Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juni 2007
Aktenzeichen: 27 W (pat) 9/07

(BPatG: Beschluss v. 26.06.2007, Az.: 27 W (pat) 9/07)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 28 vom 16. September 2003 und 13. Mai 2004 werden aufgehoben. Der Widerspruch aus der Marke Nr. 732 245 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 7. September 2001 angemeldete und am 4. Februar 2002 für "Spielzeug, soweit in Klasse 28 enthalten (Künstlerbären)" eingetragene Wort-Bild-Marke 301 53 817 mit dem Wortbestandteil "Siggi-Bears" hat die Widersprechende am 3. Juni 2002 aus ihrer am 20. Februar 1959 angemeldeten Wortmarke 732 245 "SIGI", die seit 21. Dezember 1959 für "Spielfiguren" eingetragen ist, Widerspruch eingelegt.

Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat darauf hingewiesen, dass die Widerspruchsmarke nur 1959 für ein Seepferdchen und vor 8 Jahren für einen Dachs benutzt worden sei.

Die Markenstelle hat das angegriffene Zeichen mit Beschluss vom 16. September 2003 wegen des Widerspruchs gelöscht. Dazu ist ausgeführt, die Benutzung sei nicht eindeutig bestritten. Bei Identität der Waren seien "Siggi" und "Sigi" verwechselbar. "Bears" könne als beschreibende Angabe vernachlässigt werden.

Mit ihrer Erinnerung machte die Inhaberin des angegriffenen Zeichens geltend, die Benutzung eindeutig bestritten zu haben. Im Übrigen bestehe keine Verwechslungsgefahr, da sich die Verbraucher beim angegriffenen Zeichen nicht (allein) am Wortbestandteil "Siggi" orientierten.

Die Markenstelle hat die Erinnerung der Inhaberin des angegriffenen Zeichens mit Beschluss vom 13. Mai 2004 zurückgewiesen. Dazu ist ausgeführt, die Benutzung sei glaubhaft gemacht. Verwechslungsgefahr wurde weiterhin aus den genannten Gründen bejaht. Der Erinnerungsbeschluss wurde der Inhaberin des angegriffenen Zeichens am 24. Mai 2004 zugestellt.

Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat am 21. Juni 2004 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, sie werde ihr Zeichen - wie vereinbart - nur in der angemeldeten Form für Künstlerbären benutzen. Die Widersprechende habe sich in der Vereinbarung vom 10. Juli/4. August 2004 unter Ziffer 4 daher verpflichtet, ihren Widerspruch unverzüglich zurückziehen.

Zur Glaubhaftmachung der Benutzung hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vom 7. August 2003 vorgelegt, wonach die Widerspruchsmarke seit 44 Jahren benutzt werde. 1996, 1997 und 1998 seien 653, 484 bzw. 16 Stück verkauft worden, 1999 6 Stück und 2000 sowie 2002 je 1 Stück. Bis Juli 2003 seien 3.394 Stück verkauft worden. Der generelle Exportanteil bei Steiff-Figuren liege zwischen 27 % und 49 %. Die Kataloge, in denen die Figuren abgebildet gewesen seien, hätten eine Auflagenhöhe von jeweils 1 Million.

Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

Demgegenüber beantragt die Widersprechende sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie trägt vor, die Inhaberin des angegriffenen Zeichens habe ihr Warenverzeichnis bislang noch nicht entsprechend der Vereinbarung beschränkt.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen, wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II 1) Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Inhaberin des angegriffenen Zeichens ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 26 Abs. 5, § 114 Abs. 1, § 116 Abs. 1 MarkenG jedenfalls im Erinnerungsverfahren eindeutig bestritten. Dies war zulässig, nachdem die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit der Eintragung 1959 zu laufen begonnen hatte, im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens im Jahr 2002 abgelaufen war. Die Einrede unterliegt im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren auch keinen zeitlichen Begrenzungen.

Damit sind zugleich die Voraussetzungen einer Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erfüllt (vgl. BGH GRUR 1999, 54 - HOLTKAMP). In einem pauschalen Bestreiten der Benutzung ist nämlich die Erhebung beider Einreden nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG zu sehen, sofern die zeitlichen Voraussetzungen für beide vorliegen.

Ihrer daraus folgenden Obliegenheit, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen, ist die Widersprechende jedenfalls für den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der mündlichen Verhandlung (Juni 2002 bis 26. Juni 2007) nicht nachgekommen.

Dass bis Juli 2003 3.394 Stück verkauft wurden, bezieht sich nach dem Wortlaut der eidesstattlichen Versicherung vom 7. August 2003 auf die letzten 44 Jahre und lässt keinen Rückschluss auf die Zeit von Juni 2002 bis Juli 2003 zu, der eine nachhaltige Benutzung gerade im entscheidenden Zeitraum annehmen ließe.

Die Dauer der Benutzung muss zwar nicht sämtliche fünf Jahre des maßgeblichen Zeitraums abdecken. Nachdem im Jahr 2002 aber nur 1 Stück verkauft wurde, kann dahinstehen, ob dies im relevanten Zeitrum nach dem 26. Juni 2002 erfolgt ist, weil jedenfalls keine wirtschaftlich nachhaltige Betätigung vorliegt. Zu den Umständen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird, gehören zwar alle Verwendungen, die Marktanteile sichern oder gewinnen (EuGH GRUR 2003, 425 Rn. 43 - ANSUL / AJAX; GRUR 2006, 582 - VITAFRUIT). Glaubhaft zu machen wäre aber die Verwendung der Marke für die eingetragenen Waren nach Art, Zeit, Ort und Umfang gewesen. Die vorgelegten Unterlagen ergeben dies nicht eindeutig, weil allein aus der Auflagenhöhe der Kataloge nicht hervorgeht, an wen diese verteilt worden sind (BPatG Beschluss vom 24. September 2002, Az: 27 W (pat) 194/01 - RAINBOW STAR / RAINBOW); Angaben allein zu Werbeanstrengungen reichen damit nicht aus, wenn auch später kein nennenswerter Umsatz erfolgt.

Die Widersprechende trägt die Verantwortung für die vollständige Glaubhaftmachung; verbleibende Zweifel gehen zu ihren Lasten (vgl. BPatG GRUR 1996, 981, 982 - ESTAVITAL; INGERL/ROHNKE, Markengesetz, 2. Aufl., § 43 Rn. 26).

Berechtigte Gründe für ein Unterlassen der Nutzung im Sinn des § 26 Abs. 1 MarkenG sind nicht erkennbar. Dies müssten Umstände sein, welche die Inhaberin der angegriffenen Marke selbst nicht beeinflussen bzw. auch bei der gebotenen unternehmerischen Sorgfalt nicht verhindern konnte, nicht zum normalen unternehmerischen Risiko gehören und eine Benutzung der Marke unmöglich machen oder zumindest so erschweren, dass diese unter Anlegung der üblichen Maßstäbe nicht verlangt werden kann.

Damit hat der Widerspruch mangels glaubhaft gemachter Benutzung der Widerspruchsmarke keinen Erfolg.

2) Eines Eingehens auf die Frage, ob das angegriffene Zeichen der Gefahr einer klanglichen Verwechslung trotz der möglicherweise einen Gesamtbegriff bildenden Bezeichnung "Siggi-Bears" und der wohl geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als Vorname im Zusammenhang mit einer Tierfigur unterliegt, bedarf es nicht. Bildlich unterscheiden sich die Marken aufgrund der graphischen Gestaltung des angegriffenen Zeichens ausreichend.

3) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG), weil die Widersprechende auf die zulässige Einrede der Nichtbenutzung und den Ladungszusatz die eidesstattliche Versicherung vorgelegt und auf die Auflagenhöhe ihrer Kataloge verwiesen hat, also ihren Widerspruch nicht ohne ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung (§§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG) weiterverfolgt hat.






BPatG:
Beschluss v. 26.06.2007
Az: 27 W (pat) 9/07


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