Amtsgericht Köln:
Urteil vom 18. Februar 2004
Aktenzeichen: 112 C 551/03

(AG Köln: Urteil v. 18.02.2004, Az.: 112 C 551/03)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte ihrer-seits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Ende des Jahres 2002 trat die Schwester der Beklagten, die benannte Zeugin Frau T, an die Klägerin heran, um sie für eine Teilnahme an einem sog. Herzkreis, d.h. der bestimmten Variante eines Geldsystemspiels zu gewinnen. Aufgrund der erteilten Informationen zeigte sich die Klägerin interessiert und nahm anschließend bei einem Treffen Anfang Dezember in dem Privathaus der Beklagten mit etwa zwanzig ausschließlich weiblichen Personen teil, bei dem die Neuinteressenten durch eine Anwesende über das Modell eines Herzkreises und seine Funktionsweise, zusätzlich durch eine grafische Darstellung veranschaulicht, unterrichtet wurden.

Der einzelne Herzkreis wird bei dieser Variante eines Systemspiels hiernach in Form einer Pyramide, bestehend aus 15 Herzen in vier Ebenen gebildet, wobei sich an der Spitze der Pyramide ein Herz, in der zweiten Ebene zwei Herzen, in der dritten Ebene vier Herzen und an der Basis acht Herzen befinden. Das oberste Herz wird als "Empfangsposition", die acht Herzen in der untersten Ebene werden hingegen als "Zahlpositionen" bezeichnet. Diese unterste Reihe muß nach dem Spielkonzept mit Personen gefüllt werden, um die Person an der Spitze der Pyramide in eine tatsächliche Empfangsposition zu versetzen. Sobald ein neu hinzutretender Mitwirkender seinen Spieleinsatz, der gemäß dem Spielsystem als Schenkung deklariert wird, an den in der Empfängerposition befindlichen Mitspieler gezahlt hat, wird er in die Herzpyramide auf der untersten Ebene aufgenommen. Ist diese unterste Ebene vollständig aufgefüllt, scheidet der Empfänger der sog. Schenkungen an der Spitze der Pyramide aus. Die Pyramide selbst teilt sich zugleich in zwei neue Pyramiden mit je sieben der verbliebenen Teilnehmer auf, die hierdurch jeweils um eine Ebene höher rücken, während die Basis der beiden neu gebildeten Pyramiden frei wird und durch jeweils 8 neue Teilnehmer zu ergänzen ist.

Diese Informationsveranstaltung im Hause der Beklagten veranlaßte die Klägerin, sich für eine Teilnahme an einem derartigen Herzkreis zu beteiligen. Sie lieh sich nach ihren Angaben einen Betrag von 5.000,-- EUR und zahlte ihn bei einem erneuten Treffen am 18.1.02, diesmal im Hause von Frau T, an die Beklagte, die sich an der Spitze der entsprechenden Herzpyramide und damit in der Empfangsposition befand, während die Klägerin in der Achter-Reihe an der Basis der Pyramide erfaßt wurde. Entgegen ihren Erwartungen stieg sie jedoch in den folgenden Monaten nicht an die Spitze der Pyramide auf, da nicht oder jedenfalls nicht genügend neue Mitspieler akquiriert werden konnten. Mit Schreiben vom 11.6.03 verlangte sie daher von der Beklagten mit der Begründung, es sei nichts passiert, obwohl ihr in kürzester Zeit (ca. 3-4 Monate) das achtfache Geld in Aussicht gestellt worden sei, die Rückzahlung des von ihr geleisteten Betrages. Die Beklagte lehnte dieses Ansinnen ab, wenngleich sie die Sittenwidrigkeit des dem Herzkreis zugrundeliegenden Pyramidenspiels nicht in Frage stellt.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung ihrer "Schenkung".

Die Klägerin behauptet, ihr sei die Sittenwidrigkeit des als Herzkreis bezeichneten Pyramidenspiels, auch nicht durch vorherige Publikationen in Presse und Fernsehen, bewußt gewesen. Weder sei sie vor noch bei ihrer so bezeichneten Schenkung an die Beklagte über die Systematik dieses Spiels, insbesondere über die damit verbundene negative Wirkung eines Schneeballeffektes, d.h. ein zwangsläufiges Totlaufen des Systems zu einem späteren, wenn auch seinerzeit nicht absehbaren Zeitpunktes, umfassend und wahrheitsgemäß aufgeklärt worden. Sie sei weiterhin nicht darauf hingewiesen worden, daß sie neue Teilnehmer für das Spiel suchen müsse, vielmehr sei erst nach ihrer Zahlung ein entsprechender massiver Druck auf sie ausgeübt worden. Das einem Schneeballsystem immanente hohe Risiko habe man nicht dargelegt, es habe auch jeder Hinweis dafür gefehlt, daß bei einer Schenkung keinerlei Garantie für eine zumindest gleichhohe oder weit höhere Rückschenkung abgegeben werde.

In ihrem nachgelassenen Schriftsatz trägt sie weiter vor, die Beklagte hätte an sie und weitere Herzkreisteilnehmern eine 7-seitige Informationsschrift mit dem Titel "Wiederkehrende Fragen - Was kann ich tun, wenn ..." verteilt. Die dort genannten Argumente seien zugleich bei ihrem ersten Herzkreistreffen verwendet worden, um sie zum Eintritt in der Kreis und damit zur Geldübergabe zu bewegen. Schon bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme sei von Frau T erklärt worden, es gehe darum, ein Frauennetzwerk aufzubauen, in dem man sich nicht nur gegenseitig finanziell unterstütze, sondern auch seine persönlichen Probleme besprechen könne. Insgesamt sei ihr nicht nur mittels einer raffinieren psychologischen Beeinflussung das vermeintliche Gesamtkonzept eines Herzkreises "verkauft", sondern sie zugleich über dessen wahre Systematik getäuscht worden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.000,-- EUR nebst 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, bereits ihre Schwester, Frau T hätte die mit ihr privat über ihre beiden jeweiligen Töchter bekannte Klägerin bei der ersten Kontaktaufnahme über die Systematik des Spiels informiert, insbesondere erklärt, daß ein Herzkreis nur dann funktioniere, wenn dem Schenkkreis weitere Personen zugeführt würden, die ihrerseits wieder neue Teilnehmer suchen müßten, ansonsten sich der Schenkkreis totlaufe. Des weiteren hätte Frau T darauf verwiesen, daß nach ihren Informationen die Schenkkreises nicht strafbar seien, ihnen allerdings der Ruf des Unseriösen anhafte. Darüber hinaus behauptet sie, die Klägerin habe bei dem Treffen am 18.12.02 selber erklärt, sie kenne einige finanziell nicht schlecht ausgestattete Türkinnen, die sie zu dem nächsten Treffen mitbringen werde.

Die Beklagte vertritt daher die Ansicht, ein Rückforderungsrecht der Klägerin sei aufgrund der bei sittenwidrigen Vereinbarungen geltenden gesetzlichen Kondiktionssperre ausgeschlossen, da die Klägerin sich bei ihrer Leistung der Sittenwidrigkeit des Pyramidensystems bewußt gewesen sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Parteivorbringen in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie die Erklärungen der Parteien im Rahmen ihrer Anhörung gemäß dem Sitzungsprotokoll vom 21.1.04 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten aus keinem rechtlichen Grunde die Rückzahlung ihrer sog. Geldschenkung, die sie als Voraussetzung für eine Mitwirkung an dem Pyramidenspiel erbracht hat, verlangen.

I.

Ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte kommt nach den gesetzlichen Regelun von Spiel- und Wettverträge im Sinne des § 762 BGB nicht in Betracht, auch ohne dass in diesem Zusammenhang die Frage nach der Wirksamkeit bzw. Nichtigkeit einer Teilnahmevereinbarung zu entscheiden wäre. Denn vorliegend ist diese Vorschrift nicht einschlägig .

Nach § 762 Abs.1 Satz 1 BGB wird durch ein Spiel oder eine Wette im Sinne dieser Norm zwar keine Verbindlichkeit begründet, jedoch gemäß Satz 2 dieser Bestimmung u.a. eine Verweisung auf eine fehlende Verbindlichkeit nicht zugelassen, sofern zum Zwecke der Erfüllung des Spielvertrage bereits die vereinbarte Leistung bereits erbracht worden ist. In diesem Falle bietet nämlich die durch den Spiel- und Wettvertrag nur unvollkommen begründete, als Naturalobligation bezeichnete Verbindlichkeit den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung.

Bei den Teilnahmevereinbarungen, die bei Systemgewinn"spielen" mit einem dem Herzkreis im wesentlichen gleichartigen Funktionsprinzip getroffen werden, handelt es sich nach wohl überwiegender Meinung nicht um ein "Spiel" im Sinne des Gesetzes, wobei wohl auch die hierzu bisher ergangene Rechtsprechung überwiegend, teilweise stillschweigend davon ausgeht, daß es sich bei derartigen Systemspielen weder um ein Glück- noch um ein Geschicklichkeitsspiel handelt.

Bei einem Glückspiel hängen nämlich Gewinn und Verlust ganz oder doch ganz überwiegend vom Zufall, nicht von der Einwirkung der Beteiligten ab (Palandt-Sprau 62. Aufl. § 762 Rdr.2). Bei einem Systemspiel kann der einzelne Teilnehmer hingegen durch sein persönliches Werbegeschick das Spiel für sich selbst mit Erfolg zu Ende führen, ohne - jedenfalls theoretisch - auf die Akquisitionsbemühungen der übrigen Teilnehmer angewiesen zu sein, unabhängig davon, ob und wieweit er selbst in der Pyramide bereits aufgestiegen ist.

Der aleatorische Bestandteil eines Spiel- oder Wettvertrages, d.h. der Gesichtspunkt der Ungewißheit oder des Zufalls, von denen der Eintritt des Geschäftserfolges nach der einen oder anderen Seite abhängt, mag zwar bei einem weit fortgeschrittenen Verlauf eines Schneeballsystems immer bedeutsamer werden, wird aber allein die Bewertung eines Geldsystemspiels als Spiel im Sinne des § 762 BGB nicht rechtfertigen können.

Des weiteren kann ein Geldgewinnspiel nach Art des hier streitrelevanten Pyramidenspiels nicht als gleichfalls von § 762 Abs.1 erfaßtes Geschicklichkeitsspiel erfaßt werden, obwohl es, wie angeführt, durchaus mit von der persönlichen Fähig- oder Geschicklichkeit des Einzelnen abhängt, ob eine genügend große Teilnehmerzahl geworben werden kann, um die Pyramide soweit aufzufüllen, daß er an deren Spitze gelangt. Insbesondere dann, wenn wie vorliegend, die Größe einer Pyramide sich aus 15 Teilnehmern zusammensetzt, bedürfte es bei dem Einstieg eines neuen Teilnehmers, und zwar als erster auf einer noch leeren Achterebene, maximal der Werbung von 23 Mitspielern, um die Empfangsposition einzunehmen und von der Anwerbung weiterer Mitspieler nunmehr selbst profitieren zu können, ein zumindest theoretisch nicht von vornherein hoffnungsloses Unterfangen. Die Einordnung des Pyramidenspiels als Glücks- bzw. Geschicklichkeitsspiel gemäß § 762 BGB scheitert jedoch daran, daß jedenfalls nach der Rechtsprechung Voraussetzung für ein Spiel ein Einsatz ist, um den in der Hoffnung, im Falle eines Gewinnes eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten, gespielt wird. Bei vorliegendem Herzkreis ist jedoch der Einsatz der neueintretenden Mitspieler - jedenfalls auf der Grundlage des Spielsystems - bereits unwiderruflich dadurch verloren, daß dieser Einsatz - sinngemäß zum Erwerb einer Teilnahmeberechtigung - an den Inhaber der Spitzenposition ausgezahlt wird, mithin nicht Gegenstand einer Ausspielung wurde (BGH JR 1987, 381f, OLG Celle NJW 1996, 2660). Dies kommt sinnfällig besonders dann zum Ausdruck, wenn der Empfänger mit dem Inkasso des Geldbetrages des letzten der Achter-Ebene gänzlich aus der Pyramide ausscheidet, mithin in keiner der beiden neugebildeten Pyramiden mehr als Mitspieler vertreten ist.

Da hiernach die gesetzliche Regelung eines Spiel- und Wettvertrag gemäß § 762 BGB auf Systemgewinnspiele mit vorliegenden Funktionsprinzip nicht anwendbar ist (anders OLG Celle NJW 1996, 2660), kann in diesem Zusammenhang mithin dahingestellt bleiben, unter welchen ggfs. besonderen Voraussetzungen Spiel- oder Wettverträge sei es illegal oder nach § 138 BGB sittenwidrig sind, insbesondere ob bzw. in welcher Weise sich zumindest der gesetzgeberische Rechtsgedanke, der dem Rückforderungsausschluß des Abs.1 S.1 zugrunde liegt, auf die Anwendbarkeit der Kondiktionssperre nach § 817 S.2 BGB auswirkt.

II.

Dem Grunde nach ist jedoch ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs.1 S.1 BGB begründet, da sie ohne rechtlichen Grund an die Beklagten den Betrag von 5.000,-- EUR gezahlt hat.

1.

Diese rechtliche Folgerung läßt sich nicht schon mit der Erwägung herleiten, daß die neuen Teilnehmer nach den Konzept des Herzkreises - Papier ist geduldig - gemäß Ziff.2 der nach dem nachgelassenen Vortrag der Klägerin auch an sie verteilten Informationsschrift ihre Zahlung als Schenkung an dem Empfänger leisten sollten, gemäß § 518 BGB jedoch, um unter anderem den Schenker vor übereilten Vermögensverfügungen zu schützen, ein Schenkungsversprechen grundsätzlich der notariellen Beurkundungen bedarf, ein entsprechender Formmangel mithin das Schenkungsversprechen unwirksam macht. Ein derartiger Formmangel wird jedoch gemäß § 518 Abs.2 BGB durch die Bewirkung der versprochenen Leistung, d.h. durch den Vollzug des Versprechens geheilt. Abgesehen hiervor wäre vorliegend wohl von einer formfreien Real- oder Handschenkung, d.h. einer Schenkung ohne vorangegangenes Schenkungsversprechen, auszugehen, wenn denn die Hingabe der Klagesumme gemäß den propagierten Intentionen eines Herzkreises rechtlich überhaupt als unentgeltliche Zuwendung gewertet werden könnte. Anhaltspunkte für die Annahme, die Klägerin hätte sich bereits bei der Informationsveranstaltung im Hause der Beklagten für eine Mitwirkung an dem Herzkreis entschieden und dieser eine "Schenkung" zugesagt, sind auch ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.

2.

Der fehlende Rechtsgrund für die Zahlung läßt sich des weiteren nicht damit begründen, daß es sich bei dem streitgegenständlichen Pyramidenspiel um ein gemäß § 284 ff. StGB strafbares Glückspiel handele, sodaß die in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und aus diesem Grunde zwangsläufig die Nichtigkeit der damit eingegangenen Verpflichtungen gemäß § 134 BGB zur Folge gehabt hätten. Auf den fehlenden Einsatz als Gegenstand der Ausspielung, der nach der Rechtsprechung ein notwendiges Merkmal eines Glückspiels ist, wurde bereits hingewiesen. Zudem sind vorliegend die Voraussetzungen einer öffentlichen Veranstaltung der sog. Herzkreise nicht dargetan, sodaß im übrigen die in der Informationsschrift erteilten Hinweise, bei dem Zirkel handele es sich rechtlich um kein illegales, d.h. kein strafbares Glückspiel, weder als wahrheitswidrig noch als irreführend anzusehen sind.

3.

Ein Rechtsgrund für die Zahlung der 5.000,-- EUR durch die Klägerin an die Beklagte hatte hingegen aus dem Grunde gefehlt, weil sämtliche Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit einer Teilnahme an dem Pyramidenspiel des Herzkreises standen, zwar nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB, wohl aber wegen Sittenwidrigkeit des "Spiels" gemäß § 138 BGB nichtig waren. Denn auch derartige Geldsystemspiel sind sittenwidrig. Bei diesem Spielsystem ist auf der Grundlage des Spielkonzeptes - abweichend von den Geldanlagespielen, die bisher, soweit ersichtlich, Gegenstand ergangener gerichtlicher Entscheidungen waren - zwar nicht erkennbar, daß die Klägerin mit der Beklagten in deren Eigenschaft als lediglich passiv "Beschenkter", mit den bereits in die Pyramide eingetragenen Mitspielern oder einem sonstigen Dritten als ursprünglichen Initiator oder Veranstalter rechtlich eine Teilnahmevereinbarung getroffen hat. Der unmittelbaren Zahlung der Klägerin in Form einer rechtllich tatsächlichen oder nur vermeintlichen Schenkung an die Beklagte lag aber zumindest eine konkrete Zweckvereinbarung zwischen den Parteien, nämlich die Erfassung der Klägerin in dem bereits angelegten Herzkreis mit der Beklagten auf der Empfängerposition der Pyramide, d.h. also eine gegenseitige Absprache, zugrunde, die wegen des sittenwidrigen Charakters des Herzkreis-Spiels naturgemäß gleichfalls nichtig war.

Selbst von der Beklagten wird, und sei es nur aus taktischen Gründen, die Bewertung von Spielsysteme wie dem vorliegenden Pyramidenspiel, die nach dem Prinzip des Schneeballsystems aufgebaut sind, als sittenwidrig eingeräumt. Diese übereinstimmende Bewertung beider Parteien entspricht jedoch zugleich der klägerseits bereits zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung, die nach zuvor nicht einheitlicher Beurteilung nunmehr in dieser Frage eine eindeutige Klarstellung getroffen hat (BGH NJW 1997, 2314 f). Diese Rechtsauffassung läßt sich bereits aus der Erkenntnis begründen, dass Schneeballsysteme in einem Teilbereich der Rechtsordnung, nämlich dem Wettbewerbsrecht, wegen der von ihnen für den Verbraucher generell ausgehenden Gefahren ausdrücklich gesetzlich erfaßt sind, da sie als Verkaufsysteme konzipiert sind, die dem Käufer einen besonders verbilligten oder sogar kostenlosen Warenbezug zusagen, wenn er dem Unternehmer neue Abnehmer zuführt, die unter den gleichen Bedingungen beliefert werden. Eine derartige progressive Kundenwerbung ist, wenn die Werbung sich an Nichtkaufleute richtet, verboten und gemäß § 6c UWG unter Strafe gestellt. Das Typische derartiger Systeme, die im einzelnen vielfach variieren mögen, liegt im wesentlichen darin, daß ein Unternehmen für Werbung und Vertrieb Laien einsetzt, die zur Abnahme durch das Versprechen besonderer Vorteile für den Fall veranlaßt werden, daß sie weitere Abnehmer zum Abschluß gleichartiger Geschäfte gewinnen, denen ihrerseits wiederum derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer versprochen werden. Die durch diese Kettenreaktion ausgelöste Werbung erreicht einen von Stufe zu Stufe fortschreitenden progressiven Charakter. In der Regel vertrauen hierbei die Einsteiger, die Bedingungen zur Erzielung des in Aussicht gestellten Vorteils ohne größere Schwierigkeiten erfüllen zu können. Je rascher die Progression steigt, um so geringer werden jedoch die Aussichten, neue Teilnehmer finden zu können (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22.Aufl., UWG § 6c). Genau die gleichen Erwägungen lassen sich regelmäßig auch auf die Systemgewinnspiele allerdings mit der Abweichung übertragen, daß diese Spiele nicht ausdrücklich gesetzlich verboten sind und eine analoge Anwendung nicht in Frage kommt. Sie begründen jedoch für ein Spielsystem, daß darauf angelegt ist, den ersten Mitspielern eines solchen Systems die Erzielung eines zumeist sicheren Gewinn zu ermöglichen, während die systembedingt ständig anschwellende Masse der späteren Teilnehmer ihren zur Systemeinstieg zu leistenden Beitrag verlieren muß, weil angesichts der Progressionswirkung keine neuen Mitspieler mehr geworben werden können, schon aus diesem Grunde das Verdikt der Sittenwidrigkeit (so BGH aaO). Denn nicht alles, was nach der bestehenden Rechtsordnung gesetzlich verboten ist, bedeutet zwangsläufig, daß es von ihr gebilligt oder gar von ihr als schützenswert erachtet wird, wie sich unschwer allein schon aus der gesetzlichen Regelung der Sittenwidrigkeit als eigenständiger Kategorie gemäß § 138 BGB entnehmen läßt. Darüber hinaus wurde durch die genannte Entscheidung klargestellt, daß derartige Spielsysteme, die darauf abzielen, die Leichtgläubigkeit, Spielleidenschaft oder Unerfahrenheit der Teilnehmer auszunutzen und sie hierdurch zur Zahlung des Spieleinsatzes zu bewegen, generell sittenwidrig sind, ohne daß es im Einzelfall darauf ankäme, ob und ggfs. in welcher Weise Mitspieler konkret getäuscht oder irregeführt worden sind.

Die in der genannten Entscheidung angeführte Begründung für den sittenwidrigen Charakter der auf dem Schneeballsystem aufbauenden Geldgewinnspiele wird noch durch weitere Gesichtspunkte verstärkt. Denn aufgrund der bereits angeführten, zwangsläufig eintretenden Marktverengung besteht die generelle Gefahr, daß zu einem, wenn auch zeitlich nicht vorhersehbaren Zeitpunkt gerade finanziell schlechter gestellte oder unerfahrene Personen sich dazu veranlaßt sehen können, sich aufgrund einer unrealistischen Gewinnerwartung vorzugsweise an Freundes- oder Verwandtenkreise zu wenden, um ihre finanzielle Situation mit einem Schlage zu verbessern oder gar zu diesem Zwecke wegen der scheinbare einfachen Geldmaximierung einen entsprechenden Kredit aufzunehmen, den sie wegen der gescheiterten Gewinnaussicht nicht mehr zurückzahlen können (vgl. OLG Celle NJW 1996, 2660 f.).

Die generelle Sozialschädlichkeit derartige Geldanlagespiele beruht zudem auf der weiteren Gefahr, daß schon allgemein, vor allem aber bei zunehmender Marktverstopfung, ein neu hinzugewonnener Teilnehmer bestrebt sein könnte, ohne Rücksicht auf ein ggfs. bereits drastisch erhöhtes Risiko unwahre Aussagen zu den Gewinnaussichten des Systems zu machen, um auf diese Weise andere zu möglichen Verlierern zu machen (vgl. OLG Köln BB 1971, 1209 f.).

4.

Der sich aus § 812 Abs.1 S.1 BGB dem Grunde nach bestehende Rückforderungsanspruch der Klägerin wird allerdings aufgrund der in vorliegendem Rechtsstreit gemäß § 817 S.2 BGB eingreifenden Kondiktionssperre ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist dem Leistenden (hier dem Mitspieler eines Geldsystemspiels) das Recht zur Rückforderung verwehrt, wenn er mit seiner Leistung gleichfalls gegen die guten Sitten verstoßen hat und zwar unabhängig davon, ob lediglich das Grundgeschäft (hier die Zweckvereinbarung) oder auch das Erfüllungsgeschäft (hier die als "Schenkung" vollzogene Zahlung) trotz deren abstrakten Charakters von der Vorwurf der Sittenwidrigkeit erfaßt wird und aus diesem Grunde auch die Voraussetzungen der Vorschrift des § 817 Abs.1 BGB als spezieller, zusätzlicher Anspruchsgrundlage erfüllt sind.

a.

Bei der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB ist zunächst festzustellen, daß diese Bestimmung ebenso wie Satz 1 nach ihrem Wortlaut einen Ausschluß der Kondiktion allein von einem objektiven Verstoß gegen das Gesetz oder die guten Sitten abhängig macht, ohne weder bei dem Empfänger noch dem Geber auf deren Bewußtseinslage, d.h. ihre Kenntnis oder vorwerfbare Unkenntnis der objektiven Sittenwidrigkeit, mithin auf subjektive Merkmale abzustellen. Diese gesetzliche Regelung wird vielfach als gesetzgeberisch verfehlt angesehen, weil hiernach bei zweiseitigen Rechtsgeschäften der Vorleistenden auf das hohe eigene Risiko handelt, seine Leistung nicht zurückfordern zu können, ohne selber jedoch seinen Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung durchsetzen zu können, diese Regelung mithin leicht zu unbilligen Ergebnissen führen kann (vgl. Palandt-Sprau, 62.Aufl., § 817 Rdr.14). Aus diesem Grunde entspricht es einhelliger Rechtsmeinung, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift mittels bestimmter Anforderungen an gewisse subjektive Voraussetzungen in der Person des Leistenden einzuschränken, wobei angesichts des Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Vorgabe das Meinungsspektrum sehr breitgefächert ist. Soweit, wie ganz überwiegend, zur Begründung für den Kondiktionsausschluß der Aspekt der Rechtschutzverweigerung angeführt wird, weil derjenige, der sich außerhalb der Rechts- bzw. Sittenordnung stellt, für die Rückabwicklung eines zweifelhaften Rechtsgeschäftes keinen Rechtsschutz verdiene (Palandt-Sprau aaO m.N.; Lieb, MüKo, § 817 Rdr.42), müßte konsequenterweise das Bewußtsein des Gesetzes- oder Sittenverstoßes, mithin Vorsatz, für eine Sperrwirkung gefordert werden. Abgesehen davon, daß das innere Tatbestandsmerkmal des Bewußtseins der Sittenwidrigkeit praktisch jedoch kaum nachweisbar wäre, würde bei der Anforderung eines Vorsatzes derjenige benachteiligt, der über das sensiblere Gewissen und das ausgeprägtere moralethische Empfinden verfügt als derjenige, dem derartige Eigenschaften gänzlich fremd sind oder der gar völlig sittenblind ist (vgl. Staudinger-Lorenz, 13. Aufl., § 817 Rdr.21). Im vorliegenden Falle würden insoweit beispielsweise alle Teilnehmer des Herzkreises von einer derartigen Rechtsauffassung profitieren, die sich trotz ihrer berufsmäßig zu unterstellenden Kenntnis vom Stand der BGH-Rechtsprechung weigerten, sich deren Beurteilung von Geldsystemen, die auf dem Schneeballprinzip aufgebaut sind, unter Berufung auf ihre Meinungsfreiheit, anzuschließen und weiterhin die gegenteilige These vertreten würden.

Um diesen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, soll nach anderer gewichtiger Meinung für den Kondiktionsausschluß die Kenntnis des Gebers von den die Sittenwidrigkeit begründenden relevanten Umstände ausreichen, da eine derartige Kenntnis den Schluß rechtfertige, der Leistende müsse sich des Sittenverstoßes bewußt gewesen sein (Lieb aaO Rdr.43). Ob eine derartige Schlußfolgerung zwingend oder widerlegbar sei, wird hierbei offengelassen.

Die überwiegende, auch höchstrichterliche Rechtsprechung trägt den angeführten Bedenken insoweit Rechnung, als sie gleichfalls nicht die Feststellung des positiven Bewußtseins einer möglichen Sittenwidrigkeit fordert, sondern für ausreichen hält, daß sich der Leistende dieser Einsicht leichtfertig verschlossen hat. Durch das zusätzliche Merkmal der Leichtfertigkeit werden zwar an sich höhere Anforderung an die Begründetheit einer Kondiktionssperre gestellt als bei einem bloßes "Sichverschließen", doch kommt diesem, auf einen erhöhten Schuldvorwurf hinauslaufenden Merkmal in der Praxis letztlich keine entscheidende Bedeutung zu, soll doch zu seiner Verwirklichung bereits die unstreitige Kenntnis von der Konzeption des Spiels genügen (OLG Celle aaO).

Im Ergebnis ist jedenfalls vorliegend festzustellen, daß auch nach der von der Rechtsprechung entwickelten Formel eines "Leichtfertigen Verschließens von der Erkenntnis der Sittenwidrigkeit" in der Person der Klägerin bereits nach dem unstreitigen Parteivorbringen in Verbindung mit der persönlichen Anhörung der Parteien die Voraussetzungen der gesetzlichen Kondiktionssperre erfüllt sind.

b.

Unabhängig nämlich von der Frage, ob und in welchem Umfang die Klägerin gemäß der unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten bereits durch die benannte Zeugin Frau T über die Systematik des Schenkkreises, seine Risiken, insbesondere ein zwangsläufiges Totlaufen aufgrund einer Erschöpfung des potentiellen Mitspielerreservoirs sowie den Ruf des Unseriösen, der den Schenkkreisen anhafte, unterrichtet worden ist, ist jedenfalls die Systematik des Gewinnspiels der Klägerin spätestens anläßlich der ersten Informationsveranstaltung im Hause der Beklagten anschaulich erläutert worden. Unwidersprochen hat die Beklagte bei ihrer Anhörung darlegt, die Funktionsweise des Herzkreises sei an einer Schautafel mit einem Reißverschluß in der Mitte den Interessenten demonstriert worden. Danach war zweifelsfrei der Aufbau des einzelnen aus 15 Positionen pyramidal zusammengesetzten Herzkreises, die Erfassung des Neueinsteigers auf der untersten Ebene, die Notwendigkeit der Akquisition von neuen Mitspielern für einen Aufstieg auf eine Empfängerposition sowie insbesondere auch die Zellteilung jeder Pyramide bei vollständiger Auffüllung der Basisteilnehmer, verbunden mit dem Ausscheiden des Inhabers auf der Empfängerpositionen, der Anhebung der unteren drei Ebenen auf die jeweilige höhere Ebene sowie die zusätzlich notwendige Auffüllung der freigewordenen untersten Ebene der beiden neu entstandenen Pyramiden um je 8 neue Teilnehmer für jeden Anwesenden erkennbar. Zugleich war aus einer derartigen Demonstration der Funktionsweise eines Herzkreises jedem auch mathematisch weniger Begabten das diesem Gewinnspiel zugrundeliegende Schneeballprinzip ohne weiteres verdeutlicht, wonach für jeden ausscheidenden Teilnehmer nicht lediglich ein einziger Nachfolger, sondern wegen der Zellteilung der Pyramide insgesamt 16 neue Teilnehmer gefunden werden mußten, um in den beiden neu gebildeten Pyramiden ein Aufrücken um jeweils eine Ebene bewerkstelligen zu können. Hiernach mußte an sich jedem bei nüchterner, von eigener Gewinnsucht nicht getrübter Betrachtung die Erkenntnis aufdrängen, daß ein derartiges als Selbstläufer konzipiertes Spielsystem eines laufend überproportional anwachsenden, immer größerer werdenden Kreises von mitwirkungsbereiten Ansprechpartnern bedürfte, je früher es bereits in Gang gesetzt worden bzw. je länger es im Zeitpunkt des Beitrittes "am Laufen" war. Damit war an sich schon durch eigene Reflexion das Problem der Marktverengung erkennbar, nämlich die unausweichliche Tatsache, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt angesichts der progressiven Entwicklung der Teilnehmer das System zwangsläufig kollabieren würde, wobei gerade in erster Linie im Hinblick auf die Verlustgefahr für die später in das Pyramidenspiel Eingestiegenen dessen Sittenwidrigkeit gesehen wird. Dabei wird das Verwerfliche dieser Spiele besonders daran deutlich, daß bei einer Kollabierung des Systems die Zahl der leer ausgegangenen Mitspielern, die, wie die frustrierte Klägerin sich "über den Tisch gezogen" fühlen, um so größer ist, je erfolgreicher das Spiel zunächst nach seiner Ingangsetzung ist und aufgrund der damit verbundenen positiven Werbewirkung wiederum anfänglich einen immer größer werdenden Mitspielerkreis anlockt, bis es letztlich zu dem unvermeidbaren Crash kommen muß. Bei dem zwangsläufigen Ende jeden Herzkreises in der beschriebenen Form stehen sich, wie bereits eine einfache Überlegung zeigt, der Anzahl der Gewinner stets die Achtfache Anzahl von Verlierern gegenüber, die für die Gewinner die "Zeche" zu zahlen hatten.

c.

Vorliegend kommt hinzu, daß der Klägerin entgegen ihrem Bestreiten der Spruch "die letzten beißen die Hunde", mit dem das Risiko der Markterschöpfung ebenso laienhaft wie treffend und anschaulich angesprochen ist, zweifelsfrei bekannt war. Denn sie hat - entgegen ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung - in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vortragen lassen, von den ihrer anwaltlichen Replik vom 12.1.04 beigefügten Unterlagen - die unstreitig überwiegend mit dem streitgegenständlichen Herzkreis nicht zusammenhängen und insoweit nur irreführten - hätte die Beklagte ihr die nachträglich vervollständigte 7-seitige Informationsschrift zur Verfügung gestellt, zudem seien die in dieser Schrift aufgeführten Argumente bei dem ersten Herzkreistreffen verwandt wurden, um sie, die Klägerin, zum Eintritt in den Kreis zu verlocken.

In dieser Schrift wird jedoch unter Ziff.3) der angeführte Spruch wortwörtlich zitiert.

Zutreffend ist zwar insoweit, daß mit der zugleich erteilten - vermeintlichen - Argumentationshilfe das Problem der Markterschöpfung wohl unverhohlen angesprochen, jedoch verharmlost wird und durch diese Verharmlosung zugleich die Bedenken gegenüber einer Teilnahme an einem Herzkreis zerstreut werden sollten. Der Zynismus dieser Argumentshilfe ist jedoch so offensichtlich, daß er, sofern nicht jegliche Kritikfähigkeit aussetzt, bei jedem durchschnittsbegabten Menschen genau das Gegenteil von dem, war die scheinheilige Argumentation bezweckte, bewirken müßte. Denn mit dem Hinweis, daß mathematisch die Welt irgendwann alle - will heißen bevölkerungsmäßig vollständig erfaßt - sei, bis zu diesem Zeitpunkt jedoch Generationen vergehen würden, wird konsequenterweise bewußt nicht nur die Spielfolge in Kauf genommen, daß auf Kosten einer späteren Generation sich die gegenwärtigen Menschheit oder zumindest ein Teil von ihr bereichern könne. Noch viel anstößiger erscheint die mit dieser Argumentation suggerierte Vorstellung, für ein derartiges Geldsystemspiel kämen als Teilnehmerinnen nicht nur mehr oder weniger betuchte Bundesbürgerinnen, sondern beispielsweise auch die übergroße Anzahl einkommensloses, in grenzenlosem Elend lebenden Menschen in den Armutszonen dieser Erde als potentielle Mitwirkende an einem Herzkreis in Betracht, die bereit und in der Lage seien, eine mit einer Spielteilnahme verbundene vermeintlich realistische Chance auf eine achtfache Vervielfachung des Einsatzes realisieren zu können.

d.

Hinzu tritt weiterhin, daß unter Ziff.2 der Informationsschrift der ausdrückliche Hinweis enthalten ist, wonach die juristischen Einschätzungen zu dem Zirkel nicht ganz eindeutig seien, deshalb ein sensibler Umgang mit dem Zirkel in der Öffentlichkeit nötig und im Zweifel immer erst mit den Zirkel-Frauen zu sprechen sei.

Eines deutlicherer Hinweis auf die Anrüchigkeit des Systems in dieser schriftlich dokumentierten Empfehlung, sich bei Bedenken an eine durch ihre eigene Teilnehmerschaft, zudem durch ihr eigenes Gewinninteresse befangene Zirkel-Frau, nicht jedoch an eine neutrale, unvoreingenommen die Rechtslage prüfenden Instanz zu wenden, bedarf es an sich nicht, um zu der Feststellung zu gelangen, daß derjenige, der sich trotz solcher Ratschläge zu einer Teilnahme an einem Herzkreis entschlossen , leichtfertig der Erkenntnis der Sittenwidrigkeit verschlossen hat.

e.

Auch die übrigen in der Informationsschrift erteilten Auskünfte, Empfehlungen und Ratschläge sind nicht geeignet, im vorliegenden Fall die Erkenntnismöglichkeit von der Sittenwidrigkeit des Pyramiden-Geldgewinnspieles hinreichend zu verschleiern, sofern nicht allein schon die Zahl und Art der Fragen das Dubiose und Unseriöse des Spieles hinreichend indizierten. U.a. bei der Berufung der Klägerin auf das Kapitel Sponsoring gemäß Ziff.13 der Informationsschrift ist beispielsweise nicht ersichtlich, inwieweit diese hierzu gemachten Ausführungen die Notwendigkeit, neue Teilnehmer für das Spiel zu akquirieren, um eigene Gewinnerwartungen zu verwirklichen, vernebelt werden. Daß Anwerbungen für eine Realisierung der eigenen Gewinnchance notwendig waren, da nicht damit gerechnet werden konnte, daß sich neue Interessenten von selber um eine Teilnahme bemühen würden, lag auf der Hand. Das wußte die Klägerin bereits aufgrund ihrer eigenen Anwerbung aus eigener Erfahrung. Eigene Bemühungen um Neueinsteiger waren zwar zweckmäßig, um seine Gewinnchancen zu verbessern, nach dem Funktionsprinzip hingegen nicht zwingend erforderlich, da die erforderliche Rekrutierung auch von den übrigen Mitspielern veranlaßt werden konnte. Ein klägerseits behaupteter, jedoch erst nachträglich ausgeübter Druck ist rechtlich irrelevant, da er sich jedenfalls nicht kausal auf die Entscheidung der Klägerin zu einer Teilnahme an dem Herzkreis ausgewirkt haben kann. Soweit darüber hinaus in der Informationsschrift oder mündlich mit den Vorzügen geworben wird, die sich daraus ergeben würden, daß mit der Teilnahme an einem Herzkreis zugleich eine Einbindung in ein Frauennetzwerk verbunden sei, das seinerseits Kommunikationsmöglichkeiten, emotionale Geborgenheit und sonstige immateriellen Werten böte, mag hierin ein zusätzlichen Motiv für die Entscheidung der Klägerin, sich an dem Herzkreis-Systemspiel zu beteiligen, gewesen sein. Nicht ersichtlich ist jedoch, inwieweit die Darstellung der propagierten Zielvorstellungen eines Frauenkreises die Erkennbarkeit der Sittenwidrigkeit des eigentlichen Gewinnspiels hätten beeinflussen können. Auch hier muß der allgemeine Erfahrungssatz in einer Konsumgesellschaft gelten, daß je vollmundiger, prätentiöser oder pathetischer die Anpreisung und verbale Verpackung eines Produktes ist, um so sorgfältiger und mißtrauischer die Beschreibung dieses Produktes bzw. das Produkt selbst zu prüfen ist.

f.

Schließlich kann nicht der Auffassung gefolgt werden, ohne positive Kenntnis über die Dauer des Spiels vor dem Eintritt und damit die eigenen Plazierung im Spielsystems könne kaum dem Teilnehmer vorgeworfen werden, er habe dessen Sittenwidrigkeit leichtfertig übersehen (so Willingmann, VuR 1997, 299(306)). Denn der Makel der Sittenwidrigkeit haftet den Systemgewinnspielen nicht aus dem Grunde an, weil der einzelne Teilnehmer sein eigenes Risiko, ggfs. leer auszugehen, ohne entsprechende Aufklärung über die bisherigen Laufzeit nicht richtig einschätzen könne, sondern, wie bereits ausführt auf dem Umstand, daß zwangsläufig eine noch unübersehbare Vielzahl von späteren Teilnehmern systembedingt nicht nur einer Verlustgefahr ausgesetzt ist, sondern unvermeidbar bei dem Kollabieren des Systems einen Verlust tatsächlich erleiden wird, mithin die generelle Sozialschädlichkeit das Gewinnspiel prägt und ihm dem Makel der Sittenwidrigkeit verleiht.

Im übrigen dürfte es zwar bei organisierten Systemspielen dessen Veranstalter möglich sein, konkrete Angaben über die bisherige Ausbreitung des Spiels zu machen, nicht jedoch dem einfachen Teilnehmer bei seine Suche nach neuen Mitwirkenden im Falle der sich ohne kontrollierende Organisation jeweils verselbständigenden Pyramiden, da von ihm ein entsprechender Überblick nicht erwartet werden kann.

5.

Die Feststellung, die Klägerin hätte sich gemäß der Formel der Rechtsprechung der Erkenntnis der Sittenwidrigkeit des Herzkreis-Gewinnspiels leichtfertig verschlossen, wäre allerdings wohl dann nicht gerechtfertigt, wenn sie sich aufgrund der äußeren Umstände der Anwerbung in einer Streßsituation befunden hätte, in der ihr verständigerweise die fehlende Wahrnehmung der oben dargestellten Warnzeichen nicht vorgehalten werden könnte. Von einer derartigen Streßsituation ist aber nur dann auszugehen, wenn, wie wohl zumindest bei einem Teil der früher entschiedenen Sachverhalte geschehen, der einzelne Teilnehmer gegenüber dem Veranstalter sich unter Vertragsstrafendrohung schriftlich zur Verschwiegenheit gegenüber Außenstehenden verpflichten mußte, sich bereits bei der Informationsveranstaltung unter Verweisung auf die Einmaligkeit der angebotenen Teilnahmemöglichkeit und zugleich unter dem Eindruck der aggressiver Kundenwerbung sofort für eine Teilnahme zu entscheiden hatte, unter diesem Entscheidungsdruck keine Gelegenheit hatte, in Ruhe die Chancen und Risiken einer Mitwirkung abzuwägen sowie sich hinsichtlich der Unbedenklichkeit des Systems Klarheit zu verschaffen und, sofern er sein Teilnehmentgelt nicht sofort entrichten konnte, mit einen sogenannten Betreuer vereinbart hatte, in Anschluß an die Veranstaltung, spätestens am ersten nachfolgenden Werktag, seine Bank oder einen Dritten aufzusuchen, um sich das notwendige Geld zu beschaffen und auszuhändigen bzw. auf das Konto des Veranstalters einzuzahlen (vgl. Sachverhalt u.a.in AG Nürtingen NJW-RR 1996, 40; allgemein Willingmann VuR 1997, 299(300)).

Eine derartige Streßsituation lag im Falle der Klägerin zweifelsfrei nicht vor. Denn sie wurde zunächst durch die benannte Zeugin Frau T, wenn auch in streitigem Umfang, über das Spiel und die Teilnahmebedingungen informiert. Anschließend fand eine Informationsveranstaltung im Hause der Beklagten dar, ohne daß sie zu diesem Zeitpunkt bereits genötigt gewesen wäre, sich umgehend für eine Teilnahme zu entscheiden. Ob und inwieweit sie, wie sie behauptet, bei dieser Gelegenheit auf eine "sehr esoterische und emotionale Weise", was immer man darunter verstehen mag, in das Spiel hineingelockt wurde, kann dahinstehen. Denn sie hatte genügend Gelegenheit, in den folgenden zwei Wochen von der angeblich ausgeübten psychologischen Beeinflussung Abstand zu gewinnen, sich insbesondere über das Spiel selbst anhand der ihr auch schriftlich vorliegenden Unterlagen Gedanken zu machen und ggfs. den Rat eines Dritten einzuholen. Soweit sie bei ihrer Anhörung erklärt hat, anläßlich der Informationsveranstaltung hätte sie sich nicht getraut, Fragen zu stellen, ist nicht ersichtlich, weshalb sie nicht Frau T, die sie geworben hatte und die ihr über ihre jeweiligen Töchter bekannt war, nicht im Anschluß an das Treffen um eine Beantwortung der für sie noch offenen Fragen gebeten hat. Schließlich muß davon ausgegangen werden, daß die Klägerin sich mit dem Dritten, der ihr die 5.000,-- EUR nach ihren Angaben geliehen hat, noch hätte beraten lassen können, sie sich unabhängig hiervon zudem selbst erst nach durchaus reiflicher eigener Überlegung zu den Risiken eines Einsatzes für diese Form der Geldanlage und zu Gründen des Risikos entschieden hat. Dabei ist allgemein, sozusagen als "Binsenweisheit" bekannt, dass die Risiken einer Geldinvestition umso höher sind, je unverhältnismäßiger die damit in Aussicht gestellten Gewinnerwartungen sind. Dass der Klägerin ein derartiger Erfahrungssatz aufgrund mangelnder Lebenserfahrung völlig fremd gewesen ist, kann ihr kaum unterstellt werden.

6.

Die hiernach zu Lasten der Klägerin eingetretene Kondiktionssperre kann ihrerseits nicht durch eine Abwägung der Schwere des von beiden Parteien einer sittenwidrigen Vereinbarung begangenen Sittlichkeitsverstoßes umgangen werden. Zwar wird ua mit dem Bemühen, eine im Einzelfall als gerechter erscheinende Lösung zu finden, die vereinzelt gebliebene Auffassung vertreten, der Anspruch des Leistenden auf Gewährung von Rechtsschutz zu seinen Gunsten könne nur dann verwirkt sein, wenn sein Verstoß gegen die guten Sitten mindestens ebenso schwer wie der des Leistungsempfängers wiege (so LG Trier NJW-RR 1990,313 f.). Mit der für diese Ansicht gegebenen Begründung, die Bestimmung des § 817 S.2 BGB sei eng auszulegen, weil der Zweck dieser Vorschrift nicht in einer Strafsanktion gesehen werden, andernfalls nur der Leistende einseitig benachteiligt werde, läßt sich diese Auffassung allerdings aufgrund der bestehenden Gesetzeslage nicht rechtfertigen. Denn im Bereicherungsrecht ist die Abwägung des beiderseitigen Grades des Sittenverstoßes weder vorgesehen noch zulässig (OLG Celle NJW 1996, 2660 (2661); Staudinger-Lorenz, aaO, Rdr.21 m.N.).

7.

Schließlich kann bei vorliegendem Systemgewinnspiel die Kondiktionssperre des § 817 S.2 BGB nicht, wie klägerseits angedeutet, mit einer Berufung auf den Gesichtspunkt von Treu und Glauben ausgehebelt werden, selbst wenn im Einzelfall aufgrund der gänzlich unterschiedlichen Gewichtung des jeweiligen Fehlverhaltens ein derartiger Lösungsansatz möglicherweise wünschenswert wäre.

Zum einen erscheint es nämlich schon im Ansatz widersprüchlich, demjenigen, dem selber ein Verstoß gegen die Sittenordnung als Inbegriff der unerläßlichen Grundregeln menschlichen Zusammenlebens vorzuwerfen ist, die Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben zu gestatten und der Gegenseite unzulässige Rechtsausübung vorzuhalten. Zum anderen kommt hinzu, daß der Rechtsgrund, der nach herkömmlicher Auffassung der Bestimmung des § 817 S.2 BGB zugrunde liegt, dem Leistenden nämlich aufgrund seines eigenen Sittenverstoßes die Inanspruchnahme der Gerichte zur Durchsetzung seiner Ansprüche zu versagen, nicht dadurch obsolet wird, daß dem Leistungsempfänger ein wenn auch vergleichsweise gewichtigerer Verstoß gegen die guten Sitten zur Last gelegt werden kann.

Gleichwohl hat die Rechtsprechung insbesondere bei Verstößen gegen ein gesetzliches Verbot den Anwendungsbereich des § 817 S.2 BGB aus dem Gesichtspunkt des § 242 BGB eingeschränkt, um keine Vermögensverschiebung als endgültig zu sanktionieren, bei der ansonsten eine von der Rechtsordnung als unbillig angesehener Zustand durch Ausschluß des Rückforderungsanspruches legalisiert werden würde (Palandt-Sprau, BGB, § 817 Rdr.20 m.N.) Wie jedoch eingangs ausgeführt, handelte es sich bei dem Herzkreisspiel, an dem die Parteien sich beteiligten, um kein gesetzlich verbotenes Glückspiel im Sinne des § 284 ff StGB. Ebensowenig läßt sich eine Strafbarkeit des als "Selbstläufersystem" konzipierten Spielsystems aus der wettbewerbsrechtlichen Vorschrift des § 6c UWG herleiten, bei denen der Einstieg und die Fortschreibung der einzelnen Herzkreispyramiden allein in der Verantwortung der privaten Teilnehmer liegt und eine von außen auf den Spielfluß einwirkende Kontrolle nicht stattfindet (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22.Aufl., § 6c Rdr.4). Etwaige anderweitige Behauptungen entsprechend den von der Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz aufgestellten Vermutungen sind in keiner Weise durch vorgetragene Tatsachen belegt.

Bei einem Verstoß gegen die guten Sitten hingegen hat die Rechtsprechung zwar in einem besonders krassen Fall, nämlich bei bestimmten Bordell-Geschäften, ein zwingendes Bedürfnis gesehen, dem allgemeinen Arglisteinwand gegenüber der Berufung auf die Kondiktionssperre zur Vermeidung eines untragbaren Ergebnis Rechnung zu tragen. Ob dieser rechtliche Ansatzpunkt auf schon kommerziell initiierte Systemgewinnspiele mit einer entsprechend geschulten Werbe-, Vertriebs- und Betreuungs- und Überwachungsorganisation übertragen werden kann, kann vorliegend dahingestellt bleiben, zumal unter den genannten Umständen wohl ein Sittenverstoß des Teilnehmer gemäß der für diese Fallgestaltung ergangenen Rechtsprechung in der Regel zu verneinen sein dürfte, weil diesem unter den genannten, besonderen Voraussetzungen eine eigenständige Prüfung und Willensbildung mit dem hierfür erforderlichen zeitlichen Abstand und ohne äußeren, wenn auch nur psychologisch erklärbaren Druck nicht möglich wäre.

Eine derartige Streßsituation lag für die Klägerin, wie ausgeführt, nach dem unstreitigen Ablauf ihres Informations- und Entscheidungsprozesses jedoch nicht vor. Bei einem eigenen vorwerfbaren Sittenverstoß des erfolglos gebliebenen Mitwirkenden erscheint im übrigen der Ausschluß eines Rückforderungsrechtes nicht schlechthin unbillig und untragbar, da nach der Bestimmung des § 762 Abs.1 S.1 BGB Spielvereinbarungen grundsätzlich nicht rückabgewickelt werden sollen, diese Vorschrift zwar nicht nach ihrem Wortlaut, wohl aber nach ihrem zugrundeliegenden Rechtsgedanken durchaus auf den streitgegenständlichen Herzkreis übertragen werden kann (OLG Celle aaO). Bei sittenwidrigen Geldgewinnspielen wird dieser Rechtsgedanke von seinem Ansatz her nach der gesetzlichen Wertung in der Kondiktionssperre des § 817 S. BGB fortgeführt.

Deshalb ist unerheblich, daß die Beklagte, die - mangels gegenteiligen Vortrages - weder das Systemspiel initiiert noch die Klägerin für das Spiel geworben noch nachweislich anläßlich des Treffens in ihrem Hause das Gewinnspielsystem selber erläutert hatte, konkludent in ihrer Klageerwiderung eingeräumt hat, durch die umfangreiche Presseberichterstattung über die zuvor ergangene höchstrichterlichen Entscheidungen und damit auch über deren Beurteilung des Charakters vergleichbarer Gewinnsystemspiele informiert gewesen zu sein, wenngleich im übrigen nicht feststellbar ist, daß sie über weitergehende Informationen als diejenigen verfügte, die in der auch der Klägerin zugänglich gemachten 7-seitigen Informationsschrift enthalten gewesen sind. Dabei tritt vorliegend noch der weitere Gesichtspunkt hinzu, daß die Klägerin mit ihrer Zahlung, auch soweit diese als Eintrittsentgelt für ihre Erfassung in einer bestimmten Herzkreispyramide zu werten ist, keine einseitige Vorleistung erbracht hat, da sie den "Gegenwert" für diese Zahlung, nämlich die Chance für eine achtfache Geldvermehrung ihres Einsatzes, tatsächlich erhalten hatte. Der Umstand, daß sich dies tatsächliche Chance nachfolgend nicht realisieren ließ, muß im Zusammenhang mit der Prüfung eines Rechtsmißbrauchseinwandes außer Betracht bleiben.

8.

Schlußendlich entfällt das Eingreifen der Kondiktionssperre gemäß 817 S.2 BGB nicht deshalb, weil die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 11.6.03 ihre Geldübergabe vom 18.12.02 widerrufen hat und dieser Widerruf als rechtzeitige Anfechtung der Übereignung des Geldbetrages als abstraktes Erfüllungsgeschäftes wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB gewertet werden könnte. Dabei braucht die wohl zu bejahende Frage, ob die Anfechtung eines bereits wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Rechtsgeschäfte möglich und bei einem tatsächlich bestehenden Anfechtungsrecht die Sperrwirkung des § 817 S.2 BGB aufgehoben wird, vorliegend keiner näheren Erörterung. Denn eine arglistige Täuschung der Klägerin durch die Beklagte selbst oder einen Dritten im Sinne des § 123 Abs.2 BGB, sei es durch die benannte Zeugin Frau T, die sie für die Informationsveranstaltung Anfang Dezember 2002 geworben hat, sei es durch diejenige Person, die bei diesem Treffen das System erläutert hat, ist nicht feststellbar. Eine die Arglistanfechtung begründende Täuschung erfordert nämlich das Vorspiegeln oder Entstellen von Tatsachen, die sich auf objektiv nachprüfbare Umstände beziehen, reine subjektive Werturteile oder reklamehafte Anpreisungen sind insoweit irrelevant (Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rdr.3). Eine Garantie oder zumindest ein sicheres Erfolgsversprechen wurde jedoch erkennbar nicht gegeben. Eine derartige konkrete Erfolgszusage wird von der Klägerin selber nicht behauptet. In ihrem Widerrufsschreiben vom 11.6.03 räumt sie nämlich selber ein, ihr sei das Achtfache ihres Geldes innerhalb von 3-4 Monaten in Aussicht gestellt worden, mithin nichts versprochen worden ist. Unstreitig blieb darüber hinaus das persönliche Vorbringen der Beklagten im Termin, bei dem Treffen in ihrem Hause hätte eine Teilnehmerin bemerkt, "das Geld sei wie im Spielkasino verzockt, wenn man nicht durchkomme". Mit dieser Bemerkung wurde unmißverständlich und unwidersprochen die Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, daß dem Herzkreis-Spiel wie beim Roulettespiel, wenn auch ggfs. mit einer größeren Gewinnchance, ein nicht unerhebliches Verlustrisiko hinsichtlich des Einsatzes anhafte. Angesichts derart eindeutiger und unmißverständlicher Diskussionsbeiträge scheidet die Annahme einer zudem arglistigen Täuschung über das mit einem Spielbeitritt verbundene Verlustrisiko von vornherein aus. Ebensowenig lassen sich aus der 7-seitigen Informationsschrift, die nach ihrem Vortrag in dem nachgelassenen Schriftsatz bei dem Informationstreffen im Hause der Beklagten verteilt und auf deren Grundlage die Teilnehmer zusätzlich mündlich argumentativ unterrichtet wurden, entstellende Tatsachen herausfiltern, die den Vorwurf einer Täuschungshandlung begründen könnten. Konkrete unzutreffende Fakten hinsichtlich des Spiels, seiner Gewinnaussichten sowie den Bedingungen für eine Inganghaltung durch die Notwendigkeit ständig neuer Mitgliederwerbung, auch in Form des Sponsoring, sind dieser Schrift nicht zu entnehmen. Die äußerst zweifelhafte Frage, ob und wieweit die erteilten Argumentationshilfen bei näherer Betrachtung überhaupt stichhaltig und überzeugend waren, unterlag hingegen einer rein subjektiven Bewertung. Eine generelle Behauptung, das Pyramidenspiel eines Herzkreises sei nicht sittenwidrig, ist jedenfalls in dieser Schrift nicht enthalten.

Die Äußerung einer derartigen Rechtsansicht ,die nach dem nachgelassenen Vortrag der Klägerin von zwei namentlichen genannten Rechtsanwältinnen vertreten sein soll, wird zwar nach der Rechtsprechung als Vorspiegelung einer Tatsache gewertet, wenn dadurch - wie vorliegend - die materielle Rechtslage unrichtig dargestellt wird (Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rdr. 3 m.N.). Vorliegend behauptet die Klägerin jedoch nicht, diese unzutreffende Rechtsansicht sei von irgendeiner Teilnehmerin bereits bei der Informationsveranstaltung im Hause der Beklagten oder vor der Geldübergabe im Haus von Frau T geäußert worden, eine ihr später bekanntgewordene Äußerung dieser verfehlten Rechtsansicht hat sich daher nicht ursächlich auf ihre "Schenkung" an die Beklagte ausgewirkt.

Ebensowenig läßt sich feststellen, die Klägerin sei durch unzutreffende Angaben von Tatsachen zu den Zielsetzungen und Vorzügen des sog. Frauennetzwerkes, in das jeder am Herzkreis Teilnehmende eingebunden werde, arglistig getäuscht worden. Einer näheren Begründung durch ein detailliertes Eingehen auf dieses angeblich Kommunikation, Geborgenheit und Hilfestellung bietende Frauenbeglückungsprogramm bedarf es nicht, da die Klägerin nicht einmal vorträgt, sich an dem Herzkreis beteiligt zu haben, um in den Genuß der in Aussicht gestellten immateriellen Werte des Frauennetzwerkes zu gelangen. Die Annahme, derartige Erwartungen seien für ihre Entscheidung zur Teilnahme an dem Herzkreis-Gewinnspiel ausschlaggebend, d.h. kausal gewesen, ist offenkundig gegenstandslos, hat die Klägerin doch die von ihr gezahlten 5.000,-- EUR von der Beklagten in ihrem Schreiben vom 11.6.03 ausschließlich mit der rein materiellen Begründung zurückgerufen, sie fühle sich völlig überrumpelt, da trotz des in Aussicht gestellten Achtfachen Gewinnbetrages nichts passiert sei.

III.

Ihr Klagebegehren kann die Klägerin schließlich nicht auf einen deliktsrechtlichen Schadenersatzanspruch stützen.

1.

Für einen Schadenersatzanspruch aus unerlaubter Handlung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes gemäß § 823 Abs.2 iVm § 263 StGB sind die Voraussetzungen eines von der Beklagten begangenen Betruges nicht dargetan. Bereits bei der Erörterung eines etwaigen Anfechtungsrechtes wurde ausgeführt, daß bei vorliegend zu beurteilendem Herzkreis der Vorwurf einer arglistigen Täuschung gegenüber keinem der Beteiligten, geschweige denn gegenüber der Beklagten erhoben werden kann. Als aktiver Beitrag ist dieser nur die in dem nachgelassenen Schriftsatz vorgetragene Verteilung der Informationsschrift zuzurechen, der jedoch keine täuschende Vorspiegelung oder Entstellung von Fakten zu entnehmen ist. Im übrigen hatte die Beklagte vor ihrem Ausscheiden mangels gegenteiliger Feststellungen lediglich die Stellung als einfaches Mitglieder innerhalb der die Herzkreis-Pyramide bildenden Interessengemeinschaft, eine Stellung, wie sie auch von der Klägerin nach ihrer Erfassung in dieser Pyramide eingenommen wurde.

2.

Ein Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Vermögensschädigung gemäß § 826 BGB scheitert daran, daß bereits allgemein kein besonders verwerfliches Handeln gegenüber Klägerin feststellbar ist, war sie doch u.a. anhand der Grafik anschaulich über die wesentlichen Merkmale des Spielsystems, d.h. die Notwendigkeit der Anwerbung neuer Teilnehmer zur Realisierung der eigenen Gewinnchance sowie den systembedingten Verlust ihres Einsatzes bei ihrer Erfassung in der von ihr gewählten Herzpyramide informiert. Auf das gleichfalls systemimmanente Problem wurde sie zwar nicht ausdrücklich hingewiesen, immerhin war es nicht nur, wie angeführt, aufgrund der mündlichen Diskussion, sondern gleichfalls in der Informationsschrift angedeutet. Von dem ihr bei dem ersten Treffen eingeräumten Fragerecht wie auch der fortbestehenden Aufklärungsmöglichkeit bis zu ihrem Beitritt bei dem zweiten Treffen hatte die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Unter diesen Umständen käme der Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Klägerin nur in Betracht, wenn eine etwaige geistige Schwäche oder Unerfahrenheit bei ihr rücksichtslos ausgenutzt worden wäre (OLG Celle aaO). Zu einer derartigen Annahme besteht hinsichtlich der Klägerin, die Mutter einer wohl bereits volljährigen Tochter ist, allein aus dem Grunde, daß sie sich auf das Herzkreisspiel eingelassen hat, kein zureichender Anlaß.

Es kommt daher nicht einmal darauf an , daß die Beklagte, wie offenkundig, weder Initiatorin noch Veranstalterin des Herzkreises noch, wie von der Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz erstmals, zumal ohne Beweisantritt, behauptet Moderatorin bei dem Treffen in ihrem Hause gewesen ist, sondern lediglich ihre Wohnung für die Informationsveranstaltung durch eine dritte Person zur Verfügung gestellt hat. Angesichts ihrer auf eine als einfache Teilnehmerin an dem Gewinnspiel beschränkten Rolle wäre es nämlich verfehlt, ihren eigenen Eintritt in die Pyramide als Tatbeitrag zu einer gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handlung gegenüber der Klägerin mit der Folge ihrer Mithaftung nach § 830 Abs.1 oder Abs.2 BGB zu bewerten (vgl. LG Düsseldorf NJW-RR 1997, 306 f.). Denn in diesem Falle liefen konsequenterweise alle Teilnehmer einer Pyramide, so auch die Klägerin, die Gefahr, gegenüber allen Neueintretenden als Mittäter bzw. Gehilfen auf Rückzahlung haften zu müssen, da sie sich prinzipiell dem Vorwurf ausgesetzt sähen, mit ihrem eigenen Eintritt die notwendige Anwerbung neuer Teilnehmer zu einem sittenwidrigen Gewinnspiel nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern sogar gezielt angestrebt zu haben, auch wenn es bei ihnen selbst lediglich bei dem Versuch einer eigenen "Abzockerei" geblieben wäre.

Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte hätte die Informationsveranstaltung in Absprache mit anonymen, den Spielfluß organisierenden und steuernden Hintermännern durchgeführt, demgemäß durch ihre Einbindung in eine solche Organisation in Vergleich zu der Klägerin nicht nur eine gewichtige Rolle gespielt, sondern zugleich über weit überlegenere Kenntnisse hinsichtlich der Risiken des Herzkreisspiels verfügen würde, sind klägerseits, wie bereits mehrfach angeführt, weder vorgetragen noch ansatzweise erkennbar.

3.

Schlußendlich ist ein teilweise diskutierter Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 6 c UWG oder § 284 f StGB von vornherein ausgeschlossen.

Der gesetzgeberische Zweck der rein wettbewerbsrechtlichen Strafbestimmung liegt in der Unterbindung eines unredlichen Wettbewerbes im geschäftlichen Verkehr, nicht aber in dem Rechts- oder Rechtgüterschutz des Einzelnen, während es bei einem Pyramiden-Gewinnspiel weder einen schützenswerten Mitbewerber oder überhaupt einen schützenswerten Wettbewerb gibt (OLG Rostock JR 1998, 389 f.). Abgesehen von den weiteren besonderen Voraussetzungen des § 6 c UWG fehlt es zudem bei den Systemspielen, die sich nach ihrem Konzept im Anschluß an ihre Ingangsetzung ohne eine von außen kommende Steuerung oder Organisation im Wege einer stetigen Zellteilung in selbständigen Pyramideneinheiten fortsetzen, an einem Veranstalter im Sinne dieser Vorschrift.

Auf den Umstand, daß derartige "Selbstläufersystem" zumal im ausschließlich privaten Bereich zudem kein Glückspiel im Sinne des § 284 f. StGB und daher auch nach dieser Strafvorschrift nicht strafbar sind, wurde bereits hingewiesen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziff.11, 711 ZPO.






AG Köln:
Urteil v. 18.02.2004
Az: 112 C 551/03


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