Landgericht Dortmund:
Beschluss vom 6. Juni 2012
Aktenzeichen: 12 O 219/12

(LG Dortmund: Beschluss v. 06.06.2012, Az.: 12 O 219/12)

Tenor

Im Wege der einst­wei­li­gen Ver­fü­gung wird auf Grund des dem Be­schluss bei­ge­füg­ten An­tra­ges we­gen der Dring­lich­keit des Fal­les ohne voran­ge­gan­ge­ne Ver­hand­lung an­ge­ord­net:

1. Dem Antragsgegner wird es untersagt,im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in seinen Rundschreiben, Dritten gegenüber zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder den Eindruck zu erwecken,das ProduktU sei ein zulassungspflichtiges Tierarzneimittel, das mangels Zulassung bei Tieren nicht angewendet werden dürfe,insbesondere, wenn dies geschieht wie in dem Rundschreiben Anlage K1.

2. Dem Antragsgegner wird es aufgegeben,

die in Ziff. 1 genannte Äußerung gegenüber sämtlichen Adressaten des Rundschreibens (Anlage K1) unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von einer Woche nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung an den Antragsgegner, in der Form, in der das vorgenannte Rundschreiben an die Adressaten gelangt ist, unter Mitteilung, dass die in Ziff. 1 genannte Äußerung jedenfalls bis zu einer anders lautenden Entscheidung in der Hauptsache nicht aufrecht erhalten werden könne, zu widerrufen.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Dem Antragsgegner wird im Fall der Zu­wi­der­hand­lung an­ge­droht:

· die Fest­set­zung ei­nes Ord­nungs­gel­des in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR er­satz­wei­se für den Fall, dass die­ses nicht bei­ge­trie­ben wer­den kann, die An­ord­nung von Ord­nungs­haft

oder

· die An­ord­nung un­mit­tel­ba­rer Ord­nungs­haft von bis zu 6 Mo­na­ten, bei meh­re­ren oder wie­der­hol­ten Zu­wi­der­hand­lun­gen bis zu ins­ge­samt zwei Jah­ren.

Die Kos­ten des Ver­fah­rens wer­den der Antragstellerin und dem Antragsgegner je zur Hälfte auf­er­legt.

Der Ver­fah­rens­wert wird auf 30.000,00 Euro fest­ge­setzt.

Gründe

Der Sach­ver­halt er­gibt sich aus der An­trags­schrift, auf die zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen Be­zug ge­nom­men wird.

Der Ver­fü­gungs­an­spruch (§§ 935, 940 ZPO) der Antragstellerin ist nach dem ei­ge­nen Vor­brin­gen in der An­trags­be­grün­dung nur zum Teil zu bejahen.

Ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8, 3 UWG steht der Antragstellerin nicht zu. Erforderlich wäre hierfür, dass der Antragsgegner eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen hat. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens. Der Antragsgegner, der selbst keine medizinischen Erzeugnisse vertreibt, könnte mit den im Antrag auf eine einstweilige Verfügung angegriffenen Aussagen lediglich zugunsten eines fremden Unternehmens tätig geworden sein. Dies ist im Ergebnis aber abzulehnen. Denn das Rundschreiben, das sich an ein veterinärmedizinisches Fachpublikum wendet, enthält an der in Bezug genommenen Stelle (S. 10 f. der Anlage K1) ersichtlich abwägende Aussagen, die geprägt sind vom Interesse des Antragsgegners, das Fachpublikum zu sensibilisieren für die Probleme, die nach Ansicht des Antragsgegners bei allen dort erwähnten Produkten gegeben sind: Bezüglich des Produktes "T" wird zwar die Aussage getätigt, dass dieses wohl derzeit eingesetzt werden könne, gleichzeitig aber auch Bedenken geäußert dahingehend, dass die rechtliche Situation "widersprüchlich" sei. Soweit auf die "zugelassenen HA-Präparate" hingewiesen wird, ist zu beachten, dass diese lediglich als "Alternative" bezeichnet werden, zudem wieder eine Einschränkung der Aussage durch das Wort "wohl" erfolgt. Schließlich ist von Bedeutung, dass durch den folgenden Satz "Wenn man denn überhaupt an den Effekt glaubt," deutlich wird, dass es dem Antragsgegner als Idealverein mit den Aussagen generell um das Schaffen von Problembewusstsein im Rahmen seines selbst auferlegten Ziels der Information der Mitglieder geht. Dies ist keine geschäftliche Handlung, da es an dem Bezug zugunsten eines Unternehmens fehlt.

Auch ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 823, 1004 BGB aus dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist nicht gegeben. Dieses Recht ist nämlich nur dann verletzt, wenn ein unmittelbarer betriebsbezogener Eingriff gegeben ist. Hierfür wäre erforderlich, dass der Antragsgegner gezielt zum Zwecke der Einengung, Behinderung oder Verhinderung der beruflichen Tätigkeit der Antragstellerin gehandelt hat. Denn geschützt ist nur der spezifische betriebliche Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Ein zielgerichtetes Handeln gerade zum Nachteil der Antragstellerin ist aber nicht glaubhaft gemacht worden. Zwar hat der Geschäftsführer der Antragstellerin eidesstattlich versichert (Anlage K7b), dass ihm seitens des Antragsgegners als Grund für das Rundschreiben genannt worden sei, dass dem Antragsgegner das Marketing für U nicht gefalle und er (der Geschäftsführer der Antragstellerin) jetzt sehe, was er davon habe. Zu beachten ist aber wieder, dass die Aussagen im Rundschreiben in der Gesamtschau und aus Empfängersicht sich nicht gezielt gegen die Antragstellerin richten, sondern es sich um eine durchaus abwägende Auseinandersetzung mit unterschiedlichen rechtlichen und tatsächlichen Problemen mehrer Produkte sowie der Äußerung der zweifelnden Meinung des Antragsgegners zur Wirksamkeit solcher Behandlungsmethoden insgesamt handelt.

Bezüglich des Antrags zu I. 1. besteht aber ein verfügungsanspruch aus §§ 824, 1004 BGB. Die Behauptung, "U" sei ein zulassungspflichtiges Tierarzneimittel, ist nämlich nach der Glaubhaftmachung der Antragstellerin unwahr. Der Begriff des Funktionsarzneimittels, § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist nicht erfüllt, da der zugrunde liegende Wirkstoff weder pharmakologisch noch immunologisch oder metabolisch wirkt. Auch um ein Präsentationsarzneimittel, § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, handelt es sich nicht. Zwar wird für das Produkt ausweislich der der Schutzschrift beigefügten Anlage 6 mit dem Satz "Eine neue Therapie gibt Hoffnung!" geworben und ihm dadurch die Heilung oder Linderung von Krankheiten zugesprochen. Allerdings findet sich in der Gebrauchsinformation zum Produkt (Anlage K4) der ausdrückliche Hinweis, "Dieses Produkt ist kein Tierarzneimittel." Da das Produkt ausschließlich an Tiermediziner vermarktet wird, reicht dieser Hinweis aus, um nicht von einem Präsentationsarzneimittel auszugehen. Auch bezüglich der weiteren Aussage, das Produkt dürfe bei Tieren nicht angewendet werden, ergibt sich ein entsprechender Anspruch. Diese Aussage fällt zwar nicht wörtlich im Rundschreiben, sie ergibt sich aber eindeutig aus dem Zusammenhang. Die angegriffene Aussage ist auch geeignet, den Kredit der Antragstellerin zu gefährden, wie sich daraus ergibt, dass bereits Einkommensverluste glaubhaft gemacht wurden (Anlage K 14). Eine Wiederholungsgefahr ist durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung (Anlage K 7b) glaubhaft gemacht.

Analog § 1004 BGB folgt auch der geltend gemachte Beseitigungsanspruch bezüglich der Aussage zu I. 1. des Antrags. Die Beeinträchtigung dauert noch fort, da das Rundschreiben in der Fachwelt veröffentlich und als aktuelle Ausgabe auch noch wahrgenommen wird.

Bezüglich des Antrags zu Ziff. I. 2. ergibt sich ein Anspruch auf Unterlassung und dem folgend auf Beseitigung dagegen nicht gem. §§ 824, 1004 BGB. Dabei kann es dahinstehen, ob die Aussage unwahr ist, jedenfalls ist sie nicht geeignet, den Kredit der Antragstellerin zu gefährden oder sonst Nachteile für seinen Erwerb herbeizuführen.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf §§ 91, 92 ZPO.

Die Streit­wert­fest­set­zung hat ihre Rechts­grund­la­ge in §§ 53 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.






LG Dortmund:
Beschluss v. 06.06.2012
Az: 12 O 219/12


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