Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 245/00

(BPatG: Beschluss v. 23.05.2001, Az.: 26 W (pat) 245/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Februar und 12. Juli 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Mit den beiden vorgenannten Beschlüssen hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts die für

"Möbel und Möbelteile; Polstermöbel; Sitzmöbel; Büromöbel, Drehstühle, Drehsessel; Arbeitsstühle; Bürotische"

angemeldete Wortmarke SitUpgemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses und des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß es sich bei dem Markenwort "SitUp" erkennbar um das englischsprachige Verb "sit up" handele, das in seiner Bedeutung "aufrecht sitzen, sich aufsetzen" für die beanspruchten Waren eine unmittelbar beschreibende Angabe darstelle, da es lediglich darauf hinweise, daß die so gekennzeichneten Waren das aufrechte Sitzen fördern bzw für das aufrechte Sitzen speziell gestaltet und entwickelt seien. Als ohne weiteres verständliche, die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Angabe sei "SitUp" nicht geeignet, als Herkunftshinweis zu dienen. Ihm fehle daher jegliche Unterscheidungskraft. An einer derartigen unmittelbar beschreibenden Angabe bestehe auch ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach ist nicht erkennbar, inwiefern die von der Markenstelle unterstellte Bedeutung "aufrechtes Sitzen" für "Möbel und Möbelteile, Büromöbel" sowie "Bürotische" von Bedeutung sein könne. Im übrigen könne der Bezeichnung "SitUp" kein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden und es handele sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Als ein die Waren selbst allenfalls mittelbar ansprechender Umstand unterliege die Anmeldung auch keinem Freihaltebedürfnis. Schließlich habe die Markenstelle bereits vergleichbare Kennzeichnungen wie zB "Setup" eingetragen.

Dementsprechend beantragt die Anmelderin sinngemäß die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung der Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl dazu BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE; BGH BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Bezeichnung "SitUp" jedoch nicht.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung auf dem Sektor der hier in Rede stehenden Möbelwaren als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat keine entsprechenden Nachweise ermitteln können. Weder im Internet, noch in einschlägigen Katalogen von Möbelfirmen war eine Verwendung von "SitUp" als beschreibende Angabe etwa für eine besonders gesunde Sitzgestaltung oder einen besonderen Sitzkomfort, insbesondere von Sitzmöbeln feststellbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen könnte. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß die schutzsuchende, von dem englischen Verb "sit up" abgeleitete Bezeichnung "SitUp" vom angesprochenen inländischen Verkehr überwiegend mit "aufrecht sitzen, sich aufsetzen" übersetzt wird, sagt der angenommene Sinngehalt nichts Konkretes darüber aus, durch welche besonderen konstruktiven oder gestalterischen Maßnahmen die so gekennzeichneten Waren etwa das aufrechte Sitzen fördern könnten. Gegen eine Eignung der angemeldeten Marke als unmittelbar beschreibende Angabe für die beanspruchten Möbel spricht im übrigen auch, daß die angemeldete Kennzeichnung "SitUp" durchaus auch als Aufforderung etwa an die jugendlichen Benutzer von Sitzmöbeln zum "aufrechten Sitzen" aufgefaßt werden kann. Von einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber an der angemeldeten Bezeichnung "SitUp" kann deshalb nicht ausgegangen werden.

2. Ebensowenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrunde liegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Hiervon ausgehend kann der englischen Wortbildung "SitUp" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden: Eine warenbeschreibende Sachausgabe, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Möbel selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung - wie dargelegt - nicht dar.

Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkehr etwa durch eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran gewöhnt sein könnte, in ihr keine Marke zu sehen. Für ein Verständnis als Herkunftshinweis spricht vielmehr, daß der Verkehr erfahrungsgemäß ohnehin wenig geneigt ist, eine Warenbezeichnung zu analysieren, sie vielmehr inder Regel so annimmt, wie sie ihm bei ihrer markenmäßigen Verwendung entgegentritt (vgl BGH BlPMZ 2000, 53 - FÜNFER).

Schülke Reker Kraftbr/Na/prö






BPatG:
Beschluss v. 23.05.2001
Az: 26 W (pat) 245/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f4d9052425bb/BPatG_Beschluss_vom_23-Mai-2001_Az_26-W-pat-245-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share