Landgericht Hagen:
Urteil vom 6. April 2005
Aktenzeichen: 10 S 8/05

(LG Hagen: Urteil v. 06.04.2005, Az.: 10 S 8/05)

Bei Zahlung auf eine verspätet i.S.d. § 556 Abs. 3 BGB geltend gemachte Nebenkostenforderung ist die Rückforderung ausgeschlossen.

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts X (Ruhr) vom 07. Dezember 2004 (Geschäftsnummer: 3 C 284 / 04) wird wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden dem Kläger auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ZPO

Der Beklagte war Vermieter einer vom Kläger gemieteten Wohnung. Mit Schreiben vom 26. Januar 2004 rechnete der Beklagte die Nebenkosten für die Abrechnungszeit vom 01. November 2001 bis zum 31. Dezember 2002 ab und verlangte vom Kläger eine Nachzahlung in Höhe von 185,89 €. Der Kläger beglich die Forderung, forderte aber die Zahlung mit Schreiben vom 18. Februar 2004 unter Fristsetzung bis zum 03. März 2004 zurück. Mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 10. März 2004 mahnte er die Rückzahlung unter Fristsetzung bis zum 19. März 2004 an, eine Zahlung darauf erfolgte nicht.

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm ein Rückzahlungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung zustünde, weil die Geltendmachung des Betriebskostennachzahlungsanspruches nach § 556 n.F. BGB ausgeschlossen gewesen sei. Außerdem ist der Kläger der Ansicht, dass er die für die rechtsanwaltliche Mahnung des Beklagten entstandenen Kosten in Höhe von 3,70 €, die aus anteiligen Auslagen im Sinne des § 26 BRAGO und dem entsprechenden Umsatzsteueranteils nach § 25 Absatz 2 BRAGO bestünden und nicht auf die Kosten dieses Verfahrens anzurechnen wären, ersetzt verlangen könnte.

Der Kläger beantragte erstinstanzlich,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 185,89 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. März 2004 sowie als Nebenforderung einen Betrag von 3,70 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Das Amtsgericht X (Ruhr) gab der Klage mit Urteil vom 07. Dezember 2004 (Geschäftsnummer 3 C 284 / 04) statt und ließ die Berufung dagegen zu.

Im Übrigen wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das angegriffene Urteil Bezug genommen.

Das Urteil wurde dem Beklagten am 16. Dezember 2004 zugestellt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der am 07. Januar 2005 eingegangenen und am 13. Januar 2005 begründeten Berufung und beantragt,

unter Abänderung des am 07. Dezember 2004 verkündeten Urteils des Amtsgerichts X (Ruhr) - Geschäftsnummer 3 C 284 / 04 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die gegenerische Berufung zurückzuweisen.

Begründung gemäß § 540 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ZPO

I.) Die zulässige Berufung ist begründet.

1.) Die Berufung ist zulässig. Dass der Wert des Beschwerdegegenstandes von 185,98 € die Grenze des § 511 Absatz 2 Nummer 1 ZPO nicht übersteigt, schadet nicht, weil der Vorderrichter die Berufung nach § 511 Absatz 2 Nummer 2 ZPO zugelassen hat. Im Übrigen ist die Berufung form- und fristgerecht erhoben sowie begründet worden.

2.) Die Berufung ist begründet, weil der geltend gemachte Bereicherungsanspruch nicht besteht. Die Zahlung des Klägers auf den Anspruch aus einer Betriebskostenabrechnung, dessen Geltendmachung nach § 556 Absatz 3 Satz 3 n.F. BGB ausgeschlossen war, kann nicht gemäß § 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 BGB zurückgefordert werden, weil die Rückforderung nach § 214 Absatz 2 Satz 1 BGB analog ausgeschlossen ist.

a.) § 556 Absatz 3 Sätze 2 und 3 BGB sind für den streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum gemäß Art. 229 § 3 Absatz 9 EGBGB anwendbar. Danach ist eine vermieterseitige Geltendmachung von etwaigen Ansprüchen aus der Abrechnung der Betriebskosten ausgeschlossen, wenn die Abrechnung mehr als zwölf Monate nach Ende des Abrechnungszeitraumes erfolgte. Der Kläger und Berufungsbeklagte ist der Auffassung, dass ein Rechtsgrund nicht (mehr) besteht, weil die Geltendmachung ausgeschlossen war. Dem hat sich der Vorderrichter angeschlossen; im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Gesetzgeber die Folgen des Ausschlusses nicht denen der Zahlung auf eine verjährte Forderung angeglichen habe, bei denen eine Rückforderung nach § 214 Absatz 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. Die Kammer schließt sich der Begründung nicht an, weil § 214 Absatz 2 Satz 1 BGB analog anzuwenden ist.

bb.) Die Zahlung auf die verspätet vorgelegte Nebenkostenabrechnung ist mit der Zahlung auf eine verjährte Forderung vergleichbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zahlung auf eine Abrechnung von tatsächlich angefallenen Betriebskosten erfolgte und dem Kläger diese zu Gute kamen; die Berechtigung der Forderung steht vorliegend nicht im Streit. Daher ist der vorliegende Fall gerade mit dem des § 214 Absatz 2 Satz 1 BGB vergleichbar, denn eine Forderung soll zur Schaffung von Rechtssicherheit nach gewisser und bestimmter Zeit nicht mehr geltend gemacht werden können.

Der Zweck der Regelung des § 556 Absatz 3 Satz 3 n.F. BGB liegt in dem Schaffen einer Abrechnungssicherheit sowie in der Vermeidung von Streit (Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. November 2004 [Geschäftsnummer VIII ZR 115 / 04] unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 14 / 4553, dort Seite 37). Gerade die Vermeidung von Streitigkeiten ist aber nur dann gewährleistet, wenn eine Zahlung auf eine verfristete Abrechnung nicht zurückverlangt werden kann.

II.) Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nummer 10, 97 Absatz 1 ZPO. Die Revision war nach § 543 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ZPO zuzulassen, weil die Fragen der Wirkung des Ausschlusses des § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB auf eine erfolgte Zahlung und der Analogie des § 214 Absatz 2 Satz 1 BGB grundsätzliche Bedeutung haben.






LG Hagen:
Urteil v. 06.04.2005
Az: 10 S 8/05


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