Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Juli 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 34/99
(BPatG: Beschluss v. 24.07.2000, Az.: 10 W (pat) 34/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat mit seinem Beschluss vom 24. Juli 2000 (Aktenzeichen 10 W (pat) 34/99) eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Patentamts zurückgewiesen.
In dem Fall ging es um ein europäisches Patent, das im Januar 1997 erteilt wurde und auch für Deutschland galt. Die Patentinhaber wurden vom Patentamt daraufhin informiert, dass sie innerhalb von drei Monaten die deutsche Übersetzung der Patentschrift einreichen und eine Gebühr von 250 DM entrichten müssen. Obwohl die Übersetzung fristgerecht eingereicht und die Gebühr gezahlt wurde, teilte das Patentamt den Patentinhabern später mit, dass die Zahlung zu spät erfolgt sei.
Die Patentinhaber erklärten daraufhin, dass sie ihren Zahlungsauftrag rechtzeitig an die Bank erteilt hätten, diese jedoch einen längeren Überweisungsweg gewählt habe als erwartet. Sie baten darum, die Angelegenheit erneut zu überprüfen und das Patent aufrechtzuerhalten.
Das Patentamt wertete diese Erklärung als Wiedereinsetzungsantrag, lehnte ihn jedoch ab. Die Patentinhaber legten daraufhin Beschwerde gegen diese Entscheidung ein, die jedoch unbegründet war.
Das Gericht stellte fest, dass die Patentinhaber nicht nachweisen konnten, dass sie bei der Zahlung der Gebühr die gebotene Sorgfalt walten ließen. Die Überweisung wurde zwar rechtzeitig in Auftrag gegeben, jedoch wurde ein normaler Überweisungsweg gewählt, der laut den anwaltlichen Vertretern der Patentinhaber mindestens fünf Werktage dauert. Das Gericht führte aus, dass bei Zahlungen, die zur Einhaltung einer gesetzlichen Frist erforderlich sind, der Überweisungsauftrag grundsätzlich so rechtzeitig erteilt werden muss, dass die üblichen fünf Werktage für die Ausführung der Überweisung zur Verfügung stehen.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Patentinhaber nicht dargelegt haben, dass sie mit der Bank besondere Vereinbarungen getroffen haben, die eine schnellere Überweisung ermöglichen. Auch die Angaben, dass sie die Bank um eine pünktliche Zahlung gebeten und dies dem Bankmitarbeiter mitgeteilt haben, wurden als nachgeschobenes Tatsachenvorbringen angesehen und nicht berücksichtigt.
Insgesamt wurde die Beschwerde daher abgelehnt und der Beschluss des Patentamts, den Wiedereinsetzungsantrag abzulehnen, aufrechterhalten.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 24.07.2000, Az: 10 W (pat) 34/99
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Am 29. Januar 1997 erfolgte im Europäischen Patentblatt die Veröffentlichung des Hinweises auf das ua mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent 0 579 732, das beim Patentamt unter der Nummer 692 17 214 geführt wird.
Mit Bescheid vom gleichen Tag benachrichtigte das Patentamt die Patentinhaber, daß innerhalb einer mit der Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung beginnenden Frist von drei Monaten die deutsche Übersetzung der Patentschrift einzureichen und eine Gebühr von DM 250,-- zu entrichten ist.
Die deutsche Übersetzung der europäischen Patentschrift ging am 28. April 1997 ein. Die Gebühr wurde am 30. April 1997 gezahlt.
Auf die Mitteilung des Patentamts vom 23. Juni 1997, daß die Gebühr zu spät gezahlt worden sei, erwiderten die Patentinhaber mit Schriftsatz vom 22. Juli 1997, eingegangen am 28. Juli 1997, daß sie den Überweisungsauftrag ausweislich der beigefügten Bankbelege am 24. April 1997 erteilt hätten. Sie baten, die Sache nochmals zu überprüfen und das Patent aufrechtzuerhalten.
Nachdem sich im Oktober 1997 Inlandsvertreter bestellt hatten, machten die Patentinhaber geltend, daß die siebentägige Überweisungsdauer nach ihren bisherigen Erfahrungen mit Auslandsüberweisungen von der normalen Laufzeit abweiche. Sie seien der festen Überzeugung gewesen, die Überweisung rechtzeitig veranlaßt zu haben, zumal da sie ihre Bank um eine schnelle und pünktliche Überweisung an das Deutsche Patentamt gebeten hätten. Dieser Auftrag sei von der Bank offensichtlich übersehen und von dieser statt des kurzen Überweisungswegs direkt an die empfangende Landeszentralbank der längere Weg über die deutsche Korrespondenzbank gewählt worden. Damit habe sich die Überweisung ohne ihr Verschulden von drei auf fünf Tage verlängert.
Das Patentamt hat das Vorbringen der Patentinhaber vom 22. Juli 1997 als Wiedereinsetzungsantrag gewertet. Es hat den Antrag durch Beschluß vom 30. Juni 1998 mit der Begründung zurückgewiesen, daß im grenzüberschreitenden Überweisungsverkehr ein längerer Überweisungsweg üblich sei und die Patentinhaber den Überweisungsauftrag daher zu spät erteilt hätten. Die vorgelegte eidesstattliche Erklärung bleibe unberücksichtigt, weil sie nicht in deutscher Sprache vorliege.
Gegen den am 10. Juli 1998 zugestellten Beschluß richtet sich die am 6. August 1998 eingegangene Beschwerde der Patentinhaber mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben. Sie verfolgen ihren Wiedereinsetzungsantrag weiter.
Im Beschwerdeverfahren reichten sie eine weitere eidesstattliche Versicherung in deutscher Übersetzung ein. Danach haben sie ihre Bank mit einer schnellen Überweisung beauftragt und dem Bankmitarbeiter auch mitgeteilt, daß das Geld bis zum 28. April 1998 überwiesen sein müsse. Sie sind der Ansicht, daß die Bank die Fristversäumung verschuldet habe, weil sie weder auf das erhöhte Risiko eines verspäteten Zahlungseingangs hingewiesen noch den auf dem normalen Bankweg schnellstmöglichen Überweisungsweg gewählt habe.
II Die Beschwerde ist unbegründet. Die Patentabteilung hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zu Recht gemäß § 123 PatG zurückgewiesen.
Die Patentinhaber haben innerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 PatG keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, daß sie ohne Verschulden verhindert waren, die Frist zur Zahlung der tarifmäßigen Gebühr von DM 250,-- einzuhalten, die gemäß Art. II § 3 Abs. 2 IntPatGÜ innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents 0 579 732 im Europäischen Patentblatt vom 29. Januar 1997 zu entrichten war.
Die dreimonatige Frist lief gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 Halbs 1 BGB am 29. April 1997 ab. Damit ist die Gebühr von DM 250,-- zu spät gezahlt worden, weil sie dem Konto des Patentamts bei der Landeszentralbank erst am 30. April 1997 gutgeschrieben worden ist. Dies hat das Patentamt den Pateninhabern mit Amtsbescheid vom 23. Juni 1997 mitgeteilt, dabei allerdings unzutreffend den 28. April 1997 als Tag des Fristablaufs angegeben.
Die von den Patentinhabern gemäß § 123 Abs. 2 PatG innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung der Fristversäumung vorgetragenen Tatsachen lassen nicht erkennen, daß sie bei der Zahlung der Gebühr mit der erforderlichen und bei Überweisungen zu erwartenden üblichen Sorgfalt vorgegangen sind.
Den eingereichten Überweisungsbelegen ist zu entnehmen, daß das Konto von Herrn P... bei der B... P1... S... am Mittwoch, den 23. April 1997 ua mit der Gebühr von DM 250,-- belastet worden ist. Der von Herrn P... unterschriebene Überweisungsauftrag trägt das Datum vom 24. April 1997 und ist laut Bestätigung der Bank an diesem Tag im Wege des (elektronischen) "SWIFT"-Verfahrens ausgeführt worden und zwar über die Bayerische Vereinsbank als deutscher Korrespondenzbank. Auf dem Formular des Überweisungsauftrags ist nicht das Kästchen "SWIFT Urgent", sondern das Kästchen "Transfert Normal (SWIFT OU TIPA)" angekreuzt. Bei normalem Überweisungsweg beträgt die Laufdauer aber mindestens fünf Bankgeschäftstage, wie die anwaltlichen Vertreter der Patentinhaber unter Bezugnahme auf eine von ihnen eingeholte Auskunft der Bayerischen Vereinsbank selbst vortragen. Danach dürfen bei Auslandsüberweisungen die auftragausführende Bank und die Korrespondenzbank jeweils zwei Valutatage beanspruchen. Der empfangenden Bank (hier: Landeszentralbank) steht ein Valutatag zur Verfügung.
Diese Auskunft steht in Einklang mit den Vorschriften der Richtlinie 97/5 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Januar 1997 über grenzüberschreitende Überweisungen (Abl. EG Nr L 43 S 25), die in der Bundesrepublik Deutschland - nach dem hier maßgeblichen Zeitraum - durch das Überweisungsgesetz vom 21. Juli 1999 umgesetzt worden ist (BGBl 1999, Teil I, Nr 39, S 1642). Nach Art. 6 der Richtlinie (= § 676a Abs 2 BGB) sind grenzüberschreitende Überweisungen ua in Mitgliedstaaten der Europäischen Union binnen fünf Werktagen, an denen alle beteiligten Kreditinstitute gewöhnlich geöffnet haben, auf das Konto des Kreditinstituts des Begünstigten zu bewirken, soweit nichts anderes vereinbart ist. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Name des Begünstigten, sein Konto, sein Kreditinstitut und die sonst zur Überweisung erforderlichen Angaben dem überweisenden Kreditinstitut vorliegen. Das bedeutet, daß die fünftägige Frist mit dem auf die Auftragserteilung folgenden Tag beginnt (hier: Donnerstag, der 24. April 1997) und mit dem Ablauf des fünften Bankgeschäftstages endet. Unter Berücksichtigung der in diesen Kodifizierungen zum Ausdruck kommenden Erfahrungssätzen über die zur Zeit des Fristablaufs üblichen Banklaufzeiten konnten die Patentinhaber unter Beachtung der gebotenen Sorgfaltspflichten nicht davon ausgehen, daß der Überweisungsauftrag wegen des dazwischenliegenden Wochenendes vom 26./27. April 1997 noch rechtzeitig am 29. April 1997 dem Konto des Patentamts gutgeschrieben werde.
Der nicht näher belegte Vortrag der Patentinhaber, daß die lange Überweisungsdauer von 23. bis 30 April 1997 ihren bisherigen Erfahrungen mit Auslandsüberweisungen widerspreche, ist nicht geeignet, ihr Verschulden an der Fristversäumung auszuschließen. Es ist zwar durchaus möglich, daß die Dauer der Überweisung je nach dem Ausgangs- oder Bestimmungsland der Überweisung und den jeweils beteiligten Banken auch unter den üblichen Banklaufzeiten liegen kann. Wer jedoch eine Gebühr zu überweisen hat, deren Zahlung zur Wahrung einer mit Rechtsnachteilen verbundenen gesetzlichen Frist erforderlich ist, muß den Überweisungsauftrag grundsätzlich so rechtzeitig erteilen, daß für die Ausführung der Überweisung mindestens die im europäischen Überweisungsverkehr üblichen fünf Werktage zur Verfügung stehen.
Die Patentinhaber haben innerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 PatG auch nicht dargelegt, daß sie mit der B... P1... S... besondere Überweisungsvereinbarungen getroffen haben. Daß sie die Bank um eine schnelle und pünktliche Überweisung zum 29. April 1997 gebeten haben, ist erstmals in dem Schriftsatz ihrer Inlandsvertreter vom 17. Februar 1998 angedeutet und in der eidesstattlichen Versicherung datiert vom 16. April 1998 konkretisiert. Das Vorbringen hätte daher bereits im Beschluß des Patentamts als verspätet außer Betracht bleiben müssen. Im übrigen ist auch kaum anzunehmen, daß die Bank bei Erteilung des Auftrags "Transfert Normal (SWIFT OU TIPA)" zu einer über die normale Ausführung hinausgehenden schnellen Überweisung verpflichtet war und den Überweisungsvorgang bei den anderen Banken in dieser Weise beeinflussen konnte. Auch bei dem weiteren eidesstattlich versicherten Vortrag, daß dem Bankmitarbeiter ausdrücklich mitgeteilt worden ist, wann das Geld auf dem Konto des Patentamts eingehen muß, handelt es sich um unzulässig nachgeschobenes - und durch die Bank auch nicht bestätigtes - Tatsachenvorbringen, welches das Verschulden der Patentinhaber an der Versäumung der Frist nicht ausschließt.
Bühring Dr. Schermer Schusterbe
BPatG:
Beschluss v. 24.07.2000
Az: 10 W (pat) 34/99
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