Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 49/06

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 2. Februar 2006 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 28. Januar 2005 die Wortmarke Sicher durchs Lebenfür zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 5, 9, 12, 21, 31, 36, 37 und 45 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 2. Februar 2006 gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die Wortfolge ein Slogan mit deutlich beschreibendem Anklang sei, der zwanglos darauf hindeute, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in ihrer Art und Beschaffenheit nach dazu bestimmt und geeignet seien, die durch das Zeichen angesprochenen Personen in unterschiedlicher Hinsicht sicher durch das Leben zu führen bzw. ihnen zu erleichtern, sicher durch das Leben zu gelangen. Die Wortkombination sei eine gängige Formulierung, die sich im Bereich der Werbung vielfach nachweisen lasse.

Diese Entscheidung wurde der Anmelderin am 14. Februar 2006 zugestellt. Sie hat rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr allerdings wurdeerst nach einem entsprechenden Hinweis des Bundespatentgerichts am 17. Mai 2006 bezahlt.

Die Anmelderin beantragt, Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Vertreter der Anmelderin eine Mitarbeiterin damit beauftragt hätten, die Gebühr per Einzugsermächtigung zu bezahlen. Die Mitarbeiterin habe dies vergessen. Ansonsten habe die Mitarbeiterin immer sorgfältig gearbeitet und sei regelmäßig überprüft worden. Sie legt hinsichtlich des Verfahrens eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin vor.

In der Sache beantragt die Anmelderin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Sie hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht ihr Dienstleistungsverzeichnis beschränkt wie folgt:

"Mittel zum Härten von Löten von Metallen; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke;

Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; lebende Tiere; frisches Obst und Gemüse; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Futtermittel, Malz".

Sie trägt vor, dass die Prüfung der Unterscheidungskraft genau und vollständig erfolgen müsse. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft müsse auf alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen im Einzelnen eingegangen werden. Dem Beschluss der Markenstelle sei nicht zu entnehmen, warum es der angemeldeten Marke für alle Waren und Dienstleistungen an Unterscheidungskraft fehlen solle.

Hinzu komme, dass die potentiellen Kunden, im Wesentlichen gewerbliche Verkehrskreise, bei der Frage, was die Wortfolge "Sicher durchs Leben" beschreibe, keine der begehrten Waren nennen würden. Sie verweist im Übrigen auf Voreintragungen mit dem Markenbestandteil "Sicher".

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II 1. Auf den Wiedereinsetzungsantrag der Anmelderin hin ist dieser Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 91 Abs. 1 MarkenG zu gewähren. Sie hat nämlich hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie kein Verschulden an der Fristversäumnis trifft (§ 91, Abs. 1 MarkenG).

Der Wiedereinsetzungsantrag muss grundsätzlich eine schlüssige Darstellung aller Umstände enthalten, aus denen sich dessen Zulässigkeit und Begründetheit eindeutig herleiten lässt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Anmelderin hat detailliert insbesondere auch durch Vorlage einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung dargelegt, dass die Mitarbeiterin der Vertreter der Anmelderin beauftragt worden sei die streitgegenständliche Gebühr durch Einzugsermächtigung zu bezahlen. Sie hat weiter dargelegt, dass die Mitarbeiterin sorgfältig gearbeitet habe und auf welche Art und Weise diese regelmäßig überprüft worden sei. Insgesamt lässt sich daher aus dem Gesamtvortrag erkennen, dass die Vertreter der Anmelderin kein entsprechendes Organisationsverschulden trifft.

2. Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Der Senat hält die beanspruchte Marke jedenfalls nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses für unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig. Ihrer Eintragung stehen daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

a) Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist dabei die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen um diese Waren von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 - POSTKANTOOR; ähnlich BGH MarkenR 2005, 145 - BerlinCard).

Es dürfen dabei keine unterschiedlichen Anforderungen an die Unterscheidungskraft eines Werbeslogans gegenüber anderen Wortmarken gestellt werden (st. Rspr. vgl. BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dem Werbeslogan wird der Verkehr zwar häufig eine beschreibende Werbeaussage entnehmen. Dies schließt aber eine Identifizierungsfunktion nicht von vornherein aus. Deshalb ist in jedem Fall zu prüfen, ob der Slogan einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob er zumindest noch eine gewisse Unterscheidungskraft aufweist.

Die von der Anmelderin beanspruchte sprachüblich gebildete Wortfolge hebt für die angesprochenen Verkehrskreise, hier teils das allgemeine Publikum, teils Fachkreise, die begehrten Waren und ein damit verbundenes Wertversprechen in den Vordergrund. Den potentiellen Kunden der Beschwerdeführerin wird vermittelt, dass bei den angebotenen Waren eine besondere Sicherheit gewährleistet wird.

Die Formulierung "Sicher durchs Leben" wird auf verschiedenen Waren- und Dienstleistungsgebieten auch bereits verwendet, wie sich aus einer Internetrecherche des Senats ergeben hat:

- www.mesem24.de: "Mit uns gehen Sie sicher durch das Leben!"

- www.volksverlag.de: " ..., die Kraft zu entwickeln, die ihn sicher durchs Leben leitet."

- www.awoessen.de: "Gut durchs erste Lebensjahr - Sicher durch das Leben"

- www.helvetia.de: "Wir geleiten Sie sicher durchs Leben"

- www.tagesspiegel.de: "Der Autopilot, der uns sicher durchs Leben manövriert."

- www.winterthurleben.ch: "Finanziell sicher durchs Leben"

- www.dabbank.com: "Sicher durchs Leben gehen".

Es bedarf allerdings mehrerer Zwischenschritte, um einen Zusammenhang zwischen dem beanspruchten Gesamtzeichen und den nunmehr noch begehrten Waren der Klassen 1 und 31 herzustellen. Bei den noch verbliebenen Waren spielt der Sicherheitsaspekt keine entscheidende Rolle. Ein Zusammenhang mit dem Sinngehalt der hier begehrten Marke ist daher nicht ersichtlich. Insgesamt fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke für die noch verbliebenen Waren im Sinne einer Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der damit gekennzeichneten Waren werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.

b) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD).

Solche Umstände werden durch die angemeldete Marke "Sicher durchs Leben" nicht ausreichend klar und verständlich genannt. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den verbliebenen Waren konnte der Senat nicht nachweisen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zusammenhang mit diesen Waren in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.






BPatG:
Beschluss v. 17.10.2006
Az: 33 W (pat) 49/06


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