Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. September 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 231/01

(BPatG: Beschluss v. 03.09.2002, Az.: 33 W (pat) 231/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 1999 und vom 27. April 2001 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist am 26. August 1995 die Wortmarke SHADOW für die Waren

"Klasse 1: Chemikalien und chemische Erzeugnisse für die Elektronikindustrie, Kolloide für industrielle Zwecke, Ätzmittel für die Herstellung und Bearbeitung von Erzeugnissen und Einzelteilen der Elektronikindustrie, Reinigungsmittel zur Anwendung bei Herstellungsverfahren, Mittel zur Verhinderung von Anlaufen und Oberflächenkorrosion, wässrige Mineralsäuren;

Klasse 3: Reinigungsmittel, Putz- und Poliermittel, Reinigungsmittel speziell für elektrische und elektronische Geräte und Bauteile"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 1 des Patentamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 5. August 1999 sowie die Erinnerung der Anmelderin durch Beschluß vom 27. April 2001 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt worden, bei der angemeldeten Marke handele es sich um einen zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörenden Begriff, den die angesprochenen Verkehrskreise - in erster Linie der Fachverkehr, aber auch das Laienpublikum - in der Bedeutung "Schatten" kennten und hinsichtlich der beanspruchten Waren als beschreibende Angabe ansähen. Der Begriff "shadow" oder "Schatten" bedeute im Radio- und TV-Bereich "Empfangsloch, Schattenstelle, tote Zone; abschatten, abschirmen" und insbesondere bei Filmen (Photos, Röntgenbildern) "dunkle Stelle, dunkler Fleck, dunkler Schatten". Im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren werde der Verkehr die Bezeichnung "SHADOW" nur als Bestimmungsangabe auffassen, daß die Waren geeignet seien "Schatten" - also dunkle Flecken - auf der Oberfläche von Bauteilen etc. zu beseitigen.

Mit ihrer Beschwerde beantragt die Anmelderin sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle des Patentamts aufzuheben.

Sie trägt im wesentlichen vor, bei der angemeldeten Marke "SHADOW" handele es sich um keine beschreibende Angabe. Die Interpretation der Markenstelle beruhe auf einer umständlichen mehrstufig analysierenden Betrachtungsweise, die aus einer denkbaren Assoziationsmöglichkeit realitätsfern eine Beschaffenheitsangabe ableite. Der Verbraucher werde den Begriff "SHADOW" nicht im Sinne von "Fleck" verstehen. Es gebe keine Feststellungen oder Hinweise, daß die Bezeichnung "SHADOW" auf dem angemeldeten Warengebiet beschreibend verwendet werden könne. Sie besitze in diesem speziellen Zusammenhang auch keinen beschreibenden Sinn. Im übrigen werde als starkes Indiz für die Schutzfähigkeit auf die Eintragung der Marke in den Vereinigten Staaten von Amerika (Reg. No. 1 910 943) und in Großbritannien (Reg. No. 2027588) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Anmelderin wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die als Marke angemeldete Bezeichnung "SHADOW" hinsichtlich der beanspruchten Waren für nicht rein beschreibend und - entgegen der Beurteilung der Markenstelle - für unterscheidungskräftig. Absolute Eintragungshindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG stehen ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.

Der englische Begriff "shadow" bedeutet "Schatten" und wird vom deutschen Verkehr regelmäßig in erster Linie im Sinne einer "dunkleren Fläche, die von einer Lichtquelle nicht unmittelbar getroffen wird" verstanden (vgl Duden-Oxford, Großwörterbuch Englisch, 2. Auflage 1999, S 1515; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage 1996, S 1306). Im Kontext bestimmter Sachbezüge - insbesondere in idiomatischen Wendungen - tritt der Ausdruck "shadow" - ähnlich wie der deutsche Begriff "Schatten" - jedoch auch in verschiedenen übertragenen Bedeutungen auf, wie beispielsweise "Dämmerung, Dunkelheit, Düsterkeit; Spur, Kleinigkeit, Andeutung; Verfolger, Spion; Schemen, Gespenst, Phantom; Schutz, Schirm; düstere Stimmung, Verstimmung, Trübung" (vgl R. v. Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Englisch-Deutsch, Bd II, 1990, S 643 f; Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache, Teil I Englisch-Deutsch, 2. Bd, 6. Auflage 1981, S 1282 f). Auf naturwissenschaftlichen und technischen Fachgebieten hat der Senat den Begriff "shadow" lediglich im Bereich der Funktechnik (Radio, Fernsehen, Radar) im Sinne von "Funkschatten, tote Zone, Empfangsloch" sowie im Bereich der Filmtechnik im Sinne von "dunkle Stelle, dunkler Fleck" ermitteln können (vgl R. Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, Bd II Englisch-Deutsch, 6. Auflage, 2000, S 1203; Die Sprache unserer Zeit, aaO, S 644). Eine Benutzung des Ausdrucks "shadow" für die hier angemeldeten Waren vermochte der Senat nicht aufzufinden.

Bei Reinigungsmitteln, Putz- und Poliermitteln, Anlaufschutz- oder Korrosionsschutzmitteln, Ätzmitteln oä spricht man normalerweise auch nicht davon, daß "Schatten" entfernt, verhindert oder erzeugt werden sollen. Soweit die angesprochenen Verkehrskreise - weitgehend Fachleute, teilweise auch das allgemeine Publikum - die angemeldete Bezeichnung "SHADOW" im Zusammenhang mit einzelnen speziellen Produkten der beanspruchten Waren möglicherweise als beschreibenden Hinweis etwa im Sinne von "dunkle Stelle, Fleck, Trübung" auffassen können, wird ihnen der Ausdruck "SHADOW" aber demnach jedenfalls nicht sprachüblich, sondern ungewöhnlich erscheinen.

Dies reicht bereits zur Schutzfähigkeit der Anmeldemarke aus. Denn unter die Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG fallen nur solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können (vgl EuGH GRUR Int 2002, 47, 49 Ez 39 - Babydry). Jede erkennbare Abweichung von der Ausdrucksweise, die im üblichen Sprachgebrauch der betroffenen Verbraucherkreise für die Bezeichnung der Waren oder Dienstleistung oder ihre wesentlichen Merkmale verwendet wird, ist geeignet, die für die Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft zu verleihen (vgl EuGH aaO Ez 40 - Babydry).

Vorsitzender Richter Winkler ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.

v. Zglinitzki Kätkerv. Zglinitzki Cl






BPatG:
Beschluss v. 03.09.2002
Az: 33 W (pat) 231/01


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