Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Februar 2001
Aktenzeichen: 14 W (pat) 16/00

(BPatG: Beschluss v. 13.02.2001, Az.: 14 W (pat) 16/00)

Tenor

1. Der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse C 01 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Dezember 1999 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Behandlung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I Mit dem angefochtenen Beschluß vom 13. Dezember 1999 hat die Prüfungsstelle für Klasse C 01 B des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung P 41 03 132.6-41 mit der Bezeichnung

"Verfahren zur Herstellung von Kalziumkarbid"

aus den Gründen des Bescheids vom 28. Juni 1999 zurückgewiesen.

Dem Beschluß liegen die ursprünglichen Ansprüche 1 bis 3 zugrunde, die wie folgt lauten:

1. Verfahren zur Herstellung von Kalziumkarbid dadurch gekennzeichnet, daß auf der Basis eines 3-Stoffsystems von Eisenkarbid, Kalk und Kohlenstoff in zwei Stufen eine CaC2-Bildung erfolgt, wobei in einer ersten exothermen Stufe schmelzflüssiges Roheisen (Fe3C) und Kalk durch Einblasen von Sauerstoff auf eine Temperatur > 1650¡C vorzugsweise von ca 1700¡C gebracht wird und anschließend in einer reduzierenden und karbidbildenden zweiten Stufe unter Zuführung von Kohlenstoff die aufgeschmolzene chemisch aktive Kalkschmelze mit dem in Lösung gegangenen Kohlenstoff zu Kalziumkarbid (CaC2) reagiert.

2. Verfahren nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, daß die als Wärmespeicher- und Katalysator eingesetzte Roheisenschmelze (Fe3C) einmalig oder mehrmalig für die Bildung von CaC2 eingesetzt wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2 dadurch gekennzeichnet, daß die Karbidbildung in einem Sauerstoffkonverter erfolgt, der zur Beschleunigung der Reaktionsvorgänge der 2. Stufe mit einer Bodenspülung betrieben wird.

Im Bescheid vom 28. Juni 1999 war beanstandet worden, daß die vorliegenden Unterlagen den Fachmann weder in die Lage versetzen, nachzuvollziehen, wie er zu dem geeigneten Ausgangsmaterial gelangen könne, noch unter welchen konkreten Verfahrensbedingungen die Zielgröße der Karbidproduktion laut Beispiel A erreichbar sei. Der Anmelder wurde daher aufgefordert, einen Nachweis über die Realisierbarkeit des geltend gemachten Verfahrens einzureichen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der sein Patentbegehren in unverändertem Umfang weiter verfolgt.

Der Anmelder macht ua sinngemäß geltend, daß die Prüfungsstelle die Argumentation in seiner Eingabe vom 24. September 1999 bei der Beschlußfassung nicht berücksichtigt habe.

Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß vom 13. Dezember 1999 aufzuheben und die Erteilung des Patents mit den geltenden Unterlagen zu beschließen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig (§ 73 PatG). Sie führt zu dem im Tenor angegebenen Ergebnis.

Das patentamtliche Verfahren leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Der angefochtene Beschluß ist fehlerhaft, weil er entgegen § 47 Abs 1 PatG nicht begründet ist.

Gemäß Punkt 3.4 der Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen vom 2. Juni 1995 (BlPMZ 1995, 269) muß sich die Begründung eines Beschlusses auf alle die Entscheidung maßgebenden Entscheidungspunkte erstrecken. Sie erfordert eine nähere Darlegung aller tatsächlichen und rechtlichen Überlegungen, die die Prüfungsstelle zu der getroffenen Entscheidung veranlaßt haben. Einer besonderen Begründung bedarf es zB dann nicht, wenn die Anmeldung zurückgewiesen wird, weil die in einem Bescheid ausdrücklich gerügten Mängel nicht beseitigt wurden und der Anmelder sich hierzu nicht geäußert hat. In diesem Fall kann nach den gültigen Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen auf die Gründe des Bescheids verwiesen werden. Dies liegt hier jedoch nicht vor.

In den ursprünglichen Unterlagen, die von der Firma E... AG eingereicht wurden, sind die Ausführungsbeispiele A und B angegeben, in denen zwei konkrete Varianten des beanspruchten Verfahrens näher beschrieben werden. Es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, aus welchen Gründen die Prüfungsstelle im Bescheid vom 28. Juni 1999 "das geltend gemachte Kombinationsverfahren als offensichtlich experimentell noch nicht belegt" erachtet, obwohl die ursprüngliche Beschreibung von einer auf dem Gebiet der Eisen- und Stahlproduktion fachkundigen Anmelderin ausgearbeitet wurde. Die Behauptung der Prüfungsstelle, daß die Beispiele auf rein theoretischen Überlegungen aufbauen, wird im Prüfungsbescheid nicht näher begründet.

Mit der Eingabe vom 24. September 1999 versucht der offensichtlich patentrechtlich unerfahrene Anmelder die von der Prüfungsstelle aufgezeigten vermeintlichen Mängel auszuräumen und äußert sich zu den Rügen im Prüfungsbescheid. Er legt dar, wie die reaktionsfähige Roheisen-, Kalkschmelze nach seiner Auffassung erhalten werden kann, und gibt auch Hinweise, unter welchen konkreten Verfahrensbedingungen die Zielgröße der Karbidproduktion laut Beispiel A erreichbar sein soll. Darüber hinaus reicht er detaillierte Berechnungen zur Karbidbildung aus der Roheisenschmelze sowie ein Schema des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms ein.

Der vorliegende Beschluß läßt nicht erkennen, daß sich die Prüfungsstelle mit den Argumenten des Anmelders auseinandergesetzt hat und wie sie diese bewertet hat. Somit wird das Vorbringen des Anmelders in seiner Eingabe vom 24. September 1999, eingegangen im Patentamt am 9. Oktober 1999, von der Prüfungsstelle nicht berücksichtigt, obwohl dieser Schriftsatz der Prüfungsstelle vor Abgang des angefochtenen Beschlusses (30. Dezember 1999) bereits vorlag. Die Zurückweisung nennt nur die Gründe des Bescheids vom 28. Juni 1999. Eine Begründung muß jedoch die tragenden Erwägungen für die getroffene Entscheidung enthalten und sich auf alle für die Entscheidung maßgeblichen Punkte erstrecken. Zur Beschlußbegründung gehört auch eine Auseinandersetzung mit allen von den Beteiligten schlüssig vorgetragenen Einwendungen und es muß zu dem gesamten Vorbringen Stellung genommen werden (vgl Benkard 9. Aufl § 47 Rdn 7 bis 10). Randnotizen in der Amtsakte können die ordnungsgemäße Begründung eines Beschlusses jedenfalls nicht ersetzen. Durch den fehlerhaften Beschluß, der sich mit der gesamten Argumentation des Anmelders, die bei Erlaß des Beschlusses bereits vorgelegen hat, nicht auseinandersetzt, ist somit das Recht des Patentanmelders auf Berücksichtigung seines Vorbringens verletzt worden. Der angefochtene Beschluß ist damit entgegen § 47 Abs 1 PatG nicht ordnungsgemäß begründet.

Da ohne ausreichende Begründung dem Patentgericht die Grundlagen für die Nachprüfung eines Beschlusses fehlen (vgl Benkard 9. Aufl § 47 Rdn 7), kam bei der geschilderten Sach- und Rechtslage eine Patenterteilung durch den Senat nicht in Frage, vielmehr war lediglich der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung auf der Grundlage der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 3 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. Die Beschwerdegebühr ist bei der aufgezeigten Sachlage gemäß § 80 Abs 3 PatG zurückzuzahlen, da dies der Billigkeit entspricht.

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Az: 14 W (pat) 16/00


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