Landgericht Köln:
Urteil vom 22. November 2005
Aktenzeichen: 33 O 243/05

(LG Köln: Urteil v. 22.11.2005, Az.: 33 O 243/05)

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 28.07.2005 wird aufgehoben und der auf ihren Erlaß gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Antragsteller kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Antragsteller ist Inhaber der Domain "ggg.de", die er über den Provider "P AG" verwalten läßt.

Die Antragsgegnerin ist ein sog. Full Service Provider für Internetdienstleistungen.

Am 05.07.2005 erhielt die P AG einen Konnektivitäts-Koordinations-Antrag (KK-Antrag), der darauf gerichtet war, dass die Domain "Ggg" von der P AG zur Antragsgegnerin als neuem Provider wechseln sollte. Wegen der näheren Einzelheiten des Ablaufs einer Domain-Registrierung und Übertragung im Allgemeinen wird Bezug genommen auf die Ausführungen auf den Seiten 3 bis 6 der Antragsschrift (Bl. 4 - 7 d.A.).

Am selben Tag erhielt der Antragsgegner von der P AG die Anfrage, ob dem KK-Antrag, der durch die Antragsgegnerin gestellt worden sei, zugestimmt werde (Anlage 8 zur Antragsschrift - Bl. 24 ff. d.A.). Der Antragsgegner veranlaßte die Ablehnung des Antrages, so dass der Providerwechsel unterblieb.

Der Antragsteller behauptet, er biete gewerblich u.a. die Vermarktung und Bewirtschaftung von beschreibenden Domains an. Die Antragsgegnerin habe den KK-Antrag gestellt in der Hoffnung, dass er die Benachrichtigung seines Providers übersehe und sie dadurch die Möglichkeit erhalte, die Domain-Inhaberdaten zu löschen und durch ihre eigenen Angaben zu ersetzen. Der Antragsteller meint, die Antragsgegnerin habe ihn damit im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG in unzulässiger Weise behindert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Antragstellers wird Bezug genommen auf die Seiten 7 ff. der Antragsschrift (Bl. 8 ff. d.A.) und seinen Schriftsatz vom 25.10.2005 (Bl. 73 ff. d.A.).

Am 28.07.2005 hat der Antragsteller eine im Beschlußwege erlassene einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer erwirkt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bezüglich

Internetdomains des Antragstellers Konnektivitäts-Koordinations-Anträge

(KK-Anträge) zu stellen, denen der Antragsteller nicht zuvor zugestimmt hat.

Nachdem die Antragsgegnerin gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt hat, beantragt der Antragsteller nunmehr,

die einstweilige Verfügung vom 28.07.2005 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 28.07.2005 aufzuheben und den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin behauptet, der streitgegenständliche KK-Antrag sei nicht von ihr, sondern von einem ihrer Kunden gestellt worden. Dieser habe dazu das von ihr - wie von allen Mitgliedern der DENIC - zur Verfügung gestellte Bestellsystem benutzt.

Die Antragsgegnerin meint, der Antragsteller, der nicht Mitbewerber sei, sei schon deshalb nicht behindert worden, weil nie die Gefahr bestanden habe, dass er durch bloßes Schweigen seine Domain verlieren könnte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Antragsgegnerin wird Bezug genommen auf die Widerspruchsbegründung (Bl. 56 ff. d.A.).

Gründe

Die einstweilige Verfügung war aufzuheben und der auf ihren Erlaß gerichtete Antrag zurückzuweisen, weil es nach dem weiteren Vortrag der Parteien an dem erforderlichen Verfügungsanspruch fehlt.

Ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 3, 4 Nr. 10, 8 UWG scheitert jedenfalls daran, dass - ein Wettbewerbsverhältnis der Parteien unterstellt - eine zielgerichtete Behinderung des Antragstellers nicht dargetan ist.

Als gezielt ist eine Behinderung dann anzusehen, wenn bei objektiver Würdigung aller Umstände die Maßnahme in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Störung der fremden wettbewerblichen Entfaltung gerichtet ist. Ob eine "gezielte" Behinderung vorliegt, muss positiv festgestellt werden. Dies bedarf einer umfassenden Würdigung des konkreten Falles, wobei Anlass, Zweck, Inhalt, Bedeutung und Wirkung der Maßnahme zu berücksichtigen sind (vgl. Baumach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. § 4 UWG Rz. 10.7 f.).

Danach konnte aber die Stellung des streitgegenständlichen KK-Antrages eine Störung der wettbewerblichen Entfaltung des Antragstellers schon deshalb nicht bewirken und daher auch nicht darauf gerichtet sein, weil nach der unstreitigen Praxis aller größeren Provider ein Schweigen des Domain-Inhabers auf die Information über einen KK-Antrag als Ablehnung gewertet und der DENIC entsprechend mitgeteilt wird. Ein Providerwechsel gegen den Willen des Domaininhabers ist danach ausgeschlossen.

Dementsprechend hat die P AG den Antragsteller eingangs ihrer E-mail vom 04.07.2005 darauf hingewiesen, dass sein Schweigen als Verweigerung der Zustimmung gewertet wird. Die E-Mail ist auch keineswegs widersprüchlich, da sich die weitere Passage, in der ein gegenteiliger Hinweis erfolgt, in dem eingeblendeten Text der Anfrage der DENIC befindet, bei verständiger Würdigung also nicht als Anfrage der P AG verstanden werden konnte.

Aus diesem Grunde fehlt es zugleich auch an dem für die Bejahung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erforderlichen betriebsbezogenen Eingriff.

Ob die Antragsgegnerin durch ihr Verhalten den Richtlinien der DENIC zuwider gehandelt hat, bedarf nicht der Klärung, da keine Rechtsgrundlage ersichtlich ist, auf der dem Antragsteller einen allgemeinen Anspruch auf richtlinienkonformes Verhalten gegen die Antragsgegnerin zustehen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Streitwert: € 10.000,--






LG Köln:
Urteil v. 22.11.2005
Az: 33 O 243/05


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