Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 25. November 1998
Aktenzeichen: A 6 S 1910/97

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 25.11.1998, Az.: A 6 S 1910/97)

1. Für den während des Berufungszulassungsverfahrens gestellten Antrag auf Vergütungsfestsetzung nach §§ 121ff BRAGO (BRAGebO) bleibt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts auch nach Rechtskraft der verfahrensbeendenden Entscheidung zuständig (wie Hess VGH, Beschluß vom 1.4.1985, KostRsp BRAGO § 128 Nr 41).

Gründe

Die Erinnerung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers ist zulässig und auch begründet.

Allerdings begegnet der Beschluß des Urkundsbeamten keinen formell-rechtlichen Bedenken. Er ist nicht schon aus Gründen fehlender instanzieller Zuständigkeit fehlerhaft (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Zwar war das Berufungsverfahren im Zeitpunkt der Festsetzung der Vergütung infolge Rechtskraft des Urteils des Senats vom 14.4.1998 bereits beendet, was eine Zuständigkeit des Urkundsbeamten erster Instanz nach der Ausnahmeregelung des § 128 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. nahelegen könnte. Jedoch war bei Eingang des Vergütungsantrags vom 11.5.1998 Rechtskraft des Urteils noch nicht eingetreten, die Regelzuständigkeit des Urkundsbeamten des erkennenden Gerichtshofs nach § 128 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. BRAGO daher gegeben.

Bei dieser einmal begründeten Zuständigkeit nach § 128 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. BRAGO ist es nach Auffassung des Senats geblieben. Der Wortlaut des § 128 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. BRAGO ist insoweit entgegen möglichem ersten Anschein offen und auslegungsfähig. Sinn, Zweck, Entstehungsgeschichte und Systematik des § 128 Abs. 1 Satz 1 BRAGO berechtigen zu der Auslegung, daß es bei der einmal begründeten Zuständigkeit des Urkundsbeamten des jeweiligen Rechtszugs für das gesamte Verfahren bleiben soll (so zu Recht auch Hess. VGH, Beschluß vom 1.4.1985, KostRsp. BRAGO, § 128 Nr. 41 mit Anm. Lappe; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 12. Aufl., § 128 RdNr. 5). Zwar fehlt für den Bereich des Kosten- bzw. Vergütungsfestsetzungsverfahrens eine dem § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG (früher: § 90 Abs. 3 VwGO a.F.) entsprechende ausdrückliche Bestimmung, wonach die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nach Eintritt der Rechtshängigkeit nicht berührt wird (sog. perpetuatio fori, ebenso § 261 Abs. 3 ZPO). § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Satz 1 GVG ist jedoch Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens (vgl. Kopp, VwGO, 10. Aufl., § 83 RdNr. 4 m.w.N.), der - bezüglich der örtlichen Zuständigkeit - auch in § 3 Abs. 3 VwVfG und in § 26 Satz 2 AO seinen Niederschlag gefunden hat. Diese Regelung dient zum einen dem Schutz des jeweiligen Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsführers (Kopp, a.a.O., § 83 RdNr. 3), zum andern aber auch der Verfahrensökonomie (vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 3, RdNr. 40 m.w.N.). Letzterer Gesichtspunkt kommt auch für die Neufassung des § 128 Abs. 1 Satz 1 BRAGO zum Tragen. Nach der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 8/3068, S. 34) sollte der angefügte zweite Halbsatz unter anderem zu der "praktischen Erleichterung" führen, daß "die Prozeßakten des Berufungsanwalts nicht mehr, wie bisher, an das Berufungsgericht übersandt zu werden brauchen". Im vorliegenden Fall befanden sich die gesamten Akten aber aufgrund der Anfangszuständigkeit noch beim erkennenden Gerichtshof. Es hätte mithin gerade nicht zu der vom Gesetzgeber angestrebten praktischen Erleichterung geführt, wenn die Akten zur Festsetzung der Vergütung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers an das Gericht des ersten Rechtszugs übersandt worden wären. Dies hätte nicht nur erhöhten Verwaltungsaufwand, sondern möglicherweise auch eine Verzögerung der Entscheidung über den Vergütungsantrag zu Lasten des Erinnerungsführers bedeutet (so im einzelnen zutreffend auch Hess. VGH, Beschluß vom 1.4.1985, a.a.O.).

In der Sache steht dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers die streitige Prozeßgebühr für das Berufungsverfahren zu, weil er nach der - auf dieses Verfahren beschränkten - Beiordnung eine gebührenauslösende Tätigkeit entfaltet hat. Daß er die Prozeßgebühr schon im Zulassungsverfahren, also vor der Beiordnung, verdient hat, ist unerheblich.

Wegen der Begründung im einzelnen verweist der Senat insoweit vollumfänglich auf den den Beteiligten bekannten Beschluß vom 25.11.1998 - A 6 S 2151/97 -.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 BRAGO).

Dieser Beschluß ist unanfechtbar.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 25.11.1998
Az: A 6 S 1910/97


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