Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Mai 2010
Aktenzeichen: 35 W (pat) 37/09

(BPatG: Beschluss v. 05.05.2010, Az.: 35 W (pat) 37/09)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamts vom 3. Juli 2009 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsgegner war Inhaber des am 30. Januar 2005 angemeldeten und am 20. Oktober 2005 eingetragenen Gebrauchsmusters 20 2005 001 483 mit der Bezeichnung "Patienten-Evakuierungsund Rettungs-Tuch", das der Antragsteller mit Löschungsantrag vom 26. November 2008 angegriffen hat. Der Antragsgegner, dem der Löschungsantrag am 16. Dezember 2008 zugestellt wurde, hat mit Schreiben vom 8. Januar 2009, per Fax beim Deutschen Patentund Markenamt am 12. Januar 2008 eingegangen, den Löschungsanspruch anerkannt, auf das Gebrauchsmuster verzichtet und beantragt, dem Antragsteller die Verfahrenskosten aufzuerlegen, da dieser den Antragsgegner nicht zum Verzicht auf das Streitgebrauchsmuster aufgefordert und der Antragsgegner auch keine Rechte aus dem Streitgebrauchsmuster gegen den Antragsteller geltend gemacht habe. Der Antragsteller hat beantragt, dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen, weil er trotz Kenntnis der Schutzunfähigkeit das Streitgebrauchsmuster angemeldet und in der Werbung durch Benennung des Gebrauchsmusters eine hohe Qualität seines Produktes suggeriert habe.

Mit Beschluss vom 3. Juli 2009 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamts dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Antragsgegner habe das Löschungsbegehren sofort anerkannt und auch nicht Veranlassung zur Stellung des Löschungsantrags gegeben. Der Antragsteller habe den Antragsgegner vor Stellung des Löschungsantrags nicht mit angemessener Frist zum freiwilligen Verzicht auf das Streitgebrauchsmuster aufgefordert. Ein solches Vorgehen sei auch nicht von vornherein aussichtslos gewesen. Der diesbezügliche Hinweis, dass der Antragsgegner nie freiwillig auf sein Schutzrecht verzichtet hätte, sei zu unsubstantiiert.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Die Beschwerde wird damit begründet, eine Aufforderung zum Verzicht auf das Gebrauchsmuster sei aussichtslos und daher entbehrlich gewesen. Der Antragsgegner habe durch ein anwaltliches Schreiben vom 19. September 2007 ausdrücklich jedwede Fremdvermarktung des Gegenstands des Streitgebrauchsmusters durch den Antragsteller untersagt und angekündigt, Zuwiderhandlungen mit Nachdruck zu ahnden. Der Antragsteller habe einige Zeit mit der Stellung des Löschungsantrags gewartet, um dem Antragsgegner Zeit zum Verzicht auf das Gebrauchsmuster zu geben.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens vor der Gebrauchsmusterabteilung und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, außerdem, den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Frankenthal zu verweisen, wo das parallele Verfahren 6 O 385/09 geführt werde.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsgegner trägt vor, das Schreiben vom 19. September 2007 sei lediglich die Reaktion auf ein Schreiben des Antragstellers vom 17. September 2007 gewesen, in dem vom Antragsteller gerichtliche Schritte gegen den Antragsgegner angekündigt worden seien. Dieses Schreiben könne nicht die Stellung eines Löschungsantrags ohne vorherige Verzichtsaufforderung rechtfertigen, zumal der Löschungsantrag erst 14 Monate später erfolgt sei.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist formund fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.

Für die vom Antragsteller beantragte Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Frankenthal ist angesichts der eindeutigen Zuständigkeitsregelungen des § 18 Abs. 1 und 3 GebrMG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht einerseits und des § 27 Abs. 1 und 2 GebrMG für das zivilrechtliche Klageverfahren andererseits keine Grundlage ersichtlich.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Die Gebrauchsmusterstelle I hat zu Recht dem Antragsteller die Verfahrenskosten gem. § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 93 ZPO auferlegt. Im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren gelten für die Kostenentscheidung der Rechtsgedanke und die Wertung des § 93 ZPO, wonach bei sofortigem Anerkenntnis in der Regel die Kosten dem Kläger (hier dem Löschungsantragsteller) aufzuerlegen sind, sofern dieser durch sein Verhalten nicht Veranlassung zur Klage (hier: Stellung des Löschungsantrags) gegeben hat. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner nach Erhalt des Löschungsantrags innerhalb der Widerspruchsfrist erklärt, er erkenne den Löschungsanspruch an und auf das angegriffene Schutzrecht verzichtet, was einem sofortigen Anerkenntnis gleichkommt (vgl. zu allem Bühring, Gebrauchsmustergesetz, 7. Aufl., § 17 Rn. 60 ff.; Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., Rn. 21a, 24 zu § 17 GebrMG).

Der Antragsgegner hat auch nicht durch sein Verhalten Anlass zur Stellung des Löschungsantrags gegeben. Nach der Rechtsprechung ist es erforderlich, dass der Gebrauchsmusterinhaber vor Stellung des Löschungsantrags ernstlich, klar und bestimmt unter Nennung der Gründe, die einen Löschungsanspruch rechtfertigen könnten, und mit ausreichender Fristsetzung schriftlich zur freiwilligen Aufgabe des Gebrauchsmusters aufgefordert wird (vgl. Bühring, a. a. O., § 17 Rn. 67 ff.; Benkard, a. a. O., Rn. 21a, 22 zu § 17 GebrMG). Wie der Antragsteller nicht bestreitet, ist eine solche ernsthafte Aufforderung nicht erfolgt. Auch nach Auffassung des Senats genügt die vom Antragsgegner vorgelegte an eine Frau Nitschke gerichtete E-Mail des Geschäftsführers des Antragstellers diesen Anforderungen schon deshalb nicht, weil in ihr nur ganz allgemein ausgesagt wird, es bleibe nur der Weg über Anwalt und Gericht.

Allerdings kann die Aufforderung zur freiwilligen Aufgabe entbehrlich sein, wenn sie mit Sicherheit ohne Erfolg geblieben wäre. Dies ist hier aber ebenfalls nicht ersichtlich. An die Darlegung der Erfolglosigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. So ist Erfolglosigkeit noch nicht anzunehmen, wenn eine Klage nur angedroht wird oder wenn aus dem Gebrauchsmuster lediglich eine Verwarnung, d.

h. ein ernsthaftes und endgültiges Begehren auf Unterlassung der Benutzung des Gebrauchsmustergegenstands erfolgt (BPatGE 22, 57, 60; Bühringa.

a. O., Rn. 84 f.; vgl. dazu auch Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., Rn. 49 zu § 17 GebrMG; Benkard, a. a. O., Rn. 23 zu § 17 GebrMG; für das Nichtigkeitsverfahren BPatG GRUR-RR 2009, 325, 326). Im Schreiben des Vertreters des Antragsgegners an den Antragsteller vom 19. September 2007 werden lediglich verschiedene Gebrauchsmuster des Antragsgegners, darunter das Streitgebrauchsmuster, genannt. Weiterhin wird nur allgemein darauf hingewiesen, dass eine Fremdvermarktung von deren Gegenständen rechtswidrig sei sowie darauf aufmerksam gemacht, dass Zuwiderhandlungen mit Nachdruck geahndet würden. Dieses Schreiben, das also nicht einmal das Unterlassen einer konkreten Handlung fordert, die dem Adressaten vorgeworfen wird, und auch keine konkreten rechtlichen Schritte androht, bietet somit keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine Aufforderung zur freiwilligen Aufgabe des Streitgebrauchsmusters mit Sicherheit ohne Erfolg geblieben wäre.

3.

Soweit der Beschwerdeführer Ausführungen hinsichtlich der Höhe des Streitwerts macht, betreffen diese das Kostenfestsetzungsverfahren und sind deshalb im vorliegenden Beschwerdeverfahren gegen die Kostenentscheidung nicht relevant.

4.

Der Beschwerdeführer hat als Unterlegener die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, § 84 Abs. 2 PatG, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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Az: 35 W (pat) 37/09


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