, sei eine sichere Zuordnung von Lieferung und Bewilligung von Ausgleichszahlung nicht möglich. Klarheit über diesen Zusammenhang habe für die Beklagte offensichtlich nicht bestanden. Da sie von einer Bewilligung an die D-T GmbH ausgegangen sei, habe es einer solchen Zuordnung auch nicht bedurft, die erst dann relevant werde, wenn von der Begründung von Rechtsverhältnissen mit den einzelnen Kartoffelerzeugern ausgegangen werde. Der Beklagten habe auch nicht Gelegenheit gegeben werden müssen zu versuchen, konkrete Leistungsbewilligungen an die Klägerin im Nachhinein zu rekonstruieren, insbesondere die- oder denjenigen zu individualisieren und zu belegen, denen oder dem Lieferungen Dritter auf den Vertrag der Klägerin zugrunde lägen. Um eine Rückabwicklung zu ermöglichen, müsse die Aufteilung auf die einzelnen Anspruchsinhaber - hier die Stärkekartoffellieferanten - bereits im Ursprungsbescheid erfolgt sein.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 30. April 2008 gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.

Die Beklagte hat ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 9. Dezember 2004 (BVerwG 3 C 37.03) ausgeführt, dass es unschädlich sei, wenn die begünstigten Kartoffelerzeuger in den Bescheiden nicht näher identifiziert würden, da €der jeweils Gemeinte aus den in Bezug genommenen Anbauverträgen ohne weiteres bestimmbar war€. Dies mache die Bescheide namentlich nicht unbestimmt i.S.d. § 37 Abs. 1 VwVfG. Die vom Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 5 C 65.88) zur Frage einer gesamtschuldnerischen Haftung von Ehegatten bei Sozialhilfeleistungen an einen der Ehepartner sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Das Verwaltungsgericht verkenne die Besonderheit des Kartoffelstärkesektors. Dort werde eine Ausgleichszahlung für die Kartoffelmenge gewährt, die durch einen Vertrag zwischen Kartoffelerzeuger und Stärkefabrik gebunden sei. Die Zahlung erfolge nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a VO (EWG) Nr. 1766/92 an den Erzeuger von Stärkekartoffeln. Somit sei dieser als Begünstigter anzusehen, weil er einen Anbau- und Liefervertrag geschlossen habe, von dem das materielle Recht und Art. 8 Abs. 2 Buchst. a VO (EWG) Nr. 1766/92 die Gewährung von Ausgleichszahlungen abhängig machten. Unerheblich sei, ob das Rechtsverhältnis rechtmäßig eingegangen worden sei. Entscheidend sei, dass die Ausgleichszahlungen nicht der Stärkefabrik, sondern den Kartoffelerzeugern gewährt worden seien. Die Pflicht der Stärkefabrik, die Ausgleichszahlung weiterzuleiten, ergebe sich nicht aus einer Zweckbestimmung im Bewilligungsbescheid, sondern aus den der Stellvertretung zugrunde liegenden Auftragsverhältnissen mit den Kartoffelerzeugern. Grundlage für die Bewilligungen der Ausgleichszahlungen seien die vom Stärkeunternehmen eingereichten €Zahlungsverzeichnisse€ (elektronisches Abbild der Gutschriften) gewesen, in denen die einzelnen Lieferungen und der jeweilige vertraglich gebundene Kartoffelanbauer genannt seien. Das Stärkeunternehmen habe die im Namen der Kartoffelerzeuger beantragte Summe bewilligt erhalten und den vorliegenden Unterlagen entsprechend auf alle Kartoffelerzeuger aufgeteilt. Dieses Vorgehen sei für alle Beteiligten nachvollziehbar gewesen und von keiner Seite bemängelt worden. Die Verwaltungsakte der Bewilligung und Rückforderung seien somit sowohl bezüglich des Zuwendungsempfängers als auch der Höhe nach hinreichend bestimmt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 11. Kammer - vom 16. Mai 2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie entgegnet im Wesentlichen: Grundlage für die Bewilligungen seien Meldungen der T.U. GmbH hinsichtlich der gelieferten Kartoffelmengen gewesen. Diese hätten keine Angaben darüber enthalten, welcher Erzeuger welche Lieferungen erbracht habe. Die Bewilligungsbehörde habe daher abstrakt Ausgleichszahlungen in Höhe der gemeldeten Lieferungen gewährt, ohne Kenntnis davon, auf welchem Liefervertrag die gemeldeten Lieferungen tatsächlich beruhten. Die Bewilligungsbescheide ließen nicht erkennen, mit welchen individuellen Adressaten ein Rechtsverhältnis begründet worden sei. Ferner lasse sich ihnen keine konkrete Höhe entnehmen. Weiterhin führe das Verwaltungsgericht zutreffend aus, dass eine sichere Zuordnung von Lieferungen und Bewilligungen nicht möglich sei, wenn in den Bescheiden keine Ausgleichszahlungen für Lieferungen an die Stärkefabrik M enthalten seien, tatsächlich aber Lieferungen an diese in die Berechnung der Gesamtausgleichszahlung eingeflossen seien. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 1992 (BVerwG 5 C 65.88) sei sehr wohl auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Nur wenn Klarheit darüber bestehe, mit welchem Bescheid ihr Leistungen bewilligt worden seien, die auf Lieferungen Dritter auf ihren Vertrag beruht hätten und daher rechtswidrig gewesen seien, sei bestimmbar, welche Bescheide teilweise rechtswidrig seien. Der Beklagten habe nicht Gelegenheit gegeben werden müssen, konkrete Leistungsbewilligungen an sie im Nachhinein zu rekonstruieren. In einen Bescheid, der keine Bewilligung enthalte, dürfe eine Bewilligung nicht €nachgeschoben€ werden.

Die Beklagte hat zusätzlich zu den in erster Instanz im Parallelverfahren 11 A 7398/05 vorgelegten Antragsunterlagen zum vorliegenden Verfahren (BA C zu 10 LB 159/08) einschließlich der Gutschriften (Bl. 95 ff. GA) im Berufungsverfahren die erwähnten €DTA-Begleitschreiben f. beleglosen Datenträgeraustausch€ (BA D zu 10 LB 156/08) und zwei nicht lesbare Disketten (BA D zu 10 LB 159/08) vorgelegt. Daraufhin wurden die in den €DTA-Begleitschreiben€ genannten Dateien ersatzweise von der D-T GmbH angefordert, die diese auf CD-ROM (BA I zu 10 LB 156/08) übersandt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten dieses Verfahrens, die den Beteiligten zugeleiteten Ausdrucke der Beiakte I des Verfahrens 10 LB 156/08 und die Beiakte D des Verfahrens 10 LB 156/08 verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. August 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die teilweise Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 gegenüber der Klägerin begegnet keinen Bedenken.

a) Sie hat ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG) in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1847). Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwVfG sind anzuwenden.

aa) Für die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG kommt es nur darauf an, ob der Regelungsbereich der darin in Bezug genommenen Vorschriften der §§ 6 und 8 MOG den vorliegenden Fall umfasst. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG spricht nicht von Bescheiden, die auf Rechtsverordnungen nach §§ 6 oder 8 MOG beruhen, sondern nur von Bescheiden in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - BVerwG 3 C 18.91 -, RdL 1994, 189). Hier liegt ein Fall des § 6 Abs. 1 Nr. 7 MOG vor, denn bei den mit den teilweise aufgehobenen Bewilligungsbescheiden bewilligten Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln handelt es sich um produktbezogene Beihilfen, die auf der Grundlage von § 1 Abs. 2 MOG, nämlich nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 des Rates vom 30. Juni 1992 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide (ABl Nr. L 181 S. 21) in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 923/96 der Kommission vom 23. Mai 1996 (ABl Nr. L 126 S. 37) - im Folgenden: VO (EWG) Nr. 1766/92 - gewährt wurden.

bb) § 10 MOG geht den Regelungen über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender bzw. den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte in § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Nds. VwVfG) vom 3. Dezember 1976 (Nds. GVBl. S. 311) i.V.m. §§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vor. Denn nach § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG und § 1 Abs. 1 VwVfG gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz nur in dem Umfang für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, soweit nicht Rechtsvorschriften des Landes oder des Bundes eine inhaltsgleiche oder eine entgegenstehende Regelung enthalten. Eine solche Regelung ist in § 10 Abs. 1 und 2 MOG zu sehen.

cc) Das Gemeinschaftsrecht hindert die Anwendung des § 10 MOG nicht. Denn es weist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im gegenwärtigen Stand keine Rechtsvorschriften auf, welche die Befugnis der Behörde dem Beihilfeempfänger gegenüber regeln, in der Durchführung des Gemeinschaftsrechts gewährte Prämien und Beihilfen zu widerrufen oder zurückzunehmen (EuGH, Urteile vom 13. März 2008 - C-383/06 [Vereniging Nationaal Overlegorgaan Sociale Werkvoorziening] -, Slg. 2008, S. I-1561 = DStZ 2008, 153 und vom 15. Januar 2009 - C-281/07 [Bayerische Hypotheken- und Vereinsbank] -, Slg. 2009, S. I-91).

Insbesondere enthalten die VO (EWG) Nr. 1766/92, die Verordnung (EG) Nr. 1868/94 des Rates vom 27. Juli 1994 zur Einführung einer Kontingentierungsregelung für die Kartoffelstärkeerzeugung (ABl Nr. L 197 S. 4) - im Folgenden: VO (EG) Nr. 1868/94 - und die Verordnung (EG) Nr. 97/95 der Kommission vom 17. Januar 1995 mit den Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 des Rates hinsichtlich des Mindestpreises und des den Kartoffelerzeugern zu zahlenden Ausgleichsbetrags sowie zur Verordnung (EG) Nr. 1868/94 des Rates zur Einführung einer Kontingentierungsregelung für die Kartoffelstärkeerzeugung (ABl Nr. L 16 S. 3) - im Folgenden: VO (EG) Nr. 97/95 - einschließlich ihrer jeweiligen Änderungsverordnungen keine derartigen Vorschriften.

Eine entsprechende Befugnis der Behörde lässt sich - ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall - auch nicht Art. 14 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl Nr. L 391 S. 36) - im Folgenden: VO (EWG) Nr. 3887/92 -, Art. 49 der Nachfolgeverordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 (ABl Nr. L 327 S. 11) - im Folgenden: VO (EG) Nr. 2419/2001 - und Art. 73 der Nachfolgeverordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl Nr. L 141 S. 181) - im Folgenden: VO (EG) Nr. 796/2004 - einschließlich ihrer jeweiligen Änderungsverordnungen entnehmen. Danach ist der Betriebsinhaber bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zwar zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich Zinsen verpflichtet. Diese Normen geben aber nur den äußeren Rahmen vor und überlassen es dem nationalen Gesetzgeber, unter welchen Voraussetzungen ein die Beihilfe gewährender rechtswidriger begünstigender Bescheid bei Nichtvorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen zurückgenommen werden kann und wann die Verpflichtung zur Rückzahlung einer zu Unrecht gewährten Beihilfe erfüllt ist und durchgesetzt werden kann.

Mithin kommt das nationale Recht zur Anwendung, jedoch unter Beachtung der durch das Gemeinschaftsrecht gezogenen Grenzen.

b) Die teilweise Rücknahme der genannten Bewilligungsbescheide gegenüber der Klägerin ist formell rechtmäßig. Hinsichtlich der Zuständigkeit der Bezirksregierung Weser-Ems für die Rücknahme ihrer eigenen Bewilligungsbescheide bestehen keine Bedenken. Die Landwirtschaftskammer Hannover war nach Auflösung der Bezirksregierung Weser-Ems zum 1. Januar 2005 als deren Funktionsnachfolgerin gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO zuständig für den Erlass des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2005. Denn es ist davon auszugehen, dass die landesweite Zuständigkeit der Landwirtschaftskammer Hannover nach § 2 Abs. 5 des Gesetzes über Landwirtschaftskammern i.d.F. vom 5. November 2004 (Nds. GVBl. S. 412) i.V.m. § 2 Nr. 5 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben auf die Landwirtschaftskammer vom 20. Dezember 2004 (Nds. GVBl. 2004, S. 621) für Aufgaben der zuständigen Stelle nach der Kartoffelstärkeprämienverordnung vom 17. Juli 1997 (BGBl. I S. 1815, 2032) i.d.F. vom 8. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2595) auch die Zuständigkeit für die Rückforderung von Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln umfasst (vgl. das Senatsurteil vom 17. Mai 2011 im Parallelverfahren 10 LB 156/08). Ungeachtet dessen wäre bei Erlass des Widerspruchsbescheids durch eine unzuständige Widerspruchsbehörde allenfalls eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid gemäß § 79 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VwGO in Betracht gekommen. Eine solche ist hier weder erhoben worden noch hätte sie zulässigerweise erhoben werden können. Denn eine Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift i.S.d. § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nur dann gesondert angreifbar, wenn der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung €beruht€. Daran fehlt es, wenn - wie hier nach § 10 Abs. 1 MOG - unabhängig von dem Verfahrensmangel in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, weil es sich um eine strikt gebundene Entscheidung ohne Ermessens- und Beurteilungsspielraum handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1984 - BVerwG 8 C 126.83 -, Buchholz 448.5 § 11 MustV Nr. 1 = BayVBl 1985, 122 m.w.N.; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl. 2007, § 79 Rn. 16; Happ, in: Eyermann/Fröhler, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 79 Rn. 26).

c) Die teilweise Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 gegenüber der Klägerin ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG liegen vor, so dass die Bescheide insoweit zwingend zurückzunehmen waren, ohne dass ein Ermessen eröffnet war.

aa) Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts steht einer teilweisen Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 gegenüber der Klägerin gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG nicht entgegen, dass sie nicht erkennen lassen, mit welchem individuellen Adressaten ein Rechtsverhältnis mit Leistungsansprüchen in welcher konkreten Höhe begründet worden ist. Dem vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 1992 (BVerwG 5 C 65.88, FamRZ 1993, 544 = NJW 1993, 2884 = FEVS 43, 268) ist nicht zu entnehmen, dass ein Verwaltungsakt grundsätzlich nur dann nach § 48 VwVfG rückabgewickelt werden kann, wenn er bestimmt, wer Regelungsadressat ist, wem gegenüber durch den Bescheid Rechte oder Pflichten begründet werden, und welche Ansprüche sich in welcher Höhe daraus herleiten lassen.Aus dem Urteil ergibt sich lediglich, dass im Fall der Rücknahme eines Bewilligungsbescheids maßgebend ist, mit wem durch diesen Bescheid ein Rechtsverhältnis begründet wurde, d.h. dass der Bewilligungsbescheid gegenüber demjenigen zurückzunehmen ist, der Regelungsadressat des Bewilligungsbescheids ist. Nicht hingegen hat sich das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Urteil mit der Frage befasst, inwieweit nicht hinreichend bestimmte Verwaltungsakte rückabgewickelt werden können. Unabhängig davon sind die Bewilligungs-bescheide vom 2. März und 7. April 1998 hinreichend bestimmt.

44(1) Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts i.S.d. § 37 Abs. 1 VwVfG verlangt u.a. Klarheit darüber, wer von der Regelung des Verwaltungsakts materiell betroffen, hieraus also verpflichtet oder berechtigt sein soll (sog. Regelungsadressat). Das Bestimmtheitsgebot wird nicht verletzt, solange sich der Regelungsadressat durch Auslegung bestimmen lässt. Der Regelungsadressat ergibt sich - da er nicht zwingend mit dem Bekanntgabeadressaten übereinstimmen muss - nicht notwendig aus dem Anschriftenfeld des Bescheids. Im Fall der Rücknahme eines Bewilligungsbescheids ist vielmehr entscheidend, mit wem der Bewilligungsbescheid ein Rechtsverhältnis begründet hat (BVerwG, Beschluss vom 16. November 2009 - BVerwG 8 B 64.09 -, juris). Hierzu sind in erster Linie die Bestimmungen im Verwaltungsakt selbst heranzuziehen; ergänzend kann auf die Umstände zurückgegriffen werden, unter denen der Verwaltungsakt erlassen wurde, namentlich auf einen vorangegangenen Antrag oder die zugrunde liegenden Rechtsnormen. Entscheidend ist, wie der Empfänger den Verwaltungsakt verstehen musste (BVerwG, EuGH-Vorlage vom 9. Dezember 2004 - BVerwG 3 C 37.03 -, Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 198 = RdL 2005, 159; Beschluss vom 16. November 2009, a.a.O.). Bei der Auslegung können sämtliche Angaben zur Bezeichnung des Adressaten ebenso wie beigefügte Unterlagen Berücksichtigung finden (BFH, Urteil vom 28. August 1990 - VII R 59/89 -, BFH/NV 1991, 215 = NVwZ-RR 1991, 660 = StRK AO 1977 § 122 R.57). Auch die den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umstände können als Konkretisierungsmittel herangezogen werden (Ziekow, VwVfG, 2. Aufl. 2010, § 37 Rn. 3 m.w.N.). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - BVerwG 6 C 20.02 -, BVerwGE 119, 282 = Buchholz 442.066 § 33 TKG Nr. 2 = NVwZ 2004, 878 m.w.N.).

(2) Gemessen hieran sind die Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 hinreichend bestimmt. Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf die damit der Klägerin bewilligten Ausgleichszahlungen, deren Rückabwicklung allein hier in Frage steht.

46(a) Bei Anlegung der genannten Maßstäbe ist zunächst mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass es sich bei der im Anschriftenfeld der Bewilligungsbescheide genannten D-T GmbH lediglich um die Bekanntgabeadressatin handelt, während die Regelungsadressaten bestimmte Erzeuger von Stärkekartoffeln bzw. Personen, welche die Bezirksregierung Weser-Ems als solche behandelt hat, sind. Denn nach Art. 8 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1766/92 stehen die Ausgleichszahlungen den Erzeugern der Kartoffeln zu. Das Gemeinschaftsrecht lässt offen, ob die Ausgleichszahlungen direkt an sie zu erfolgen haben oder unter Vermittlung des Stärkeherstellers erfolgen können. Das nationale Recht stellt beide Wege zur Verfügung, macht jedoch unmissverständlich klar, dass bei Einschaltung des Stärkeherstellers dieser nur als Stellvertreter des Kartoffelerzeugers auftritt (BVerwG, EuGH-Vorlage vom 9. Dezember 2004, a.a.O.). Dementsprechend hat die D-T GmbH mit Schreiben vom 16. Februar und 17. März 1998 ausweislich der Überschriften Ausgleichszahlungen €für die Kartoffelerzeuger€ beantragt. Daraufhin wurden mit den Bewilligungsbescheiden vom 2. März und vom 7. April 1998 Ausgleichszahlungen €für Stärkekartoffelerzeuger€ bewilligt. Zudem wird im Bescheid vom 7. April 1998 ausgeführt, dass die Bezirksregierung Weser-Ems die bisher nicht gezahlten Ausgleichsbeträge €für€ die Firma F. -Agrar} GmbH & Co. KG ausgezahlt habe. Daraus ist zu schließen, dass die Ausgleichsbeträge auch im Übrigen nicht dem Stärkeunternehmen, sondern Erzeugern bzw. Personen, welche die Bezirksregierung Weser-Ems als solche behandelt hat, gewährt wurden. Ist hiernach der Stärkehersteller nur Vertreter des materiell Begünstigten, so ist er selbst zwar Bekanntmachungsadressat, nicht jedoch Regelungsadressat der Bewilligungsbescheide, und zwar auch nicht zugleich und neben dem Kartoffelerzeuger (BVerwG, EuGH-Vorlage vom 9. Dezember 2004, a.a.O.). Daran ändert auch nichts, dass die Bezirksregierung Weser-Ems irrtümlich zunächst mit Bescheid vom 25. Oktober 1999 von der D-T GmbH Ausgleichszahlungen zurückgefordert hat.

(b) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 auch im Hinblick auf die einzelnen begünstigten Kartoffelerzeuger bzw. Personen, welche die Bezirksregierung Weser-Ems als solche behandelt hat, hinreichend bestimmt. Insbesondere lässt sich ihnen in Zusammenschau mit den zugrunde liegenden Antragsunterlagen entnehmen, mit welchen individuellen Adressaten ein Rechtsverhältnis in welcher konkreten Höhe begründet wurde. Dies gilt jedenfalls hinsichtlich der Klägerin.

Zwar werden in den Bewilligungsbescheiden vom 2. März und 7. April 1998 - abgesehen von der Firma G. und der F. -Agrar} GmbH & Co. KG - keine Firmen oder Personen, welche die Bezirksregierung Weser-Ems als solche behandelt hat, namentlich benannt. Gleiches gilt für die Antragsschreiben. Die auf die einzelnen Kartoffelerzeuger bzw. Personen, welche die Bezirksregierung Weser-Ems als solche behandelt hat, entfallenen Teilbeträge sind aber über die in den Bewilligungsbescheiden und Antragsunter-lagen genannten Abrechnungsläufe hinreichend bestimmbar.

In den Bewilligungsbescheiden wird aufgeführt, für Kartoffellieferungen an welche Betriebsstätte für welche Abrechnungsläufe welcher Gesamtausgleichszahlungsbetrag gewährt wurde. So wurde mit dem Bescheid vom 2. März 1998 für die an die Betriebsstätte M gelieferten Kartoffeln (Abrechnungsläufe 17 bis 19) ein Ausgleichszahlungsbetrag von insgesamt 1.163.221,18 DM gewährt. Mit dem Bescheid vom 7. April 1998 wurde für die an die Betriebsstätte M gelieferten Kartoffeln (Abrechnungsläufe 20 bis 25) ein Ausgleichszahlungsbetrag von insgesamt 1.824.437,22 DM bewilligt.

Bereits eine Zusammenschau der Bewilligungsbescheide und der mit den betreffenden Anträgen vorgelegten Gutschriften ergibt, welche Ausgleichszahlungsbeträge für Kartoffellieferungen an das Werk M zur Vertragslieferanten-Nummer 372 bewilligt wurden:

Mit dem Antrag vom 16. Februar 1998, der dem Bewilligungsbescheid vom 2. März 1998 zugrunde liegt, wurden ausweislich der beigefügten Gutschrift vom 23. Dezember 1997 für sieben Kartoffellieferungen an das Werk M zur Vertragslieferanten-Nummer 372 hinsichtlich des Abrechnungslaufs 19 Ausgleichszahlungen in Höhe von 5.638,72 DM (578,95 DM + 535,20 DM + 246,56 DM + 959,82 DM + 1.035,09 DM + 1.075,89 DM + 1.207,21 DM) beantragt. Insgesamt wurden mit dem Antrag vom 16. Februar 1998 ausweislich der beigefügten €Gutschriftenzusammenstellung kumuliert Konzern - Antrag Nr. 6 D-T GmbH€ für Kartoffellieferungen an das Werk M (Abrechnungsläufe 17 bis 19) 1.187.021,07 DM beantragt. Mit dem Bewilligungsbescheid vom 2. März 1998 wurden für Kartoffellieferungen an das Werk M (Abrechnungsläufe 17 bis 19) 1.163.221,18 DM gewährt. Im Bescheid wird ausgeführt, dass von der beantragten Summe von 1.187.021,07 DM eine €Ausgleichszahlung Firma G.€ in Höhe von 11.131,79 DM und eine €Ausgleichszahlung Firma H.€ in Höhe von 12.668,10 DM abgezogen worden seien und sich danach ein Bewilligungsbetrag von 1.163.221,18 DM ergebe. Da somit hinsichtlich dieses Restbetrags von 1.163.221,18 DM zwischen dem beantragten und dem bewilligten Betrag keine Differenz besteht und feststeht, dass für die Kartoffellieferungen auf die Vertragslieferanten-Nummer 372 insgesamt 5.638,72 DM beantragt wurden, ergibt sich zugleich, dass mit dem Bewilligungsbescheid vom 2. März 1998 für die Kartoffellieferungen an das Werk M auf die Vertragslieferanten-Nummer 372 insgesamt 5.638,72 DM bewilligt wurden.

Mit dem Antrag vom 17. März 1998, der dem Bewilligungsbescheid vom 7. April 1998 zugrunde liegt, wurden ausweislich der beigefügten Gutschriften vom 13., 22. und 30. Januar 1998 für insgesamt sieben Kartoffellieferungen an das Werk M zur Vertragslieferanten-Nummer 372 hinsichtlich des Abrechnungslaufs 21 Ausgleichszahlungen in Höhe von 2.366,38 DM (537,41 DM + 637,84 DM + 1.191,13 DM), hinsichtlich des Abrechnungslaufs 22 in Höhe von 2.282,09 DM (941,46 DM + 1.340,63 DM) und hinsichtlich des Abrechnungslaufs 23 in Höhe von 2.394,46 DM (1.340,83 DM + 1.053,63 DM) beantragt, d.h. insgesamt in Höhe von 7.042,93 DM. Mit dem Antrag vom 17. März 1998 wurden ausweislich der beigefügten €Gutschriftenzusammenstellung kumuliert Konzern - Antrag Nr. 7 D-T GmbH€ für Kartoffellieferungen an das Werk M (Abrechnungsläufe 20 bis 25) Ausgleichszahlungen in Höhe von 1.855.914,41 DM beantragt. Mit dem Bewilligungsbescheid vom 7. April 1998 wurden für Kartoffellieferungen an das Werk M (Abrechnungsläufe 20 bis 25) Ausgleichszahlungen in Höhe von 1.824.437,22 DM gewährt. Im Bescheid wird ausgeführt, dass von der beantragten Summe von 1.855.914,41 DM eine €Ausgleichszahlung Firma G.€ in Höhe von 31.477,19 DM abgezogen worden sei und sich danach ein Bewilligungsbetrag von 1.824.437,22 DM ergebe. Da somit hinsichtlich dieses Restbetrags von 1.824.437,22 DM zwischen dem beantragten und dem bewilligten Betrag keine Differenz besteht und feststeht, dass für die Kartoffellieferungen an das Werk M auf die Vertragslieferanten-Nummer 372 insgesamt 7.042,93 DM beantragt wurden, ergibt sich zugleich, dass mit dem Bewilligungsbescheid vom 7. April 1998 für die Kartoffellieferungen an das Werk M auf die Vertragslieferanten-Nummer 372 insgesamt 7.042,93 DM bewilligt wurden.

Darüber hinaus folgt aus einer Zusammenschau der Bewilligungsbescheide und der ausweislich der €DTA-Begleitschreiben f. beleglosen Datenträgeraustausch€ mit den Anträgen vorgelegten Textdateien mit den Abrechnungsläufen (Dateinamen: €K3GPO.17.TXT€ bis €K3GPO.19.TXT€ und €K3GPO.20.TXT€ bis €K3GPO.25.TXT€), welche Ausgleichszahlungsbeträge für Kartoffellieferungen an das Werk M zur Vertragslieferanten-Nummer 372 bewilligt wurden. In den Textdateien finden sich untereinander aufgelistete Posten. Jeder Posten enthält ausweislich der Erläuterungen in den auf der CD-ROM gespeicherten zugehörigen Word-Dokumenten €K3GPO017€ bis €K3GPO019€ und €K3GPO020€ bis €K3GPO025€ u.a. die Lieferanten-Nummer, den Kurzform-Erzeugernamen, die Abrechnungslaufnummer, die Nummer der zugehörigen Gutschrift und den für die jeweilige Lieferung beantragten Ausgleichszahlungsbetrag. Aus den Textdateien ist ersichtlich, dass von den im Bescheid vom 2. März 1998 zum Werk M genannten Abrechnungsläufen 17 bis 19 des Antrags vom 16. Februar 1998 der Abrechnungslauf 19 Kartoffellieferungen auf den Anbauvertrag Nr. 372 betrifft. Die ausweislich der Seiten 16 (letzten fünf Posten) und 17 (ersten zwei Posten) des ausgedruckten Textdokuments €K3KGPO19€ für diese sieben Kartoffellieferungen beantragten Ausgleichszahlungsbeträge sind mit den in der Gutschrift vom 23. Dezember 1997 genannten Beträgen für Lieferungen auf den Abrechnungslauf 19 identisch. Aus den Textdateien ergibt sich weiterhin, dass von den im Bescheid vom 7. April 1998 zum Werk M genannten Abrechnungsläufen 20 bis 25 des Antrags vom 17. März 1998 die Abrechnungsläufe 21, 22 und 23 Kartoffellieferungen auf den Anbauvertrag Nr. 372 betreffen. Die ausweislich der Seite 19 (zweiter bis vierter Posten) des ausgedruckten Textdokuments €K3KGPO21€ für diese drei Kartoffellieferungen beantragten Ausgleichszahlungsbeträge stimmen mit den in der Gutschrift vom 13. Januar 1998 genannten Beträgen für Lieferungen auf den Abrechnungslauf 21 überein. Die ausweislich der Seite 17 (siebter und achter Posten) des ausgedruckten Textdokuments €K3KGPO22€ für diese beiden Kartoffellieferungen beantragten Ausgleichszahlungsbeträge korrespondieren mit den in der Gutschrift vom 22. Januar 1998 genannten Beträgen für Lieferungen auf den Abrechnungslauf 22. Schließlich sind die ausweislich der Seite 22 (erster und zweiter Posten) des ausgedruckten Textdokuments €K3KGPO23€ für diese beiden Kartoffellieferungen beantragten Ausgleichszahlungsbeträge mit den in der Gutschrift vom 30. Januar 1998 genannten Beträgen für Lieferungen auf den Abrechnungslauf 23 identisch.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Bezirksregierung Weser-Ems für die insgesamt 14 genannten Kartoffellieferungen an das Werk M zur Lieferantennummer 372 der Klägerin und nicht der A. GmbH oder den tatsächlichen Erzeugern die Ausgleichszahlungen gewährt hat. Denn der Bezirksregierung Weser-Ems war nicht bekannt, dass zum Anbauvertrag Nr. 372 ein Untervertrag mit der A. und von dieser Unterverträge mit weiteren Händlern und Erzeugern geschlossen worden waren. Infolge der Nennung der Anbauvertragsnummer 372 zu den betreffenden Kartoffellieferungen an das Werk M in den mit den Anträgen vorgelegten Gutschriften und Textdateien ist daher davon auszugehen, dass die Bewilligung an den Vertragspartner der T.U. GmbH des Anbauvertrags Nr. 372 ergangen ist. Unerheblich ist insoweit, dass dieser Anbauvertrag der Bezirksregierung Weser-Ems vor der Bewilligung nicht vorlag. Denn der Vertragspartner - die Klägerin - ist ohne Weiteres durch Einsicht in den Anbauvertrag oder in das zusammenfassende Verzeichnis der Anbauverträge, das gemäß Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 97/95 neben den Anbauvertragsnummern auch die in den Anbauverträgen genannten Erzeugernamen zu enthalten hat und das nach der in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren abgegebenen Erklärung des seinerzeit zuständigen Sachbearbeiters bei der Bezirksregierung Weser-Ems, Herrn I., vor der Bewilligung vorlag, bestimmbar. Aus dem Umstand, dass sich Herr I. nicht daran erinnern konnte, ob in dem Verzeichnis die Erzeugernamen genannt waren, ist nicht im Umkehrschluss zu schließen, dass entgegen den insoweit zwingenden Vorgaben des Gemeinschaftsrechts das Verzeichnis keine Erzeugernamen enthielt. Darüber hinaus werden in den betreffenden Posten der Textdateien neben der Lieferantennummer 372 als Erzeuger-Kurzname der Name der Klägerin und als Lieferanten-Kennzeichen die Ziffer 1 genannt. Nach den Erläuterungen in den zu den jeweiligen Textdateien gehörenden Word-Dokumenten steht die Ziffer 1 für €Dir€, die Ziffer 2 für €Hä€, die Ziffer 3 für €Gen€ und die Ziffer 4 für €Hol€. Herr J. (Informatikabteilung D-T GmbH) hat am 21. April 2011 telefonisch erläutert, dass mit €Dir€ ein Direktvertrag des Landwirts mit der Stärkefabrik, mit €Hä€ ein Landhandel, mit €Gen€ eine Genossenschaft und mit €Hol€ ein Holländer gemeint ist und unabhängig davon eine dreistellige Anbauvertragsnummer bereits für sich genommen stets für einen Direktvertrag zwischen der Stärkefabrik und einem Landwirts steht (Bl. 258 GA). Auch deshalb ist der Senat davon überzeugt, dass die Bezirksregierung Weser-Ems bei allen Kartoffellieferungen an das Werk M zur Lieferantennummer 372 davon ausgegangen ist, es handle sich um Direktlieferungen des Vertragspartners der T.U. GmbH und sie daher die Ausgleichszahlungen an deren Vertragspartner, d.h. an die Klägerin, bewilligt hat.

(c) Schließlich ist anhand der Gutschriften und Textdateien bestimmbar, welche Ausgleichszahlungsbeträge der Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 auf die elf beanstandeten Kartoffellieferungen entfallen. Nach dem Prüfbericht vom 2. November 1998 wurden folgende elf Lieferungen beanstandet:

NRAnnahmeschein-Nr.LieferdatumLiefermenge Netto (t)11010318.12.9729.04421016118.12.9727.67031016318.12.9730.42141018719.12.9732.10151071106.01.9814.19361071206.01.9818.25071071907.01.9832.90581127307.01.9825.78291128015.01.9834.415101151119.01.9834.246111155919.01.9830.475Über die sowohl in den Gutschriften als auch in den jeweiligen Posten der Textdateien genannten Annahmeschein-Nummern, Lieferdaten und Liefermengen lässt sich bestimmen, welche Ausgleichszahlungsbeträge auf diese Kartoffellieferungen entfallen. Danach wurden von den sieben Lieferungen auf den Anbauvertrag der Klägerin im Abrechnungslauf 19 (Bewilligungsbescheid vom 2. März 1998) vier beanstandet, für die ein Ausgleichszahlungsbetrag von insgesamt 4.278,01 DM (959,82 DM + 1.035,09 DM + 1.075,89 DM + 1.207,21 DM) beantragt und bewilligt wurde. Die weiteren sieben beanstandeten Lieferungen sind die sieben die Klägerin betreffenden Posten aus den Abrechnungsläufen 21, 22 und 23 (Bewilligungsbescheid vom 7. April 1998), auf die insgesamt ein Ausgleichszahlungsbetrag von 7.042,93 DM entfällt (s.o.). Zusammen ergibt dies den gegenüber der Klägerin geltend gemachten Rückforderungsbetrag von 11.320,94 DM (5.788,30 €).

(d) Durch die Berücksichtigung auch der erst im Berufungsverfahren vorgelegten und der zusätzlich im Wege der Amtsermittlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) beschafften Antragsunterlagen wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Bewilligungsbescheide, die keine Bewilligung enthalten, eine Bewilligung €nachgeschoben€. Vielmehr handelt es sich bei diesen Unterlagen und Dateien um solche, die der Bezirksregierung Weser-Ems seinerzeit mit den Anträgen auf Gewährung von Ausgleichszahlungen vorgelegt und bei der Bewilligung der Ausgleichszahlungen berücksichtigt wurden.

(e) Ob und inwieweit in dem im angegriffenen Urteil in Bezug genommenen Parallelverfahren 11 A 7613/05 andere Bewilligungsbescheide möglicherweise keine Ausgleichszahlungen für Kartoffellieferungen an die Stärkefabrik in M enthalten, steht einer hinreichenden Bestimmtheit der Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 und ihrer teilweisen Rücknahme gegenüber der Klägerin ebenfalls nicht entgegen.

bb) Die Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 sind hinsichtlich der Bewilligung von Ausgleichszahlungen für die durch die A. GmbH organisierten elf beanstandeten Kartoffellieferungen an die Betriebsstätte M rechtswidrig.

(1) Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a) VO (EWG) Nr. 1766/92 können Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln Ausgleichszahlungen erhalten. Ein Erzeuger ist gemäß Art. 1 Buchst. d) VO (EG) Nr. 97/95 jede natürliche oder juristische Person oder Vereinigung dieser Personen, die selbst oder von ihren Mitgliedern erzeugte Kartoffeln in ihrem Namen und für ihre Rechnung im Rahmen eines von ihr oder in ihrem Namen geschlossenen Anbauvertrags an ein Stärkeunternehmen liefert. Unter einem Anbauvertrag ist nach Art. 1 Buchst. e) VO (EG) Nr. 97/95 jeder zwischen einem Erzeuger oder einer Erzeugervereinigung einerseits und dem Stärkeunternehmen andererseits geschlossener Vertrag zu verstehen. Folglich kann ein Vertrag, der zwischen einem Stärkeunternehmen und einem Unternehmen geschlossen wurde, das die Kartoffeln unmittelbar oder mittelbar von Kartoffelerzeugern bezieht, nicht als Anbauvertrag im Sinne der genannten Vorschrift angesehen werden, auch wenn er als solcher bezeichnet worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006 - C 94/05 [D-T] -, Slg. 2006, S. I-2619).

Gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. b) VO (EWG) Nr. 1766/92 werden die Ausgleichszahlungen nur für die Kartoffelmenge gewährt, die durch einen Vertrag gebunden ist, welcher zwischen Kartoffelerzeuger und kartoffelstärkeerzeugendem Unternehmen im Rahmen des Letzterem zugeteilten Unterkontingents gemäß Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1868/94 geschlossen wurde. Die VO (EG) Nr. 1868/94 hat die Kartoffelstärkeerzeugung kontingentiert: Durch Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1868/94 wurde jedem Erzeugermitgliedstaat ein Kontingent für die Kartoffelstärkeerzeugung zugeteilt, das der Mitgliedstaat nach Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1868/94 in Unterkontingente für die Stärkehersteller mit Sitz in seinem Gebiet aufzuteilen hat. Nach Art. 4 Abs. 5 VO (EG) Nr. 97/95 ist es dem Stärkeunternehmen untersagt, Kartoffellieferungen anzunehmen, die nicht durch einen Anbauvertrag gebunden sind. Dieses Verbot bezweckt zum einen - wie aus der vierten Begründungserwägung dieser Verordnung hervorgeht - das Kontingent zu schützen, indem es die Kontrolle der von den Stärkeunternehmen gekauften Kartoffelmenge durch die zuständigen nationalen Behörden erleichtert (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006, a.a.O.). Darüber hinaus soll es nach derselben Begründungserwägung sicherstellen, dass für alle zur Stärkeerzeugung bestimmten Kartoffeln der Mindestpreis gezahlt wird. Nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. a) VO (EG) Nr. 97/95 muss im Fall der Ausgleichszahlung gemäß Art. 8 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1766/92 nachgewiesen werden, dass für die Menge, für die diese Ausgleichszahlung beantragt wurde, ein bestimmter Mindestpreis gezahlt wurde. Bereits allein die Tatsache, dass ein Stärkeunternehmen Kartoffeln von einem Unternehmen bezieht, das diese seinerseits unmittelbar oder mittelbar von den Kartoffelerzeugern bezieht, ist geeignet, diesen Zweck und damit das Ziel, diese Erzeuger zu schützen, zu gefährden. Auch wenn das Stärkeunternehmen nachweist, dass es an ein solches Unternehmen den Mindestpreis gezahlt hat, ist durch nichts gewährleistet, dass dieser Preis vollständig an die Erzeuger weitergeleitet worden ist. Das Erfordernis eines unmittelbar mit den Erzeugern geschlossenen Anbauvertrags ist das einzige Mittel, um zu verhindern, dass ein Teil des Preises, der von dem Stärkeunternehmen tatsächlich gezahlt worden ist, von Zwischenhändlern vereinnahmt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006, a.a.O.).

(2) Danach steht der Klägerin für die elf beanstandeten Kartoffellieferungen kein Anspruch auf Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln zu.

Die Klägerin hat zwar am 22. April / 26. Mai 1997 einen €Anbau- und Liefervertrag für Stärkekartoffeln€ mit der T.U. GmbH geschlossen, in dem sie als €Erzeuger€ bezeichnet wird. Sie war aber im Hinblick auf die beanstandeten Kartoffellieferungen keine Erzeugerin. Denn sie hatte diese Kartoffeln nicht selbst erzeugt, sondern hatte mit der A. GmbH einen Vertrag über die Lieferung dieser Kartoffeln an die T.U. GmbH geschlossen. Die A. GmbH war ebenfalls nicht Erzeugerin, sondern hatte zur Erfüllung dieses Vertrags ihrerseits Unterverträge mit der B. B.V., der C. B.V. und Herrn D. geschlossen, die teilweise weitere Unterverträge mit Kartoffelerzeugern eingegangen waren.

Die Klägerin war auch keine Erzeugervereinigung. Art. 1 Buchst. d) VO (EG) Nr. 97/95 definiert eine Erzeugervereinigung als Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, die von ihren Mitgliedern erzeugte Kartoffeln in ihrem Namen und für ihre Rechnung im Rahmen eines in ihrem Namen geschlossenen Anbauvertrags an ein Stärkeunternehmen liefert. Für eine Erzeugervereinigung ist schon nach dem Wortlaut der Vorschrift kennzeichnend, dass sie Mitglieder hat; nur dann kann auch sinnvoll von einer €Vereinigung€ gesprochen werden. Eine Erzeugervereinigung muss auf eine gewisse Dauer angelegt sein und eine mitgliedschaftliche Organisationsstruktur aufweisen, wie dies etwa bei einer Genossenschaft der Fall ist (BVerwG, EuGH-Vorlage vom 9. Dezember 2004, a.a.O.). Dass bei der Klägerin über den Untervertrag mit der A. GmbH, deren Unterverträge mit der B. B.V., der C. B.V. und Herrn D. sowie deren weitere Unterverträge sozusagen die tatsächlichen Erzeuger unter einem Dach zusammenlaufen, verhilft ihr nicht zur Eigenschaft einer Erzeugervereinigung. Die Klägerin weist insoweit keine mit einer Genossenschaft vergleichbare mitgliedschaftliche Organisationsstruktur auf.

Die Klägerin hat den Anbau- und Liefervertrag vom 22. April / 26. Mai 1997 im Hinblick auf die beanstandeten Kartoffellieferungen ferner nicht als Vertreterin für die tatsächlichen Kartoffelerzeuger geschlossen. Sie hatte am 30. April 1997 einen Untervertrag mit der A. GmbH, nicht mit den tatsächlichen Erzeugern geschlossen. Dem Untervertrag vom 30. April 1997 lässt sich keine Bevollmächtigung seitens der tatsächlichen Erzeuger an die Klägerin entnehmen, für diese einen Anbauvertrag mit der Stärkefabrik zu schließen. Zudem hatte die Klägerin ihren Anbau- und Liefervertrag bereits am 22. April 1997 und damit vor Abschluss des Untervertrags unterzeichnet. Darüber hinaus müssen nach Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 97/95 im Anbauvertrag Name und Anschrift des (tatsächlichen) Erzeugers oder der Erzeugervereinigung schriftlich niedergelegt werden. Im Anbau- und Liefervertrag vom 22. April / 26. Mai 1997 wird ausschließlich die Klägerin als €Erzeuger€ genannt; die tatsächlichen Kartoffelerzeuger werden nicht erwähnt. Da die tatsächlichen Erzeuger auch nicht nachträglich mit Namen und Anschriften in den Vertrag aufgenommen worden sind, sind sie auch nicht nachträglich (vertreten durch die Klägerin) als Vertragspartner in den Vertrag eingetreten.

Bei den Unterverträgen handelt es sich nicht um Anbauverträge i.S.d. Art. 1 Buchst. e) VO (EG) Nr. 97/95. Denn keiner dieser Verträge wurde - wie es diese Vorschrift voraussetzt - mit einem kartoffelstärkeerzeugendem Unternehmen als Vertragspartner geschlossen.

Dadurch, dass die beanstandeten Kartoffellieferungen nicht durch einen Anbauvertrag gedeckt waren, wurde zugleich dessen Zweck, nämlich zu verhindern, dass ein Teil des Mindestpreises, der von dem Stärkeunternehmen tatsächlich gezahlt worden ist, von Zwischenhändlern vereinnahmt wird, verfehlt. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Abrechnungsunterlagen. Danach wurden die für die beanstandeten Lieferungen erwarteten Ausgleichszahlungen und Erzeugermindestpreise zwar zunächst von der Emsland Stärke GmbH - Werk M - am 23. Dezember 1997 sowie am 13., 22. und 30. Januar 1998 vollumfänglich der Klägerin gutgeschrieben (Bl. 95 ff. GA). Die Klägerin schrieb die erhaltenen Zahlungen am 31. Dezember 1997 und 31. Dezember 1998 der A. GmbH jedoch nur abzüglich 25,00 DM / Nettotonne gemäß der Vereinbarung vom 30. Oktober 1997 gut (Bl. 91 ff. GA). Nach den im Prüfbericht niedergelegten Feststellungen des Landesamts für Ernährung und Landwirtschaft in Brandenburg wurden die Ausgleichszahlungen und der Erzeugermindestpreis sodann unter weiteren Gewinnabschöpfungen an die Untervertragspartner der A. GmbH weitergeleitet.

69cc) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 VwVfG berufen.

Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Gleiches gilt, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Beide Ausschlussgründe liegen vor.

(1) Die Klägerin hat die Bewilligungsbescheide vom 2. März und 7. April 1998 im Hinblick auf die beanstandeten Kartoffellieferungen durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren.

Mit den Anträgen vom 16. Februar 1998 und 17. März 1998 wurden Ausgleichszahlungen €für die Kartoffelerzeuger€ beantragt. Die Klägerin war jedoch hinsichtlich eines Teils der Kartoffellieferungen zur Vertragslieferanten-Nummer 372, nämlich der hier beanstandeten Lieferungen, keine Erzeugerin. Durch Nennung der Anbauvertragsnummer 372 in den beigefügten Gutschriften und Textdateien wurde zudem der unzutreffende Eindruck erweckt, die beanstandeten Kartoffellieferungen seien durch einen Anbauvertrag mit einem Erzeuger gedeckt. Denn ein Anbauvertrag ist nach Art. 1 Buchst. e) VO (EG) Nr. 97/95 zwingend mit einem Erzeuger oder einer Erzeugervereinigung zu schließen. Zudem steht eine dreistellige Anbauvertragsnummer - wie ausgeführt - für einen Direktvertrag des Stärkeunternehmens mit einem Erzeuger. Gleiches gilt für die Eintragung der Ziffer 1 (= €Dir€) als Lieferanten-Kennzeichen in den betreffenden Textdateien.

Zwar wurden die Anträge nicht von der Klägerin, sondern von der D-T GmbH eingereicht. Die unrichtigen Antragsangaben sind der Klägerin aber zuzurechnen, weil die D-T GmbH sie bei der Antragstellung wirksam vertreten hat.

74Zwar hatte die Klägerin in dem von ihr am 22. April 1997 unterzeichneten Anbau- und Liefervertrag nicht die D-T GmbH, sondern die T.U. GmbH dazu bevollmächtigt, ihr Unternehmen bei der Antragstellung auf Ausgleichszahlungen für zur Stärkeherstellung bestimmter Kartoffellieferungen zu vertreten. Jedoch ist die der T.U. GmbH erteilte Vollmacht infolge der gemäß §§ 1 Nr. 1, 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) vollzogenen Verschmelzung mit der D-T GmbH (übernehmender Rechtsträger) auf letztere übergegangen. Die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers, die hier am 22. Mai 1997 erfolgt ist, führt gemäß § 20 Nr. 1 und Nr. 2 UmwG dazu, dass das Vermögen der übertragenden Rechtsträger einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht und der übertragende Rechtsträger erlischt. Mit der Eintragung gehen in der Regel sämtliche Rechte und Pflichten der übertragenden Rechtsträger aus von ihnen geschlossenen Schuldverhältnissen auf den übernehmenden Rechtsträger über (Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl. 2011, § 1 UmwG Rn. 27). Bei einer Verschmelzung zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung geht daher auch eine der übertragenden Gesellschaft erteilte Vollmacht auf die übernehmende Gesellschaft über, wenn nicht andere Anhaltspunkte aus dem der Bevollmächtigung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis entnommen werden können (LG Koblenz, Beschluss vom 11. Juni 1997 - 2 T 319/97 -, NJW-RR 1998, 38 = Rpfleger 1997, 475; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 168 Rn. 3; H. Palm in: Erman, BGB, Kommentar, 12. Aufl. 2008, § 168 BGB Rn. 9; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O.; Weinland, in: jurisPK-BGB, 5. Auflage 2010, § 168 Rn. 3). Da andere Anhaltspunkte hier nicht ersichtlich sind, ist die der T.U. GmbH von der Klägerin erteilte Vollmacht zur Beantragung von Ausgleichszahlungen auf die D-T GmbH übergegangen, die demnach als wirksam Bevollmächtigte der Klägerin am 16. Februar und 17. März 1998 die Anträge auf Gewährung von Ausgleichszahlungen gestellt hat.

(2) Darüber hinaus hat die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Zum einen muss sie sich die diesbezügliche Kenntnis ihrer Vertreterin - der D-T GmbH - entsprechend § 166 BGB zurechnen lassen. Denn die Bezirksregierung Weser-Ems hatte die D-T GmbH mit Schreiben vom 2. Februar 1995 (Bl. 120 GA) auf Folgendes hingewiesen: €Es muss mit jedem Erzeuger ein Einzelvertrag geschlossen werden. Ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass nur mit Erzeugern oder Erzeugervereinigungen Anbauverträge geschlossen werden dürfen. Gemäß Art. 4 Abs. 1 erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 97/95 sind Anbauverträge mit Handelspartnern, die keine selbst angebauten Kartoffeln liefern, nicht zulässig.€ Zum anderen hat die Klägerin - wenngleich sie betont, auf das Vorgehen der Stärkefabrik vertraut zu haben - letztlich eingeräumt, dass ihr bewusst gewesen sei, dass ihre Vorgehensweise unzulässig war. Denn sie hat in ihrer Klagebegründung ausgeführt, dass sie sich aufgrund von Ziffer 5 des ursprünglichen Anbauvertrags vom 18. April 1991 genötigt gesehen habe, €auch wider besseren Wissens der von der T.U. GmbH vorgeschlagenen Vorgehensweise zuzustimmen€ (Bl. 86 GA).

76(3) Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht.

Die VO (EG) Nr. 1868/94, die VO (EWG) Nr. 1766/92 und die VO (EG) Nr. 97/95 enthalten keine Regelungen zur Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln.

Nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl Nr. L 312 S. 1) - im Folgenden: VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 - bewirkt jede Unregelmäßigkeit - eine solche liegt hier nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung vor - in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags. Die Anwendung dieser Maßnahme beschränkt sich gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung auf den Entzug des erlangten Vorteils, zuzüglich - falls dies vorgesehen ist - der Zinsen, die pauschal festgelegt werden können. Über § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 - 4 VwVfG hinausgehende Vertrauensschutzregelungen sieht die VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 nicht vor.

Art. 14 der für die Wirtschaftsjahre vor dem 1. Januar 2002 geltenden VO (EWG) Nr. 3887/92 findet hier keine Anwendung. Er enthält Durchführungsbestimmungen zu dem mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte Beihilferegelungen. Dieses ist für die abschließend in Art. 1 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3508/92 bestimmten Beihilferegelungen in den Sektoren der pflanzlichen und tierischen Produktion eingeführt worden. Hiervon nicht umfasst ist die Beihilferegelung zugunsten der Erzeuger von Stärkekartoffeln. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Regelungen über das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem auf Grundlage des Art. 1 Abs. 2 VO (EG) Nr. 3508/92 für die Beihilferegelung zugunsten der Stärkekartoffelerzeuger zur Anwendung kommen.

Gleiches gilt für Art. 49 der Nachfolgeverordnung (EG) Nr. 2419/2001.

Zwar gilt inzwischen nach Art. 17 UAbs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl Nr. L 270 S. 1) - im Folgenden: VO (EG) Nr. 1782/2003 - das integrierte System auch für die nunmehr in Art. 93 und 94 dieser Verordnung geregelte Beihilfe für Stärkekartoffeln. Art. 73 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 796/2004 enthält auch Regelungen über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Leistungen. Jedoch bleibt nach Art. 153 VO (EG) Nr. 1782/2003 die VO (EWG) Nr. 3508/92 für Anträge auf Direktzahlungen für die Kalenderjahre vor 2005 weiterhin gültig und die VO (EG) Nr. 796/2004 gilt nach ihrem Art. 81 Abs. 2 nur für Beihilfeanträge, die sich auf ab dem 1. Januar 2005 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen.

Art. 73 VO (EG) Nr. 796/2004 findet auch nicht über Art. 2 Abs. 2 Satz 2 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 Anwendung, wonach bei späterer Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen die weniger strengen Bestimmungen rückwirkend gelten (sog. Günstigkeitsprinzip). Denn der Entzug eines rechtswidrig erlangten Vorteils durch Verpflichtung zur Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags nebst Zinsen stellt schon keine Sanktion dar (Art. 4 Abs. 4 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95).

dd) Da es im Fall der Rücknahme eines Bewilligungsbescheids - wie ausgeführt - maßgebend darauf ankommt, mit wem der Bewilligungsbescheid ein Rechtsverhältnis begründet hat (BVerwG, Beschluss vom 16. November 2009, a.a.O.), ist die Klägerin auch die richtige Adressatin der teilweisen Rücknahme der Bewilligungsbescheide. Dies ist nicht deshalb nach Treu und Glauben unbillig, weil der Zukauf der Stärkekartoffeln nach dem Vorbringen der Klägerin von der T.U. GmbH und der A. GmbH €eingefädelt€ wurde und der Auslastung des Werks M diente. Denn materiell Begünstigte der Bewilligungsbescheide ist die Klägerin. Ein der Prämienregelung der VO (EG) Nr. 1868/94 unterfallendes Stärkeunternehmen, das Kartoffellieferungen annimmt, die nicht durch einen Anbauvertrag gebunden sind, wird anderweitig sanktioniert. Es kann gemäß Art. 13 Abs. 4 VO (EG) Nr. 97/95 selbst dann mit Sanktionen belegt werden, wenn es dabei das ihm zugeteilte Unterkontingent nicht überschritten hat (EuGH, Urteil vom 16. März 2006, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2006 - BVerwG 3 C 16.06 -, juris). Dies ist hier durch den zunächst an die D-T GmbH erlassenen Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 25. Oktober 1999 auch geschehen, der hinsichtlich der Sanktion nicht durch den Teilabhilfebescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 17. März 2005 aufgehoben wurde (s.o.). Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil sich die Klägerin im Anbau- und Liefervertrag vom 22. April / 26. Mai 1997 durch Bezugnahme auf den Anbauvertrag vom 18. April 1991 selbst einer Vertragsstrafe ausgesetzt hat.

ee) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG wurde eingehalten. Sie beginnt erst dann zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1984 - GrSen 1/84, GrSen 2/84 -, BVerwGE 70, 356). Dies ist erst dann der Fall, wenn sie ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, sachgerecht unter Berücksichtigung etwaiger Vertrauensgesichtspunkte über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1984, a.a.O.). Dies setzt regelmäßig eine durchgeführte Anhörung des Betroffenen mit angemessener Frist zur Stellungnahme voraus (BVerwG, Urteile vom 20. September 2001 - BVerwG 7 C 6.01 -, NVwZ 2002, 485 und vom 8. Mai 2003 - BVerwG 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174 = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 10 = DVBl 2003, 1280 = DÖV 2003, 997 = NVwZ 2004, 113). Die Jahresfrist begann demnach frühestens mit Zugang des Anhörungsschreibens vom 28. August 2000 zu laufen. Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid erging bereits am 8. September 2000 und damit vor Ablauf der Jahresfrist.

2. Die Rückforderung der Ausgleichszahlungen ist ebenfalls rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz, Abs. 3 MOG i.V.m. § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Gegen die rechnerische Ermittlung des Rückforderungsbetrags in Höhe von 11.320,94 DM (5.788,30 €) bestehen keine Bedenken (vgl. 1. c) aa) (2) (c)). Die Klägerin kann sich nicht gemäß § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB auf einen Wegfall der Bereicherung wegen Weiterleitung der Ausgleichszahlungen an die A. GmbH berufen. Denn dies ist nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG ausgeschlossen, soweit der Begünstigte die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben. So liegt der Fall hier (vgl. 1. c) cc) (2)).

3. Schließlich ist die Berufung auch hinsichtlich des mit den angegriffenen Bescheiden dem Grunde nach verbindlich festgestellten, auf § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG gestützten Zinsanspruchs begründet.

Die Festsetzung der Zinsen nur dem Grunde nach ist nicht zu unbestimmt. Die nötige Bestimmtheit ergibt sich hinsichtlich des Zinssatzes und des Zinszeitraums aus der Begründung, hinsichtlich der zu verzinsenden Hauptforderung aus dem Bescheidtenor. Dass sich die Behörde vorerst mit der verbindlichen Feststellung der Zinspflicht dem Grunde nach begnügte, schadet nicht; es ist nicht ermessensfehlerhaft, die Berechnung des Zinsbetrags erst später vorzunehmen und einem gesonderten Zinsbescheid vorzubehalten. Die Klägerin hatte es in der Hand, durch Befriedigung der Hauptforderung das Auflaufen weiterer Zinsen zu verhindern (BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 3 C 4.10 -, juris, Rn. 30).

Die Zinsen durften gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG auch bereits ab Empfang der Leistungen festgesetzt werden. Art. 4 Abs. 2 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 steht dem nicht entgegen. Danach können im Fall einer - hier gegebenen - Unregelmäßigkeit i.S.d. Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 der Verordnung neben dem Entzug des erlangten Vorteils, falls dies vorgesehen ist, Zinsen erhoben werden, die pauschal festgelegt werden können. Wie Art. 3 Abs. 1 der Verordnung zeigt, erfasst dies den Zeitraum seit Begehung der Unregelmäßigkeit, also von der Zuwendung an. Das Gemeinschaftsrecht geht demzufolge von einem rückwirkenden Entzug des erlangten Vorteils und - sofern eine solche vorgesehen ist - von einer rückwirkenden Verzinsungspflicht aus (BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010, a.a.O., Rn. 44). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 (Günstigkeitsprinzip) i.V.m. Art. 49 Abs. 1 und 3 VO (EG) Nr. 2419/2001, da die VO (EG) Nr. 2419/2001 - wie ausgeführt - hier nicht anwendbar ist. Auch Art. 73 Abs. 1 und 3 VO (EG) Nr. 796/2004 ist nicht über Art. 2 Abs. 2 Satz 2 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 anzuwenden, weil die verzinste Hauptforderung (teilweise Rückforderung der Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger) jedenfalls keinen Sanktionscharakter trägt (s.o.).

Die festgesetzten Zinsen verletzen die Klägerin der Höhe nach (3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem seit dem 1. Januar 1999 gültigen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank) nicht in ihren Rechten.






Niedersächsisches OVG:
Urteil v. 17.05.2011
Az: 10 LB 163/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0aae7e9ff4ef/Niedersaechsisches-OVG_Urteil_vom_17-Mai-2011_Az_10-LB-163-08




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