Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Mai 2001
Aktenzeichen: 9 W (pat) 55/98

(BPatG: Beschluss v. 21.05.2001, Az.: 9 W (pat) 55/98)

Tenor

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluß vom 7. Mai 1998 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentanspruch nebst Beschreibung S 1, 2a, 3c, Patentschrift S 3 - 7, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2001, Zeichnung, Figuren 1 - 9 in der erteilten Fassung.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Patentinhaberin trägt die Kosten, die infolge der kurzfristigen Aufhebung des Termins vom 29. November 2000 entstanden sind.

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 7. Mai 1998 hat die Patentabteilung 27 des Deutschen Patentamts, jetzt Deutsches Patent- und Markenamt, nach Prüfung des Einspruchs das am 7. Februar 1991 unter Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung in Japan vom 8. Februar 1990 Nr JP 2-29171 angemeldete Patent mit der Bezeichnung

"Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen von zweiseitigen Kopien"

widerrufen.

Die Patentabteilung ist der Auffassung, daß der Gegenstand der Patentansprüche 1 nach dem Haupt- und Hilfsantrag gegenüber dem Gegenstand nach der DE 39 18 961 A1 nicht mehr neu sei.

Gegen diesen Beschluß der Patentabteilung hat die Patentinhaberin Beschwerde erhoben.

Mit Schriftsatz vom 7. Mai 1999 hat die Patentinhaberin die Teilung des Patents erklärt. Hinsichtlich des Stammpatents wurden neue Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Haupt- und Hilfsantrag eingereicht. Die Patentinhaberin führt in diesem Schriftsatz weiterhin aus, daß ihrer Auffassung nach das Verfahren vor der Patentabteilung an einem wesentlichen Verfahrensmangel leide. Sie nennt hierzu eine nicht ausreichende Begründung des Beschlusses der Patentabteilung und mangelndes rechtliches Gehör. Letzteres, weil ihrem Antrag auf mündliche Verhandlung von der Patentabteilung mit einer floskelhaften Begründung nicht stattgegeben worden sei.

Mit Zwischenbescheid vom 17. Juni 1999 hat der Berichterstatter des 9. Senats unter Hinweis auf die BGH-Entscheidung "Kupplungsvorrichtung" (Bl 99, 192 ff) darauf hingewiesen, daß eine unwirksame Teilung vorliegen könnte, da der gesamte Gegenstand des Patents abgetrennt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 28. November 2000, einen Tag vor der für den 29. November 2000 angesetzten mündlichen Verhandlung, hat die Patentinhaberin eine weitere Teilung des Patents erklärt. Für das Stammpatent wurden Ansprüche 1 und 2 eingereicht.

Wegen der weiteren Teilungserklärung hat der Vorsitzende des Senats den Termin für die mündliche Verhandlung vom 29. November 2000 aufgehoben.

Die Patentinhaberin verfolgt das Stammpatent mit einem in der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2001 vorgelegten Patentanspruch im beschränkten Umfang weiter.

Der geltende Patentanspruch lautet:

Vorrichtung zum Erzeugen von Bildern auf beiden Seiten eines Aufzeichnungsblattes, miteiner Papierzuführeinrichtung, um das Aufzeichnungsblatt einer Transportbahn in dem Bilderzeugungsgerät zuzuführen, wobei die Papierzuführeinrichtung verschieden große Aufzeichnungsblätter zuführen kann;

einer Transporteinrichtung zum Transportieren des Aufzeichnungsblattes in der Transportbahn;

einer Bilderzeugungseinrichtung zum Erzeugen eines Bildes auf einer Seite des Aufzeichnungsblattes auf der Basis von eingegebenen Bilddaten;

einer Umkehreinrichtung zum Umkehren des Aufzeichnungsblattes, auf dessen einer Seite das Bild erzeugt ist;

einer Wiederzuführeinrichtung, um das umgekehrte Aufzeichnungsblatt zum Erzeugen eines Bildes auf der zweiten Seite der Bilderzeugungseinrichtung zuzuführen;

einer ersten Einstelleinrichtung zum Einstellen einer Verschachtelungszahl, welche von einer Größe des von der Papierzuführeinrichtung zugeführten Aufzeichnungsblattes abhängt, wobei die Verschachtelungszahl eine maximale Zahl von Aufzeichnungsblättern angibt, welche bei einer nicht gestapelten Anordnung in der Transportbahn angeordnet sein können;

einer ersten Steuereinrichtung zum Steuern der Papierzuführeinrichtung, der Bilderzeugungseinrichtung, der Transporteinrichtung, der Umkehreinrichtung und der Wiederzuführeinrichtung abhängig von der eingestellten Verschachtelungszahl, so daß Aufzeichnungsblätter, auf deren ersten Seiten Bilder erzeugt werden, in nicht gestapeltem Zustand in der Transportbahn angeordnet sind, wobei die Anzahl von in der Transportbahn angeordneten Blättern gleich der Verschachtelungszahl ist, welche mittels der ersten Einstelleinrichtung eingestellt worden ist;

einer Bestimmungseinrichtung zum Bestimmen, ob eine Größe eines von der Papierzuführeinrichtung zugeführten Aufzeichnungsblattes geändert wird oder nicht;

einer Änderungseinrichtung, um die mittels der ersten Einstelleinrichtung eingestellte Verschachtelungszahl in eine andere Verschachtelungszahl zu ändern, wenn die Bestimmungseinrichtung festlegt, daß die Größe des Aufzeichnungsblattes geändert wurde; undeiner zweiten Steuereinrichtung zum Steuern der Papierzuführeinrichtung, der Bilderzeugungseinrichtung, der Transporteinrichtung, der Umkehreinrichtung und der Wiederzuführeinrichtung, so daß Aufzeichnungsblätter mit einer neuen Größe, auf deren ersten Seiten Bilder erzeugt sind, in nicht gestapeltem Zustand in der Transportbahn angeordnet werden, wobei die Zahl von in der Transportbahn angeordneten Aufzeichnungsblättern mit der neuen Größe gleich oder kleiner als die durch die erste Einstelleinrichtung zunächst eingestellte Verschachtelungszahl ist, wobei die Steuereinrichtungen so ausgelegt sind, daß, wenn die Größe eines Aufzeichnungsblatts geändert wird, der Bilderzeugungsvorgang auf den jeweiligen ersten Seiten der Aufzeichnungsblätter mit der neuen Größe solange in der Schwebe gehalten wird, bis die Anzahl von Aufzeichnungsblättern in der Transportbahn gleich oder kleiner als eine minimale Verschachtelungszahl wird, welche der maximal in der Bilderzeugungsvorrichtung verarbeitbaren Blattgröße entspricht, und anschließend solange Bilder jeweils auf den ersten Seiten von Aufzeichnungsblättern erzeugt werden, bis die Anzahl von Aufzeichnungsblättern in der Transportbahn einer Verschachtelungszahl entspricht, welche der neuen Größe der Aufzeichnungsblätter entspricht, und anschließend abwechselnd Bilder auf den zweiten Seiten und den ersten Seiten der Aufzeichnungsblätter erzeugt werden, wobei die Sequenz der ersten Seiten und der zweiten Seiten an die jeweils eingestellte Verschachtelungszahl angepaßt wird.

Die Patentinhaberin trägt vor, daß das nunmehr Beanspruchte durch den nachgewiesenen Stand der Technik nicht nahegelegt sei.

Sie beantragt, den Beschluß vom 7. Mai 1998 aufzuheben und das Patent Nr 41 03 725.1-27 im Umfang der in der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2001 eingereichten Patentansprüche beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Patentinhaberin die Kosten aufzuerlegen, die infolge der kurzfristigen Aufhebung des Termins vom 29. November 2000 entstanden sind.

Die Patentinhaberin beantragt, den Kostenantrag zurückzuweisen.

Die Einsprechende trägt vor, daß der geltende Anspruch unklar und daher nicht zulässig sei. Außerdem sei die beanspruchte Vorrichtung durch den Stand der Technik nahegelegt.

Bezüglich des Kostenantrags verweist die Patentinhaberin auf die Entscheidung "Basisstation" in BPatG Mitteilungen 2001, 121.

Wegen weiterer Einzelheiten des gegenseitigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig. Sie hat insofern Erfolg, als sie zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents führt. Der mit der Beschwerde angefochtene Beschluß der Patentabteilung 27 leidet nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Ein Begründungsmangel liegt schon nach dem eigenen Vorbringen der Patentinhaberin nicht vor. Sie macht lediglich geltend, der Beschluß sei inhaltlich falsch, während nur eine unverständliche Begründung fehlerhaft wäre (Schulte, PatG, 5. Aufl, § 47, Rdn 17), wovon bei dem nachvollziehbar begründeten Beschluß nicht die Rede sein kann.

Auch hat die Patentabteilung nicht den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, indem sie von einer Anhörung abgesehen hat. Die Verneinung der Sachdienlichkeit im Sinne von § 46 Abs 1, S 4, PatG ist nicht zu beanstanden, weil eine Sachaufklärung nicht erforderlich war und der Entscheidung der Patentabteilung in ausreichendem Umfang schriftsätzliche Stellungnahmen der Beteiligten vorausgegangen waren.

1. Der Patentanspruch ist zulässig.

1.1 Die Teilung des Patents vom 7. Mai 1999 ist unwirksam, da keine Teilung des Patents erfolgte, sondern der gesamte Gegenstand des Patents in die Trennanmeldung überführt wurde.

Die mit der Teilungserklärung abgetrennten Patentansprüche 1 und 4 unterscheiden sich von den erteilten Ansprüchen jeweils durch die Aufnahme desselben weiteren Merkmals, wonach "die Verschachtelungszahl bezüglich jeder von einer Bilderzeugungsvorrichtung verarbeitbaren Blattgröße vorher festgelegt wird". Die weiterhin abgeteilten Ansprüche 2, 3 und 5 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2, 3 und 5. Das zuvor zitierte weitere Merkmal ist jedoch ein Merkmal, das der Fachmann schon bei der erteilten Fassung der Ansprüche 1 und 4 als notwendiges Merkmal mitliest, da es besonders bei programmierten Schaltungen notwendig ist, die vorhandenen Variablen, im vorliegenden Fall die Zuordnung von Blattgröße und Verschachtelungszahl, zu definieren. Somit wurde unzulässigerweise der gesamte Gegenstand des Patents in die Trennanmeldung überführt (siehe auch BGH Kupplungsvorrichtung Bl 1999, 192).

1.2 Die Teilung des Patents vom 28. November 2000 ist zulässig.

Die Teilungserklärung läßt eindeutig erkennen, welcher Teil des Patents in der Stammanmeldung verbleibt (der die Vorrichtung betreffende Teil) und welcher Teil abgeteilt wird (der das Verfahren betreffende Teil). Der abgeteilte Teil (das Verfahren) war im Patent enthalten, die Stammanmeldung ist um diesen Teil vermindert.

1.3 Das Patentbegehren ist ursprünglich offenbart.

Der Patentanspruch geht inhaltlich auf die erteilten Patentansprüche 1 und 5 zurück, in Verbindung mit der Beschreibung S 5, Z 52 bis 61. Der erteilte Anspruch 1 beruht auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 5, der erteilte Anspruch 5 auf dem ursprünglichen Anspruch 10. Der zuvor zitierte Beschreibungsteil ist in den ursprünglichen Unterlagen auf S 27, 3. Abs bis S 28, 1. Abs offenbart.

1.4 Der Patentanspruch vermittelt dem zuständigen Fachmann eine nachvollziehbare Lehre zum technischen Handeln.

Der zuständige Fachmann ist hier ein Fachhochschulingenieur auf dem Gebiet der Feinwerktechnik mit Kenntnissen auf dem Gebiet der programmierbaren Schaltungen und beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Laserdrucker.

Bei dem in Fig 6 der Patentschrift gezeigten Kopierverfahren wird während einer Drucksequenz die Blattgröße nicht geändert. Vgl hierzu Beschreibung S 5, Z 3 bis 36. Ab Z 36 dieser Seite wird ein weiteres Kopierverfahren beschrieben, der sogenannte "Mischkopierbetrieb", der dann zur Anwendung kommt, wenn während einer Kopiersequenz ein Blatt einer größeren Blattgröße angefordert wird als das gerade bedruckte. Dieser Mischbetrieb ist nicht in einer Figur dargestellt. Er ergibt sich jedoch für den Fachmann aus dem Flußdiagramm Fig 8A bis 8D, insbesondere aus den Programmteilen der Fig 8B und 8C. Insofern ist dieser Mischbetrieb auch nachvollziehbar in der Zusammenfassung der Prozedur auf S 5, Z 52 ff der Beschreibung dargelegt. Auf dieser Zusammenfassung beruht im wesentlichen die letzte Merkmalsgruppe des Patentanspruchs.

2. Das Patent betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen von zweiseitigen Kopien. In der Beschreibungseinleitung der Patentschrift (Streit-PS) ist angegeben, daß bei dem Bilderzeugungsgerät nach der DE 39 18 961 A1, wenn der Beidseitenmodus ausgeführt und dann die Größe der Aufzeichnungsblätter geändert wird, zuerst der aktuelle Satz der Aufzeichnungsblätter im Gerät vollständig abgearbeitet wird. Bei der Änderung der Größe der Aufzeichnungsblätter entstehe somit ein erheblicher Zeitverlust.

Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher darin, die Vorrichtung zum Erzeugen von Bildern auf beiden Seiten eines Aufzeichnungsblattes gemäß DE 39 18 961 A1 dahingehend weiterzubilden, daß während des Kopierbetriebs die Blattgröße der Aufzeichnungsblätter jederzeit veränderbar ist, ohne daß dadurch eine Störung in der Herstellung von zweiseitigen Kopien auftreten kann.

Dieses Problem soll mit den Merkmalen des Patentanspruchs gelöst werden.

3. Die beanspruchte Vorrichtung ist unstreitig neu.

Die Laserdrucker (Bilderzeugungsgeräte) nach der DE 40 38 307 A1, der DE 37 00 397 A1, der DE 39 18 961 A1 und der EP 0 014 752 A1 weisen jeweils zur Aufnahme mehrerer Aufzeichnungsblätter ausgelegte Transportbahnen auf. Es ist bei diesen Druckern auch möglich verschieden große Aufzeichnungsblätter zuzuführen, wobei je nach Blattgröße eine unterschiedliche Anzahl von Aufzeichnungsblättern in der Transportbahn gleichzeitig transportiert werden können. Mit allen Druckern ist auch ein Duplexdruck (Druck auf der Vorder- und Rückseite) durchführbar. Die DE 40 38 307 A1 und DE 37 00 397 A1 enthalten jedoch keine Angaben zur Steuerung der Drucker bei einem Wechsel der Blattgröße. Bei den Druckern nach der DE 39 18 961 A1 und der EP 0 014 752 A1 sind zwar Angaben zu einer solchen Steuerung vorhanden, es fehlt jedoch ein Hinweis auf den beanspruchten Mischbetrieb gemäß Streitpatent für verschieden große Blätter während einer Kopiersequenz. Für jede Blattgröße ist eine eigene Kopiersequenz vorgesehen.

4. Die beanspruchte Vorrichtung ist ohne Zweifel gewerblich anwendbar. Sie beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand nach der DE 40 38 307 A1 weist gegenüber dem Gegenstand nach dem Streitpatent zwar einen älteren Zeitrang auf, ist allerdings erst nach dem Zeitrang des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Er ist daher bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

Das Bilderzeugungsgerät nach der DE 37 00 397 A1 weist einen mechanischen Aufbau auf, der dem Aufbau beim Streitpatent entspricht. So sind verschiedene Papierzuführeinrichtungen 2a - c vorhanden, die verschieden große Aufzeichnungsblätter einer Transporteinrichtung zuführen können. Die Blätter werden in einer Bahn mit mehreren Rollenpaaren transportiert und zum Duplexdruck nacheinander einer Bilderzeugungseinrichtung 3, einer Umkehreinrichtung 11a, 12, 13, einer Wiederzuführeinrichtung 14b und wieder der Bilderzeugungseinrichtung zugeführt. Danach werden sie in eine Ablage ausgetragen. Die Steuerung des Duplexdrucks erfolgt mit einer Drucker-Steuereinheit 1a. In dieser wird, entsprechend einer ersten Schaltung gemäß Figur 5, wenn gedruckt werden soll, die zugeführte Blattgröße bestimmt. Zu jeder Blattgröße gibt es eine Zuführzeit TP und eine Blattabstandszeit TX, deren Summe T0 einem Zeitgeber TA zugeführt wird. Aufgrund des sich so ergebenden Zeitablaufs bzw Blattabstands werden die Blätter zunächst auf einer Seite bedruckt. Falls ein Duplexdruck erfolgt, wird nach Ablauf des Drucks der ersten Seite der Zähler TA auf einen weiteren Wert T2 gesetzt, der einem erweiterten Blattabstand bei maximalem Durchsatz entspricht (Sp 8, Z 19 - 60). Es wird so ein optimaler Zeitablauf für den Zweitdruck festgelegt, der auch die Ablage des Blattes in einer Zwischenablage 11a der Umkehreinrichtung berücksichtigt. Diese Art der Zeitsteuerung des Druckens ist aufwendig und es muß ein zeitlicher Sicherheitsfaktor berücksichtigt werden, um ein Überlappen der verschieden großen Aufzeichnungsblätter in der Transportbahn zu verhindern (Sp 10, Z 67 - Sp 11, Z 5). Ein Hinweis auf eine entsprechend der Blattgröße zu wählende Verschachtelungszahl und deren Veränderung während des Druckens von Blättern unterschiedlicher Größe in der Steuereinheit, wie dies im Patentanspruch 1 des Streitpatents beansprucht wird, ist dieser Druckschrift nicht zu entnehmen.

Das Bilderzeugungsgerät nach der DE 39 18 961 A1 weist ebenfalls denselben mechanischen Grundaufbau auf, wie das nach der DE 37 00 397 A1. Die Steuereinrichtung für dieses Gerät beinhaltet ua für jede Blattzuführeinrichtung 3a, b, c Detektiermittel 23a, b, c mit denen jeweils die zugeführte Blattgröße ermittelt werden kann, die dann in einem Programmschritt überprüft wird bzw zur Festlegung einer maximalen Zahl von Blättern in der Transporteinrichtung, hier als Größenzähler bezeichnet, dient. Zum zugehörigen Steuerprogramm für den Duplexdruck wird im Programmteil Printsteuerung (Fig 6a; Sp 9, Z 26 - Sp 10, Z 40) ausgeführt, daß in einem Schritt 23 abgefragt wird, ob eine Marke B = 1 gesetzt ist. Die gesetzte Marke B bedeutet, daß die größtmögliche Blattzahl entsprechend der Druckanforderung erreicht ist. Falls diese Zahl noch nicht erreicht ist, wird im Schritt 24 eine Entscheidung bezüglich einer Marke A getroffen. Die gesetzte Marke A bedeutet, daß derselbe Printmodus wie zuvor verwendet wird. Bei einer neuen Kopiersequenz (Druck mehrerer Blätter) ist in beiden Schritten die Antwort nein. Demzufolge wird in einem nächsten Schritt 25 die Marke A auf 1 gesetzt, wenn ein erstes Blatt gedruckt wird. Im nachfolgenden Schritt 26 wird auf das Nebenprogramm B (Fig 7a, b; Sp 10, Z 31 - 39) übergegangen. Dort wird in einem Schritt 41 die Blattgröße überprüft und je nach Blattgröße wird im Schritt 42 eine Auswahlentscheidung getroffen. Entsprechend dem Ergebnis der Auswahl wird in den Schritten 43 und 44 eine Blattzahl festgelegt, die der Verschachtelungszahl im Streitpatent entspricht und in einem von mehreren Größenzählern eingestellt. Nach der Festlegung des Größenzählers wird zum Printsteuerprogramm zurückgekehrt. Bei einer neuen Kopiersequenz entsprechend einer neuen Blattgröße wird im Schritt 27 ein Printzähler auf den Wert 1 gesetzt. Nach dem Durchlaufen weiterer Programmschritte 13a, b, c und 14 geht die Steuerung wieder auf den Anfang zurück. Bei weiteren Blättern dieser Losgröße ist im Schritt 24 die Marke A bereits auf 1 gesetzt und es folgt der Übergang zu Schritt 28, in dem der Printzähler entsprechend einem neuen Blatt jeweils um 1 erhöht wird. Im Schritt 29 wird dann abgefragt, ob der Printzähler den Wert des Größenzählers erreicht hat. Ist dies nicht der Fall, erfolgt wiederum unter Zwischenschaltung der Schritte 13 und 14 die Rückkehr zum Programmanfang. Wenn die Antwort im Schritt 29 ja lautet, wird die Marke B im Schritt 30 auf 1 gesetzt und dann wird ebenfalls über die Schritte 13 und 14 zum Anfang zurückgekehrt. Mit diesen Programmschritten wird die Blattgröße (Schritt 41, 42) also nur abgefragt, wenn ein neuer Printmodus mit einem neuen ersten Blatt erfolgt (Schritt 24). Da keine weiteren Ausführungen bzw Programmschritte vorliegen, wie der Druck von unterschiedlich großen Blättern in der gleichen Sequenz erfolgt, ist anzunehmen, daß ein solcher Betrieb nicht vorgesehen ist. Der Fachmann mag zwar aus dieser Druckschrift die Anregung entnehmen, für verschieden große Blätter in den Papierzuführeinrichtungen eine Kenngröße, hier Verschachtelungszahl genannt, vorzusehen und mit dieser in der Steuerung zu arbeiten, aber er erhält aus dieser Druckschrift keinen Hinweis, den im Patentanspruch 1 des Streitpatents beanspruchten weiteren Betrieb des Geräts mit der ersten und zweiten Steuereinrichtung vorzusehen.

Ein solcher Hinweis ist für den Fachmann auch der EP 0 014 752 A1 nicht entnehmbar. Zwar ist auf Seite 16 dieser Druckschrift angegeben, daß die Steuerung für einen Duplexdruck vorgesehen ist, und daß die Verarbeitung verschiedener Blattgrößen möglich ist. Außer einem Hinweis, daß diese Steuerung mit einem Schieberegister arbeitet, ist der Druckschrift aber keine konkrete Ausbildung der hierzu notwendigen Steuerung zu entnehmen.

Ohne entsprechende Hinweise und Anregungen aus dem Stand der Technik bedurfte es aber einer erfinderischen Tätigkeit, um zur Vorrichtung nach Patentanspruch 1 zu gelangen.

Der einzige Patentanspruch ist daher in der diesem Beschluß zugrundeliegenden Fassung rechtsbeständig.

5. Der Antrag der Einsprechenden, der Patentinhaberin die Kosten aufzuerlegen, die infolge der kurzfristigen Aufhebung des Termins vom 29. November 2000 entstanden sind, ist begründet.

Nach § 80 Abs 1 Satz 1 PatG kann das Bundespatentgericht in einem Beschwerdeverfahren, an dem mehrere Personen beteiligt sind, die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Als Anknüpfungspunkte für die Billigkeitserwägungen kommen insbesondere solche Umstände in Betracht, die sich aus dem Verhalten oder den Verhältnissen der Beteiligten ergeben. Eine Kostenentscheidung wird deshalb vor allem dann zu treffen sein, wenn die Kosten ganz oder teilweise durch das Verhalten eines Beteiligten veranlaßt worden sind, das mit der bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden Sorgfalt nicht im Einklang steht. Ein Verstoß gegen die jedem Beteiligten obliegende allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht läßt es als unbillig erscheinen, einen anderen Beteiligten die vermeidbar gewesenen Kosten tragen zu lassen (BGH GRUR 1996, 399, 401 "Schutzverkleidung").

Ein derartiger Verstoß gegen die allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht ist darin zu sehen, daß die Patentinhaberin erst am 28. November 2000 eine Teilungserklärung eingereicht hat, deretwegen sich der Senat zur Aufhebung des für den nächsten Tag anberaumten Termins veranlaßt sah. Diese Teilungserklärung erst einen Tag vor dem Termin war aus Sicht der Patentinhaberin geeignet, wegen kurzfristiger Aufhebung des Termins vermeidbare Kosten der Einsprechenden - insbesondere Reisekosten - zu verursachen. Zu einer früheren Erklärung der Teilung war sie ohne weiteres in der Lage, nachdem der Senat sie bereits mit Zwischenbescheid vom 17. Juni 1999 darauf hingewiesen hatte, daß die erste Teilungserklärung unwirksam sein dürfte. Damit bestand für die Patentinhaberin ausreichend Zeit, die Frage einer erneuten Teilungserklärung zu prüfen und diese so rechtzeitig vor dem Termin vom 29. November 2000 einzureichen, daß eine rechtzeitige Benachrichtigung der Einsprechenden von der Aufhebung dieses Termins möglich gewesen wäre. Indem sie gleichwohl bis einen Tag vor dem Termin mit der Einreichung der Teilungserklärung wartete, verstieß sie gegen die allgemeine, auch im Einspruchsverfahren den Beteiligten obliegende, prozessuale Sorgfaltspflicht.

Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin vermag die Entscheidung BPatG Mitteilungen 2001, 121 "Basisstation" keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. In dem diesem Beschluß zugrunde liegenden Fall war die Patentinhaberin erst "nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage" in der mündlichen Verhandlung zur Teilung veranlaßt worden. Im vorliegenden Verfahren kannte die Patentinhaberin indes bereits durch den Bescheid vom 17. Juni 1999 die Bedenken des Senats gegen die erste Teilungserklärung, so daß sie hierauf ohne weiteres rechtzeitig vor dem Termin vom 29. November 2000 hätte reagieren und eine neue Teilungserklärung einreichen können.

Demgemäß hat die Patentinhaberin die Kosten zu tragen, die der Einsprechenden durch die kurzfristige Aufhebung des Termins erst am Nachmittag des 28. November 2000 entstanden sind. Im übrigen bleibt es bei dem Grundsatz, daß jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt (vgl BGH GRUR 1972, 600 "Lewapur"; GRUR 1996, 401 "Schutzverkleidung").

Winklharrer Fuchs-Wissemann Küstner Bülskämperprö






BPatG:
Beschluss v. 21.05.2001
Az: 9 W (pat) 55/98


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