Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. November 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 197/03

(BPatG: Beschluss v. 18.11.2003, Az.: 33 W (pat) 197/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 23. Juni 2003 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 2. November 2000 die Wortmarke Startfür folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:

"Dienstleistungen einer Arbeitspersonal überlassenden Gesellschaft (Personaldienstleistungen), Personalsuche und -auswahl; Personalvermittlung; Beratung über Arbeitnehmerüberlassung; Dienstleistungen einer Personalberatungsgesellschaft".

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 23. Juni 2003 mit der Begründung zurückgewiesen, dass es der Marke im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs 1 iVm § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehle, weil der Bezeichnung lediglich ein beschreibender Charakter zukomme. Das ursprünglich aus dem Englischen stammende Wort "start" habe als Lehnwort Eingang in die deutsche Sprache gefunden und werde vom inländischen Verkehr zwanglos im Sinne von "Beginn", "Anfang" oder auch "Aufbruch" verstanden. Es sei ein Hinweis auf Personaldienstleistungen, die für Interessenten am Anfang ihrer beruflichen Karriere erbracht würden bzw für Unternehmen, die im besonderen Maße an Berufseinsteigern oder Nachwuchskräften interessiert seien.

Gegen diese Entscheidung eines Beamten des gehobenen Dienstes des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Sie trägt vor, dass das aus dem Englischen entlehnte Wort "start" im deutschen Sprachgebrauch eine Vielzahl von Bedeutungen besitze. Für die hier angemeldeten Dienstleistungen mache der Begriff für sich allein genommen keinen Sinn, ohne weitere Überlegungen anzustellen. Der Begriff könne bedeuten, dass Berufseinsteigern aufgrund der Dienstleistungen der Berufsstart ermöglicht werde, auch könne die Inhaberin einer derartigen Marke einen "Neustart" für Arbeitslose organisieren. Weitere mögliche Bedeutungen könnten das Bereitstellen von Arbeitskräften für "Startups" oder das Fördern von "Berufstartern" sein. Erst durch einen entsprechenden beschreibenden Zusatz könnte der Begriff in Beziehung zu den beanspruchten Dienstleistungen gesetzt werden. Zuletzt hat die Anmelderin ihr Dienstleistungsverzeichnis gefasst wie folgt:

"Dienstleistungen einer Arbeitspersonal überlassenden Gesellschaft (Personaldienstleistungen), Beratung über Arbeitnehmerüberlassung; Dienstleistungen einer Personalberatungsgesellschaft."

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Marke für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung stehen gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstabe anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082 - marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass einem als Marke verwendetes Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH aaO - marktfrisch; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).

Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem Erlass der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "Farbe Orange" (MarkenR 2002, 27 ff) in Zukunft in vollem Umfang auch weiter aufrechterhalten werden können. Die angemeldete Marke ist jedoch auch unter Berücksichtigung der möglicherweise etwas strengeren Maßstäbe des Europäischen Gerichtshofs in der genannten Entscheidung schutzfähig.

Der ursprünglich aus dem Englischen stammende Ausdruck "start" (Langenscheidts Handwörterbuch, Englisch-Deutsch, 1999, S 620) wird mittlerweile auch im Deutschen als Synonym für "Anfangszeit", "Beginn" oder auch "Anlaufen einer Unternehmung" benutzt (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1995, Band 7, S 3222). Der Begriff findet gerade in den letzten Jahren im Zusammenhang mit dem Ausdruck "Startups" im Sinne von Unternehmensgründungen häufig Verwendung.

Soweit sich, wie im ursprünglichen Dienstleistungsverzeichnis, entsprechende Dienstleistungen an Stellensuchende richten (zB im Rahmen der Personalvermittlung) kommt dem beanspruchten Zeichen durchaus ein beschreibender Begriffsgehalt dahingehend zu, dass sich die so bezeichneten Dienstleistungen an "Berufsanfänger" oder "Berufswiedereinsteiger" richten, denen beim (Wieder-)"Beginn" der beruflichen Tätigkeit geholfen werden soll. Nach der von der Anmelderin vorgenommenen Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses auf "Dienstleistungen einer Arbeitspersonal überlassenden Gesellschaft, Beratung über Arbeitnehmerüberlassung und Dienstleistungen einer Personalberatungsgesellschaft" sind Abnehmer dieser Dienstleistungen nunmehr jedoch nur noch Fachkreise, nämlich Firmen, die sich bei der Einstellung, vor allem bei der Einstellung von Personal oder auch bei der Personalführung im allgemeinen beraten lassen. Diese nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen können nicht ohne weiteres inhaltlich mit dem Begriff "Start" beschreibend in Verbindung gebracht werden.

"Start" kann insoweit alle möglichen Bedeutungen haben, beispielsweise darauf hinweisen, dass die unter dieser Marke angebotenen Dienstleistungen begrenzt auf die Vermittlung von Berufsanfängern und Wiedereinsteigern sind, dass in dem beratenden Unternehmen selbst ein "Neubeginn" aufgrund der Tätigkeit der Anmelderin in Aussicht gestellt wird oder auch dass die Anbieterin der Dienstleistungen besonders "zügig und effektiv" mit ihrer Arbeit beginnen wird. Alle diese Deutungen liegen jedoch ferner, so daß nur mit Hilfe mehrerer analysierender Zwischenschritte ein Zusammenhang zwischen dem beanspruchten Zeichen in Alleinstellung und den verbliebenen Dienstleistungen hergestellt werden.

Es fehlt daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Sinne einer Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges entscheidendes Merkmal der damit gekennzeichneten Dienstleistungen werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.

2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch unter Umständen erfolgen wird (BGH Mitt 2001, 66 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - schlechte Zeiten.

Solche Umstände werden durch die angemeldete Marke "Start" nicht ausreichend klar und verständlich genannt. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen konnte der Senat nicht nachweisen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zusammenhang mit den verbliebenen Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

Winkler Baumgärtner Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 18.11.2003
Az: 33 W (pat) 197/03


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