Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2001
Aktenzeichen: 11 W (pat) 25/00

(BPatG: Beschluss v. 15.03.2001, Az.: 11 W (pat) 25/00)

Tenor

Die Beschwerde des Patentinhabers gegen den Beschluß der Patentabteilung 45 des Deutschen Patentamts vom 31. August 1999 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die zugrundeliegende Patentanmeldung ist am 6. Oktober 1995 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 24. Oktober 1994 beim Patentamt eingereicht worden. Das darauf nach Prüfung erteilte Patent mit der Bezeichnung "Vorrichtung zur orbitalen Führung und zum Antrieb eines Schweißwerkzeuges beim Schweißen der Enden eines Rohrpaares" wurde am 14. August 1997 veröffentlicht. Nach Prüfung des Einspruchs der T... GmbH hat die Patentabteilung 45 des Patentamts mit Beschluß vom 31. August 1999 das Patent widerrufen. Die EP 0 612 581 A1 (1) betreffe eine Vorrichtung zur orbitalen Führung und zum Antrieb eines Schweißwerkzeuges beim Schweißen der Enden eines Rohrpaares. Es sei eine Führungsbahn für das Schweißwerkzeug als Mantelfläche eines rotationssymmetrischen Drehkörpers ausgebildet. Da auch alle weiteren Merkmale des Anspruchs 1 aus (1) hervorgingen, sei die Vorrichtung nach Anspruch 1 des Streitpatents nicht neu.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Patentinhabers.

Auf Vorhalt der Einsprechenden trägt er zunächst vor, der Einspruch sei namens und in Vollmacht einer "T... GmbH" erhoben worden. Weder zum Zeit- punkt des Einspruchs noch später sei eine "T... GmbH" im Handelsre- gister Hamburg eingetragen gewesen. Weil diese Einsprechende nicht existiert habe und ein "Nullum" nicht einsprechen könne sei der Einspruch unzulässig.

Sachlich stehe im Vordergrund die Führungsbahn zum Führen des Schweißwerkzeuges, die als Mantelfläche eines Drehkörpers mittel- oder unmittelbar an einer Spanneinrichtung angeordnet und koaxial zur Spanneinrichtung ausgerichtet sei. Nach (1) spanne die Einrichtung bei ovalen Rohren mit zwei versetzten Achsen. Die Folge sei eine nicht koaxiale Führungsbahn und somit kein koaxialer Umlauf der Schweißvorrichtung wie nach dem Streitpatent beansprucht. Bei der patentgemäßen Vorrichtung handele es sich um eine Inneneinspannung der Rohre. Dazu sei die Führungsbahn in einer ringförmigen Ausnehmung des Vorrichtungsgehäuses ausgebildet und das Gehäuse mit einer zentrischen Bohrung zur koaxialen Aufnahme der Spannvorrichtung versehen. Demgegenüber erfolge bei dem andersartigen Schweißkopf gemäß (1) die Einspannung der Rohre von außen.

Der Patentinhaber stellt den Antrag, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen;

den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten neuen Ansprüche 1-9 - richtig 1-10 -, im Übrigen mit den erteilten Unterlagen.

Die Einsprechende stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Einspruch sei zulässig, da in den Schriftsätzen eine Kurzform der im Handelsregister eingetragenen "T1... GmbH" verwendet worden sei, deren Identität als Einsprechende anhand der Unterlagen stets eindeutig feststellbar gewesen sei.

Bei der Vorrichtung nach (1) sei Koaxialität zwischen der Spanneinrichtung und der Führungsbahn gegeben. Auch eine ringförmige Ausnehmung mit darin ausgebildeter Führungsbahn sowie eine zentrische Bohrung zur Aufnahme der Spannvorrichtung seien vorhanden, was der Ausbildung der Vorrichtung des Streitpatents entspreche.

In der mündlichen Verhandlung wurde ein Patentanspruch 1 mit folgendem Wortlaut vorgelegt:

"1. Vorrichtung zur orbitalen Führung und zum Antrieb eines Schweißwerkzeuges beim Schweißen der Enden eines Rohrpaares, insbesondere zur Herstellung einer Verbindung zwischen einem Rohrende einerseits und einem DIN-Flansch oder einem Milchrohrverschraubungsteil oder einer Bordscheibe andererseits, mit einer Führungsbahn für eine Vorrichtung zur Führung und zum Antrieb eines Schweißwerkzeuges, mit einem Drehantrieb für eine Rotationsbewegung des Schweißwerkzeuges um die Rohrachse und mit einer Halte- und Höhenverstelleinrichtung für das Schweißwerkzeug, dadurch gekennzeichnet, daß die Führungsbahn (F) als Mantelfläche eines rotationssymmetrischen Drehkörpers ausgebildet ist, die mittelbar oder unmittelbar an einer Spannvorrichtung (3) zum gegenseitigen Ausrichten und Spannen der Enden des Rohrpaares (1a, 2a) angeordnet und koaxial zu deren Achse ausgerichtet ist, daß auf der Führungsbahn (F) ein getriebenes Rad (5h) eines formschlüssig arbeitenden Getriebes (5f; 5h) drehbar und koaxial zu dieser gelagert ist, daß mit dem Rad (5h) die Halte- und Höhenverstellvorrichtung (6) für das Schweißwerkzeug (7) starr verbunden ist, daß die Führungsbahn (F) in einer ringförmigen Aussnehmung (5c) eines Gehäuses (5a) der Vorrichtung (5) zur orbitalen Führung und zum Antrieb des Schweißwerkzeuges (7) ausgebildet ist, daß ein das Rad (5h) treibendes Rad (5f) im Gehäuse (5a) angeordnet und dort gelagert ist, und daß das Gehäuse (5a) mit einer zentrischen Gehäusebohrung (5b), die koaxial zur Symmetrieachse der Führungsbahn (F) ausgerichtet ist, ein Spannergehäuse (3c) der Spannvorrichtung (3) koaxial aufnimmt".

Als Ziel ist angegeben, "die Qualität der Schweißnaht dadurch zu steigern, daß die Führung des Schweißwerkzeuges gegenüber bekannten Führungen zum einen absolut kreisförmig erfolgt und zum anderen in bezug auf Koaxialität und Zentrizität zwischen Rohrachse und Drehachse der Schweißwerkzeugbewegung verbessert wird".

Bezüglich der Ansprüche 2 bis 10 sowie weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Der Einspruch ist zulässig.

Zum Zeitpunkit des Einspruchs war im Handelsregister der Stadt Hamburg unter der Adresse der als Einsprechende auftretenden "T... GmbH" die "T1... GmbH" eingetragen, eine ähnliche, damit verwechselbare Firma dagegen nicht. Als Anlagen zum Einspruchsschriftsatz sind am letzten Tag der Einspruchsfrist (14. November 1997) beim Patentamt die Unterlagen "RAT 1503 Rundschweißautomat, T1... GmbH" (E2a) und "RAT 1503 Rundschweißautomat, T... GmbH" (E2b) per Telefax eingegangen. Bei den überwiegend inhaltsgleichen Schriftstücken handelt es sich um Beschreibungen einer Schweißvorrichtung. Das verwendete Firmenlogo und die Firmenanschriften einschließlich der Telefon- und Telefaxnummern sind in beiden Fällen identisch, was auf eine im Einspruch verwendete verkürzte Bezeichnung der Einsprechenden deutet, diese also in jedem Fall feststellbar definiert war (vgl Busse PatG, 5. Auflage, § 59 Rdn 7, 41 mwNachweisen).

2, Beim zuständigen Fachmann handelt es sich um einen Diplom-Ingenieur mit Fachhochschulabschluß im allgemeinen Maschinenbau, auch mit Berufserfahrung im Schweißvorrichtungsbau.

Der geltende Anspruch 1 leitet sich aus einer Merkmalsverbindung der erteilten Ansprüche 1 und 4 her und ist damit zulässig.

Die Vorrichtung zur orbitalen Führung und zum Antrieb eines Schweißwerkzeuges gemäß Anspruch 1 ist unstrittig gewerblich anwendbar, sie kann jedoch nicht als neu gelten.

Aus (1) geht ein Schweißkopf hervor, der gem. Figur 2 einen Drehring 3 aufweist, an dem nach Figur 1 eine Schweißelektrode 45 befestigt ist. Er dient zum Anbringen von Schweißnähten am Umfang von im Wesentlichen zylindrischen Körpern, wie zum Beispiel an den Enden eines Rohrpaares. Der Schweißkopf stellt somit eine Vorrichtung zur orbitalen Führung und zum Antrieb eines Schweißwerkzeuges beim Schweißen der Enden eines Rohrpaares dar. Es ist ein Führungsring 12 vorgesehen, der für die Führung einer Rotationsbewegung der Schweißelektrode 45 um die Rohrachse sorgt. Eine Halte- und Höhenverstelleinrichtung für die Schweißelektrode ist in Form einer Madenschraube 46 gem. Fig. 1 oder anderer Bauteile 40 bis 49 gem. der Fig. 4 und 5 vorhanden.

Der durch einen rotationssymmetrischen Drehkörper gebildete Führungsring 12 besitzt an seiner dem Drehring 3 zugewendeten Seite einen Ringvorsprung 13, der in eine Nut im Drehring 3 zu dessen Führung eingreift. Demzufolge ist der Ringvorsprung 13 als Mantelfläche des rotationssymmetrischen Führungsrings als Drehkörper die Führungsbahn.

Der Schweißkopf besitzt ein Gehäuse, das als Werkzeugkörper 15, 16 mit daran angeordneten Halteeinrichtungen 17, 18 ausgeführt ist, die das Gehäuse der Spannvorrichtung mit den Spannbacken 19, 20 zum Halten und Positionieren der zu verschweißenden Werkstücke bilden. Mit den Spannbacken 19, 20 können die Enden eines Rohrpaares eingespannt und gegenseitig ausgerichtet werden. Wegen der Anbringung des Führungsrings 12 und der Spannbacken 19, 20 können die Enden eines Rohrpaares eingespannt und gegenseitig ausgerichtet werden. Wegen der Anbringung des Führungsrings 12 und der Spannbacken 19, 20 (über die Halteeinrichtung 17, 18) am Werkzeugkörper 15, 16 ergibt sich wie nach dem angegriffenen Anspruch 1 eine mittelbare Anordnung der Führungsbahn an der Spannvorrichtung. Zwischen dem Führungsring 12 und den Spannbacken 19, 20 besteht eine durch die Halteeinrichtung 17, 18 und den Werkzeugkörper 15, 16 bestimmte, koaxiale Zuordnung, so daß die Führungsbahn koaxial zur Achse der Spannvorrichtung ausgerichtet ist. Die Spannbacken können federgelagert sein, was bei fachgerechtem Gebrauch der Vorrichtung eine Koaxialität von Rohrenden nicht ausschließt. Auch bei ungünstigen Toleranzmaßen und/oder ovalem Querschnitt würde der Fachmann die korrekte axiale Rohrausrichtung (Sp 6 Z 46) prüfen und gegebenenfalls einen Achsenversatz bemerken und korrigieren, bzw auch zur Anpassung an unterschiedliche Werkstückdurchmesser die auswechselbaren Spannbacken (Sp 6 Z 20, 21) austauschen, um eine korrekte Schweißnaht zu erhalten.

Der Drehring an dem sich das Schweißwerkzeug 45 befindet, ist als Zahnring 3 mit Außenverzahnung ausgebildet. Er ist Teil eines formschlüssig arbeitenden Getriebes (Kegelräder 23, 24, Zahnrad 26, Antriebsritzel 27) und wird durch das im Gehäuse angeordnete und dort gelagerte Ritzel 27 angetrieben - nach Anspruch 1 des Patents ein getriebenes Rad und ein antreibendes Rad. Der Zahnring 3 ist als getriebenes Rad mit seiner Nut auf dem Ringvorsprung 13 des Führungsringes 12 koaxial zur Führungsbahn gelagert.

In Figur 1 ist dargestellt, wie die Schweißelektrode 45 durch eine Madenschraube 46 in einer Radialbohrung (Sp 7 Z 55) des Drehrings befestigt ist. Offensichtlich hält die Madenschraube 46 die Schweißelektrode 45 nicht nur fest, sondern ermöglicht auch deren Höheneinstellung, somit bildet die Madenschraube 46 in Verbindung mit der Radialbohrung im Drehring die Halte- und Höhenverstellvorrichtung. Der Einbau dieser Einrichtung in den Drehring ergibt eine starre Verbindung und damit die Vorwegnahme eines weiteren Teils des angegriffenen Anspruchs 1.

Beim Schweißkopf nach (1) ist gem. Figur 2 im das Gehäuse bildenden Werkzeugkörper 15, 16 eine ringförmige Ausnehmung vorhanden, in welcher der Führungsring 12 mit seinem Ringvorsprung 13 als Führungsbahn angeordnet ist, so ist auch beim Streitgegenstand die Führungsbahn in einer ringförmigen Ausnehmung gebildet.

Die das Spannergehäuse darstellende Halteeinrichtung 17 der Spannbacke 19 des Schweißkopfes nach (1) (linke Hälfte der Figur 2) besitzt einen Ringvorsprung, der in einer zentrischen, zur Symmetrieachse der Führungsbahn (Ringvorsprung) 13 koaxialen Bohrung des Werkzeugkörpers 15, als Gehäuse der Schweißvorrichtung sitzt. Die gleiche Zuordnung und Ausrichtung beansprucht der Steitgegenstand. In beiden Fällen ist konkret nur ein Teil des Spannergehäuses in der zentrischen Gehäusebohrung aufgenommen.

Damit gehen alle Merkmale der Vorrichtung zur obitalen Führung und zum Antrieb eines Schweißwerkzeuges nach Anspruch 1 aus (1) hervor.

Demgegenüber können die Argumente des Patentinhabers nicht durchgreifen. Die Bezeichnung als Drehkörper für das die Führungsbahn F aufweisende Bauteil setzt keine ungeteilte Ringausbildung voraus. Daß dafür und für die beanspruchte Spannvorrichtung nur eine Inneneinspannung von Rohren in Frage komme, findet weder im Wortlaut des Anspruchs 1 eine Stütze, noch ist diese Art der Einspannung dort technisch unabdingbar.

Nach alledem ist Anspruch 1 nicht rechtsbeständig. Mit ihm fallen notwendigerweise auch die Ansprüche 2 bis 10.

Niedlich Richter Dr. Henkel ist infolge Urlaubs am Unterschreiben gehindert.

Niedlich Hotz Schmitz Ju






BPatG:
Beschluss v. 15.03.2001
Az: 11 W (pat) 25/00


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