Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 6. Dezember 2001
Aktenzeichen: 9 A 589/01

(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 06.12.2001, Az.: 9 A 589/01)

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Der Gebührenbescheid der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 21. Juni 2000 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 38.500,-- DM nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 12. Juli 2000 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist u.a. Anbieterin von Sprachtelefondienstleistungen. Um ihren diesbezüglichen Endkunden selbst Rufnummern zuweisen zu können, beantragte sie am 13. März 2000 bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (im Folgenden: RegTP) die Zuteilung von verschiedenen, jeweils aus 1.000 zehnstelligen Rufnummern bestehenden, Rufnummernblöcken (RNB) im Ortsnetzbereich. Mit Bescheid vom 26. April 2000 teilte die RegTP der Klägerin 37 der beantragten RNB zu, während sie mit Bescheid vom 20. Juni 2000 die Zuteilung weiterer 6 RNB ablehnte.

Mit Gebührenbescheid vom 21. Juni 2000 setzte die RegTP unter Bezug auf § 43 Abs. 3 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und §§ 1 und 3 der Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung vom 16. August 1999 (TNGebV bzw. Gebührenverordnung) Gebühren i.H.v. insgesamt 38.500,00 DM gegenüber der Klägerin fest. Hiervon entfielen 37.000,00 DM auf die Zuteilung der 37 RNB und der Restbetrag von 1.500,00 DM auf die Ablehnung der Zuteilung der 6 weiteren RNB; insoweit erhob die RegTP ¼ der vollen Zuteilungsgebühr.

Die Klägerin, die zuvor die geforderten Gebühren gezahlt hatte, hat am 12. Juli 2000 Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen: Die Gebührenerhebung sei rechtswidrig erfolgt. Die Gebührenverordnung sei nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Das gelte schon deshalb, weil die Verordnung selbst nicht auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage beruhe, da § 43 Abs. 3 Satz 4 TKG nicht hinreichend bestimmt sei. Für sie - die Klägerin - sei im Zeitpunkt der Stellung der Zuteilungsanträge nicht erkennbar gewesen, in welcher Höhe später Gebühren anfallen könnten. Die Gebührenverordnung verstoße auch gegen Art. 11 Abs. 1 der EU-Richtlinie 97/13/EG (RL 97/13/EG), wonach die Höhe der Gebühr die Verwaltungskosten nicht übersteigen dürfe. Die vom Verordnungsgeber angenommene Anwendbarkeit des Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie - wonach eine Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes der Amtshandlung möglich sei - sei nicht gegeben, da Rufnummern keine "knappe Ressource" im Sinne dieser Norm darstellten. Aber selbst wenn man unterstelle, dass neben dem Prinzip der Kostendeckung eine Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes der Rufnummern habe erfolgen dürfen, verstoße die Gebührenhöhe gegen das Äquivalenzprinzip. Hier übersteige die Gebührenhöhe den Verwaltungsaufwand für die Rufnummernzuteilung um 1.600 % und diejenige für die Ablehnung entsprechender Anträge um 400 %. Die Gebührenbemessung sei zudem primär fiskalisch motiviert gewesen und besitze keine wettbewerbsfördernde Funktion. Die Abgabenerhebung sei vielmehr diskriminierend und stelle im Hinblick auf die Gebührenfreiheit der Rechtsnachfolgerin des ehemaligen Staatsmonopolisten Deutsche Bundespost, der Deutschen Telekom AG (DTAG), und einiger Mobilfunkanbieter für deren Nummernaltbestände eine unzulässige Ungleichbehandlung dar. Letztlich sei auch die Gebührenerhebung für die Ablehnung von Zuteilungsanträgen rechtswidrig erfolgt, da das Ermessen der RegTP insoweit im Sinne einer Verpflichtung zum Gebührenverzicht reduziert gewesen sei. Der mit der Klage weiter geltend gemachte Zinsanspruch ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 291 BGB.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Gebührenbescheid vom 21. Juni 2000 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - die entrichteten Gebühren in Höhe von 38.500,00 DM unverzüglich mitsamt 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit Klageerhebung zurückzuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die von der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung geltend gemachten Bedenken bestünden nicht. Insbesondere sei die Ermächtigungsgrundlage der Nummerngebührenverordnung hinreichend bestimmt. Da Rufnummern eine knappe Ressource i.S.d. Art. 11 Abs. 2 RL 97/13/EG darstellten, könnten Abgaben erhoben werden, die die Notwendigkeit widerspiegelten, die optimale Nutzung dieser Ressource sicherzustellen; das sei hier der Fall. Der Wegfall des Telekommunikationsmonopols und der damit beginnende Wettbewerb, der anwachsende Umfang von Telekommunikationsdienstleistungen sowie internationale Vorgaben in Bezug auf die Rufnummernlänge hätten dazu geführt, dass Rufnummern für das öffentliche Telefonnetz bzw. ISDN eine knappe Ressource geworden seien. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liege nicht vor. Der wirtschaftliche Wert der Rufnummernzuteilung sei nur schwer bestimmbar und habe daher geschätzt werden dürfen. Dabei habe man sich an der entsprechenden Gebührenhöhe in sechs europäischen Nachbarländern orientiert, die im Mittel ebenfalls etwa 1,00 DM pro Rufnummer betrage. Hierbei müsse auch berücksichtigt werden, dass die Gebühr nur 0,1 % des jährlichen Umsatzes bezogen auf einen einfachen Telefonanschluss ausmache, der mit ca. 1.000,00 DM anzusetzen sei. Die Gebührenhöhe sei damit angemessen, zumal die Zuteilung einer Rufnummer ein langfristiges Nutzungsrecht mit einem stabilen wirtschaftlichen Wert vermittele. Letztlich sei auch die Gebührenfestsetzung für die Ablehnung von Anträgen rechtmäßig. Ein vollständiger Verzicht auf eine Gebührenforderung komme nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht; ein solcher sei hier nicht erkennbar, da die Klägerin wirtschaftlich leistungsfähig sei.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Gebührenverordnung sei wirksam. Sie verfüge mit § 43 Abs. 3 Satz 3 TKG über eine Ermächtigungsgrundlage, die insbesondere mit dem grundgesetzlichen Bestimmtheitsgebot vereinbar sei. Der Verordnungsgeber sei nach § 3 Satz 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) i.V.m. Art. 11 Abs. 2 RL 97/13/EG ferner berechtigt gewesen, bei der Gebührenbemessung neben dem Verwaltungsaufwand auch den wirtschaftlichen Wert von Rufnummern zu berücksichtigen, weil sie eine knappe Ressource im Sinne der EU-Richtlinie darstellten. Der wirtschaftliche Wert sei mit 1,00 DM je Nummer anzusetzen. Ein Verstoß gegen das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip liege in Ermangelung eines offensichtlichen Missverhältnisses zwischen der Amtshandlung und der Höhe der Gebühr nicht vor.

Gegen die Klageabweisung wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft und ergänzt.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Gründe des angefochtenen Urteils.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte und der Gerichtsakte 9 A 679/01 sowie der jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge des BMPT und der RegTP.

Gründe

Die Berufung ist begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid der Beklagten vom 21. Juni 2000 ist in vollem Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie hat auch den geltend gemachten Rückzahlungs- und Zinsanspruch (§ 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

Die RegTP durfte von der Klägerin für die antragsgemäße Zuteilung von 37 Rufnummernblöcken keine Gebühren nach §§ 43 Abs. 3 Sätze 3 und 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996, BGBl. I S. 1120, (TKG) i.V.m. § 1 der Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung vom 16. August 1999, BGBl. I S. 1887, (im Folgenden: TNGebV bzw. Gebührenverordnung) i.V.m. Gebührenposition B. 1 des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 1 TKG) erheben. Ebenso wenig war sie berechtigt, Gebühren für die Ablehnung von 6 Zuteilungsanträgen (§ 3 TNGebV) der Klägerin zu verlangen.

Nach § 43 Abs. 3 Satz 1 TKG erfolgt die Zuteilung von Nummern auf Antrag u.a. eines Anbieters von Telekommunikationsdienstleistungen, wobei gemäß Satz 3 der Norm für die Entscheidung über die Zuteilung eine Gebühr erhoben wird. Durch § 43 Abs. 3 Satz 4 TKG ist das BMPT ermächtigt worden, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium für Wirtschaft durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nach Maßgabe des Verwaltungskostengesetzes die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Höhe der Gebühr und die Erstattung von Auslagen zu regeln. Von dieser Ermächtigung ist durch Erlass der Gebührenverordnung grundsätzlich Gebrauch gemacht worden.

Diese konnte indes - soweit sie hier von Belang ist (d.h. hinsichtlich § 1 i.V.m. Gebührenposition B. 1 des Gebührenverzeichnisses sowie § 3) - keine wirksame Gebührenpflicht begründen.

Allerdings ist die in § 43 Abs. 3 Satz 4 TKG enthaltene Ermächtigung zum Erlass der Gebührenverordnung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung ist eine Vorschrift nur verfassungsgemäß, wenn sie Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnung in einer Weise umschreibt, dass es nicht zu einer Verlagerung der eigentlichen Legislativentscheidung auf die Exekutive kommt (Art. 80 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes - GG -). Insbesondere sind Tendenz und Programm der Rechtsverordnung so weit zu umreißen, dass schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll.

Vgl. jüngst: BVerwG, Urteil vom 19. September 2001 - 6 C 23.00 - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen ( zur Lizenzgebühr nach § 16 Abs. 1 TKG).

Diesen Anforderungen wird § 43 Abs. 3 TKG gerecht. Inhalt und Zweck der Ermächtigung sind hier aus dem Gesetz ohne Weiteres ablesbar. § 43 Abs. 3 Satz 3 TKG enthält dadurch, dass er bestimmt, dass "für die Entscheidung über die Zuteilung ... eine Gebühr erhoben" wird, die allgemeine Formulierung eines Gebührentatbestandes und regelt damit zugleich, welcher verfahrensmäßige Vorgang die Gebührenpflicht auslösen soll. Es wird dem Verordnungsgeber also nicht freigestellt, welche öffentlichen Leistungen die Gebührenpflicht auslösen und welche gebührenfrei sein sollen. Dem gesetzlichen Tatbestand ist auch zu entnehmen, wer gebührenpflichtig sein soll, nämlich derjenige, dem gegenüber die Entscheidung über die Zuteilung ergeht, d.h. wegen der Antragsabhängigkeit der Zuteilung (vgl. § 43 Abs. 3 Satz 1 TKG) der jeweilige Antragsteller. Weitere Konkretisierungen ergeben sich aus dem Verweis auf das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970, BGBl. I S. 821, zuletzt geändert durch Art. 4 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl. I S. 2911, (VwKostG).

Vgl. auch in diesem Zusammenhang das Urteil des BVerwG vom 19. September 2001, a.a.O. (zur Lizenzgebühr nach § 16 Abs. 1 TKG).

Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage ist auch in ihrem Ausmaß hinreichend bestimmt. Der Verordnungsgeber wird ermächtigt, die gebührenpflichtigen Tatbestände, die Höhe der Gebühr und die Erstattung von Auslagen zu regeln, wobei er "nach Maßgabe des Verwaltungskostengesetzes" zu verfahren hat. Bindet die Ermächtigungsnorm damit untergesetzliche Regelungen an das Verwaltungskostengesetz, verpflichtet sie den Verordnungsgeber u.a. zur Beachtung des in § 3 Satz 1 VwKostG umschriebenen Äquivalenzprinzips, wonach zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen andererseits ein angemessenes Verhältnis bestehen muss. Dieses Prinzip leitet sich letztlich aus dem bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit aus dem Rechtsstaatsprinzip ab, wonach die Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der von der Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1997 - 11 C 12.95 -, NVwZ-RR 1997, 648 ff.; Urteil vom 3. März 1994 - 4 C 1.93 -, BVerwGE 95, 188 ff.; Urteil vom 14. April 1967 - IV C 179.65 -, BVerwGE 26, 305 (308 f.).

Die Ermächtigungsnorm des § 43 Abs. 3 Satz 3 TKG gestattet mithin Gebühren, die sich in diesen Grenzen halten. Dass bereits der Gesetzgeber die Gebührenhöhe im Einzelnen oder durch Angabe eines Rahmens zahlenmäßig festlegt, ist nicht erforderlich.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1994, a.a.O., und jüngst das Urteil des BVerwG vom 19. September 2001, a.a.O. (zur Lizenzgebühr nach § 16 Abs. 1 TKG).

Mit der getroffenen Regelung ist der verfassungsrechtlich gebotenen Bestimmtheit unter dem Aspekt der hinreichenden Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der Abgabenbelastung Rechnung getragen und die "Möglichkeit einer rechtlich nicht hinreichend überprüfbaren willkürlichen Handhabung",

vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 9 A 5943/96 - m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG,

ausgeschlossen.

Im Übrigen verweist der Senat in diesem Zusammenhang zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts, die er sich zu Eigen macht (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Indes ist die auf der verfassungsmäßigen Verordnungsermächtigung beruhende und (auch im Übrigen) formell wirksam ergangene Gebührenverordnung im hier interessierenden Zusammenhang materiell unwirksam und stellt daher keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung der Nummerngebühren gegenüber der Klägerin dar.

Der Verordnungsgeber war allerdings gemäss § 3 Satz 1 VwKostG berechtigt, bei der Gebührenbemessung neben dem Verwaltungsaufwand auch den wirtschaftlichen Wert von Rufnummern zu berücksichtigen. Die allgemeine Bezugnahme auf das Verwaltungskostengesetz in § 43 Abs. 3 Satz 4 TKG führt nicht etwa zur Geltung des Kostendeckungsprinzips des § 3 Satz 2 VwKostG, wonach das geschätzte Gebührenaufkommen den auf die gebührenpflichtigen Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Personal- und Sachaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig nicht übersteigen darf.

Im Gebührenrecht findet das Kostendeckungsprinzip nicht uneingeschränkt Anwendung. Aus dem Wesen der Gebühr als einer Gegenleistung für eine besondere Leistung der öffentlichen Verwaltung lässt sich keine regelmäßige Geltung des Kostendeckungsprinzips ableiten. Das ergibt sich schon aus der bereits wiedergegebenen Regelung des § 3 Satz 1 VwKostG. Vielmehr bedarf es hierzu - wie § 3 Satz 2 erster Halbsatz VwKostG ausdrücklich regelt - einer spezialgesetzlichen Anordnung. Eine Geltung des Kostendeckungsprinzips käme daher vorliegend nur in Betracht, wenn sie (bundes)gesetzlich oder durch Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft vorgeschrieben wäre.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1984 - 3 B 87.82 -, in: Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 401.8 - Verwaltungsgebühren - Nr. 16, m.w.N.

Eine solche Anordnung fehlt in § 43 Abs. 3 TKG. Eine dementsprechende Beschränkung durch europarechtliche Rechtsvorschriften besteht ebenfalls nicht.

Eine Rechtsverordnung, die direkte Wirkung im innerstaatlichen Recht entfalten, d.h. auch Rechte oder Pflichten Einzelner begründen würde (Art. 249 Sätze 2 und 3 des EG-Vertrages vom 7. Februar 1992, BGBl. II S. 1253, in der Fassung vom 2. Oktober 1997, BGBl. 1998 II S. 387, - EG -), existiert nicht.

Thematisch einschlägig ist hingegen Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste, Abl. EG Nr. L 117, S. 15, vom 7. Mai 1997 (RL 97/13/EG). Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass von Unternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren nur die Gebühren erhoben werden, die die für die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Einzelgenehmigungen anfallenden Verwaltungskosten abdecken. Art. 11 RL 97/13/EG ist auf die Gebührenerhebung in Bezug für die Zuteilung von Rufnummern anwendbar. Denn insoweit handelt es sich um eine Einzelgenehmigung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 a, 7 Abs. 1 a der Richtlinie, die dem antragstellenden Unternehmen das Nutzungsrecht in Bezug auf Telefonnummern verleiht, das das Unternehmen ohne Zustimmung der nationalen Regulierungsbehörde nicht innehaben könnte, § 43 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 TKG.

Vgl. Gramlich, Rechtsfragen der Numerierung nach § 43 TKG, Archiv PT 1998, S. 5 ff. (12).

Auch aus Art. 11 Abs. 1 RL 97/13/EG lässt sich jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin keine generelle Unzulässigkeit der Berücksichtigung (u.a.) des wirtschaftlichen Wertes der Rufnummernzuteilung herleiten.

Die Klägerin kann sich allerdings grundsätzlich auf Art. 11 Abs. 1 RL 97/13/EG berufen. Zwar sind Richtlinien nach Art. 249 Satz 4 EG nur für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet sind, hinsichtlich der zu erreichenden Ziele verbindlich (wobei die Wahl der Form und Mittel dem Mitgliedstaat überlassen ist). Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kann eine Richtlinie aber ausnahmsweise dann unmittelbar Anwendung finden, wenn sie trotz Ablaufs der Umsetzungsfrist nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist und sie von ihrem Inhalt her unbedingt und hinreichend bestimmt ist, um im Einzelfall angewendet werden zu können. Unter diesen Umständen kann sich der Einzelne gegenüber dem Staat (und seinen Untergliederungen) vor nationalen Behörden und Gerichten auf ihn begünstigende Vorschriften einer Richtlinie berufen (sog. vertikale Drittwirkung).

Vgl. zuletzt EuGH (Zweite Kammer), Urteil vom 9. September 1999 - C-374/97 -, EUGHE I 1999, 5153 ff. = DVBl. 1999, 1644, m.w.N.,

Vorliegend war die Frist zur Umsetzung der Richtlinie am 31. Dezember 1997 abgelaufen (Art. 25 RL 97/13/EG), ohne dass der Bundesgesetzgeber sie im Hinblick auf das Telekommunikationsgesetz - wie § 43 Abs. 3 Satz 4 TKG durch die Inbezugnahme des Verwaltungskostengesetzes und damit auch des § 3 Satz 1 VwKostG deutlich macht - in innerstaatliches Recht umgesetzt hatte. Dabei ist irrelevant, dass § 43 Abs. 3 Satz 4 TKG schon vor der nach ihrem Art. 26 im Mai 1997 in Kraft getretenen Richtlinie galt; denn dies entbindet den nationalen Gesetzgeber nicht von der Umsetzungspflicht.

Vgl. auch hierzu das Urteil des BVerwG vom 19. September 2001, a.a.O. (zur Lizenzgebühr nach § 16 Abs. 1 TKG).

Art. 11 Abs. 1 RL 97/13/EG ist auch hinreichend bestimmt, denn die Regelung ordnet an, dass allein Gebühren erhoben werden dürfen, die die für die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Einzelgenehmigung anfallenden Verwaltungskosten abdecken. Die Vorschrift ist ferner unbedingt, weil sie für alle Fallkonstellationen mit Ausnahme der von ihrem Anwendungsbereich her eng und klar abgegrenzten Regelung des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 RL 97/13/EG gilt, wonach "ungeachtet dessen" die Mitgliedstaaten ihren Regulierungsbehörden (allein) für den Fall, dass auf knappe Ressourcen zurückgegriffen werden soll, gestatten können, Abgaben zu erheben, die die Notwendigkeit widerspiegeln, die optimale Nutzung dieser Ressource sicherzustellen.

Gleichwohl kann sich die Klägerin im konkreten Fall nicht auf den für sie günstigen Art. 11 Abs. 1 RL 97/13/EG berufen, da Art. 11 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie einschlägig ist.

Rufnummern stellen eine knappe Ressource i.S.d. Art. 11 Abs. 2 RL 97/13/EG dar. Das hat das Verwaltungsgericht zutreffend und ausführlich dargelegt. Auch in den Fachkreisen besteht - soweit ersichtlich - nahezu einhellig diese Auffassung.

Vgl. Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation, Rn. 461 und 482; Mellewigt in: Beck'scher TKG-Kommentar (im Folgenden: Mellewigt), 1997, § 43 Rdn. 3; Trute/Spoerr/ Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, Kommentar, 2001, § 1 Rdn. 23, § 2 Rdn. 21, § 43 Rdn. 2; Holznagel/Enaux/ Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2001, S. 129; Etling-Ernst, TKG, Praxiskommentar, 2. Aufl. 1999, § 43 TKG Rn. 5; Gramlich, a.a.O., 16 und 19; vgl. auch: das "Grünbuch über ein Numerierungskonzept für Telekommunikationsdienste in Europa", BR-Drs. 991/96 vom 17. Dezember 1996 (im Folgenden: Grünbuch), S. 6 (einschl. Fn. 3) und 28, sowie den in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen enthaltenen Abschlussbericht des Expertengremiums für Numerierungsfragen vom 4. Dezember 1995 (im Folgenden: EfN). Anderer Ansicht: Müller, K&R 2001, 357 (359).

Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Betrachtung.

Soweit die Klägerin geltend macht, als Wortsinn des Begriffs "Ressource" müsse "ein natürliches Produktionsmittel für die Wirtschaft" verstanden werden, was ein gedankliches Konstrukt wie eine Telefonnummer nicht sein könne, verfängt dies nicht. Gemeinhin wird unter einer Ressource eine "Quelle" i.S. eines Natur- oder Wirtschaftsgutes bzw. eines sonstigen Gutes verstanden, das - sei es aus naturwissenschaftlichen, sei es aus anderen Gründen - nicht unerschöpflich reproduzierbar ist und daher der Schonung bedarf. Eine "knappe Ressource" ist danach nach dem allgemeinen Sprachgebrauch dann gegeben, wenn entweder eine akute Knappheit vorliegt oder aber aufgrund einer ausreichenden Prognose von einer ohne "Bewirtschaftung" in absehbarer Zeit eintretenden Knappheit auszugehen ist.

Das ist hier hinsichtlich der Rufnummern im Ortsnetzbereich der Bundesrepublik Deutschland der Fall. Ihre Zahl ist nicht beliebig reproduzierbar, sondern vielmehr von vornherein beschränkt. Zwar liesse sich durch die Generierung neuer Zahlenfolgen die Rufnummernzahl nahezu unbegrenzt erweitern. Aus rechtlichen, technischen, wirtschaftlichen und praktischen Gründen ist dies jedoch nicht möglich.

Vgl. Geppert/Ruhle/Schuster, a.a.O., Rn. 464 ff.; Gramlich, a.a.O., S. 16.

So existieren internationale Vorgaben, insbesondere der Internationalen Fernmeldeunion (ITU). Nach deren Empfehlung E.164, die eine faktische Bindungswirkung entfaltet, weil nur bei ihrer Beachtung die internationale Erreichbarkeit der nationalen Telekommunikationsteilnehmer gesichert ist,

- vgl. Geppert/Ruhle/Schuster, a.a.O., Rn. 464, Bartosch, Nummernmanagement, NJW-CoR 1999, 103 sowie den in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten enthaltenen Abschlussbericht des EfN, a.a.O., S. 12 -

darf seit dem 1. Januar 1997 eine internationale Rufnummer maximal 15 Stellen lang sein, wobei die vorangestellten Ziffern ("Präfixe") 0 bzw. 00 außer Betracht bleiben. Eine Rufnummer besteht dabei aus drei Elementen: der Landeskennzahl (z.B. 49 für Deutschland), sodann je nachdem der nationalen Bereichskennzahl wie etwa der Ortsnetzkennzahl (z.B. 251 für Münster), der Netzkennzahl (z.B. 174 für das D 2-Netz) oder der Dienstekennzahl (z.B. 130 für sog. Freephone-Rufnumern) sowie schließlich der Teilnehmerrufnummer. Abzüglich der zweistelligen Landeskennzahl verbleiben für Deutschland damit derzeit 13 Stellen, die als nationale Rufnummern vergeben werden können. Hinzu kommt, dass innerhalb der europäischen Gremien die Einführung der Ziffer 3 als sog. europäische Kennzahl, die der jeweiligen Landeskennzahl vorangestellt werden soll, erwogen wird; für diesen Fall wäre der nationale Rufnummernraum auf 12 Ziffern beschränkt.

Vgl. Abschlussbericht des EfN, a.a.O., S. 12; Grünbuch, a.a.O., S. 25 und 29; ferner: Geppert/Ruhle/Schuster, a.a.O., Rn. 515.

Bereits heute werden in der Praxis i.d.R. zehnstellige Nummern vergeben.

Vgl. Mellewigt, a.a.O., § 43 Rdn. 2 f.; Holznagel/Enaux/Nienhaus, a.a.O., S. 130; Bartosch, a.a.O., S. 103; vgl. in diesem Zusammenhang auch den Abschlussbericht des EfN, a.a.O., S. 5 (Empfehlung Nr. 17) und 12.

Ein beträchtlicher Anteil der zur Verfügung stehenden Rufnummern wird von der DTAG als Rechtsnachfolgerin des ehemaligen Monopolisten verwaltet; vor Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes nutzte diese ca. 40 Mio. Einzelanschlüsse und 260 Mio. Durchwahlnummern.

Vgl. Mellewigt, a.a.O., § 43 Rdn. 31; im Urteil des VG Köln vom 8. Dezember 2000 - 11 K 10380/99 - ist von 3,6 Mio. RNB die Rede.

In Deutschland bestünde bei Vergabe zehnstelliger Rufnummern theoretisch eine Kapazität von 8,1 Mrd. Rufnummern. Diese Zahl reduziert sich jedoch aufgrund der Struktur von 5.207 Ortsnetzen (mit unterschiedlich langen Ortsnetzkennzahlen in den Bereichen 02 bis 09) sowie der durch Netz- und Dienstekennzahlen belegten Gasse 01 und Teilbelegungen der Gassen 02 bis 09 u.a. mit Rufnummern für sog. Mehrwertdienste bereits auf rund 2,38 Mrd. Nummern.

Vgl. den Abschlussbericht des EfN, a.a.O., S. 15 f.; Geppert/Ruhle/ Schuster, a.a.O., Rn. 466 und 475; Holznagel/Enaux/Nienhaus, a.a.O., S. 131; Bartosch, a.a.O., S. 103.

In diesem Zusammenhang fällt weiter besonders ins Gewicht, dass es zu Zeiten des Fernmeldemonopols häufig zu einer aus heutiger Sicht als ineffizient zu bezeichnenden Nummernvergabe kam, weil die Anzahl von 10 Stellen oft nicht ausgenutzt wurde; zwei Drittel aller Rufnummern sind einschließlich der nationalen Bereichskennzahl neun-, acht- oder siebenstellig. Der Verzicht auf eine einzige Stelle hat aber zur Folge, dass zehn nachfolgende Nummern blockiert sind, ein Verzicht auf zwei Stellen führt zu einer "Blockade" von 100 Rufnummern und ein solcher auf drei Stellen zur Blockade eines ganzen RNB. Ist etwa die unter Ausklammerung des Präfixes 0 siebenstellige Rufnummer 01234-567 vergeben worden, sind alle Rufnummern des Schemas 01234-567xxx gesperrt.

Vgl. Geppert/Ruhle/Schuster, a.a.O., Rn. 466; Holznagel/Enaux/Nienhaus, a.a.O., S. 130; Abschlussbericht des EfN, a.a.O., S. 16.

Diese "großzügige" Vergabepraxis der Vergangenheit führte dazu, dass nur ca. 5,6 % der 2,38 Mrd. Rufnummern - also etwa 133,28 Mio. Nummern - tatsächlich genutzt werden (können).

Vgl. den Abschlussbericht des EfN, a.a.O., S. 15 f.; Geppert/Ruhle/Schuster, a.a.O., Rn. 466 und 475; Holznagel/Enaux/Nienhaus, a.a.O., S. 131.

In einigen Ortsnetzen, insbesondere den größeren mit einer drei- bzw. vierstelligen Ortsnetzkennzahl, kommt es zu Engpässen, was in einigen Fällen schon zur Vergabe elfstelliger Rufnummern geführt hat.

Vgl. Mellewigt, a.a.O., § 43 Rdn. 2 f.; Holznagel/ Enaux/Nienhaus, a.a.O., S. 130; vgl. in diesem Zusammenhang auch den Abschlussbericht des EfN, a.a.O., S. 5 (Empfehlung Nr. 17), 12 und 16.

Die Knappheit der Ressource Rufnummern in der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin gerade im Hinblick auf das Ziel der RL 97/13/EG wie auch des Telekommunikationsgesetzes, den Wettbewerb zwischen den Telekommunikationsdienstleistern zu fördern. Denn danach müssen allen (neuen) Anbietern Nummernkontingente in ausreichender Zahl überlassen werden können und entsprechend von der RegTP "auf Vorrat" freigehalten werden.

Vgl. in diesem Zusammenhang die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum TKG (BR-Drs. 80/96 vom 9. Februar 1996, S. 35: "Rufnummern ... stellen ... eine unverzichtbare Ressource für die im Wettbewerb tätigen Telekommunikationsanbieter dar. Sie sind aufgrund der internationalen Festlegungen zur Numerierung grundsätzlich als knappes Gut anzusehen; ähnlich: Grünbuch, a.a.O., S. 25; vgl. auch den Abschlussbericht des EfN, S. 3: "Allen in einem Ortsnetz tätigen Wettbewerbern sollte aus dem durch die jeweilige Ortsnetzkennzahl definierten Nummernraum bedarfsgerecht Kapazität für die Vergabe neuer Nummern zur Verfügung gestellt werden" (Empfehlung Nr. 7) und ferner: Geppert/Ruhle/ Schuster, a.a.O., Rn. 482.

Mit dem Anstieg der Personenzahlen auf der Nachfrage-/Nutzer- wie auf der Anbieterseite des Telekommunikationsverkehrs

- vgl. Grünbuch, a.a.O., S. 6 und die Informationsschriften der RegTP vom 24. Juli 2000 "Marktvolumen steigt ..." und vom 26. Januar 2000: "Regulierungsbehörde zieht Fazit für 1999", wonach in diesem Jahr über 100 Unternehmen Sprachtelefondienste anboten -

werden Rufnummern immer mehr (und rascher) zu einem wirtschaftlich knappen Gut. Gerade auch deshalb bedurfte es der Regulierung.

Ferner würde eine denkbare grundlegende Reform des bislang geographisch genutzten Rufnummernraums

- vgl. hierzu S. 3 des o.g. Abschlussberichts des EfN (Empfehlung Nr. 9) -

für Lizenznehmer, Telekommunikationsdienstleister und Nutzer z.T. enorme Investitions- bzw. Umstellungskosten mit sich bringen, man denke hier nur an solch "triviale" Dinge wie Briefpapier, Visitenkarten, sonstige notwendige Unterrichtungen von Geschäftspartnern usw. Auch, aber nicht nur deshalb werden Änderungen in der Rufnummernstruktur - insbesondere die Verlängerung von Rufnummern - vom Verbraucher nicht gewünscht; sie sind unpopulär und werden daher nur schwer und allenfalls nach längerem Zeitablauf akzeptiert.

Vgl. den Abschlussbericht des EfN, a.a.O., S. 20 und 50.

Auch diese faktischen Erschwernisse zur Erweiterung der Ressource Rufnummern sind zu berücksichtigen.

Dass ein Grund der Knappheit von Rufnummern auch der ist, dass die DTAG - nummerngebührenfrei - über die der Deutschen Bundespost bereits früher überlassenen bzw. zugänglichen Rufnummern verfügt, ändert ebenso wenig etwas wie eine möglicherweise gewandelte Einschätzung der EU-Kommission zur Knappheit der Ressource Rufnummern (insoweit dürfte im Übrigen ohnehin allein auf den Zeitpunkt des Erlasses der Gebührenverordnung abzustellen sein).

Nach alledem darf eine Gebühr erhoben werden, die i.S.d. Art. 11 Abs. 2 Satz 1 RL 97/13/EG die Notwendigkeit widerspiegelt, die optimale Nutzung der Ressource sicherzustellen, unabhängig davon, ob andere Maßnahmen - etwa ordnungsrechtlicher Art - denkbar sind.

Danach war der Anwendungsbereich des Art. 11 Abs. 2 RL 97/13/EG eröffnet und der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Gebührenhöhe prinzipiell nicht auf die blosse Deckung des Verwaltungsaufwandes beschränkt; vielmehr durfte er bei der Gebührenbemessung grundsätzlich neben dem Verwaltungsaufwand auch den wirtschaftlichen Wert der Zuteilung von RNB berücksichtigen.

Der Senat kann offen lassen, ob die Gebührenhöhe entsprechend Gebührenposition B. 1 des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 1 TNGebV) einen Verstoß gegen das oben erwähnte Äquivalenzprinzip darstellt. In Ermangelung ernsthafter Anhaltspunkte für einen "erdrosselnden" Charakter der Gebühr bzw. eine "abschreckende" Wirkung der Gebührenerhöhung bedürfte es hierzu der Feststellung einer "gröblichen" Verletzung des Äquivalenzprinzips im Sinne eines offensichtlichen Missverhältnisses.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1996 - 6 B 72.95 -, NJW 1996, 1163; Urteil vom 3. März 1994, a.a.O.; Urteil vom 15. Juli 1988 - 7 C 5.87 -, NVwZ 1989, 456; Urteil vom 8. Dezember 1961 - VII C 2.61 -, BVerwGE 13, 214 (222 ff.); Urteil vom 24. März 1961 - VII C 109.60 -, BVerwGE 12, 162 (169); OVG NRW, Urteil vom 19. Dezember 1997, a.a.O.

Hierfür dürfte das 15fache Übersteigen des Verwaltungsaufwandes allein angesichts der unzweifelhaften - mit steigender Anbieterzahl zunehmenden - wirtschaftlichen Bedeutung der Rufnummernzuteilung (ohne sie wäre eine Wettbewerbsteilnahme auf dem Sprachtelefoniedienstleistungsmarkt und damit die Gewinnung von Kunden nicht möglich)

- vgl. in diesem Zusammenhang etwa Holznagel/ Enaux/Nienhaus, a.a.O., S. 128 f. und Trute/ Spoerr/Bosch, a.a.O., § 2 Rdn. 21 -

nicht ausreichen. Einer Entscheidung bedarf es insoweit aber nicht. Denn die hier streitigen Gebühren für RNB im Ortsnetzbereich erfüllen nicht die weiteren Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 RL 97/13/EG. Nach Satz 2 der Regelung müssen die Abgaben nichtdiskriminierend sein und insbesondere der Notwendigkeit Rechnung tragen, die Entwicklung innovativer Dienste und den Wettbewerb zu fördern. Das ist hier nicht der Fall.

Auf die für sie günstige - weil die nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 RL 97/13/EG bestehende Möglichkeit des Verordnungsgebers, nicht lediglich kostendeckende Gebühren zu erheben, einschränkende - Regelung des Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie kann sich die Klägerin wie geschehen berufen. Die Regelung ist von ihrem Inhalt her unbedingt (verpflichtend); der Umstand allein, dass nach dem Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 RL 97/13/EG dem jeweiligen Mitgliedstaat lediglich die Möglichkeit eingeräumt ist, vom Kostendeckungsprinzip des Abs. 1 unter bestimmten Voraussetzungen - die einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sind - abzuweichen, vermag daran nichts zu ändern,

vgl. auch insoweit: EuGH (Zweite Kammer), Urteil vom 9. September 1999 - C-374/97 -, a.a.O.,

sofern - wie hier - von der Möglichkeit Gebrauch gemacht worden ist.

Die Richtlinie ist ferner jedenfalls insoweit hinreichend bestimmt, als danach bei der Festlegung der Abgabenhöhe eine völlige Ausblendung des Wettbewerbsförderungszieles nicht zulässig ist. Genau dies hat der Verordnungsgeber jedoch vorliegend bezüglich der Gebühren für RNB im Ortsnetzbereich getan.

Der Verordnungsgeber hatte im Hinblick auf Art. 11 Abs. 2 Satz 2 RL 97/13/EG bei Erlass der Gebührenverordnung im August 1999 folgende Wettbewerbssituation im Ortsnetzbereich zu berücksichtigen: Die DTAG hatte auch etwa zwei Jahre nach Beginn der Liberalisierung noch einen Marktanteil von über 98 % bezogen auf die Endkundenanschlüsse. Die Wechselbereitschaft der Endkunden war tendenziell gering, so dass es sich für die Wettbewerber der DTAG erheblich schwieriger gestaltete, Kunden komplett von der DTAG abzuwerben als etwa Callby-Call- Gespräche zu vermarkten.

Vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 25. April 2001 auf die Große Anfrage des Abgeordneten Elmar Müller u.a., BT-Drs. 14/5915, S. 3 f.

Zudem waren die Wettbewerber der DTAG, um überhaupt am Wettbewerb auf dem Sprachtelefoniedienstleistungsmarkt in Bezug auf das Ortsnetz teilnehmen zu können, gezwungen - anders als die DTAG aufgrund ihrer vorhandenen Infrastruktur -, gerade in der Anfangsphase ihrer diesbezüglichen geschäftlichen Betätigung enorme Aufwendungen etwa im Hinblick auf notwendige Personal- und Sachkosten, Werbung usw. zu tätigen. Ferner musste sie die von der RegTP ebenfalls geforderten Lizenzgebühren zahlen.

All dies verdeutlicht die Startschwierigkeiten, denen die Wettbewerber der DTAG im Jahr 1999 ohnehin ausgesetzt waren. Hinzu kamen nach Erlass der hier maßgeblichen Gebührenverordnung die Nummerngebühren in einem regelmäßig ebenfalls nicht zu vernachlässigenden Umfang. Zwar sollte nach dem Willen des Verordnungsgebers auch die Rechtsnachfolgerin des ehemaligen Staatsmonopolisten DTAG für die ihr zur Verfügung stehenden RNB Nummerngebühren entrichten und ist dementsprechend von der RegTP ebenfalls zu Rufnummerngebühren (in Höhe von nahezu 386 Mio. DM) herangezogen worden. Es war jedoch von vornherein klar, dass diese Entscheidung keinen Bestand haben können würde, weil der Rechtsvorgängerin der DTAG die Rufnummern bereits vor Inkrafttreten des § 43 Abs. 3 TKG am 1. August 1996 zur Verfügung standen - nur bis zu diesem Zeitpunkt misst sich indes die Gebührenverordnung Rückwirkung bei - und außerdem die DTAG zu keinem Zeitpunkt einen Antrag auf Zuteilung von Rufnummern - nur die Entscheidung über einen solchen Antrag löst jedoch die Gebührenpflicht aus - gestellt hatte. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Köln auf Klage der DTAG durch Urteil vom 8. Dezember 2000 - 11 K 10380/99 - rechtskräftig die an diese gerichteten Gebührenbescheide aufgehoben. Mithin hatte die DTAG neben den anderen Wettbewerbsvorteilen gegenüber den neu am Markt auftretenden Konkurrenten den weiteren Vorteil, nicht wie diese 1,00 DM je Rufnummer entrichten zu müssen, vielmehr den Rufnummernaltbestand kostenlos nutzen zu können.

In einer derartigen Wettbewerbssituation durfte der Verordnungsgeber jedenfalls keine den tatsächlichen Verwaltungsaufwand um mindestens das 15fache übersteigende Gebührenhöhe wählen, sondern musste sich bei der Gebührenbemessung näher am Verwaltungsaufwand orientieren. Mit der tatsächlich gewählten Höhe trug die Abgabe nicht mehr i.S.d. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 RL 97/13/EG der Notwendigkeit Rechnung, den Wettbewerb zu fördern, sondern vielmehr dazu bei, ihn (weiter) zu behindern.

Sind die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 Satz 2 RL 97/13/EG mithin nicht eingehalten, erweist sich die dies missachtende Gebührenposition B. 1 des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 1 TNGebV) als nichtig.

Fehlt es danach für die Erhebung von Gebühren für die Zuteilung von RNB gegenüber der Klägerin an einer wirksamen Rechtsgrundlage, kann hinsichtlich der Gebührenerhebung für die Ablehnung entsprechender Anträge nach § 43 Abs. 3 Satz 3 TKG i.V.m. § 3 TNGebV nichts Anderes gelten.

Die diesbezügliche Gebührenerhebung erweist sich auch noch aus einem anderen Grunde als unwirksam. Die RegTP hat das ihr insoweit eingeräumte Ermessen verkannt. § 3 TNGebV ordnet an, dass im Falle der Ablehnung des Antrages auf Vornahme einer Amtshandlung nach § 1 TNGebV Gebühren nach Maßgabe des § 15 VwKostG erhoben werden. Nach Abs. 2 dieser Norm ermäßigt sich die vorgesehene Gebühr u.a. dann, wenn ein Antrag aus anderen Gründen als wegen Unzuständigkeit abgelehnt wird, um ein Viertel; nach § 15 Abs. 2 letzter Halbsatz VwKostG kann sie bis zu einem Viertel der vorgesehenen Gebühr ermäßigt oder es kann von ihrer Erhebung abgesehen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

Die RegTP hat in dem angegriffenen Gebührenbescheid zwar für die Fälle der Antragsablehnungen eine Ermäßigung der Gebührenforderung auf ein Viertel vorgenommen. Zu einem weiteren (teilweisen) Verzicht auf die Gebührenforderung hat sie sich nach eigenem Bekunden jedoch deshalb außer Stand gesehen, weil die Klägerin wirtschaftlich leistungsfähig ist. Der RegTP hätte sich jedoch aufdrängen müssen, dass die Reduzierung auf ein Viertel der Gebührenforderung aus anderen Gründen vorliegend offensichtlich nicht ausreichend war und sie deshalb von Amts wegen eine sachliche Billigkeitsentscheidung hätte treffen müssen, in deren Rahmen sie nach Ermessen entweder eine geringere als eine Viertelgebühr hätte verlangen oder sogar ganz von der Gebührenerhebung hätte absehen können. Die Klägerin erhielt im Fall der Antragsablehnung - was auch die RegTP im Ausgangspunkt erkannt hat - nicht mehr als einen ablehnenden Bescheid, der für sie keinerlei wirtschaftlichen Wert aufwies. Mag dies im "Normalfall" - je nach Höhe des Verwaltungsaufwandes - gleichwohl die Erhebung eines Viertels der vollen Gebühr rechtfertigen, kann dies hier nicht gelten: Denn die danach verbleibende Gebührenhöhe von 250,00 DM für die Ablehnung der Zuteilung eines RNB übersteigt selbst den vom Verordnungsgeber zugrunde gelegten Verwaltungsaufwand von 62,50 DM je RNB (ob alle dabei berücksichtigten Positionen im nötigen Zusammenhang mit der Amtshandlung "Entscheidung über die Zuteilung" stehen, kann hier offen bleiben) um das Dreifache und schöpft daher in erheblichem Umfang einen tatsächlich nicht vorhandenen wirtschaftlichen Vorteil ab.

Vgl. in diesem Zusammenhang: Müller, a.a.O., S. 359 f.

Der weiter geltend gemachte Leistungsantrag, der Klageantrag zu 2., ist ebenfalls begründet.

Die Klägerin hat den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch gegenüber der Beklagten. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann gleichzeitig mit der Aufhebung des rechtswidrigen Verwaltungsakts ausgesprochen werden, dass und wie dessen Vollziehung rückgängig gemacht wird. Der Klägerin steht ein derartiger Anspruch zu. Sie hat die durch den angefochtenen Bescheid festgesetzte Gebühr gezahlt; der Verwaltungsakt ist damit i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO "vollzogen".

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1993 - 10 A 1.91 -, Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 65.

Der materielle Folgenbeseitigungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 21 Abs. 1 VwKostG, wonach "überzahlte oder zu Unrecht erhobene Kosten unverzüglich zu erstatten" sind. Mit der Aufhebung des angefochtenen Gebührenbescheides ist der Rechtsgrund des weiteren Verbleibs des Gebührenbetrages bei der RegTP entfallen.

Der geltend gemachte Zinsanspruch steht der Klägerin gemäß § 291 BGB analog i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).






OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 06.12.2001
Az: 9 A 589/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/079099e066f8/OVG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_6-Dezember-2001_Az_9-A-589-01




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