Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 270/03

(BPatG: Beschluss v. 06.04.2004, Az.: 27 W (pat) 270/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. Juni 2003 aufgehoben.

Gründe

I Die international unter der Nr. 777 280 für "Software for computer" registrierte Marke CARE soll in Deutschland geschützt werden.

Die Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes der Marke den Schutz in Deutschland verweigert, weil die Kennzeichnung "CARE" ausschließlich aus einer nicht unterscheidungskräftigen und freihaltungsbedürftigen Angabe bestehe. Die im Deutschen als "Pflege, Fürsorge, Betreuung, Wartung" allgemein verständliche Bezeichnung "Care" weise beschreibend auf die Bestimmung der beanspruchten Software hin. Wegen des breiten Bedeutungsspektrums von "Care" könne dies die Alten- und Krankenpflege, die Körperpflege, die Pflege von Geschäftsbeziehungen, aber auch die Pflege von Maschinen oder von Daten sein.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie gleichzeitig das Warenverzeichnis beschränkt hat auf "Software for computer, except for software for care services in the medical field". Sie ist der Ansicht, dass damit jede beschreibende Sachaussage auszuschließen sei, denn in anderen Bereichen, in denen Software etwas mit Pflege, etwa Datenpflege oder -Betreuung, zu tun haben könnte, werde - wie dem Publikum bekannt - eine andere Ausdrucksweise als "Care" gebraucht.

II Die gemäß § 165 Abs. 4 MarkenG zulässige Beschwerde hat Erfolg, weil die IR-Marke für die noch beanspruchten "Computerprogramme, ausgenommen solche für Pflegedienstleistungen im medizinischen Bereich weder jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt noch als beschreibende Angabe zugunsten der Mitbewerber freizuhalten ist. Damit stehen der Schutzfähigkeit der IR-Marke in Deutschland keine absoluten Hindernisse nach §§ 107, 113 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

Das zum Basiswissen der englischen Sprache gehörende Wort "CARE" ist in seiner Bedeutung von "Pflege, Fürsorge, Betreuung, Wartung" zwar nicht nur zur Bezeichnung der Pflege und Betreuung von Personen im weitesten Sinne gebräuchlich, wie die Markeninhaberin meint, sondern wird auch im Zusammenhang mit der Pflege von Gegenständen, insbesondere technischen Geräten (vgl Langenscheidts Fachwörterbuch Technik und angewandte Wissenschaften, Englisch-Deutsch, 2002, S 271) sowie der Pflege von Daten verwendet. In den Fachlexika der Datenverarbeitungstechnik ist das Wort "care" bezogen auf Daten allerdings nicht nachweisbar. Dort sind nur die von der Markeninhaberin genannten Begriffe data management, data administration, data maintenance und updating aufgeführt (vgl Langenscheidts Fachwörterbuch Technik und angewandte Wissenschaften, Englisch-Deutsch, 2002, S 271). Nach den Ermittlungen des Senats im Internet handelt es sich aber auch bei "care of data" bzw "data care" um eine im Sinne von Datenpflege belegbare Bezeichnung. Daraus folgt indessen nicht, dass das Wort "CARE" für sich allein zur Beschreibung von Datenverarbeitungsprogrammen geeignet wäre, die der Datenpflege wie Archivierung, Sortierung und Aktualisierung von Daten dienen. In Alleinstellung ist der Begriff "Pflege" in Verbindung mit Datenverarbeitungsprogrammen nicht nur unüblich, sondern auch unklar, weil er nicht erkennen lässt, worauf sich die Pflege bezieht. Bei der Pflege von Daten handelt es sich nämlich, wie auch die Markenstelle ausgeführt hat, nur um einen der möglichen Anwendungsbereiche einer Software. Der Aspekt der Pflege kann beispielsweise auch in Produktionsprozessen eine Rolle spielen, bei denen eine programmgesteuerte Wartung von Maschinen erfolgt. Ferner gibt es Programme für die Pflege von Geschäftskunden, die Altenpflege, die Körperpflege, die medizinische Pflege usw. Das Wort "Care" kann daher jedenfalls in Verbindung mit Datenverarbeitungsprogrammen nur dann eine klare Aussage vermitteln, wenn der Gegenstand der Pflege angegeben ist, etwa data care, customer care, body care. Anhaltspunkte für die Annahme, dass allein die beanspruchte Bezeichnung "CARE" von den Mitbewerbern zur Beschreibung des Inhalts oder des Bestimmungszwecks von Software im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG benötigt wird, sind daher nicht ersichtlich.

Dieser Beurteilung stehen auch die in dem angefochtenen Beschluss zur Begründung der mangelnden Schutzfähigkeit der IR-Marke zitierten Entscheidungen des Bundespatentgerichts (u.a. SeniorCare, Kid Care, COLOR CARE, Wellnes Care, CrossCareManagement, Profi Care, Phytho Care, SYSCARE) nicht entgegen, weil sie ausnahmlos die Zurückweisung des Wortes "CARE" mit weiteren Angaben betreffen. Im übrigen ist Bedeutung von "CARE" in Bezug auf Software anders zu bewerten als in Verbindung etwa mit (medizinischen) Pflegedienstleistungen selbst oder mit Körperpflegemitteln, bei denen der Gesichtspunkt der Pflege offensichtlich und eindeutig im Vordergrund steht.

Der IR-Marke kann auch nicht jedes Mindestmaß an Unterscheidungskraft abgesprochen werden (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Verkehr bei dem Wort "CARE" in Großbuchstaben überhaupt an den Begriff "Pflege" denkt und nicht eher annimmt, eine der im EDV-Bereich zahlreich vorkommenden Abkürzungen vor sich zu haben. Aber auch wenn er in "CARE" mit "Pflege" gleichsetzt, wird er sie wegen des Fehlens einer weiteren, die Aussage in üblicher Weise erläuternden Angabe als eigentümlich empfinden und sie daher nicht im Sinne einer bloßen Sachangabe auffassen, die jeder betrieblichen Hinweisfunktion entbehrt.

Dr. Schermer Schwarz Dr. van Raden Na






BPatG:
Beschluss v. 06.04.2004
Az: 27 W (pat) 270/03


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