Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. November 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 35/05

(BPatG: Beschluss v. 30.11.2005, Az.: 28 W (pat) 35/05)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Yoghurtteriaist u. a. für

"Gelees, Konfitüren, Fruchtmuse, Joghurt, Milch und Milchprodukte; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Kaffee-Ersatzmittel, Getreidepräparate, Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Verpfle gung"

am 18. Januar 2002 unter der Nummer 301 60 191 in das Markenregister eingetragen worden. Die Eintragung wurde am 22. Februar 2002 veröffentlicht.

Hiergegen hat die Inhaberin der älteren Marke 957 267 Yogurettedie seit dem 27. April 1977 für "Schokolade, Dauer- und Feinbackwaren, insbesondere Fertigkuchen und Waffeln" geschützt ist, Widerspruch erhoben, und zwar beschränkt auf die vorgenannten Waren und Dienstleistungen.

Die Markenstelle für Klasse 29 hat den Widerspruch durch den Erst- wie Erinnerungsprüfer mit der Begründung zurückgewiesen, die Marken hielten selbst bei identischen Waren und unterstellter erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke noch einen ausreichenden Abstand in Klang, Bild und Begriff zueinander ein, zumal sich die übereinstimmenden Merkmale auf die in beiden Marken jeweils abgewandelte schutzunfähige Sachangabe Joghurt bezögen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse die Löschung der angegriffenen Marke im Umfang des beschränkt erhobenen Widerspruchs anzuordnen.

Die von der Markenstelle verneinte Gefahr von Verwechslungen sei fehlerhaft beurteilt worden. Auszugehen sei von einer teilweisen Identität der Waren bzw. hochgradiger Ähnlichkeit. Dies müsse zu strengen Anforderungen an den markenrechtlichen Abstand führen, den die angegriffene Marke nicht einhalte, zumal die Widerspruchsmarke aufgrund jahrzehntelanger starker Benutzung für Schokoladenwaren mit Umsätzen von 25 Millionen € im Jahr eine erhöhte Kennzeichnungskraft in Anspruch nehmen könne. Angesichts der übereinstimmenden Wortanfänge und dem gleichen Sinngehalt der Marken seien Verwechslungen unausweichlich.

Die Inhaber der angegriffenen Marke beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie betonen, dass die Widerspruchsmarke lediglich für ein Schokoladenprodukt benutzt werde, bestreiten aber eine erhöhte Bekanntheit. Im Übrigen schließen sie sich den Aufführungen der angefochtenen Beschlüsse an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerde- und Amtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr richtet sich nach der Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen, nach der Ähnlichkeit der Marken sowie nach der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, wobei der Gesamteindruck der Marken eine maßgebliche Rolle spielt.

Was die Waren betrifft, ist von der Registerlage auszugehen, da die Inhaber der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht wirksam bestritten haben. Zwar haben sie vorgetragen, dass "eine Benutzung der Widerspruchsmarke für andere Waren als Schokolade nicht erfolgt sei", doch handelt es sich bei einer solchen vagen Formulierung lediglich um eine Behauptung und nicht um die förmliche Einrede der Nichtbenutzung nach § 43 MarkenG, an die als Prozesshandlung strenge Maßstäbe anzulegen sind. Es stehen sich damit vom Register her gleiche oder doch sehr ähnliche Waren gegenüber, wobei auch die angegriffene Dienstleistung "Verpflegung" im Ähnlichkeitsbereich liegt. Letztlich handelt es sich um Produkte des Alltagslebens, die auch vom verständigen Endverbraucher nicht immer mit der nötigen Sorgfalt gegenüber den Kennzeichnungen erworben werden, so dass - wie schon die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - an den zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr zu stellenden Abstand der Marken strenge Anforderungen zu stellen sind, denen die angegriffene Marke selbst dann noch aus Rechtsgründen genügt, wenn man bei der Widerspruchsmarke als zusätzlich kollisionsförderndes Element von einer erhöhten Kennzeichnungskraft ausgeht (die bereits im Verfahren 32 W (pat) 38/01 festgestellt worden ist).

Allerdings ist der Widersprechenden zuzugestehen, dass sich die Marken zumindest faktisch durch die Übereinstimmung in den Wortanfängen klanglich wie schriftbildlich nicht unerheblich annähern. Markenregisterrechtlich muss dieser Umstand indes unberücksichtigt bleiben, da diese Annäherung allein darauf beruht, dass beide Markenwörter durch Abwandlung der für den vorliegenden Waren- und Dienstleistungsbereich schutzunfähigen Waren- und Sachangabe Joghurt gebildet worden sind und ihre Markenschutzunfähigkeit nur durch diese sprachliche Verfremdung erlangt haben. Das führt aber dazu, dass bei der Prüfung sowohl der Markenähnlichkeit wie der Verwechslungsgefahr allein der Eindruck der Marke in der den Schutz dieses Zeichens begründenden Eigenprägung und Unterscheidungskraft maßgebend ist, die dem Zeichen trotz seiner Anlehnung an die freizuhaltende Angabe die Eintragungsfähigkeit verleiht. Ein darüber hinaus gehender Schutz kommt einer derart gebildeten Marke nicht zu, da dies einem Schutz der beschreibenden Angabe selbst gleichkäme (vgl. BGH GRUR 2003, 963 "AntiVir/AntiVirus"). Das gilt gleichermaßen für den Fall, dass die Widerspruchsmarke wie hier einen erhöhten Bekanntheitsgrad aufweist und damit einen erweiterten Schutzumfang für sich in Anspruch nehmen kann, der sich indes nicht auf die schutzunfähige Angabe bezieht. Anders lägen die Dinge nur, wenn beide Marken Schutz dadurch erlangt hätten, dass ihre Eigenprägung auf einer in gleicher Weise vorgenommenen Abwandlung der Sachangabe beruhen würde, was indes nicht der Fall ist: Zwar sind beide Marken an den Begriff Joghurt angelehnt; die dabei entstandenen neuen Phantasiebegriffe sind indes sprachlich wie begrifflich völlig anders strukturiert, da sie einmal in Richtung einer Etablissementsbezeichnung zielen bzw. auf der anderen Seite sich einer gängigen Verkleinerungsform bedienen. Im bereits genannten Verfahren 32 W (pat) 38/01 lagen die Dinge insoweit anders, als dort beide Markenworte (yogurette/yogurella) nicht nur in gleicher Weise verfremdet worden waren, sondern darüber hinaus hochgradig schriftbildlich ähnlich waren (ebenso der erkennende Senat im Verfahren 28 W (pat) 268/04 "almello/almette" für Milchprodukte). Letztlich erschöpft sich vorliegend die Übereinstimmung der Marken ausschließlich im beschreibenden und damit dem Schutz nicht zugänglichen Bereich, so dass trotz aller Nähe der Waren wie Marken zumindest im registerrechtlichen Verfahren eine Verwechslungsgefahr im Rechtssinne nicht festgestellt werden kann. Ob in einem Verletzungsverfahren eventuell eine andere rechtliche Beurteilung angezeigt wäre, war nicht zu entscheiden.

Die Beschwerde war daher im Ergebnis zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs 1 MarkenG.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Ju






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Beschluss v. 30.11.2005
Az: 28 W (pat) 35/05


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