Verwaltungsgericht Minden:
Beschluss vom 18. Juli 2014
Aktenzeichen: 7 K 1623/13.A

(VG Minden: Beschluss v. 18.07.2014, Az.: 7 K 1623/13.A)

Tenor

Der Antrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger auf Festsetzung einer Erledigungsgebühr wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger auf gerichtliche Entscheidung über seinen Kostenfestsetzungsantrag vom 05.07.2013 und den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts vom 06.02.2014 ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Festsetzung der von ihm beantragten Erledigungsgebühr.

Gemäß Nr. 1002, 1003 VV-RVG entsteht die Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.

Hierbei spricht gegen das Entstehen der Erledigungsgebühr nicht, dass die Kläger in zulässiger Weise am 24.04.2013 eine Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erhoben haben, da auch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch bei einer Untätigkeitsklage eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002, 1003 VV-RVG entstehen kann.

Auch in diesen Fällen ist jedoch Voraussetzung für den Gebührentatbestand, dass die Erledigung durch die anwaltliche Mitwirkung eingetreten ist.

Nach der Rechtsprechung setzt eine Mitwirkung bei der Erledigung eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung gerichtete Tätigkeit voraus, die zur Erledigung nicht unwesentlich beigetragen hat. Eine solche Mitwirkung war bereits auf der Grundlage des § 24 BRAGO, dem die nunmehrige Regelung der Nr. 1002 VV-RVG entspricht, erforderlich und nur anerkannt, wenn der Bevollmächtigte an der Erledigung durch eine Tätigkeit in dem Umfang mitgewirkt hatte, die über das hinausgeht, was von ihm allgemein im Rahmen seiner Bevollmächtigung zu erwarten ist und durch die die bis dahin entstandenen Gebühren noch nicht als abgegolten angesehen werden können. Es mussten besondere Bemühungen des Rechtsanwalts mit dem Ziel einer außergerichtlichen Erledigung vorangegangen sein.

So zusammenfassend OVG NRW, Beschluss vom 09.09.2009 - 18 E 111/09 -.

An diesen Anforderungen für die Entstehung der Erledigungsgebühr gemäß § 24 BRAGO ist auch auf der Grundlage der Nr. 1002 VV-RVG festzuhalten. Mit der Formulierung "durch die anwaltliche Mitwirkung" bringt diese Vorschrift noch deutlicher als § 24 BRAGO zum Ausdruck, dass es für das Entstehen der Erledigungsgebühr einer gerade für die Erledigung ursächlichen anwaltlichen Mitwirkung bedarf. Die Erledigungsgebühr stellt sich als eine Art Ersatz für die Vergleichsgebühr dar. Sie ist eine Erfolgsgebühr, die das besondere Bemühen des Rechtsanwalts um eine außergerichtliche Erledigung der Sache (im jeweiligen Verfahren) honorieren soll. Es ist daher ein "besonderes Bemühen des Rechtsanwalts um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits" zu verlangen - sei es durch Einwirkung auf seinen Mandanten oder auf die Behörde -, das über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im gerichtlichen Verfahren abgegolten wird. Dabei gehört es im Rahmen eines Gerichtsverfahrens zu den hiervon ohne Weiteres erfassten Aufgaben eines Rechtsanwalts, den Standpunkt seiner Partei bestmöglich vorzutragen und seinen Mandanten zu einem verfahrensmäßig angemessenen Vorgehen zu raten.

So OVG NRW, Beschluss vom 09.09.2009 - a.a.O. mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des OVG NRW.

Unter Hinweis auf die Bundestagsdrucksache 15/1971, Seite 209, führt der

Beschluss des BGH vom 06.03.2014 - VII ZB 40/13 -

unter anderem aus, dass die Terminsgebühr schon dann verdient sein soll, wenn der Anwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen. Für die Erstehung einer Terminsgebühr kann es nach diesem Beschluss ausreichen, wenn bestimmte Rahmenbedingungen für eine mögliche Einigung in mehreren Parallelverfahren abgeklärt und/oder die unterschiedlichen Vorstellungen der Prozessparteien über die Erledigung der Parallelfälle unter Einschluss des streitigen Verfahrens ausgetauscht werden. Andere Gespräche als solche zur Vermeidung oder Erledigung lösen eine Terminsgebühr allerdings nicht aus. Hierher gehören etwa Gespräche über Verfahrensabsprachen, mit deren Befolgung eine Beendigung des Verfahrens nicht verbunden ist, wie etwa Gespräche über eine bloße Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens.

Auf der anderen Seite ist anerkannt, dass eine Erledigungsgebühr zum Beispiel dann entsteht, wenn der Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung dabei mitwirkt, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen oder wenn der Rechtsanwalt außerhalb des Gerichts - oder des Widerspruchsverfahrens auf die Verwaltungsbehörde erfolgreich einwirkt, den angegriffenen Verwaltungsakt aufzuheben bzw. den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen. Ebenfalls ist anerkannt, dass der Rechtsanwalt zum Beispiel auch durch Beratung des Mandanten noch an der endgültigen Erledigung mitwirken kann, so zum Beispiel, wenn der Rechtsanwalt auf seinen Mandanten einwirkt, sich mit einer Teilaufhebung zufrieden zu geben.

Vgl. ausführlich dazu Müller-Rabe in Gerold-Schmidt, RVG, 21. Auflage 2013, Nr. 1002 VV-RVG, Randziffer 44 ff. m.w.N.

Nach diesen Grundsätzen kann auch bei wohlwollender Berücksichtigung des Vorbingens des Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht festgestellt werden, dass hier eine ausreichende Tätigkeit des Rechtsanwalts für die Entstehung einer Erledigungsgebühr vorliegt. Zum einen hat offensichtlich ein "Einwirken" des Prozessbevollmächtigten der Kläger nach Einreichung der Klage am 24.04.2014 und vor Erlass des Bescheides vom 31.05.2013 nicht stattgefunden. Dies macht auch der Prozessbevollmächtigte der Kläger nicht geltend.

Soweit der Prozessbevollmächtigte in seinem Schriftsatz vom 28.06.2013 geltend macht, mit dem Einzelrichter sei bei der fernmündlichen Unterredung die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert worden, insbesondere was die Gleichwertigkeit des Asylrechts und des Flüchtlingsschutzes angehe, ist dies zutreffend. Auch dies reicht jedoch nicht aus, hier die Erledigungsgebühr anzusetzen, da dies nicht über das hinausgeht, was von einem Prozessbevollmächtigten im Rahmen seiner Bevollmächtigung zu erwarten ist und was durch die bis dahin entstandenen Gebühren abgegolten wird.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 12.02.2014 darüber hinaus geltend macht, dass durch die Entscheidung des Bundesamtes vom 31.05.2013 dem ursprünglichen Klagebegehren nur teilweise entsprochen worden sei, ist dies zwar zutreffend. Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der zunächst gestellte Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG aus den in dem Bescheid vom 31.05.2013 genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hatte, so dass darin, dass der ursprüngliche Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte nicht weiter verfolgt worden ist, nur als das verfahrensmäßig angemessene Vorgehen des Prozessbevollmächtigten bzw. seiner Kläger anzusehen ist, dieses Verhalten jedoch kein "besonderes Bemühen" des Rechtsanwaltes darstellen kann.

Sonstige Umstände, die hier die Voraussetzungen einer Anwendung der Nr. 1002 VV-RVG treffen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, vgl. § 80 AsylVfG.






VG Minden:
Beschluss v. 18.07.2014
Az: 7 K 1623/13.A


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