Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 30. Mai 2003
Aktenzeichen: 25 L 593/03

(VG Köln: Beschluss v. 30.05.2003, Az.: 25 L 593/03)

Tenor

1. Der Aussetzungsantrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

2. Der Streitwert wird auf 137,50 EUR festgesetzt.

Gründe

Der nach § 80 Abs. 5, Abs. 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach Ableh- nung eines Aussetzungsantrages durch die Behörde zulässige Antrag,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 05.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2003 über (11 x 50 =) 550,00 EUR anzuordnen,

ist unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen die Anforderung öffentli- cher Abgaben und Kosten anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Ab- gaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel liegen nach der ständi- gen Rechtsprechung der mit Abgabensachen befassten Senate des Oberverwal- tungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), der das erkennende Gericht folgt, dann vor, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechts- lage ein Erfolg des Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren wahr- scheinlicher als ein Misserfolg ist.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 17.03.1994 - 15 B 3022/93 -, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 1994, 337.

Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben bezweckt der Gesetzgeber die Sicherstel- lung des stetigen Zuflusses von Finanzmitteln für die öffentlichen Haushalte, aus de- ren Aufkommen die Gegenleistung für die umstrittene Abgabe im Zeitpunkt ihrer Gel- tendmachung regelmäßig bereits erbracht oder alsbald zu erbringen ist. Er hat damit für diesen Bereich das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug generell höher bewertet als das private Interesse an einer vorläufigen Befreiung von der Leistungs- pflicht. Dieser gesetzgeberischen Wertung entspricht es, dass Abgaben im Zweifel zunächst zu erbringen sind und dass das Risiko, im Ergebnis möglicherweise zu Un- recht in Vorleistung treten zu müssen, den Zahlungspflichtigen trifft. Unzumutbare, mit dem Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbare Erschwernisse ergeben sich dadurch nicht. Durch eine vorläufige, zu Unrecht erbrachte Zahlung eintretende wirtschaftliche Nachteile werden durch Rückzahlung der Abgabe weitest gehend ausgeglichen; es werden somit keine irreparablen Verhältnisse geschaffen. Ist im Einzelfall dennoch eine unbillige Härte zu erwarten, bietet § 80 Abs. 4 Satz 3 zweite Alternative VwGO die Möglichkeit, die Vollziehung auszusetzen.

Im Aussetzungsverfahren richtet sich die Intensität der gerichtlichen Prüfung des Streitstoffes nach den Gegebenheiten des vorläufigen Rechtsschutzes. Deshalb sind vornehmlich solche Einwände zu berücksichtigen, die der Rechtsschutz Suchende selbst gegen die Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides geltend macht, es sei denn, dass sich sonstige Mängel bei summarischer Prüfung als offensichtlich darstellen. Ferner können weder aufwändige Tatsachenfeststellungen getroffen werden noch sind schwierige Rechtsfragen abschließend zu klären.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.03.1994, a. a. O.

Bei Anlegung dieses Maßstabes ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides nicht ernstlich zweifelhaft.

Die dargelegten Prüfungskriterien rechtfertigen - auch im Hinblick auf die von der Antragstellerin vorgetragenen Argumente - den Schluss, dass die Gebührenerhe- bung eher rechtmäßig als rechtswidrig ist.

1. Der Antragsgegner hat eine öffentlichrechtliche Verwaltungstätigkeit, also eine Amtshandlung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW) ausgeführt, indem er die vorliegend einschlägige Anzeige nach § 7 Abs. 1 AbfKlärV auf Nachvollziehbarkeit einer ordnungsgemäßen Handhabung der Klärschlammaufbringung im Hinblick auf Nährstoffgehalt bzw. Düngung überprüft hat und damit die Einhaltung von Vorschriften der o. g. Verordnung überwacht hat. Dass die behördliche Überwachung von Vorschriften durch die verordnete Anzeige, also durch eine erzwungene Mitwirkung eines Gebührenschuldners, ermöglicht bzw. erleichtert wird, lässt eine Gebührenpflicht dem Grunde nach nicht entfallen; eine Amtshandlung ist auch dann gebührenrelevant, wenn sie nur einen geringen zeitlichen und sachlichen Aufwand erfordert und durch erhebliche Mitwirkungshandlungen des Veranlassers geprägt ist. Die Amtshandlung als öffentlichrechtliche Verwaltungstätigkeit bedarf keiner besonderen Qualifikation etwa als Eingriffsverwaltung mit Vollzugsermächtigung; eine sich aus öffentlich- rechtlichen Regelungen ergebende prüfende Tätigkeit einer Fachbehörde im Vorfeld eines möglichen behördlichen Eingriffs einer anderen Behörde reicht aus.

2.

2. Die Verwaltungstätigkeit des Antragsgegners ist der Antragstellerin zwar nicht als Anlagenbetreiber, wohl aber als von diesem beauftragten Dritten zurechenbar, weil die Amtshandlung der Prüfung bzw. Überwachung auf Grund einer gesetzlichen Verbindlichkeit (Anzeige) ausgeführt wurde, die dem Pflichtenkreis eines Anlagenbetreibers oder eines beauftragten Dritten als Teil eines von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreises zuzuordnen ist. Bei Bestehen einer derartigen Sonderrechtsbeziehung ist es unerheblich, ob der davon Betroffene aus der Amtshandlung einen speziellen (rechtlichen oder tatsächlichen) Vorteil erlangt.

3.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2003 - 9 A 183/01 - zur Überprüfung einer Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV sowie Urteil vom 16.06.1999 - 9 A 3817/98 - NWVBl. 2000, 66 - zur Gebührenpflicht einer Apothekenbesichtigung.

Die Antragstellerin ist gem. § 7 Abs. 1 AbfKlärV als beauftragter Dritter zielgerichtet mit ihrer Anzeige an die (landwirtschaftliche) Fachbehörde herangetreten und hat dadurch deren nach den einschlägigen Vorschriften vorgeschriebene Prüfungspflicht aktualisiert (und dadurch eine Sonderrechtsbeziehung geschaffen). Dabei hat die Antragstellerin als für die Anzeige verantwortlicher, eigenständiger Unternehmer gehandelt; der Antragsgegner war deshalb berechtigt, die Antragstellerin als Generalunternehmer hinsichtlich der Verwertung von Klärschlamm (und deren Abwicklung) als Gebührenschuldner heranzuziehen und den eigentlichen Betreiber der Abwasserbehandlungsanlage mangels eigenständiger Anzeige außen vor zu lassen. Es wäre ggfls. Aufgabe der Antragstellerin, die Anzeige nach § 7 Abs. 1 AbfKlärV rechtlich so zu gestalten, dass nicht die Antragstellerin, sondern der Anlagenbetreiber als Anzeigender erkennbar im eigenen Namen und für eigene Rechnung auftritt (und sodann möglicherweise in den Bereich der Gebührenbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 GebG NRW fällt). Es bleibt der Antragstellerin unbenommen, die von ihr zu entrichtenden Gebühren durch entspre- chende Gestaltung der privatrechtlichen Verträge mit dem Anlagenbetreiber zu kom- pensieren.

3. Eine Gebührenerhebung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Prü- fung/Überwachung der Einhaltung rechtlicher Vorschriften der Klärschlammaufbringung vorwiegend im öffentlichen Interesse erfolgt, weil jedes staatliche Handeln und Regulieren einen Bezug zum öffentlichen Wohl hat und eine Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Interessen schwierig macht.

4.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.1994 - 4 C 1.93 - NVwZ 1994, 1105 zur Luftsicherheitsgebühr.

Die Prüfung der Anzeige nach § 7 Abs. 1 AbfKlärV ist zudem für den Anzeigenerstatter von wirtschaftlichem Interesse: Er hat nach unbeanstandeter Überprüfung seiner Unterlagen die rechtliche Sicherheit, sich im Rahmen der Vorschriften gehalten zu haben. Dieses Interesse mag dem seriösen Anzeigenerstatter gering erscheinen; die Überwachungstätigkeit der Behörden schützt einen Anlagenbetreiber bzw. einen für ihn tätigen Unternehmer aber auch vor konkurrierenden Anlagenbetreibern/Unternehmern, die die rechtlichen Vorgaben (zunächst) nicht einhalten und dadurch unlautere wirtschaftliche (Wettbewerbs-) Vorteile erzielen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.10.1999 - 13 B 843/99 - MMR 2000, 115 - zur Missbrauchsaufsicht/Überwachung im Zusammenhang mit TKG- Lizenz-Gebühren.

4. Die Höhe der für die Anzeigenprüfung erhobenen Gebühr begegnet keinen Bedenken; sie liegt, bezogen auf eine einzelne Anzeige, am unteren Rand des (vom Antragsgegner nachvollziehbar dargestellten) Gebührenrahmens (von 50,00 bis 200,00 EUR), berücksichtigt offenbar den geringen Verwaltungsaufwand und hat im Hinblick auf den wirtschaftlichen Wert des jeweiligen Vorhabens Bagatellcharakter. Die Vielzahl der von der Antragstellerin geplanten anzeigenpflichtigen und damit Gebühren auslösenden Schlammaufbringungen rechtfertigt keine Überlegungen zu der Frage, ob Gebühren für die Anzeigenprüfung nach der Zahl der Anzeigen degressiv zu staffeln oder anderweitig zu reduzieren sind: die Prüfung jeder einzelnen Anzeige bedingt einen eigenständigen Verwaltungsaufwand, ein Rationalisierungseffekt tritt bei der Prüfung einer Vielzahl von Anzeigen nicht ein; jede Aufbringung hat für den Unternehmer einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG und entspricht nach der ständigen Rechtsprechung des OVG NRW in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (in Abgabensachen) einem Viertel des streitigen Betrages.






VG Köln:
Beschluss v. 30.05.2003
Az: 25 L 593/03


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