Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. März 2002
Aktenzeichen: 17 W (pat) 37/01

(BPatG: Beschluss v. 05.03.2002, Az.: 17 W (pat) 37/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G11B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Mai 2001 aufgehoben.

Das Patent Nr. 198 48 146 wird mit den folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 bis 6 nebst Beschreibung S 1 bis 16 und Zeichnung mit Figuren 1 und 2, sämtliche Unterlagen überreicht in der mündlichen Verhandlung am 5. März 2002.

Gründe

I.

1. Die am 20. Oktober 1998 beim Deutschen Patentamt eingegangene Patentanmeldung 198 48 146.2 - 53 mit der Bezeichnung

"Schmelzklebstoff zur Verklebung von DVDs"

wurde am 8. Mai 2001 durch Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G11B aus den Gründen des Amtsbescheids vom 9. April 1999 zurückgewiesen, in dem ausgeführt ist, der angemeldete Gegenstand sei nicht erfinderisch.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ihr Patentbegehren auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2002 vorgelegten Unterlagen weiterverfolgt.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet unter Korrektur offensichtlicher Schreibfehler:

"Verwendung von Schmelzklebstoffen enthaltenda.) mindestens ein thermoplastisches Elastomerb.) mindestens ein Kohlenwasserstoffharzc.) mindestens ein Polya-Olefind.) 10 - 45 Gew.% mindestens eines funktionelle Gruppen tragenden polaren Wachses, das ausgewählt wird aus der Gruppe der funktionalisierten Polyolefine mit einem Molekulargewichtsbereich von 4.000 bis 80.000 auf der Basis von Polymeren des Ethylens und/oder Propylens mit Acrylsäure, Methacrylsäure sowie deren C1 bis C4-Ester, Maleinsäure, Itakonsäure, Fumarsäure oder deren Mischungenzur Herstellung von Digital Versatile Disks (DVDs)."

Der geltende Patentanspruch 6 lautet:

"Verfahren zur Herstellung von sandwichartig aufgebauten Digital Versatile Disks (DVDs) gekennzeichnet durch die folgenden, wesentlichen Verfahrensschrittea.) Aufbringen der Informationsschicht auf den Scheibenrohling, b.) Beschichten der Informationsschicht mit einer das Licht reflektierenden Metallschicht, ggfs. gefolgt vom Aufbringen einer Korrosionsschutzschicht, c.) Beschichten der Metallschicht mit einer Schicht des Schmelzklebstoffes nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, d.) ggf. Bedrucken der Innenseite der Scheibe mit einem Druckbild, e.) ggf. Beschichten der Druckbildschicht mit einer Schmelzklebstoffschicht, f.) Verkleben der Schichten mit Hilfe der Schmelzklebstoffschicht(en) unter Verpressen."

Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 5 wird auf die Akte verwiesen.

2. Der angefochtene Beschluß stützt sich auf folgende Druckschriften:

[1] US 4 880 487

[2] US 5 703 868 Im Beschwerdeverfahren wurden außerdem in Betracht gezogen:

[3] WO 98/40883

[4] DE 42 26 081 A1

[5] Römpp Chemie Lexikon, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York 1995, Stichwort: " Polyolefin-Wachse"

[6] Kunststoff Taschenbuch, 25. Ausgabe, Carl Hanser Verlag München Wien 1992, S. 263 -264 unter "4.1.2.4 polare Ethylen-Copolymere".

3. Die Anmelderin verweist zur Definition der verwendeten Bezeichnungen auf die Fachlexika Römpp Chemie Lexikon Ñ Version 2.0, Georg Thieme Verlag Stuttgart/New York 1999 (Stichwort: "Elastomere" und "Polyolefine") sowie Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, 5th edition Vol. A28, 1996, S. 126 - 127 (Stichwort: "Petroleum wax") und führt zur Begründung ihrer Beschwerde aus, keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften beschreibe einen Kleber mit der im Patentanspruch 1 ausgewiesenen Zusammensetzung. Diese sei auch durch den Stand der Technik nicht nahegelegt, weil sich dort kein Hinweis auf polare, funktionelle Gruppen aufweisende Wachse finde, die einen wesentlichen Bestandteil des anmeldungsgemäßen Klebers bilden würden.

Die Anmelderin legt außerdem Ergebnisse von Vergleichsversuchen vor zum Beleg dafür, daß im Gegensatz zum angemeldeten Gegenstand keine der Klebestoff-Formulierungen nach dem Stand der Technik alle Erfordernisse zur Herstellung spezifikationsgerechter DVDs erfüllen.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das nachgesuchte Patent zu erteilen auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung am 5. März 2002 überreichten Patentansprüche 1 bis 6 nebst Beschreibung Seiten 1 bis 16 und Zeichnung mit Figuren 1 und 2.

II.

Die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig; sie ist im Umfang des gestellten Antrags begründet, weil die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 6 die Kriterien der Patentfähigkeit gemäß §§ 1 bis 5 PatG erfüllen.

1. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig. Der Patentanspruch 1 ist gedeckt durch die ursprünglichen Ansprüche 1 und 5 sowie durch die Beschreibung Seite 11 Zeilen 8 und 9. An den geltenden Patentanspruch 1 schließen sich die ursprünglichen Patentansprüche 2 bis 4 sowie die umnummerierten Ansprüche 7 und 8 an. Diesbezüglich bestehen keine Bedenken.

2. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist neu, denn keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften beschreibt einen Schmelzklebstoff mit der im Anspruch 1 angegebenen Zusammensetzung. Die Verwendung dieses Schmelzklebstoffs zur Herstellung von DVDs beruht darüberhinaus auch auf erfinderischer Tätigkeit, weil sie sich für den Fachmann, einen Fachhochschulabsolventen der Fachrichtung Verfahrenstechnik mit Kenntnissen in der Polymerchemie und mit Berufserfahrung in der Herstellung von optischen Speicherplatten, insbesondere von Digital Versatile Disks (DVDs), nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Die Druckschrift [3] betrifft einen Schmelzkleber zum Verkleben von DVDs, der aus thermoplastischen Elastomeren, Poly--Olefinen und klebrigmachenden Harzen besteht (Patentansprüche 1, 3 und 4 iVm S. 5, Abs. 3 bis S. 6, Abs. 3). Der bekannte Kleber dient somit dem im Anspruch 1 angegebenen Verwendungszweck und erfüllt auch die Merkmale a, b und c.

Als Überschuß über diesen Stand der Technik verbleibt beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 das Merkmal d, wonach in der Mischung 10 - 45 Gew.% mindestens eines funktionelle Gruppen tragenden polaren Wachses enthalten ist, das aus dem im Anspruch 1 angegebenen Kollektiv möglicher Stoffe ausgewählt wird.

Zwar bezieht die Druckschrift [3] außerdem auf S. 7 Abs. 2 ausdrücklich die Schmelzkleber der Druckschrift [4] mit ein, die ebenfalls auf der Basis von Poly--Olefinen und klebrigmachenden Harzen (S. 2, Z. 47 - 66) (allerdings ohne thermoplastische Elastomere) hergestellt werden und als Additiv synthetisches Polyethylen- bzw. Polypropylen-Wachs enthalten (S. 3 Z. 17 - 20). Der Fachmann, der letztere als möglichen Zusatzstoff ins Auge faßt, gelangt damit aber nicht zur beanspruchten Zusammensetzung, weil nach der Lehre der Druckschrift [4] lediglich unpolare Wachse als Nukleierungsmittel zugesetzt werden. Dementsprechend sind sie auch nur mit 2 bis 3 Gew.%, also vergleichsweise sehr geringem Anteil vorgesehen.

Noch weniger führt der übrige Stand der Technik zum Schmelzklebstoff mit der im Patentanspruch 1 angegebenen Zusammensetzung. Die Druckschrift [1] betrifft einen Heißkleber für Polyamide auf der Basis von PE-Copolymeren, der zwar die Merkmale a und b des Patentanspruchs 1 erfüllt (Sp. 1 ab Z. 30, Sp. 2, Z. 53 - 63). Darüberhinaus sind aber unter möglichen Additiven nur unspezifizierte Wachse (Sp. 1, Z. 39 - 40 iVm Anspruch 24) sowie als spezielles Beispiel Paraffin (Sp. 2, Z. 41 "petroleum wax"), also ein unpolares Wachs angegeben. Selbst wenn der Fachmann diesen bekannten Kleber in Erwägung ziehen würde, der nicht für DVDs geeignet ist, die nicht aus Polyamid sondern aus hochwertigen, glasklaren Massen, wie Polycarbonaten und Acrylaten bestehen, so erhielte er daraus weder einen Hinweis auf polare Wachse noch auf die im Anspruch 1 angegebenen Gewichtsprozente. Das gleiche gilt erst recht für Druckschrift [2], die zwar optische Speicherplatten, insbesondere DVDs beschreibt, die aus mehreren Schichten mittels eines UV-aushärtenden oder eines Heißklebers zusammengeklebt werden (abstract; Sp. 1, Z. 27 - 31; Sp. 5, Z. 16 - 26), ansonsten aber keine weiteren Gemeinsamkeiten mit dem Gegenstand vorliegender Anmeldung aufweist.

Die Handbücher [5] und [6] wurden lediglich als Beleg für das übliche Wissen des einschlägigen Fachmanns angezogen, wonach Polyolefinwachse Verwendung in transparenten Überzügen, Heißschmelz-Beschichtungen und als Haftvermittler finden. Spezielle Schmelzkleber für DVDs sind darin nicht beschrieben.

3. Für den Verfahrensanspruch 6, der die im Patentanspruch 1 ausgewiesenen Merkmale mit umfaßt, müssen die vorgenannten Argumente in gleicher Weise gelten.

4. Die zweifellos gewerblich anwendbaren Gegenstände nach den Ansprüchen 1 und 6 sind somit patentfähig. Vom gewährbaren Patentanspruch 1 werden auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 mitgetragen, die nichttriviale Weiterbildungen der im Anspruch 1 beschriebenen Verwendung des Schmelzklebers zur Herstellung von DVDs betreffen.

Grimm Dr. Schmitt Dr. Greis Schuster Bb






BPatG:
Beschluss v. 05.03.2002
Az: 17 W (pat) 37/01


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