Sozialgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 17. Januar 2013
Aktenzeichen: S 7 SF 279/11 E

(SG Frankfurt am Main: Beschluss v. 17.01.2013, Az.: S 7 SF 279/11 E)

Tenor

Auf die Erinnerung des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. August 2011 - S 10 R 458/06 - abgeändert und die dem Kläger von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 339,15 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der zu Gunsten des Klägers erstattungsfähigen Kosten in dem erledigten Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main - S 10 R 458/06 -. Konkret streiten die Beteiligten um die Höhe der Einigungsgebühr sowie um die Festsetzung der Terminsgebühr bei Beendigung des Verfahrens durch schriftlichen Vergleich.

Mit seiner am 19. Juni 2006 erhobenen Klage (anwaltliche Klageschrift vom 14. Juni 2006) begehrte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI). Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2011 unterbreitete die Beklagte dem Kläger folgendes Vergleichsangebot:

1. Die Beklagte erkennt an, dass seit dem 13.10.2010 eine volle Erwerbsminderung vorliegt.

2. Dementsprechend gewährt die Beklagte vom 01.05.2011 bis zum 30.04.2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit gemäß § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften.

3. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten im Sinne des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) werden von der Beklagten für das Klageverfahren zu ½ übernommen.

4. Mit der Annahme dieses Angebots betrachten die Beteiligten den Rechtsstreit als erledigt.

Dieses Angebot nahm der Kläger vertreten durch seinen Bevollmächtigten mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16. Mai 2011 an. Gleichzeitig machte der Rechtsanwalt in eigener Sache Kosten in Höhe von insgesamt 487,90 Euro geltend. Im Einzelnen:

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV-RVG300,00 EuroTerminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV-RVG250,00 EuroEinigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV-RVG250,00 EuroAuslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EuroZwischensumme820,00 Euro19 % Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7000 VV-RVG155,00 EuroSumme975,80 EuroDavon ½487,90 EuroMit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. August 2011 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des hiesigen Gerichts die Kosten auf insgesamt 303,45 Euro festgesetzt. Im Einzelnen:

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 RVGVZ300,00 EuroEinigungsgebühr gemäß Nr. 1006 RVGVZ190,00 EuroEntgeltpauschale gemäß Nr. 7002 RVGVZ20,00 Euro19 % Umsatzsteuer von 510,00 Euro gemäß Nr. 7008 RVGVZ 96,90 EuroSumme606,90 EuroDavon ½303,45 EuroDieser Kostenfestsetzungsbeschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. August 2011 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die am 29. August 2011 erhobene Erinnerung (Erinnerungsschriftsatz vom 23. August 2011). Mit dieser wendet sich der Kläger gegen die Höhe der Einigungsgebühr sowie die Absetzung der fiktiven Terminsgebühr. Hinsichtlich der Terminsgebühr führt er aus, der Wortlaut des Gesetzes erlaube diese Gebühr auch bei einem Teil-Anerkenntnis in Ansatz zu bringen. Eine restriktive Interpretation des Gesetzeswortlautes sei nicht angesagt. In allen anderen Gebührenangelegenheiten werde das Bemühen des Rechtsanwaltes, eine mündliche Verhandlung überflüssig zu machen, dadurch honoriert, dass eine fiktive Terminsgebühr in Ansatz gebracht werde. Es sei systemwidrig, wenn es bei sozialgerichtlichen Streitigkeiten anders interpretiert würde. Der Hinweis des Gerichts, dass mit einem Teil-Anerkenntnis das Verfahren nicht abgeschlossen werde, könne nicht überzeugen. Es gehe nicht darum, ob das Verfahren an sich zum Abschluss gebracht werde, sondern darum ob es ohne die ansonsten nötige mündliche Verhandlung zum Abschluss gebracht werde. Ferner wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers daraufhin, dass die besonderen Schwierigkeiten auf Grund der mangelnden Beherrschung der deutschen Sprache und der völligen Unkenntnis des deutschen Gerichtswesens auf Seiten des Klägers zu berücksichtigen gewesen seien.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze, sowie die Gerichtsakte - S 10 R 458/06 - (2 Bände), der Gerichtsakte - S 6 R 436/08 - (1 Band) sowie der Kostenakte - S 7 SF 279/11 E - Bezug genommen.

II.

Der vom Kläger form- und fristgerecht erhobene, gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Erinnerung statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbehelf ist im tenorierten Umfang begründet.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des hiesigen Gerichts vom 15. August 2011 - S 10 R 458/06 -, womit die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Klägers auf insgesamt 303,45 Euro festgesetzt worden sind, ist aufgrund des ergänzenden Vortrages der Klägerseite im Rahmen des Erinnerungsverfahrens insoweit abzuändern, als die Einigungsgebühr nach den Nrn. 1000, 1006 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV-RVG) antragsgemäß in Höhe von 250,00 Euro festzusetzen ist. Nicht zu beanstanden ist der Beschluss hinsichtlich der Absetzung der Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 2 VV-RVG; der Prozessbevollmächtigte des Klägers konnte eine solche Gebühr nicht beanspruchen, sie war daher vom Beklagten auch nicht zu erstatten.

1. Die Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV-RVG war in Höhe von 250,00 Euro festzusetzen.

Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach der h.M. in Rechtsprechung und Literatur ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R; BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05; KN., in: Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage 2010, § 14 Rn. 12). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dann erfolgt eine Festsetzung in Höhe der angemessenen Gebühren.

Nach dieser Maßgabe war im vorliegenden Fall die von dem Prozessbevollmächtigten in seiner Kostennote vom 16. Mai 2011 bestimmte Einigungsgebühr in Höhe von 250,00 Euro festzusetzen. Die vom Urkundsbeamten festgesetzte Mittelgebühr ist dann angemessen, wenn Umfang und Schwierigkeit der Einigung, die Bedeutung, das Haftungsrisiko und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse in jeder Hinsicht durchschnittlicher Natur sind, wobei auch insoweit Kompensationsmöglichkeiten bestehen. Auf Grundlage der ergänzenden Angaben der Klägerseite erweisen sich Umfang und Schwierigkeit der Einigung als leicht überdurchschnittlich. Denn die vom Prozessbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 19. Oktober 2011 angeführten Sprachprobleme des Klägers waren gebührensteigernd zu berücksichtigen. Diese Schwierigkeiten für die anwaltliche Tätigkeit sind für die Kammer glaubhaft, da die Probleme des türkischstämmigen Klägers mit der deutschen Sprache in dem Gutachten vom 13. Oktober 2010 durch den Sachverständigen Dr. med. D. bestätigt werden (S. 16f: €Später bei der körperlichen Untersuchung zeigte sich, dass Herr D. einige Brocken deutsch verstand. Er war aber nicht in der Lage, sich differenziert auszudrücken.€; ferner S. 19: €Testpsychologische Untersuchungen €waren bei der ausgeprägten Sprachbarriere nicht möglich.€). Aufgrund dessen geht die Kammer davon aus, dass die Einwirkung auf den Kläger schwierig gewesen sein dürfte, was durch dessen Einschränkungen im formalen Denken noch gesteigert wurde. Hinzu kommt, dass der Sachverständige D. in seinem Gutachten vom 13. Oktober 2010 davon ausgegangen war, dass das Leistungsvermögen des Klägers bereits ab Rentenantragstellung, d.h. seit 20. Oktober 2005 aufgehoben war. Auch wenn das Gericht in seiner Verfügung vom 6. Mai 2011 darauf hinwies, dass ein früherer Rentenbeginn als von der Beklagten angeboten, nämlich dem Datum des Gutachtens, nicht nachgewiesen sei, dürften hierzu angesichts der klaren Festlegung des Sachverständigen D. und der erheblichen Diskrepanz weitere Erklärungen des Prozessbevollmächtigten erforderlich gewesen sein.

Dass zwischen der Übermittlung des Vergleichsangebotes und der Annahme wenige Tage liegen, lässt nach Auffassung der Kammer nicht den Rückschluss zu, der Prozessbevollmächtigte könnte das Angebot ohne Rücksprache mit dem Kläger angenommen haben könnte. Dies würde einer ordnungsgemäßen Mandatsausübung nicht entsprechen und kann daher nicht ohne weitere Umstände angenommen werden. Vielmehr war trotz des kurzen Zeitablaufs davon auszugehen, dass ein Gespräch zwischen Anwalt und Kläger stattgefunden hat, in dessen Verlauf das Vorhergesagte zum Tragen kommt.

Diese Umstände wurden - da bis dato nicht vorgetragen - vom Urkundsbeamten nicht berücksichtigt. Wägt man diese Umstände mit der weit überdurchschnittlichen Bedeutung und den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägers ab, ist ein Betrag zugrunde zu legen, der zwangsläufig über der vom Urkundsbeamten festgesetzten Mittelgebühr liegen muss und - unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze von 20% - in Höhe eines Betrages von 250,00 € angemessen und ausreichend ist, was dem Antrag des Klägers entspricht.

2. Eine Terminsgebühr war nicht festzusetzen.

Die Festsetzung der Terminsgebühr ergibt sich im vorliegenden Fall nicht bereits aus Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 (Zivilsachen, Verfahren der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, und ähnliche Verfahren). Danach entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor, denn ein Gerichtstermin hat im Verfahren nicht stattgefunden und außergerichtliche Besprechungen wurden weder behauptet noch sind solche ersichtlich.

Die Festsetzung der Terminsgebühr ergibt sich auch nicht aus Nr. 3106 Satz 2 VV-RVG. Danach fällt eine (fiktive) Terminsgebühr an, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (Ziffer 1), nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird (Ziffer 2) oder das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (Ziffer 3). Eine ausdrückliche Regelung für schriftliche Vergleiche enthält die Vorschrift nicht. Auch liegen die Voraussetzungen der hier einzig in Betracht kommenden Ziffer 3 nicht vor. Denn dazu hätte das Verfahren ausweislich des Wortlauts der Bestimmung durch die Annahme eines Anerkenntnisses enden müssen. Dies war nicht der Fall.

Ein Anerkenntnis ist ein im Wege einseitiger Erklärung gegebenes uneingeschränktes Zugeständnis, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 191 Rn. 20). Eine solche Erklärung hat der Beklagte nicht abgegeben.

Mit Klageschrift vom 19. Juni 2006 hatte der Kläger einen Anspruch auf eine antragsgemäße Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltend gemacht; sein diesbezüglicher Antrag vom 20. Oktober 2005 war durch die angegriffenen Bescheide abgelehnt worden. Diesen Anspruch hat die Beklagte keineswegs uneingeschränkt anerkannt. Vielmehr hat sie mit dem Kläger eine schriftliche Vereinbarung getroffen, in der sich beide auf einen Rentenbeginn ab 1. Mai 2011 einigten. Zwar mag man das Zugeständnis der Beklagten als (Teil-)Anerkenntnis ansehen. Damit wurde jedoch nicht der Rechtsstreit insgesamt erledigt, was für den Anfall der (fiktiven) Terminsgebühr jedoch Voraussetzung ist (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17. Juli 2008 - L 6 B 93/07; LSG Thüringen, Beschlüsse vom 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF - und vom 19. Juni 2007 - L 6 B 80/07 SF; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 10. Mai 2006 - L 10 B 13/05 SB, juris; SG Berlin, Beschluss vom 24. Februar 2010 - S 164 SF 1396/09 E). Vielmehr bedurfte es einer weiteren Erklärung zur Rücknahme der Klage im Übrigen, die der Prozessbevollmächtigte des Klägers sinngemäß mit der Zustimmung zu dem Vergleichsvorschlag der Beklagten mit Schriftsatz vom 16. Mai 2011 erklärte.

Die gegenteilige Auffassung, die auch bei einem Teil-Anerkenntnis, nach dessen Annahme der der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Erledigungserklärung endet, den Ansatz einer Terminsgebühr billigt (vgl. etwa SG Koblenz, Beschluss vom 5. März 2009 - S 3 SF 28/09 E; SG Trier, Beschluss vom 25. Januar 2007 - S 6 SB 122/05; Hartmann, Kostengesetze, 2010, VV 3106 Rn. 1, ohne Begründung; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl. 2010, VV 3106 Rn. 6, ebenfalls ohne Begründung) überzeugt bereits aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Nr. 3106 Satz 2 Ziffer 3 VV-RVG nicht. Im übrigen wurde die unstreitige Erledigung durch den außergerichtlichen Vergleich vorliegend mit dem Ansatz der Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV-RVG ausreichend honoriert (vgl. LSG Thüringen a.a.O.; LSG NRW, a.a.O. sowie Beschluss vom 16. August 2006 - L 20 B 137/06 AS; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 8. März 2006 - L 1 B 88/06 SF SK; SG Berlin, Beschluss vom 26. Januar 2009 - S 165 SF 15/09 E).

Schließlich kann die Festsetzung der Terminsgebühr auch nicht durch eine direkte oder analoge Anwendung der Nr. 3104 Abs. 1 Ziffer 1 VV-RVG begründet werden. Nach dieser Vorschrift fällt eine Terminsgebühr an, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 3104 VV-RVG gilt dies jedoch nur insoweit, als Nr. 3106 VV-RVG nichts anderes bestimmt ist. Der Gesetzgeber hat damit in Nr. 3104 VV-RVG ausdrücklich auf die Spezialvorschrift des Nr. 3106 VV-RVG verwiesen, wenn es sich um ein sozialgerichtliches Verfahren handelt in dem Betragsrahmengebühren entstehen, ohne die Vergleichsregelung aufzunehmen. Er hat damit an dieser Stelle einen besonderen Gebührenanreiz nicht für notwendig erachtet. Das LSG Hessen hat in seinem Beschluss vom 10. September 2009 - L 2 SF 222/09 E -, Rn. 15, insofern folgendes ausgeführt:

€In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1971, Seite 212) wird zu Nr. 3106 VV RVG auf die Begründung zur Nr. 3102 VV RVG verwiesen. Dort ist ausgeführt, dass für die Sozialgerichtsbarkeit die allgemeine Gebührenstruktur auch dann anzuwenden ist, wenn Betragsrahmengebühren vorgesehen sind. Anders als zu § 116 Abs. 1 BRAGO soll ein Prozessbevollmächtigter Verfahrens- und Terminsgebühr getrennt erhalten: €Die Terminsgebühr soll sich nach Nr. 3106 VV RVG-E bestimmen€. Angesichts dieser Gesetzesbegründung vermag der Senat sich nicht der Auffassung anzuschließen, der Gesetzgeber habe versehentlich keine der Nr. 3104 VV RVG entsprechende Regelung für schriftliche Vergleiche in Nr. 3106 VVG RVG aufgenommen. Die Regelung der Nr. 3104 Abs. 1 Ziffer 1 VVG RVG zeigt vielmehr, dass das Fehlen einer Regelung für schriftliche Vergleiche in Nr. 3106 VVG RVG für das sozialgerichtliche Verfahren bewusst erfolgt ist, auch wenn durch die Gesetzesbegründung zur Terminsgebühr ein gegenteiliger Eindruck erweckt wird (vgl. BT-Drs. 15/1971, Seite 208). Danach soll gegenüber der früheren Verhandlungs- und Erörterungsgebühr auch die Terminsgebühr in ihrem Anwendungsbereich erweitert werden. €Der Anwalt soll nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen. Deshalb soll die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere, wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen. Solche Besprechungen sind bisher nicht honoriert worden. In der Praxis wird deshalb ein gerichtlicher Verhandlungstermin angestrebt, in dem ein ausgehandelter Vergleich nach €Erörterung der Sach- und Rechtslage€ protokolliert wird (damit entsteht die Verhandlungs- bzw. Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 4 BRAGO). Den Parteien wird durch den vorgeschlagenen erweiterten Anwendungsbereich der Terminsgebühr oft ein langwieriges und kostspieliges Verfahren erspart bleiben.€ Entgegen diesen allgemeinen Vorbemerkungen gilt aber die Nr. 3106 VV RVG nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht für sozialgerichtliche Verfahren, in denen eine Betragsrahmengebühr anfällt (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. August 2006, L 20 B 137/06 AS; LSG Thüringen vom 19. Juni 2007, L 6 B 80/07 SF, LSG Schleswig-Holstein vom 8. März 2006, L 1 B 88/06 SF SK, Sächsisches LSG vom 17. Juni 2006, L 6 B 168/06 KO). Der gegenteiligen Auffassung (z.B. SG PZ., Beschluss vom 22. September 2008, S 11 R 526/08 KE), die ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers unterstellt und Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 3104 VV RVG beim Vergütungstatbestand Nr. 3106 VV RVG analog anwendet, kann der Senat wegen des klaren Wortlauts des Vergütungstatbestandes nicht folgen. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 19. Dezember 2006, 1 BvR 2091/06), das wegen des Beschlusses des Sächsischen LSG vom 17. Juni 2006 angerufen worden war, hat jedenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken wegen der Ablehnung der Zahlung einer Terminsgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren nach Abschluss eines €schriftlichen Vergleichs€ gesehen hat.€

Nach alledem kam die Festsetzung einer Terminsgebühr aufgrund des schriftlichen Vergleiches nicht in Betracht. Die Erinnerung war daher insoweit zurückzuweisen.

Im Ergebnis waren die Gebühren daher wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 RVGVZ300,00 EuroEinigungsgebühr gemäß Nr. 1006 RVGVZ250,00 EuroEntgeltpauschale gemäß Nr. 7002 RVGVZ20,00 EuroZwischensumme570,00 Euro19 % Umsatzsteuer von 510,00 Euro gemäß Nr. 7008 RVGVZ108,30 EuroSumme678,30 EuroDavon ½339,15 EuroDiese Entscheidung ist endgültig und damit unanfechtbar, vergleiche § 197 Abs. 2 SGG.






SG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 17.01.2013
Az: S 7 SF 279/11 E


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/08bdbb1412c9/SG-Frankfurt-am-Main_Beschluss_vom_17-Januar-2013_Az_S-7-SF-279-11-E




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share