Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 19. Oktober 2000
Aktenzeichen: L 16 KR 35/98

(LSG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 19.10.2000, Az.: L 16 KR 35/98)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Detmold vom 11. Oktober 1995 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander in allen Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Rechtsanwalt und freiwillig bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Seine Versicherung betreffend hat er 29 Schreiben der beklagten Ersatzkasse mit dem "Widerspruch" angefochten. Der Kläger verlangt, die Beklagte möge ihm aus Anlaß die ser Verfahren Gebühren und Auslagen nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) in Höhe von 2.277,20 DM als Vorverfahrenskosten (§ 63 des Sozialgesetzbuches (SGB) X) erstatten.

A. Bis 1988 zahlte der Kläger einen Krankenversicherungsbeitrag von monatlich 229,- DM. Wie sich insbesondere aus von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 19.10.2000 vorgelegtem Schriftwechsel ergibt, teilte die Kasse dem Kläger im Laufe von Auseinandersetzungen über das Ausmaß der die Beitragshöhe bestimmenden beitragspflichtigen "Einnahmen" des Klägers "zum Lebensunterhalt" (§ 180 Abs. 4 S. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO)) bzw. seiner "gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" (§ 240 Abs. 1 S. 2 des zum 01.01.1989 in Kraft getretenen SGB V), mit formlosem Schreiben vom 26.01.1989 mit, da er seine selbstän dige Tätigkeit nicht aufgegeben habe, sei es für die Kasse unerheblich, wie hoch sein monatliches Einkommen sei; sie lege für selbständige Tätige ein Mindesteinkommen in Höhe von 3.150,-- DM zugrunde; bei diesem Mindesteinkommen habe er ab 01.01.1989 einen monatlichen Beitrag von 380,-- DM zu zahlen. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 30.01.1998, das Schreiben der Kasse sei ihm unverständlich; er habe beantragt, ihn ab 01.01.1989 als nur geringfügig Tätigen mit 50 v.H. der Bezugsgröße einzustufen; auf diesen Antrag habe er noch keinen Bescheid erhalten; ein solcher müsse mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein. Die Beklagte blieb bei ihrer Rechtsauffassung, erläuterte diese dem Kläger mit Schreiben vom 06.02. und 07.03.1989 und fügte jeweils hinzu, wenn der Kläger mit der Beitragseinstufung nicht einverstanden sei, könne er Widerspruch einlegen. Mit Datum vom 23.03.1989 übermittelte die Beklagte dem Kläger einen mit "Bei tragsbescheid" überschriebenen Vordruck, auf dem sie in einer Maske unter jeweils dafür vorgesehenen Rubriken vermerkte:

"Rückständige Beiträge"

"Zeitraum vom bis Beitrag DM Säumniszuschläge DM insgesamt DM gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV

01.01.89 31.01.89 380,-- gezahlt 190,-- 3,80 193,80 01.02.89 28.02.89 380,-- gezahlt 190,-- 3,80 193,80 Wir bitten zu überweisen 387,60"

Unter der weiteren Überschrift "Sehr geehrtes Mitglied, sehr geehrte Damen und Herren" heißt es alsdann kleingedruckt:

"Ihr Beitragskonto weist den oben aufgeführten Rückstand aus.

Wir bitten Sie heute, unsere Forderung innerhalb einer Woche, gerechnet vom Tage der Zustellung dieses Bescheides an, aus zugleichen. Wird uns der Betrag nicht innerhalb der gesetzten Frist überwiesen, müssen wir die Gesamtforderung leider zwangsweise einziehen lassen (§ 66 SGB X).

Für Beträge, die länger als drei Monate fällig sind, werden wir zusätzlich zu dem einmaligen Säumniszuschlag ...

Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei uns Wider spruch einlegen; eine aufschiebende Wirkung auf den weiteren Ablauf des Mahn- und Vollstreckungsverfahrens wird dadurch nicht erreicht."

Mit einem weiteren Vordruck "Mahnung" und Datum des 11.04.1989 wies die Beklagte auf den o.a. Rückstand hin, erhob Vollstreckungskosten in Höhe von 2,40 DM und forderte den Kläger auf, den Gesamtbetrag von 390,-- DM zur Vermeidung der Vollstreckung nach § 66 SGB X binnen 7 Tagen nach Zustellung der Mahnung zu zahlen.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten befand mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.1989, der Widerspruch des Klägers gegen die Mitteilung, daß sich sein Beitrag ab dem 01.01.1989 auf 380,- DM erhöhe, werde zurückgewiesen, weil die Mindestbemessungsgrundlage für Selbständige durch die Satzung der Kasse ab dem 01.01.1989 auf die monatliche Bezugsgröße nach § 18 SGB IV = 1989 3.150,- DM an gehoben worden sei.

Auf die vom Kläger erhobene Klage und seinen Antrag entschied das SG Detmold mit Urteil vom 13.12.1991 (S 17 (10) Kr 160/89), der Bescheid der Beklagten vom 23.03.1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.10.1989 werde insoweit aufgehoben, als die Beklagte vom 01.01.1989 an einen höheren monatlichen Beitrag erhebe als 190,- DM, denn entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Kläger, dessen Steuerbescheid für das Jahr 1997 nur Verluste aufweise, geringfügig tätig und habe damit nach § 20 Abs. 3 Nr. 4 c) der Satzung Beiträge nach Einnahmen in Höhe der Hälfte der monatlichen Bezugsgröße zu entrichten. Die Beklagte nahm die von ihr eingelegte Berufung gegen das Urteil am 14.04.1993 zurück, nachdem das LSG (L 16 Kr 34/92 LSG NW) um die Übersendung von Folgebescheiden gebeten und auf das Urteil vom 15.09.1992 (12 RK 51/91 = BSGE 71, 137 = USK 92 92) aufmerksam gemacht hatte, mit dem das BSG entschieden hatte, daß eine Satzungsregel, die für die Beitragsbemessung bei freiwillig versicherten Selbständigen unabhängig von den tatsächlichen Einnahmen eine über den Mindesteinnahmen nach § 240 Abs. 4 SGB V (nunmehr - m.W.v. 01.01.1993 - Satz 1 der Vorschrift) liegende Mindesteinnahme-Grenze vorschreibt, gegen § 240 SGB V verstößt. Die Beklagte erstattete dem Kläger übererhobene Beiträge in Höhe von 9.383,23 DM zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten in Höhe von 1.813,40 DM.

B. Im Laufe des Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahrens hatte sich die Beklagte mit den o.a. weiteren 29 Schreiben an den Kläger gewandt, die der Kläger jeweils mit dem "Widerspruch" angefochten hatte. Dabei richtete sich der Widerspruch des Klägers zum einen gegen (jedenfalls ausweislich ihrer bei den Akten befindlichen Vorderseite) formlose Mitteilungen der Beklagten über die "Beitragseinstufung entsprechend Ihrer beitragspflichtigen Einnahmen"

IV. Schreiben vom 28.02.1990 über die Einstufung ab 01.01.1990 bis längstens zum 31.12.1990 (monatlicher Beitrag 396,- DM) - "Widerspruchsschreiben" vom 16.03.1990 XVI. Schreiben vom 19.12.1991 über die Einstufung ab 01.01.1992 bis längstens zum 31.12.1992 (monatlicher Beitrag 392,- DM) - "Widerspruchsschreiben" vom 23.12.1991.

Bei weiteren 25 Schreiben handelte es sich um solche, mit denen die Beklagte nach dem Muster des o.a. "Beitragsbescheides" weitere Rückstände aufgelistet hatte. Nur die ersten beiden dieser "Bei tragsbescheide" gingen mit der Erhebung von Säumniszuschlägen ein her:

I. "Beitragsbescheid" vom 20.06.1989 - "Widerspruchsschreiben" vom 05.07.1989 V. "Beitragsbescheid" vom 17.05.1990 - "Widerspruchsschreiben" vom 01.06.1990 VI. "Beitragsbescheid" vom 24.07.1990 - "Widerspruchsschreiben" vom 01.09.1990 VII. "Beitragsbescheid" vom 16.08.1990 - "Widerspruchsschreiben" vom 10.09.1990 VIII. "Beitragsbescheid" vom 25.09.1990 - "Widerspruchsschreiben" vom 28.09.1990 IX. "Beitragsbescheid" vom 02.11.1990 - "Widerspruchsschreiben" vom 13.12.1990 X. "Beitragsbescheid" vom 18.12.1990 - "Widerspruchsschreiben" vom 14.01.1990 (91) XI. "Beitragsbescheid" vom 06.03.1991 - "Widerspruchsschreiben" vom 21.03.1991 XII. "Beitragsbescheid" vom 21.08.1991 - "Widerspruchsschreiben" vom 20.09.1991 XIII. "Beitragsbescheid" vom 23.09.1991 - "Widerspruchsschreiben" vom 02.10.1991 XIV. "Beitragsbescheid" vom 21.10.1991 - "Widerspruchsschreiben" vom 30.10.1991 XV. "Beitragsbescheid" vom 18.11.1991 - "Widerspruchsschreiben" vom 21.11.1991 XVII. "Beitragsbescheid" vom 07.02.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 11.02.1992 XVIII. "Beitragsbescheid" vom 26.02.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 02.03.1992 XIX. "Beitragsbescheid" vom 23.04.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 29.04.1992 XX. "Beitragsbescheid" vom 25.02.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 01.06.1992 XXI. "Beitragsbescheid" vom 24.06.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 01.07.1992 XXII. "Beitragsbescheid" vom 25.08.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 12.09.1992 XXIII. "Beitragsbescheid" vom 23.09.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 09.10.1992 XXIV. "Beitragsbescheid" vom 22.10.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 11.11.1992 XXV. "Beitragsbescheid" vom 24.11.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 30.11.1992 XXVI. "Beitragsbescheid" vom 23.12.1992 - "Widerspruchsschreiben" vom 15.01.1993 XXVII. "Beitragsbescheid" vom 22.01.1993 - "Widerspruchsschreiben" vom 11.02.1993 XXVIII. "Beitragsbescheid" vom 17.02.1993 - "Widerspruchsschreiben" vom 15.03.1993 XXIX. "Beitragsbescheid" vom 17.02.1993 - "Widerspruchsschreiben" vom 23.03.1993

Bei den verbleibenden zwei Schreiben handelte es sich zunächst um

II. Schreiben der Kasse vom 01.09.1989 - "Widerspruchsschreiben" vom 13.09.1989

III. Schreiben der Kasse vom 28.09.1989 - "Widerspruchsschreiben" vom 07.10.1989:

Das formlose, vom Kläger mit "Widerspruchsscheiben" vom 13.09.1989 angefochtene Schreiben der Beklagten vom 01.09.1989 betraf die "Letzte Aufforderung vor Beendigung der Mitgliedschaft". Mit ihrem Schreiben vom 28.09.1989 hatte die Beklagte die Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers zum 15.09.1989 festgestellt und einen Beitragsrückstand von 1.558,50 DM aufgeführt. Der Kläger erklärte mit Datum des 07.10.1989, er lege gegen den Bescheid vom 28.09.1989 Widerspruch ein; es treffe nicht zu, daß er im Rückstand sei; der zutreffende Beitrag betrage 190,- DM. Mit Schreiben vom 13.11.1989 teilte die Beklagte dem Kläger mit, man freue sich, den Ausschluß zum 15.09.1989 aufheben zu können, weil die rückständigen Beiträge bezahlt seien.

C. Mit Datum des 16.08.1993 stellte der Kläger der Beklagten unter Aufführung seiner o.a. Widerspruchsschreiben insgesamt 2.277,20 DM spezifizierte Gebühren nach § 11 BRAGO zuzüglich 15 vH als Auslagenpauschale nach § 26 BRAGO in Rechnung. Die Beklagte lehnte die Erstattung der Kosten ab (Bescheid vom 25. August 1993 und den Widerspruch des Klägers in der Sache zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 21. August 1995).

Mit seiner bereits am 30.09.1993 erhobenen Klage hatte der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe ihm sage und schreibe 29 Bescheide geschickt; jeden einzelnen habe er mit dem Widerspruch anfechten müssen; wiederholt habe er um Widerspruchsbescheide gebeten, um neue Klagen erheben zu können; am 05.11.1992 habe ihm die Beklagte endlich zugesagt, sämtliche Bescheide aufzuheben, wenn er im Verfahren L 16 Kr 34/92 obsiege; die Beklagte habe ihm empfohlen, die Kosten im Kostenerstattungsverfahren geltend zu machen; aber das gehe nicht, weil keine Kostenentscheidung ergangen sei; seine Kostenforderung sei mit dem Zinssatz zu verzinsen, zu dem er bei seiner Bank Kredit habe aufnehmen müssen. Der Kläger hat vor dem SG beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.08.1993. in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.1995 zu verurteilen, an ihn DM 2.277,20 nebst 12,25 % Zinsen seit dem 31.08.1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat vor dem SG beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dem Vorbringen des Klägers entgegengehalten, im Gegensatz zu diesem halte sie § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für ein schlägig; das komme auch im Urteil des SG vom 13.12.1991 deutlich zum Ausdruck; denn das Urteil beschränke sich nicht nur auf die Beitragsfestsetzung für Januar und Februar 1989, es betreffe viel mehr entsprechend dem Antrag des Klägers die Beitragspflicht ab dem 01.01.1989; der Kläger müsse sich also auf ein Kostenfestsetzungsverfahren verweisen lassen.

Das SG Detmold hat die Klage mit Urteil vom 13. Oktober 1995 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, gesonderte Kostenerstattung nach § 63 SGB X komme nur für das isolierte Vorverfahren in Betracht; die 29 Bescheide hingegen seien nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, so daß die Durchführung eines Vorverfahrens nicht mehr zulässig gewesen sei; die Übersendung der einbezogenen Bescheide zu den Gerichtsakten sei nicht Voraussetzung für ihre Einbeziehung gewesen.

Der Kläger hat gegen das Urteil - ihm zugestellt am 08.11.1995 - am 05.12.1995 Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 20. Januar 1997 hat der erkennende Senat die Berufung als unzulässig verworfen, weil es sich bei den streitigen Kosten um Verfahrenskosten i.S. des § 144 Abs. 4 SGG handle, nach dem die Berufung ausgeschlossen sei, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handle. Der Kläger hat gegen Beschluss des Senats - ihm zugestellt am 22.01.1997 - am 11.02.1997 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das BSG hat der Beschwerde des Klägers stattgegeben (Beschluss vom 05.06.1997 12 BK 3/97), die Entscheidung des Senats vom 20.01.1997 auf die vom Klä ger eingelegte Revision mit Urteil vom 29.01.1998 (B 12 KR 18/97 R = SozR 3-1500 § 144 Nr. 13 = SGb 99, 47 mit Anm. v. Zeihe) aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, weil sich die Ausschlußvorschrift des § 144 Abs. 4 SGG nur auf die Kosten des laufenden Rechtsstreits, nicht aber auf die anderer Verfahren, wie die eines isolierten Vorverfahrens i.S. von § 63 SGB X beziehe.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

das Urteil des SG Detmold vom 13. Oktober 1995 abzuändern und den Bescheid vom 25.08.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.1995 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.277,20 DM nebst 12,25 vH Zinsen seit 31.08.1993 zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer der Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten S 17 (10) Kr 70/89 und 160/89 SG Detmold sowie die Akte des BSG B 12 KR 18/97 R.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 25.08.1993 und 21.08.1995 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Verfahrenskosten gegen die Beklagte aus Anlaß seines 29-fachen Einspruchs gegen Mitteilungen der Kasse.

Die Beklagte hatte dem Kläger, nachdem er im Verfahren S 17 (10) Kr 160/89 SG Detmold = L 16 Kr 34/92 LSG NW obsiegt hat, gemäß § 193 SGG die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in beiden Verfahren notwendigen Kosten (Abs. 2 a.a.O.) erstattet, die die gesetzlichen Gebühren und die notwendigen Auslagen eines Rechtsanwaltes stets mitumfassen (Abs. 3 a.a.O.). Hätte der Kläger sich mit der Höhe des Erstattungsbetrages nicht begnügen wollen, hätte er beantragen müssen, daß der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten für jene Verfahren festsetzt (§ 197 Abs. 1 S. 1 SGG). Anspruchsgrundlage für die vom Kläger darüberhinaus geltend gemachten Verfahrenskosten konnte mithin nur der vom Kläger hier auch bemühte § 63 SGB X sein. Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat - soweit der Widerspruch erfolgreich ist - der Rechtsträger, des sen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dabei sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes hier indes nur erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X). Davon geht der Senat im vorliegenden Falle zugunsten des Klägers aus, wiewohl er einem Rechtsbeistand für ein das Recht der Krankenversicherung betreffendes Verfahren in eigener Sache Kostenerstattung im Hinblick auf Spezialkenntnisse aus früherer Tätigkeit versagt hat (Urt. v. 17.02.2000 L 16 KR 179/98 LSG NW). Das BSG hat die Frage des § 63 Abs. 2 SGB X in seiner die Sache zurückverweisenden Entscheidung vom 29.01.1998 nicht angesprochen.

Zu den Voraussetzungen des Anspruchs aus § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat das BSG in seinem o.a. Urteil vom 29.01.1998 hingegen in seinen die Zulässigkeitsentscheidung nicht tragenden, den Senat nicht bindenden, aber überzeugenden Gründen festgestellt: ein Widerspruch habe dann Erfolg i.S. des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgebe; es komme nicht darauf an, was der Widersprechende vorgebracht und welche Gründe zum Stattgeben geführt habe; der Widerspruch sei jedoch nur dann erfolgreich i.S. des Gesetzes, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehe (Hinw. auf SozR 3-1300 § 63 Nr. 3).

A. 1. Die meisten "Widerspruchsschreiben" des Klägers (s.o. zu I und V bis XXIX mit Ausnahme XVI) richten sich gegen "Beitragsbescheide" der Kasse. Es spricht einiges dafür, daß es sich bei diesen "Beitragsbescheiden" tatsächlich aber nicht um Beitragsbescheide i.S. eines einen Einzelfall regelnden (§ 31 SGB X), nämlich die Beitragspflicht für einen bestimmten Zeitraum konkretisierenden Verwaltungsaktes gehandelt hat. Die Beitragshöhe war nämlich jeweils bereits abschließend geregelt - so für das Jahr 1989 jeden falls durch den vom Kläger dem Senat vorgelegten Bescheid vom 26.01.1989 und für die Folgejahre durch Bescheide nach dem Muster der bei den Verwaltungsakten befindlichen Beitragsanpassungsbescheide ("Beitragseinstufung entsprechend Ihrer beitragspflichtigen Einnahmen") vom 28.02.1990 für das Jahr 1990 (s.o. zu IV) und vom 19.12.1991 für das Jahr 1992 (s.o. zu XVI), und, sollte die nach § 36 SGB X anzufügende Rechtsbehelfsbelehrung auch auf der Rückseite dieser Schreiben fehlen, so hätte dies nur zur Folge gehabt, daß längere Zeit die Möglichkeit bestand, den Rechtsbehelf einzulegen (Jahresfrist, vgl. § 66 Abs. 2 SGG).

Die einen Beitragsrückstand betreffenden "Beitragsbescheide" hin gegen setzten eine vorangegangene Beitragsfestsetzung voraus, dienten also - soweit nicht zugleich, wie mit den "Beitragsbescheiden" vom 17.05. und 24.07.1990 (s.o. V und VI), erstmals Säumniszuschläge erhoben wurden - nicht der Begründung einer Forderung, sondern, wie dies auch ihrem objektivem Erklärungsinhalt entspricht, zur Vorbereitung der Vollstreckung nach dem ausdrück lich in Bezug genommenen von § 66 SGB X, was voraussetzte, daß der klagende Vollstreckungsschuldner, wie geschehen, vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt wurde (§ 66 Abs. 4 S. 2 SGB X; § 3 Abs. 2 VwVG; § 6 Abs. 1 Nr. 1 u. 3 VwVG NW).

2. Das BSG hat in den nicht tragenden Gründen seines zurückverweisenden Urteils vom 29.01.1998 in diesem Zusammenhang ausgeführt, eine Erledigung könne bei dem vorliegenden (will heißen: bei dem bis dahin bekannten) Sachverhalt nicht erst durch die Beitragsrückerstattung im Jahre 1993 eingetreten sein, sondern auch da durch, daß der Kläger die mit den Bescheiden geltend gemachten Beitragsrückstände zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt habe; das dürfe insbesondere dann gelten, wenn der laufend zu zahlende Monatsbeitrag durch einen anderen Bescheid festgesetzt gewesen sei und der angefochtene Bescheid lediglich den hierauf für einen bestimmten Zeitraum eingetretenen Beitragsrückstand betroffen habe; denn mit dem Widerspruch könne nur der jeweilige Regelungsinhalt eines Bescheides "mit Erfolg" i.S. des § 63 SGB X angefochten werden; das wäre bei Bescheiden, die lediglich Beitragsrückstände zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung (§ 66 SGB X) feststellten, etwa der Einwand, daß aufgrund geleisteter Zahlungen, Niederschlagung oder Stundung der Forderung diese nicht mehr bestehe oder zur Zeit nicht geltend gemacht werden könne; werde dann dennoch gezahlt, habe sich der Widerspruch dadurch und nicht erst durch die spätere Beitragsrückerstattung der Beklagten erledigt.

Diesen Ausführungen ist Zeihe (a.a.O. S. 52) mit dem Einwand entgegengetreten, es erledige sich nichts dadurch, daß der Beitragsschuldner auf die Beitragsforderung vorläufig zahle, weil sein Widerspruch und seine Klage keine aufschiebende Wirkung hätten (Hinw. auf §§ 86 Abs. 2; 97 Abs. 2 SGG).

3. Nach Auffassung des erkennenden Senats kommen diese Erwägungen hier insgesamt nicht zum Tragen. Es spricht einiges dafür, daß die "Beitragsbescheide" der Beklagten n i c h t als Leistungsbescheide i.S. von §§ 3 Abs. 2 a) und c) VwVG, 6 Abs. 1 Nr. 1 und 3 VwVG NW zu betrachten sind, die mit Leistungsaufforderung, Fällig keit und Ablauf der Frist von einer Woche nach Eintritt der Fäl ligkeit Voraussetzung für die Einleitung der Vollstreckung und als Verwaltungsakte anfechtbar sind (vgl. Engelhardt/App, VwVG, 4. Aufl. 1996, § 3 VwVG Anm. 1 a). Demgegenüber entfällt diese selbständige Anfechtbarkeit (vgl. Engelhardt/App a.a.O. Anm. 4 und BSG Urt. v. 07.06.99 B 7 AL 264/98 B im Anschluß an BSG Urt. v. 05.08.1997 11 VAr 95/97) bei "besonderen Mahnungen" i.S. von §§ 3 Abs. 3 VwVG, 6 Abs. 3 i.V.m. § 19 VwVG NW, die der Anordnung der Vollstreckung vorausgehen sollen, wie dies auch in § 66 Abs. 4 S. 2 SGB X vor Beginn der Zwangsvollstreckung verlangt wird, die die Behörde in entsprechender Anwendung der Vorschriften der ZPO ausführt und die an Stelle des Leistungsbescheides einen Titel voraussetzt (§§ 704 ff ZPO).

Handelt es sich nun bei den "Beitragsbescheiden" ohne gleichzeitige Festsetzung von Säumniszuschlägen nicht um Verwaltungsakte, so kann ein dagegen eingelegter "Widerspruch" schon deshalb nicht erfolgreich i.S. von § 63 SGB X sein, weil ein "Widerspruch" i.S. von § 63 SGB X nur ein solcher sein kann, der sich i.S. der § 63 SGB X vorausgehenden Vorschrift des § 62 SGB X als förmlicher Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt richtet. Das bedarf keines weiteren Belegs. Dafür, daß es sich hier nicht um Verwaltungsakte handelt, spricht die Tatsache, daß die Beklagte zuvor schon mit formlosem Bescheid vom 26.01.1989 (I), mit wiederholenden formellen Schreiben vom 06.02. und 07.03.1989 sowie jedenfalls mit den Anpassungsbescheiden vom 28.02.1990 und 19.12.1991 (IV und XVI) in dem Sinne konkret zur monatlichen Zahlung konkreter Beitragssummen bei Fälligkeit am 15. des Monats (§ 23 SGB IV i.V.m. der Satzung der Kasse) aufgefordert hatte, daß damit auch für den Kläger erkennbar eine verbindliche Regelung hat getroffen werden sollen, die nach Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit grundsätzlich nicht mehr sollte in Frage gestellt werden können und notfalls im Wege des Verwaltungszwanges sollte durchgesetzt werden können (vgl. Engel hardt/App a.a.O. Anm. 1 d) zur Abgrenzung von der bloßen Zahlungsaufforderung m.w.N.). Keinesfalls enthalten die "Beitragsbescheide" der Beklagten eine (erneute) Regelung der für den Kläger maßgeblichen Beitragshöhe, die Kasse hat hier in Anbetracht der Beiträge lediglich Soll und Haben saldiert, und damit klargestellt, wegen welcher, später als eine Woche seit Bekanntgabe der Leistungsbescheide fällig werdender Beträge (vgl. § 3 Abs. 2 c) 2. Mögl. VwVG) sie nach Ablauf der Frist die Vollstreckung anzuordnen beabsichtigte.

Es kann letztlich aber offen bleiben, ob die "Beitragsbescheide" auch ohne gleichzeitige Erhebung von Säumniszuschlägen die Regelung eines Einzelfalls beinhalten. Würde es sich dabei nämlich doch um Verwaltungsakte handeln, so würde es an der notwendigen Kongruenz zwischen Regelungsinhalt einerseits und und objektivem Widerspruchsinhalt andererseits fehlen, die wohl auch das BSG a.a.O. obiter dictum fordert mit den Worten "denn mit dem Widerspruch könne nur der jeweilige Regelungsinhalt eines Bescheides "mit Erfolg" i.S. des § 63 SGB X angefochten werden". Dem Widerspruch gegen den jeweiligen Inhalt eines Verwaltungsaktes, der der Ermöglichung der Vollstreckung zu dienen bestimmt ist, könnte Erfolg als Ursache des Widerspruchs nur beschieden sein, wenn die Kasse die Möglichkeit der Vollstreckung preisgegeben hätte oder ihrer verlustig gegangen wäre, denn auf den erreichten Erfolg der (hälftigen) Beseitigung der Beitragsforderung zielte zwar (neben der Bitte um Vollstreckungsaufschub) immer wieder der Kläger mit seinen "Widerspruchsgründen"; Gegenstand der "Beitragsbescheide" war aber diese Grundforderung eben nicht; sie wurde vorausgesetzt.

Die Beklagte hat es jedoch stets abgelehnt, die Möglichkeit der Vollstreckung preiszugeben - nach dem, was die Beklagte als Verwaltungsakten vorgelegt hat, beginnend mit Schreiben vom 01.08.1990 ("eine aufschiebende Wirkung kommt nicht in Betracht"). Wenn die Beklagte seinerzeit dennoch letztlich nicht vollstreckt haben sollte und, soweit sie sich durch das Urteil des SG vom 13.12.1991 hätte gehindert sehen müssen, zu vollstrecken (§ 154 SGG), und auch soweit sich die Kasse nach Rücknahme der Berufung am 14.04.1993 gehindert sah und sieht, die Vollstreckung zu betreiben, so hat dies andere Ursachen als die "Widersprüche" des Klägers, denen die Beklagte nicht stattgegeben hat, nämlich das Obsiegen des Klägers im Verfahren S 17 (10) Kr 160/89 SG Detmold = L 16 Kr 34/92 LSG NW.

B. 1. Sollten einige der Bescheide, worauf der Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten hinweist - so heißt es weiter im Urteil des BSG vom 29.01.1998 -, ausschließlich oder zusätzlich den ab einem bestimmten Zeitpunkt laufend zu zahlenden Monatsbeitrag abgeändert haben, könnte für die Kostenentscheidung auch von Bedeutung sein, inwieweit die Widersprüche im Hinblick auf §§ 86,96 SGG zulässig oder unzulässig gewesen seien. Die tatsächlichen Vermutungen des BSG treffen, wie erörtert, für die Beitragsanpassungsbescheide der Beklagten vom 28.02.1990 und 19.12.1991 (IV und XVI) vollends zu. Diese Bescheide waren nach dem damaligen Stand, aber auch nach dem heutigen Stand der Rechtsprechung des BSG entsprechend § 96 SGG Gegenstand des sozialgerichtlichen - bzw. des damaligen Verfahrens vor dem Senat geworden (§ 153 Abs. 1 SGG), weil die Bescheide vorherige Regelungen zwar nicht abänderten oder ersetzten, so doch im Rahmen desselben Dauerschuldverhältnisses ergangen, mit den gleichen Einwänden wie der vom SG damals nicht berücksichtigte Bescheid vom 26.01.1989, aber auch wie der vom SG als maßgeblich herangezogene Widerspruchsbescheid vom 10.10.1989 angefochten waren, und weil die Beteiligten einer Einbeziehung nicht widersprochen hatten (vgl. etwa BSG Urt. v. 23.02.1995 12 RK 66/93 = BSGE 74, 34 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 19 m.w.N.). Soweit, wesentlich beginnend wohl mit Urteil vom 20.03.1996 (6 RKa 51/95 = BSGE 78, 98 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 - kassenärztlicher Honorar bescheid; vgl. in Folge die Rechtsprechung betreffs der Abgabebescheide nach dem KSVG in SozR 3-2500 § 87 Nr. 12; 5425 § 25 Nr. 11 und 13), für eine eingeschränktere entsprechende Anwendung des § 96 SGG plädiert wird, so führt diese hier zu keinem anderen Ergebnis, denn die Beklagte hatte allein noch die später vom BSG verneinte Frage auf den Prüfstand gestellt, ob die Kasse Selbstän digen durch Satzungsrecht einen Mindestbetrag an beitragspflichtigen Einnahmen fiktiv zuzuordnen berechtigt war; es war hier nicht der Eintritt des Zustandes zu besorgen, den die neuere Rechtsprechung zu vermeiden sucht, daß nämlich für immer neue Zeiträume möglicherweise unterschiedliche Feststellungen getroffen werden müssen, durch die die Klärung der Grundfrage entgegen der Zielrichtung der §§ 86, 96 SGG nicht beschleunigt, sondern verzögert wird. Entsprechend einbezogen waren nach Auffassung des Senats ferner die Regelungen der Beklagten über die Erhebung von Säumniszuschlägen in den Schreiben vom 20.06.1989, 17.05. und 24.07.1990 (I, V und VI).

2. Wenn das BSG a.a.O. meint, es könne für die Kostenentscheidung (will heißen: für einen Anspruch aus § 63 SGB X) auch von Bedeutung sein, inwieweit die "Widersprüche" im Hinblick auf die §§ 86, 96 SGG zulässig oder unzulässig waren, so kann dies im Klartext eigentlich nur heißen, "Widersprüche" gegen Bescheide, die nach Maßgabe von §§ 86, 96, 153 Abs. 1 SGG schon Gegenstand von Widerspruchs-, Klage- oder Berufungsverfahren geworden waren, können nicht erneut verfahrensrechtlicher Gegenstand eines Anspruchs aus § 63 SGB X sein. Davon geht jedenfalls der Senat aus, denn, wird ein Verwaltungsakt kraft Gesetzes Gegenstand eines anhängigen Verfahrens, so bedarf es insoweit für die Zulässigkeit der Klage nicht eines Vorverfahrens (BSGE 50, 213, 216 m.w.N.), und deshalb ist insoweit auch kein Raum für einen förmlichen Rechtsbehelf gegen den Verwaltungsakt (§ 62 SGB X), dessen alleiniger Sinn darin besteht, eben ein Vorverfahren herbeizuführen, das mit der Erhebung des Widerspruchs beginnt (§§ 83, 78 SGG). Bei gleichwohl eingelegten "Widersprüchen" handelt es sich daher nicht um "Widersprüche" i.S. von § 63 SGB X. Für eine Entscheidung nach § 63 SGB X besteht insoweit auch kein Bedarf, weil Kosten, die aus Anlaß ins Verfahren einbezogener Bescheide entstanden sind, Teil der Kosten i.S. der §§ 193, 197 SGG des Verfahrens sind, in das sie einbezogen sind.

3. Eine andere Betrachtung scheint auch nicht gerechtfertigt in Anbetracht der Tatsache, daß die Beitragsanpassungs- und Säumnis bescheide vom SG im Verfahren S 17 (10) Kr 160/98 übergangen und vom LSG im folgenden Verfahren L 16 Kr 34/92 nur insoweit berück sichtigt sind, als der Anforderung von Folgebescheiden vom 13.03.1993 mit Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 15.09.1992 (BSGE 71, 137) am 14.04.1993 die Rücknahme der Berufung gefolgt ist. Mit Zeihe a.a.O. (mit Hinw. auf u.a. BVerwGE 81, 12; vgl. auch Zeihe in SGb 99, 290) und möglicherweise entgegen der Recht sprechung des BSG (SozR 4100 § 136 Nr. 4) geht der Senat davon aus, daß über die Rechtmäßigkeit von übergangenen Bescheiden, deren Übergehen nicht rechtzeitig nach § 140 SGG angegriffen ist, nicht mehr entschieden werden kann. Diese Bescheide werden bindend und sind ggf. nach § 44 SGB X zu berichtigen. Der Erfolg, den der Kläger in Form der Rücknahme der Berufung durch die Beklagte im Verfahren L 16 Kr 34/92 LSG NW und in Form der Rückerstattung der überhobenen Beiträge durch die Beklagte erzielt hat oder durch eine noch erfolgende Rücknahme der Bescheide erzielen würde, hat/hätte seine Ursache aber nicht in den "Widersprüchen" des Klä gers gegen die übergangenen Bescheide, sondern darin, daß das SG ihm die gewünschte "hälftige" Beitragszahlung auch ohne Einbeziehung der Bescheide vom 01.01.1989 zugesprochen und die Beklagte die Berufung zurückgenommen hat.

C. Von den verbleibenden zwei Widersprüchen betrifft auch der vom 13.09.1989 (II) keine Regelung, sondern die Zahlungsaufforderung, die der Ausschluß nach § 191 Nr. 3 SGB Vals Tatbestandsvoraussetzung verlangt (vgl. SozR 3-2200 § 314 Nr. 4). Der Widerspruch vom 07.10.1989 gegen den Bescheid vom 28.09.1989 hingegen (III), mit dem der Eintritt der Beendigung der Mitgliedschaft festgestellt worden ist, war nicht die Ursache für die "Wiederaufnahme" des Klägers (als Mitglied der Beklagten); Ursache dafür waren vielmehr zwischenzeitliche Zahlungen des Klägers (Schreiben der Kasse vom 13.11.1989). Insoweit, den Eintritt des Endes der freiwilligen Versicherung betreffend, sind die Bedenken von Zeihe zum Urteil des BSG vom 29.01.1998, soweit es Zahlungen als andere Ursache an spricht, nicht einschlägig, denn hier hat die Aufforderung zur Leistung von Zahlungen, zu denen der Versicherte ohnehin gesetz lich verpflichtet ist, den besonderen Sinn, daß ihm Gelegenheit gegeben werden soll, den Eintritt des Endes der Versicherung durch rechtzeitige Zahlung abzuwenden.

D. Dennoch hat der Senat in Erwägung gezogen, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger aus Anlaß der Erhebung seiner "Widersprüche" gegen die "Beitragsbescheide" und gegen die Anpassungsbescheide Kosten zu erstatten, weil die Beklagte mit ihrem Vorgehen den Anschein gesetzthat, es könne erforderlich sein, jedes dieser Schreiben außerhalb des laufenden Gerichtsverfahrens formell mit dem Widerspruch anzufechten. Dies könnte es nach dem Veranlasserprinzip (vgl. auch § 63 Abs. 1 S. 3 SGB X und die Rechtsprechung zu § 193 SGG) rechtfertigen, der Beklagten die notwendigen Kosten des Klägers aufzuerlegen, obwohl die Voraussetzungen des § 63 SGB X insoweit nicht erfüllt sind.

1. Dienen die "Beitragsbescheide" nämlich im wesentlichen der Saldierung und Vorbereitung der Zwangsvollstreckung, so trifft der Inhalt der vorgedruckten Rechtsbehelfsbelehrung nur noch auf solche "Beitragsbescheide" zu, mit denen zugleich eine Regelung über die Erhebung von Säumniszuschlägen getroffen ist, und die nicht bereits nach den §§ 86, 96 SGG mitangefochten gelten. Mit dem Vordruck wird aber der Eindruck erweckt, jedes dieser Schreiben - gleich welchen Inhalts - sei zur Vermeidung von Rechtsnachteilen mit dem Widerspruch anzufechten, und dabei ist offen, ob sich dies nur auf Einwände wie etwa den bezieht, man habe ja das Geforderte schon gezahlt, oder auf Einwände, wie den des Klägers, es würden Beiträge in gesetzlich nicht zustehender Höhe verlangt, und das tatsächlich Geschuldete habe er gezahlt. Wenn der Senat sich gleichwohl außerstande sieht, diese Erwägungen zugunsten des Klä gers zum Tragen kommen zu lassen, so deshalb, weil er nicht nur Rechtsanwalt ist, sondern hier auch Gebühren und Auslagen als Rechtsanwalt geltend macht. Der Einwand des Klägers, insoweit wür den ihm Spezialkenntnisse abverlangt, greift demgegenüber nicht: es handelt sich hier um allgemeines Verwaltungsrecht.

2. Hinzu kam allerdings, daß die Beklagte den Kläger stets darüber im Unklaren gelassen hat, was es denn nun zu tun gelte; ja, die Beklagte war sich offensichtlich selbst stets darüber im Unklaren und ist dies noch heute. So vertritt sie in diesem Klage - und Berufungsverfahren die Ansicht, die Bescheide seien Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens nach § 96 SGG geworden, während sie es in jenem Verfahren nicht für nötig erachtet hat, auch nur einen Bescheid zu den Akten zu reichen (§ 96 Abs. 2 SGG) oder schon im Bescheid auf die Einbeziehung hinzuweisen. Offen ist bis jetzt darüberhinaus, von welchen Bescheiden die Beklagte überhaupt zu der Auffassung gelangt ist, sie seien Gegenstand des Verfahrens. Andererseits hat der Kläger in seinen "Widersprüchen" nicht nur stets aufs Neue die Sonderregelung der Kasse für Selbständige, die Höhe der ihm abverlangten Beiträge gerügt; er hat vielmehr immer wieder einmal auch auf das laufende Gerichtsverfahren hingewiesen und gebeten, die Vollstreckung auszusetzen, von der Beklagten aber - jedenfalls bis zur vom Kläger angeführten Zusage vom 05.11.1992 - immer wieder nur die Antwort bekommen, es bestehe kein Anlaß, von der Vollstreckung abzusehen; den Hinweis, die Beitragshöhe sei schon angefochten und brauche nicht erneut angegriffen werden, hat die Beklagte dem Kläger nicht gegeben. Zwar hat die Kasse dem Klä ger einmal - wegen des Anpassungsbescheides vom 28.02.1990 (Schreiben vom 11.04.1990) - eine Art Unterwerfungsvergleich wegen der Folgebescheide vorgeschlagen, den der Kläger irgendwann in gewisser Weise auch "angenommen" hat (Schreiben vom 01.09.1990: "das Urteil des SG bleibt abzuwarten"). Ob nun aber die "Beitragsbe scheide" aus Sicht der Beklagten jeweils erneut anzufechten waren, hat die Beklagte durch Schweigen auf entsprechendes Vorbringen des Klägers eher bestätigt, sonst jedenfalls aber offengelassen. Die Unabwägbarkeiten, die die Beklagte damit und mit ihrem nachfolgend geschilderten Verhalten in das Verfahren gebracht hatte, erforderten wohl die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Sachkundigen, aber auch insoweit keineswegs Spezialkenntnisse eines Rechtsanwaltes.

3. Die Beteiligten unterscheiden sich auch darin nicht, daß sie an § 154 SGG vorbei gegangen sind. Nach dieser Vorschrift (Abs. 1) hat die Berufung in den (hier nicht einschlägigen Fällen des § 97 Abs. 1 SGG) und bei der Rückforderung von Beiträgen aufschiebende Wirkung. Bei der Forderung von Beiträgen hat die Berufung keine aufschiebende Wirkung. D.h. auch wenn das Urteil des SG vom 13.12.1991 keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hatte, hatte die unterlegene Beklagte es sofort zu beachten. Die Kasse durfte ab sofort Beiträge nur im vom SG zugelassenen Umfang erheben, und hätte (oder hat) sie die Vollstreckung gegen den Kläger wegen der weiterhin erhobenen überhöhten Beiträge (weiter) betrieben, so hätte der Kläger die Vollstreckung mit Erfolg durch eine Vollstreckungsgegenklage abwenden können.

Letztlich konnte der Senat sich danach insgesamt nicht davon überzeugen, daß dem Kläger aus Gründen des Veranlasserprinzips nach § 63 SGB X an sich nicht angefallene Kosten in Form von Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts zuzubilligen wären, denn als solcher mußte er dem Vorgehen der Beklagten auch ohne Spezialkenntnisse zu begegnen wissen.

4. Besteht der vom Kläger geltend gemachte Kostenanspruch nicht, so kam es auf die Klärung der Fragen nicht mehr an, ob es eine Rechtsgrundlage für den vom Kläger erhobenen Zinsanspruch gibt (vgl. dazu Zeihe a.a.O. S. 52), und ob der Kostenansatz des Klä gers überhöht nicht jedenfalls insoweit erscheint, als er aus Anlaß seines Widerspruchs gegen die Beitragsanpassungen (1990 und 1992) den Gegenstandswert nach dem vollen Jahresbeitrag festsetzt, während nur der halbe Satz streitig war, und insoweit, als der Kläger der Beklagten entgegenhält, sie habe in ihren "Beitrags bescheiden" manche Monate wiederholt aufgeführt, um dann seiner seits den Gegenstandwert nit den wiederholten Beträgen zu begründen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Es bestand Anlaß, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).






LSG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 19.10.2000
Az: L 16 KR 35/98


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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0324f47fba92/LSG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_19-Oktober-2000_Az_L-16-KR-35-98




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