Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. September 2010
Aktenzeichen: 23 W (pat) 34/08

(BPatG: Beschluss v. 23.09.2010, Az.: 23 W (pat) 34/08)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Patent 197 50 913 (Streitpatent) wurde am 17. November 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Patentanmeldung JP 8 -306 495 vom 18. November 1996 beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldet und von der Prüfungsstelle für Klasse G08G mit Beschluss vom 3. April 2000 erteilt. Es trägt die Bezeichnung "Automatisches Bremsregelsystem für ein Kraftfahrzeug".

Gegen das Patent hat die V... AG Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, da sein Gegenstand nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei, da er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Hierzu hat die Einsprechende auf die Druckschriften E1 WO 89/01887 A1 E2 JP 08 -169 251 A (Abstract) und E3 DE4421088A1 hingewiesen.

Die Patentabteilung 42 hat das Patent daraufhin mit Beschluss vom 13. Juni 2006 widerrufen und dargelegt, dass weder der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 noch die Gegenstände der Ansprüche 1 nach den beiden Hilfsanträgen gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 2. August 2006, eingegangen am selben Tag, in der sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Mit der Terminsladung hat der Senat den beiden Parteien die zum Abstract gemäß der Druckschrift E2 gehörige japanische Offenlegungsschrift sowie die zugehörige Maschinenübersetzung des japanischen Patentamts übersandt.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2010 stellt die Patentinhaberin den Antrag, den Beschluss der Patentabteilung 42 des Deutschen Patentund Markensamts vom 13. Juni 2006 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 und 2 sowie Beschreibung und Zeichnung (Figuren 1 bis 12) wie erteilt (Hauptantrag).

Hilfsweise stellt sie den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentanspruch 1 gemäß Schriftsatz vom 11. Januar 2007, Patentanspruch 2 sowie Beschreibung und Zeichnung (Figuren 1 bis 12) wie erteilt (1. Hilfsantrag).

Weiter hilfsweise stellt sie den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentanspruch 1 gemäß Schriftsatz vom 11. Januar 2007, Patentanspruch 2 sowie Beschreibung und Zeichnung (Figuren 1 bis 12) wie erteilt (2. Hilfsantrag).

Weiter hilfsweise stellt sie den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentanspruch 1 gemäß Schriftsatz vom 21. September 2010, Patentanspruch 2 sowie Beschreibung und Zeichnung (Figuren 1 bis 12) wie erteilt (3. Hilfsantrag).

Die Einsprechende stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der mit dem Hauptantrag unverändert verteidigte erteilte Anspruch 1 lautet:

"Automatisches Bremsregelsystem für ein Kraftfahrzeug mit einer Hinderniserfassungseinrichtung (20; 100) zum Erfassen eines Hindernisses vor dem Fahrzeug, um das Fahrzeug automatisch zu bremsen, wenn das Hindernis unter einer vorbestimmten Bedingung erfasst worden ist, mit folgendem:

-einer Stoppentscheidungseinrichtung (10; 114) zum Entscheiden, dass das Fahrzeug im wesentlichen gestoppt worden ist, nachdem das automatische Bremsen betrieben wurde;

-einer Bremskraftbestimmungseinrichtung (10; 146; 160; 162) zum Bestimmen einer Bremskraft, um das Fahrzeug gestoppt zu halten;

-einer Bremskraftregeleinrichtung (10), um das Fahrzeug einer Bremsregelung mit der Bremskraft zu unterwerfen, die durch die Bremskraftbestimmungseinrichtung (10; 146; 160; 162) bestimmt ist, wenn durch die Stoppentscheidungsvorrichtung (10; 114) entschieden worden ist, dass das Fahrzeug im wesentlichen gestoppt ist, gekennzeichnet durch -eine Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung (10; 112), um eine Wiederaufnahme einer Fahrt zu entscheiden, wenn das Fahrzeug seine Fahrt wieder aufgenommen hat und eine Fahrzeuggeschwindigkeit einen vorbestimmten Wert erreicht hat; und -eine Freigabeeinrichtung (10, 152) zum Freigeben der Bremskraft, wenn die Wiederaufnahme der Fahrt durch die Fahrwiederaufnahmeentscheidungsvorrichtung (10; 112) entschieden worden ist."

Der Anspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag unterscheidet sich von diesem Anspruch durch zusätzlich aufgenommene Merkmale, die angeben, anhand welcher Kriterien die Stoppentscheidungseinrichtung das Stoppen des Fahrzeugs und die Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung die Wiederaufnahme der Fahrt entscheidet. Der kennzeichnende Teil dieses Anspruchs 1 lautet somit: (V0) erreicht hat, der größer als der erste vorbestimmte Wert (V1) ist; und wobei

" die Stoppentscheidungseinrichtung (10; 114) entscheidet, dass das Fahrzeug im Wesentlichen gestoppt worden ist, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit kleiner als ein erster vorbestimmter Wert (V1) ist, wobei - eine Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung (10;

112) eine Wiederaufnahme einer Fahrt entscheidet, wenndas Fahrzeug seine Fahrt wieder aufgenommen hat und eine Fahrzeuggeschwindigkeit einen zweiten vorbestimmten Wert -eine Freigabeeinrichtung (10, 152) die Bremskraft freigibt, wenn die Wiederaufnahme der Fahrt durch die Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung (10; 112) entschieden worden ist."

Der Anspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch ein in den kennzeichnenden Teil zusätzlich aufgenommenes, die Bremskraft im gestoppten Zustand angebendes Merkmal sowie durch geringfügige sprachliche Umformulierungen der verbleibenden kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag. Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 lautet somit:

"-die Bremskraft zum Halten des gestoppten Zustands des Fahrzeugs kleiner als eine Bremskraft zum automatischen Bremsen eingerichtet ist, so dass das Fahrzeug nach dem automatischen Bremsen nur mit der kleineren Bremskraft gestoppt gehalten wird, wobei -eine Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung (10; 112) eine Wiederaufnahme einer Fahrt entscheidet, wenn das Fahrzeug seine Fahrt wieder aufgenommen hat und eine Fahrzeuggeschwindigkeit einen vorbestimmten Wert erreicht hat; und -eine Freigabeeinrichtung (10, 152) die Bremskraft freigibt, wenn die Wiederaufnahme der Fahrt durch die Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung (10; 112) entschieden worden ist."

Der Patentanspruch 1 nach dem dritten Hilfsantrag ist als einteiliger Anspruch formuliert, wobei der kennzeichnende Teil des erteilten Anspruchs 1 durch die folgenden Angaben ersetzt wurde:

"wobei - die Stoppentscheidungseinrichtung (10; 114) entscheidet, dass das Fahrzeug im Wesentlichen gestoppt worden ist, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit kleiner als eine untere Grenze (V1) eines Fahrzeuggeschwindigkeiterfassungswertsist, wobei - die Bremskraft zum Halten des gestoppten Zustands des Fahrzeugs und bei Unterschreiten der unteren Grenze (V1)

unmittelbar vor dem Stoppen kleiner als eine Bremskraft zumautomatischen Bremsen eingerichtet ist, so dass das Fahrzeug nach dem automatischen Bremsen nur mit der kleineren Bremskraft im Wesentlichen gestoppt gehalten wird, wobei - eine Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung (10;

112) eine Wiederaufnahme einer Fahrt entscheidet, wenndas Fahrzeug seine Fahrt wieder aufgenommen hat und eine Fahrzeuggeschwindigkeit einen vorbestimmten Wert (V0) erreicht hat, der größer als die untere Grenze (V1) ist; und - eine Freigabeeinrichtung (10, 152) die Bremskraft freigibt, wenn die Wiederaufnahme der Fahrt durch die Fahrwiederaufnahmeentscheidungsvorrichtung (10; 112) entschiedenworden ist."

Hinsichtlich des Unteranspruchs 2 nach dem Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen sowie hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin hat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung keinen Erfolg, denn die automatischen Bremsregelsysteme nach den geltenden Ansprüchen 1 nach dem Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 sind nicht patentfähig.

1.

Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zwar nicht angegriffen worden, jedoch ist sie in jedem Verfahrensstadium, insbesondere auch im Einspruchsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu überprüfen, da das Vorliegen eines zulässigen Einspruchs Voraussetzung für eine Entscheidung über den Einspruch ist, vgl. Schulte PatG 8. Auflage, § 59 Rdn.: 56 und 160.

Der formund fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Die Einsprechende hat in ihrem Einspruchsschriftsatz einen Widerrufsgrund des § 21 PatG genannt und die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, entsprechend § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG im Einzelnen so angegeben, dass die Merkmale des erteilten Anspruchs 1 in einen konkreten Bezug zu den Entgegenhaltungen E1 bis E3 gebracht wurden, um die mangelnde Patentfähigkeit zu belegen.

2.

Gegenstand des Streitpatents ist ein automatisches Bremsregelsystem eines Kraftfahrzeugs, mit dem beim Erfassen eines Hindernisses vor dem Fahrzeug automatisch ein Bremsvorgang eingeleitet wird.

Ein derartiges automatisches Bremsregelsystem ist gemäß der Beschreibungseinleitung des Streitpatents u.a. aus der Druckschrift JP 08 -169 251 A (= E 2) bekannt. Das in dieser Druckschrift offenbarte Bremsregelsystem bremst das Fahrzeug automatisch ab, wenn ein Hindernis unter ein bestimmten Bedingung erfasst wird, nämlich wenn das System feststellt, dass die Gefahr einer Kollision mit einem vorausfahrenden Fahrzeug besteht. Dieses System ist so ausgelegt, dass die Bremskraft mittels einer Bremskraftbestimmungseinrichtung gesteuert wird. Außerdem erfasst das System, dass das Fahrzeug nach dem automatischen Bremsen gestoppt worden ist.

Aus dem Stand der Technik sind gemäß der Beschreibungseinleitung des Streitpatents auch Einrichtungen bekannt, die die Wiederaufnahme einer Fahrt ermöglichen. So offenbart die US 4 104 632 eine Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung, die die Wiederaufnahme der Fahrt ermöglicht, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit einen bestimmten Wert (nämlich Null) erreicht hat. In diesem Fall gibt eine Freigabeeinrichtung nach Ablauf einer vorgegebenen Zeitspanne die Bremskraft wieder frei.

Bei derartigen Bremsregelsystemen kann es vorkommen, dass das Bremsregelsystem den Bremsvorgang fortsetzt, obwohl der Fahrer den Fahrvorgang bereits wieder aufnehmen will und hierzu bspw. das Gaspedal niederdrückt. Ebenso ist es aber auch möglich, dass ein Fahrer das Gaspedal lediglich versehentlich drückt, so dass der Bremsvorgang abgebrochen wird, obwohl er eigentlich noch fortgesetzt werden sollte, vgl. insoweit in der Patentschrift Sp. 1, Zeile 9 bis Sp. 2, Zeile 26.

Dem Streitpatent liegt somit als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein automatisches Bremsregelsystem für ein Kraftfahrzeug gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 so weiterzubilden, dass, nachdem ein Fahrzeug durch ein automatisches Bremsen gestoppt worden ist, das automatische Bremsen geeignet frei gegeben werden kann, wie es durch den Fahrer gewünscht ist, vgl. in der Patentschrift Sp. 2, Zeilen 27 bis 33.

Gemäß dem erteilten Anspruch 1 wird diese Aufgabe durch ein automatisches Bremsregelsystem für ein Kraftfahrzeug mit einer Hinderniserfassungseinrichtung zum Erfassen eines Hindernisses vor dem Fahrzeug gelöst, die das Fahrzeug automatisch bremst, wenn das Hindernis unter einer vorbestimmten Bedingung erfasst worden ist. In diesem automatischen Bremsbetrieb entscheidet eine Stoppentscheidungsvorrichtung, dass das Fahrzeug im wesentlichen gestoppt worden ist. Eine Bremskraftregeleinrichtung regelt die Bremskraft in diesem Zustand auf einen durch eine Bremskraftbestimmungseinrichtung bestimmten Wert, bei dem das Fahrzeug gestoppt gehalten wird. Eine Fahrwiederaufnahmeentscheidungsvorrichtung entscheidet die Wiederaufnahme einer Fahrt, wenn das Fahrzeug seine Fahrt wieder aufgenommen und eine Fahrzeuggeschwindigkeit einen vorbestimmten Wert erreicht hat. Ist dies der Fall, so gibt eine Freigabeeinrichtung die Bremskraft frei.

Im Anspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag wird zusätzlich angegeben, dass das Stoppen dadurch ermittelt wird, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit kleiner als ein erster vorbestimmter Wert ist, während die Wiederaufnahme einer Fahrt dadurch ermittelt wird, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit einen Wert erreicht hat, der größer als dieser erste vorbestimmte Wert ist.

Gemäß dem Anspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag wird zusätzlich zu den im erteilten Anspruch 1 angegebenen Maßnahmen die Bremskraft zum Halten des gestoppten Fahrzeugs auf eine Bremskraft kleiner als eine Bremskraft zum automatischen Bremsen geregelt, so dass das Fahrzeug nach dem automatischen Bremsen nur mit kleinerer Bremskraft gestoppt gehalten wird.

Gemäß dem Anspruch 1 nach dem dritten Hilfsantrag wird das Stoppen dadurch ermittelt, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit kleiner als eine untere Grenze eines Fahrzeuggeschwindigkeitserfassungswertes ist. Außerdem wird die Bremskraft nicht nur zum Halten des gestoppten Zustands, sondern bereits bei Unterschreiten dieser unteren Grenze kleiner als eine Bremskraft zum automatischen Bremsen eingerichtet. Die Fahrwiederaufnahmeentscheidungsvorrichtung entscheidet eine Wiederaufnahme einer Fahrt, wenn das Fahrzeug seine Fahrt wieder aufgenommen und eine Fahrzeuggeschwindigkeit einen bestimmten Wert erreicht hat, der größer als die genannte untere Grenze ist. Ist dies der Fall, gibt eine Freigabeeinrichtung die Bremskraft frei.

3.

Die automatischen Bremsregelsysteme nach diesen Ansprüchen beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Bei dieser Sachlage kann die Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche ebenso wie die Neuheit der Gegenstände dieser Ansprüche dahinstehen, vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1. "Elastische Bandage".

Als Fachmann ist hier ein in der Kraftfahrzeugindustrie tätiger berufserfahrener Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus zu definieren, der mit der Entwicklung automatischer Bremsregelsysteme betraut ist und über entsprechende Kenntnisse zur Auslegung derartiger Systeme verfügt.

4.

Der erteilte Anspruch 1, der mit dem Hauptantrag verteidigt wird, ist gegen die oben bereits erwähnte, in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift genannte Druckschrift JP 08 -169 251 A (Druckschrift E2) abgegrenzt. Diese Druckschrift offenbart ein automatisches Bremsregelsystem für ein Kraftfahrzeug mit einer Hinderniserfassungsvorrichtung zum Erfassen eines Hindernisses vor dem Fahrzeug, um das Fahrzeug automatisch zu bremsen, wenn das Hindernis unter einer vorbestimmten Bedingung erfasst worden ist. Das automatische Bremsregelsystem ist dabei Bestandteil einer Fahrzeugsteuerung, die das Fahrzeug abhängig von dem Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug entweder durch Ansteuerung des Motors so beschleunigt oder durch Ansteuerung der Bremse so abbremst, dass immer der erforderliche Sicherheitsabstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten und damit eine Kollision vermieden wird (This vehicular followup travel control device has an automatic travel control means 7 for setting the target speed of an own vehicle, so as to establish the required intervehicle distance depending on a distance from a preceding vehicle detected with an intervehicle distance detection device 3. The means 7 is caused to output an acceleration or deceleration instruction on the basis of the travel speed and target speed of the own vehicle [...] The output of an internal combustion engine is controlled according to the outputted acceleration instruction, or a brake fluid pressure control device 8 is controlled according to the deceleration instruction / Abstract: Constitution).

Das automatische Bremsregelsystem (brake fluid pressure control device 8) nach der Druckschrift E2 umfasst dabei in Übereinstimmung mit der im Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 gegebenen Lehre -eine Hinderniserfassungsvorrichtung, nämlich eine Vorrichtung zum Erfassen eines Abstands zu einem vorausfahrenden Fahrzeug (intervehicle distance detection device 3), um das Fahrzeug automatisch zu bremsen, wenn das Fahrzeug unter einer vorbestimmten Bedingung erfasst worden ist (to issue a deceleration instruction when an own vehicle is stopped in relation to a leading vehicle; the means 7 is caused to output an acceleration or deceleration instruction on the basis of the travel speed and target speed of the own vehicle detected with travel speed detection devices 9L and 9R),

-eine Stoppentscheidungseinrichtung zum Entscheiden, dass das Fahrzeug im wesentlichen gestoppt worden ist, nachdem das automatische Bremsen betrieben wurde (in this case, when the own vehicle is stopped in relation to the preceding vehicle, a target speed is set at a negative value and the device 8 is controlled so as to always apply a brake force at the time of stoppage);

-eine Bremskraftbestimmungsvorrichtung zum Bestimmen einer Bremskraft, um das Fahrzeug gestoppt zu halten und -eine Bremskraftregeleinrichtung, um das Fahrzeug einer Bremsregelung mit der Bremskraft zu unterwerfen, die durch die Bremskraftbestimmungseinrichtung bestimmt ist, wenn durch die Stoppentscheidungseinrichtung entschieden worden ist, dass das Fahrzeug im wesentlichen gestoppt ist (a brake fluid pressure control device 8 is controlled according to the deceleration instruction; the device 8 is controlled, so as to always apply a brake force at the time of stoppage / Abstract iVm Fig. 10 der zugehörigen Offenlegungsschrift und Abschnitt [0059] der Maschinenübersetzung, wobei die dortige Aussage "a smooth halt and start are possible" eine Bremskraftregelung im im wesentlichen gestoppten Zustand des Fahrzeugs bedeutet, da nur so ein sanfter Halt ermöglicht wird), vgl. hierzu insbesondere das englischsprachige Abstract der Druckschrift E2.

Wie im Abstract in der oben bereits angeführten Zitatstelle (to always apply a brake force at the time of stoppage) angegeben wird, wird die Bremskraft auch im Stillstand des Fahrzeugs aufrecht erhalten, so dass die Bremse in diesem Zustand wie eine automatische Feststellbremse wirkt und ein Wegrollen des Fahrzeugs verhindert. Es ist selbstverständlich, dass das automatische Bremsregelsystem nach der Druckschrift E2 in der Lage sein muss, diese automatische Feststellbremse auch wieder zu lösen, um ein Wiederanfahren des gestoppten Fahrzeugs zu ermöglichen, das im Text der Druckschrift erwähnt wird (a smooth halt and start are possible / Abschnitt [0059] der zugehörigen Maschinenübersetzung). Daraus ergibt sich für den Fachmann, dass bei dem automatischen Bremsregelsystem nach der Druckschrift E2 zwangsläufig Maßnahmen getroffen werden müssen, die die Wiederaufnahme der Fahrt durch den Benutzer ermöglichen und dabei ein Lösen der Bremse bewirken.

Die hierzu gemäß dem kennzeichnenden Teil des erteilten Anspruchs 1 vorgesehene Ausgestaltung des automatischen Bremsregelsystems ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise und beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Druckschrift E3 offenbart nämlich eine Anfahrhilfsvorrichtung für Fahrzeuge mit einer Feststellbremseinrichtung, bei dem die Feststellbremse automatisch bei Vorliegen bestimmter Bedingungen bzw. bestimmter Eingangssignale am Steuergerät aktiviert und bei Wegfall einer dieser Bedingungen bzw. des entsprechenden Eingangssignals am Steuergerät deaktiviert wird (Die Erfindung betrifft [...] ferner eine Anfahrhilfsvorrichtung für Fahrzeuge mit Feststellbremseinrichtung und Automatgetriebe / Sp. 1, Zeilen 3 bis 10; Erfindungsgemäß wird bei Fahrzeugen mit einer Betriebsbremseinrichtung, einer Feststellbremseinrichtung und einem Automatgetriebe als Rückrollsicherung und Anfahrhilfe nicht mehr eine Getriebeblockierung herbeigeführt, sondern es wird von einem Steuergerät die Feststellbremse des Fahrzeuges automatisch bei Vorliegen bestimmter Bedingungen bzw. bestimmter Eingangssignale am Steuergerät angesteuert / Sp. 1, Zeile 66 bis Sp. 2, Zeile 5). Dabei veranlasst die Steuerung das automatische Aktivieren der Feststellbremse, wenn sowohl die Fahrgeschwindigkeit sehr klein ist als auch die Betriebsoder Feststellbremseinrichtung vom Fahrer betätigt worden ist als auch das Fahrpedal sich in Nullstellung befindet. Zum automatischen Deaktivieren, d. h. Freigeben der Feststellbremse genügt es hingegen, wenn eine dieser Bedingungen nicht mehr erfüllt ist, wenn also bspw. eine vorgegebene höhere Fahrgeschwindigkeit erreicht wird (Die Feststellbremseinrichtung wird bei gemeinsamen Vorliegen folgender drei Bedingungen über das Steuergerät automatisch angesteuert: 1. die Fahrgeschwindigkeit ist sehr klein (nahezu Stillstand), und 2. die Betriebsbremseinrichtung oder die Feststellbremseinrichtung ist vom Fahrer betätigt, und 3. das Fahrpedal befindet sich in Nullstellung. [...] Bei Fehlen einer der drei Bedingungen wird die Feststellbremseinrichtung automatisch deaktiviert / Sp. 2, Zeilen 5 bis 23; Eine Deaktivierung der automatischen Zuschaltung der Feststellbremseinrichtung mittels dem Steuergerät erfolgt bei Fehlen einer der drei genannten Voraussetzungen. Eine Deaktivierung kann dabei bei einer höheren Fahrgeschwindigkeit, beispielsweise > 2km/h oder [...] oder [...] erfolgen / Sp. 2, Zeile 63 bis Sp. 3, Zeile 4 sowie die Patentansprüche 1 und 6).

Die Druckschrift E3 offenbart somit in den Worten des erteilten Anspruchs 1 ein automatisches Bremsregelsystem mit einer Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung, die eine Wiederaufnahme einer Fahrt entscheidet, wenn das Fahrzeug seine Fahrt wieder aufgenommen und seine Fahrzeuggeschwindigkeit einen vorbestimmten Wert erreicht hat, und mit einer Freigabeeinrichtung zum Freigeben der Bremskraft, wenn die Wiederaufnahme der Fahrt durch die Fahrwiederaufnahmeentscheidungseinrichtung entschieden worden ist.

Das automatische Bremsregelsystem nach der Druckschrift E2 zum gleichen Zweck gemäß dieser Lehre auszubilden, um das Wiederanfahren nach einem Stopp-Vorgang zu ermöglichen, liegt für den Fachmann unmittelbar nahe und beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Dem von der Patentinhaberin vorgetragenen Argument, die in der Druckschrift E3 gegebene Lehre, die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Fahrt abhängig vom Erreichen einer vorgegebenen Fahrgeschwindigkeit zu treffen, ergebe für den Fachmann keinen Sinn, da zum Erreichen dieser Geschwindigkeit zuerst das Gaspedal betätigt werden müsse, so dass bereits das durch das Betätigen des Gaspedals ausgelöste Signal zum Deaktivieren der Bremse führe, konnte der Senat nicht folgen. Denn wie in der Druckschrift E3 insbesondere in der Textpassage in Sp. 2, Zeile 63, bis Sp. 3, Zeile 4 angegeben wird, deaktiviert die Steuereinrichtung die automatische Feststellbremse, wenn eine der drei dort aufgezählten alternativen Bedingungen erfüllt ist (Eine Deaktivierung kann dabei bei einer höheren Fahrgeschwindigkeit [...] oder beim Öffnen der letzten Bremse des Fahrzeuges durch den Fahrer [...] oder bei Betätigung des Fahrpedals, in der Regel dem Gaspedal, erfolgen), wobei sich für den Fachmann aus der "oder" -Verknüpfung ergibt, dass die Steuereinrichtung zum Deaktvieren der automatischen Feststellbremse nur eines der drei genannten Signale verwendet. In Übereinstimmung hiermit lehrt der Patentanspruch 1 und der auf diesen rückbezogene Unteranspruch 6, zum Deaktivieren der Bremse (nur) das Signal heranzuziehen, das das Erreichen einer höheren Fahrgeschwindigkeit angibt.

Auch das Argument der Patentinhaberin, die Druckschrift E3 betreffe eine gesonderte, von der Betriebsbremse getrennt arbeitende Feststellbremse, so dass die Zusammenschau der beiden Druckschriften nicht zum beanspruchten Gegenstand führe, konnte den Senat angesichts der oben dargelegten allgemeinen Lehre der Druckschrift E3 hinsichtlich der zum Wiederanfahren des Fahrzeugs zu ergreifenden Maßnahmen nicht überzeugen.

Mit dem erteilten Anspruch 1 hat das Patent somit keinen Bestand:

5. Gleiches gilt auch für den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1, denn die zusätzlich in diesen Anspruch aufgenommene Lehre, dass die Stoppentscheidungseinrichtung entscheidet, das das Fahrzeug im Wesentlichen gestoppt worden ist, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit einen ersten vorbestimmten Wert unterschreitet, und dass die Fahrtwiederaufnahmeentscheidungsvorrichtung entscheidet, dass das Fahrzeug seine Fahrt wieder aufgenommen hat, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit einen zweiten Wert erreicht hat, der größer ist als der erste vorbestimmte Wert, beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Denn die Druckschrift E3 gibt neben der oben bereits dargelegten Lehre, die Feststellbremse "bei einer höheren Fahrgeschwindigkeit, beispielsweise 2 km/h" (Sp. 2, Zeilen 66 bis 68) zu deaktivieren, auch bereits die Anweisung, dass die Feststellbremse automatisch angesteuert wird, wenn die Bedingung "die Fahrgeschwindigkeit ist sehr klein (nahezu Stillstand)" (Sp. 2, Zeilen 5 bis 11) bzw. "die gemessene aktuelle Ist-Geschwindigkeit beträgt nahezu Null" (Sp: 4, Zeilen 7 und 8) erfüllt ist. Die Geschwindigkeit im Zustand "nahezu Stillstand" bzw. "nahezu Null" ist zweifelsohne niedriger als die in der Druckschrift als als "höhere Fahrgeschwindigkeit" bezeichnete Geschwindigkeitsschwelle von " > 2km/h" beim Wiederanfahren, so dass die im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 angegebene Größenrelation zwischen den beiden in Rede stehenden Geschwindigkeitsschwellwerten bereits der Druckschrift E3 entnehmbar ist. Abgesehen davon würde das automatische Bremsregelsystem bei gegenteiliger Relation bei der niedrigeren Geschwindigkeit ein Freigeben der Bremse und bei der höheren Geschwindigkeit einen Bremsvorgang veranlassen, was keinerlei Sinn ergibt und aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen werden muss.

Damit entnimmt der Fachmann die im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 genannte Größenbeziehung zwischen den beiden Schwellgeschwindigkeiten für das Auslösen und das Freigeben der automatischen Feststellbremse bereits der Druckschrift E3, womit dieser Sachverhalt ebenfalls keinen Patentschutz begründen kann.

Auch mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hat das Patent damit keinen Bestand.

6. Das in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 aufgenommene Merkmal, dass die Bremskraft nach Abbremsen im Haltezustand geringer ist als zuvor beim Abbremsen, und das zusätzlich in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 aufgenommene Merkmal, dass die Bremskraft darüber hinaus bereits bei Unterschreiten der unteren Geschwindigkeitsgrenze (V1) unmittelbar vor dem Stoppen kleiner als eine Bremskraft zum automatischen Bremsen eingerichtet ist, beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Bei dem automatischen Bremsregelsystem nach der Druckschrift E2 wird zum Steuern des automatischen Bremsvorgangs und zur Vorgabe der entsprechenden Bremskraft der Steuervorrichtung eine negative Zielgeschwindigkeit vorgegeben

(When the own vehicle is stopped in relation to the preceding vehicle, a target speed is set at a negative value, and the device 8 is controlled, so as to always apply a brake force at the time of stoppage / Abstract). Wie aus der Figur 10 der zugehörigen japanischen Offenlegungsschrift und den entsprechenden Erläuterungen in der Maschinenübersetzung des japanischen Patentamts hervorgeht, wird der Bremsvorgang beim Abbremsen des Fahrzeugs durch die für das Fahren und Bremsen einheitlich verwendete logische Steuerung so gesteuert, dass ein sanfter Übergang bis zum Stillstand des Fahrzeugs erreicht wird, um den Fahrkomfort für die Fahrzeuginsassen nicht durch abrupte Bremsmanöver zu beeinträchtigen (Thus, aim speed can be set as a negative value and vehicles can be certainly suspended by impressing damping force in the field shown by the arrow head A of drawing 10. [...] Since vehicles are controlled by single logic again, there is no change of logic in the field of B of drawing 10, and a smooth halt and start are possible and don't give crew sense of incongruity / Abschnitte [0057] bis [0059] der Maschinenübersetzung). Wie die Figur 10 zeigt, in der der Geschwindigkeitsverlauf gegen die Zeit aufgetragen ist, wird hierzu die Geschwindigkeit in dem Bereich "B" der Kurve unmittelbar vor dem Stillstand nur noch verlangsamt gedrosselt. Für den Fachmann ergibt sich daraus, dass kurz vor dem Stillstand nur noch mit verringertem Bremsdruck gebremst wird, denn die geringere Steigung der Ableitung -dv/dt im Bereich "B" der in dieser Figur gezeigten Kurve entspricht einer geringeren Bremskraft.

Somit entnimmt der Fachmann der Druckschrift E2 auch die im geltenden Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 gegebene Lehre, die Bremskraft bereits bei Unterschreiten einer unteren Grenze der Fahrzeuggeschwindigkeit unmittelbar vor dem Stoppen gegenüber der Bremskraft beim automatischen Bremsen zu erniedrigen.

Diesen niedrigeren Bremsdruck auch zum Halten des Fahrzeugs im gestoppten Zustand beizubehalten, wie es im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und nach Hilfsantrag 3 angegeben wird, ist dann unmittelbar naheliegend.

Die übrigen im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 genannten Merkmale entsprechen inhaltlich den oben bereits im Hinblick auf die Ansprüche 1 nach Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 2 gewürdigten Merkmalen, so dass hierzu auf diese Darlegungen verwiesen wird.

Auch mit den jeweiligen Ansprüchen nach Hilfsantrag 2 und Hilfsantrag 3 hat das Patent damit keinen Bestand.

7.

Mit dem jeweiligen Anspruch 1 fällt wegen der Antragsbindung auch der Unteranspruch 2 nach dem Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen, vgl. BGH GRUR 2007, 862, Leitsatz -"Informationsübermittlungsverfahren II" m: w. N..

8.

Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Dr. Strößner Dr. Hock Brandt Dr. Friedrich prö






BPatG:
Beschluss v. 23.09.2010
Az: 23 W (pat) 34/08


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