Verwaltungsgericht Aachen:
Beschluss vom 13. Juli 2006
Aktenzeichen: 8 L 356/06

(VG Aachen: Beschluss v. 13.07.2006, Az.: 8 L 356/06)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der - sinngemäß gestellte - Antrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 12. Juni 2006 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 24. Mai 2006 wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 2. der Verfügung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie genügt insbesondere den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Antragsgegnerin hat im Einzelnen dargelegt, warum sich aus der Strafbarkeit der untersagten Werbung, den Interessen der sich rechtstreu verhaltenden Wettbewerber sowie der Gefahr von Nachahmungseffekten ein Bedürfnis für die sofortige Umsetzung der Anordnung ergebe. Ob diese Gesichtspunkte, den sofortigen Vollzug der Untersagungsverfügung auch inhaltlich zu tragen vermögen, ist im Rahmen des Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich.

Auch ist das erforderliche Rechtsschutzinteresse nicht dadurch entfallen, dass der Antragsteller zwischenzeitlich die streitgegenständliche Werbung aus seinem Internet-Auftritt herausgenommen hat. Er hat dargelegt, die Werbung lediglich vorläufig wegen der angekündigten Vollstreckung durch die Antragsgegnerin eingestellt zu haben, diese jedoch wieder aufnehmen zu wollen, sobald keine Vollstreckungsmaßnahmen mehr drohten.

Die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs sind jedoch nicht erfüllt. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Im Falle der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 VwGO kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherstellen bzw. anordnen, wenn das private Interesse des Betroffenen an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Das ist der Fall, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides nicht bestehen kann, oder wenn aus sonstigen Gründen dem privaten Aussetzungsinteresse der Vorrang vor dem öffentlichen Vollzugsinteresse einzuräumen ist.

Gemessen daran ist der Antrag abzulehnen, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung die Ordnungsverfügung vom 24. Mai 2006 nicht offensichtlich rechtswidrig ist und auch sonst keine Gründe ersichtlich sind, die das Aussetzungsinteresse des Antragstellers als vorrangig erscheinen lassen.

Die unter Ziffer 1. der Ordnungsverfügung getroffene Anordnung ist nicht offensichtlich rechtswidrig, vielmehr spricht Überwiegendes für ihre Rechtmäßigkeit.

Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 22 Abs. 2 des Mediendienste-Staatsvertrages vom 20. Januar/12. Februar 1997, bekannt gemacht mit Zustimmungsgesetz vom 27. Juni 1997 (GV.NRW.1997, S. 158), zuletzt geändert durch Art. 8 des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8. März 2005 (GVBl. NRW 2005, S. 192) - MDStV -. Auf das in Rede stehende Internet-Angebot findet der Mediendienste-Staatsvertrag und nicht - wie der Antragsteller meint - das Teledienstegesetz vom 22. Juli 1997, zuletzt geändert durch Art. 1 und 4 Abs. 1 des Gesetzes vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3721) - TDG - Anwendung, weil es sich hierbei nach vorläufiger Prüfung um einen Mediendienst im Sinne von § 2 MDStV handelt.

Der Begriff der Mediendienste umfasst gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 MDStV das Angebot und die Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdienste in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden. Dazu gehören nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV insbesondere Abrufdienste, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden, mit Ausnahme von solchen Diensten, bei denen der individuelle Leistungsaustausch oder die reine Übermittlung von Daten im Vordergrund steht. Wie aus § 2 Abs. 4 Nr. 3 TDG folgt, der für inhaltliche Angebote bei Verteil- und Abrufdiensten den Geltungsbereich des Teledienstgesetzes in Abgrenzung vom Mediendienste- Staatsvertrag weiter konkretisiert, ist von einem Mediendienst insbesondere dann auszugehen, wenn bei dem Angebot die redaktionelle Gestaltung - durch inhaltliche, sprachliche, graphische oder akustische Bearbeitung - zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht, also der Dienst der allgemeinen Meinungsbildung dienen soll,

vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 -, NJW 2003, 2183 ff. m.w.N.; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, Das neue Informations- und Kommunikationdienste-Gesetz, NJW 1997, 2981 (2983).

Demgegenüber gelten nach § 2 Abs. 1 TDG die Bestimmungen dieses Gesetzes für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bilder oder Töne bestimmt sind und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrunde liegt. Insofern beziehen sich die elektronisch erbrachten Leistungen auf ein konkretes Individualverhältnis zwischen Nutzer und Anbieter - z.B. beim Telebanking nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 TDG oder beim Angebot von Waren oder Dienstleistungen mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 TDG - oder zielen auf eine reine Informationsvermittlung ohne redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung ab - z.B. bei Datendiensten wie Verkehrsfunk, Wetterberichten oder Devisenkursen nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG.

Die Abgrenzung ist nach inhaltlichfunktionalen Kriterien vorzunehmen, wobei auf das konkrete Angebot einer einzelnen, in sich abgeschlossenen Informations- und Kommunikationsdienstleistung des Diensteanbieters abzustellen ist,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 - , a.a.O.; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, a.a.O., NJW 1997, 2981 (2982); Zimmermann, Polizeiliche Gefahrenabwehr im Internet, NVwZ 1999, 3135 (3146).

In Zweifelsfällen ist die Entscheidung anhand einer wertenden Gesamtschau des jeweiligen Angebots zu treffen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 - , a.a.O.; Holznagel/Kibele in Handbuch Multimedia-Recht, Hrsg. Hoeren/Sieber, Stand: Dezember 2005, Abschnitt 5, Rdnr. 57.

Wenn auch nach den vorstehenden Maßstäben das beworbene Unternehmen "c " selbst unter seinem Internetauftritt www.c .de einen Teledienst betreiben mag, so betrifft der hier allein in Rede stehende, an die Allgemeinheit gerichtete Internetauftritt des Antragstellers unter www.b .de hinsichtlich des fraglichen Angebotinhaltes einen Mediendienst nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV.

Die von dem Antragsteller auf seiner Internetseite geschaltete Werbung für das Unternehmen "c " ist derart gestaltet, dass in einem Kasten (Frame) unter dem Logo des Unternehmens für zwei - je nach Aktualität wechselnde - Fußballspiele je drei Wettquoten angezeigt sind, die über eine Checkbox aktiviert werden können. In einem darunter liegenden Feld kann außerdem ein Einsatz eingegeben werden. Nach entsprechender Markierung bzw. Eingabe wird in zwei weiteren Feldern die endgültige Quote angezeigt und der zu erzielende Gewinn ausgeworfen. Über eine darunter liegende mit einem Hyperlink versehene Schaltfläche mit dem Inhalt "Jetzt wetten!" besteht die Möglichkeit, auf die Internetseite des beworbenen Sportwettenanbieters zu gelangen. Dort ist das zuvor eingetragene Wettangebot festgehalten und es erfolgt auf Anklicken der Schaltfläche "Weiter" die Aufforderung an den Nutzer, sich einzuloggen bzw. registrieren zu lassen.

Diese Form der Werbung erscheint bei einer wertenden Gesamtbetrachtung trotz der eingebauten interaktiven und damit auf eine Individualkommunikation angelegten Elemente nicht von der Ausnahmeklausel des § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV erfasst und damit auch nicht dem Bereich der Teledienste zuzuordnen zu sein. Denn weder steht insoweit der individuelle Leistungsaustausch im Vordergrund, noch wird auf die reine Übermittlung von Daten abgezielt. Der beworbene und von dem Unternehmen "c " abgebotene Dienst, nämlich die Abgabe bzw. Annahme von Sportwetten über das Internet, kann allein über den in die Internetseite des Antragstellers eingebundenen Werbeframe nicht abgefragt werden, da für eine endgültige Abgabe des Wettangebotes die gesonderte - wenn auch über den eingefügten Link vorbereitete - Kontaktaufnahme mit der Internetseite des Sportwettenanbieters erfolgen muss. Ebenso wenig kann allein über den Werbeframe die Abwicklung der Zahlung und damit der individuelle Leistungsaustausch erfolgen. Auch ist diese Form von Werbung nicht allein auf eine reine Datenübermittlung - etwa der aktuellen Wettquoten - beschränkt. Das Werbeangebot dient vielmehr in erster Linie dem Zweck, durch eine attraktive Gestaltung - nämlich den Einbau interaktiver Elemente und die Auswahl jeweils aktueller Fußballspiele - die Aufmerksamkeit aller Nutzer der Internetseite des Antragsstellers auf die von "c " angebotenen Sportwetten zu lenken, ggf. dafür zu gewinnen, bei dem Unternehmen tatsächlich - durch gesonderte Kontaktaufnahme - eine Wette abzuschließen und damit letztlich auch auf die Meinungsbildung der Nutzer hinsichtlich der Akzeptanz von Sportwetten einzuwirken. Steht damit bei dem fraglichen Inhalt der Internetseite die werbende Funktion im Vordergrund, hält der Antragsteller insoweit keinen Teledienst, sondern einen Mediendienst vor,

vgl. im Ergebnis ebenso: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Mai 2006 - 15 K 6474/04 -; VG Köln, Beschluss vom 8. Dezember 2004 - 6 L 2130/04 -, juris-Web; für ähnliche Werbung: VG Münster, Beschluss vom 5. November 2004 - 1 L 1118/04 -, juris-Web.

Findet der Mediendienste-Staatsvertrag demnach hier Anwendung ist die Antragsgegnerin gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 5 MDStV i.V.m. § 1 der Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Mediendienste-Staatsvertrag (Zuständigkeitsverordnung für Mediendienste) vom 1. Juli 1997 (GV.NRW.1997, S. 184), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Februar 2003 (GV.NRW.2003, S. 84) auch für den Erlass der Untersagungsverfügung sachlich und örtlich zuständig.

Die materiellen Voraussetzungen der Befugnisnorm des § 22 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV sind vorliegend erfüllt. Nach §§ 22 Abs. 2 Satz 1 trifft die zuständige Aufsichtsbehörde, sofern sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Mediendienste-Staatsvertrag mit Ausnahme der - hier nicht einschlägigen - § 10 Abs. 3, § 11 Abs. 2 und 3, §§ 14, 16 bis 20 MDStV feststellt, die zur Beseitigung erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Diensteanbieter. Sie kann insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 MDStV). Gemäß § 11 Abs. 1 MDStV gilt für die Angebote der Mediendienste die verfassungsmäßige Ordnung (Satz 1). Die Vorschriften der allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre sind einzuhalten (Satz 2).

Indem der Antragsteller auf seiner Internetseite www.b .de für die Möglichkeit geworben hat, sich durch den Abschluss entsprechender Wettverträge mit dem Unternehmen "c " - unter anderem über das Internet - an Sportwetten zu beteiligen, hat er gegen ein allgemeines Gesetz und damit als verantwortlicher Diensteanbieter im Sinne der §§ 6 Abs. 1, 3 Satz 1 Nr. 1 MDStV gegen § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV verstoßen. Durch Schaltung des fraglichen Internetangebots auf seiner Internetseite hat er nämlich den - objektiven - Tatbestand des § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) erfüllt. Nach diesen Vorschriften macht sich nicht nur strafbar, wer ohne behördliche Erlaubnis ein öffentliches Glücksspiel veranstaltet, hält oder die Einrichtungen dazu bereitstellt (Abs. 1), sondern auch, wer für ein öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 284 Abs. 1 und 2 StGB wirbt (Abs. 4).

Der Antragsteller hat mit dem auf seiner Internetseite geschalteten Werbeframe für das auf Sportwetten spezialisierte Unternehmen "c " im Sinne von § 284 Abs. 4 StGB geworben und beabsichtigt, dies auch zukünftig zu tun.

Die Sportwetten, die das Unternehmen "c " anbietet und vermittelt, sind als Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB anzusehen, da der Spielerfolg hierbei, anders als bei einem Geschicklichkeitsspiel, ganz oder jedenfalls überwiegend vom Zufall abhängt (so auch § 3 des Lotteriestaatsvertrags vom 22. Juni 2004 (GV.NRW.2004, S. 315) - LoStV -),

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 28. März 2001 - 6 C 2.01 -, NJW 2001, 2648; Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 14. März 2002 - 1 ZR 279.99 -, a.a.O., und vom 28. November 2002 - 4 StR 260/02 -, DVBl. 2003, 669; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Mai 2004 - 4 B 2096/03 -, NWVBl. 2004, 350 und vom 13. Dezember 2002 - 4 B 1844/02 -, NWVBl. 2003, 220.

Die Sportwetten werden von dem Unternehmen "c " auch ohne behördliche Erlaubnis öffentlich veranstaltet.

Das Unternehmen "c ", das Sportwetten in erster Linie über das Internet anbietet und vermittelt, veranstaltet das Glücksspiel - unter anderem - auch in Nordrhein-Westfalen. Die Tatbestandsalternative des Veranstaltens im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB ist erfüllt, wenn jemand verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels schafft und dem Publikum Gelegenheit zur Beteiligung am Glücksspiel gibt. Es genügt danach, wenn der Abschluss von Spielverträgen angeboten wird, etwa ein Spielplan oder Wettschein zugänglich gemacht wird,

vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2002 - 1 ZR 279.99 -, NJW 2002, 2175; Tröndler/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 52. Aufl., § 284 StGB Rdnr. 11.

Nach § 9 StGB ist Ort der Begehung einer Straftat jeder Ort, an dem der Täter gehandelt hat oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach den Vorstellungen des Täters eintreten sollte. Der Taterfolg des § 284 Abs. 1 StGB tritt danach an jedem Ort ein, an dem von dem Wettangebot nach der Vorstellung des Veranstalters Kenntnis genommen wird. Übermittelt der Veranstalter sein Angebot - wie hier - über das Internet, wird das Glücksspiel überall dort veranstaltet, wo das Angebot letztlich ankommt, also wo die Nutzer des Internets auf das Angebot zugreifen. Dies ist überall im In- und Ausland, damit auch in Nordrhein- Westfalen möglich. Dass bei der Internetnutzung der Veranstalter sein Angebot nicht an bestimmte Personen richtet, ändert daran nichts, weil er durch das Einstellen des Angebotes ins Internet jedem deutschen Wettinteressenten, also auch den in Nordrhein-Westfalen wohnenden, die Teilnahme von seinem jeweiligen Aufenthaltsort aus ermöglichen will,

vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. November 2003 - 4 B 1987/03 -, juris-Web und vom 14. Mai 2004 - 4 B 2096/03 - NWVBl. 2004, 350.

Eine Adressierung der Wettangebote an die in Nordrhein-Westfalen wohnenden Wettinteressenten ergibt sich hier insbesondere auch daraus, dass das Unternehmen "c " für sein Glücksspiel - wie im vorliegenden Verfahren und auch in weiteren der Kammer bekannten Fällen - unter anderem auf den Internetseiten verschiedener Sportvereine mit Sitz in Nordrhein-Westfalen werben lässt, deren Nutzer bundesweit, aber vor allem auch in Nordrhein-Westfalen ansässig sind. Das Unternehmen richtet sich damit gezielt auch an Internet-Nutzer in Nordrhein-Westfalen.

Das Glücksspiel wird ferner ohne behördliche Erlaubnis im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB in Nordrhein-Westfalen veranstaltet. Maßgeblich sind insoweit die Verhältnisse am Tatort. Das Unternehmen "c " verfügt unstreitig nicht über eine Zulassung für Wettunternehmen für sportliche Wettkämpfe nach den §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 des Sportwettengesetzes vom 3. Mai 1955 (GV.NRW.1955, S.84), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Mai 2004 (GV.NRW.2004, S. 248) - SportWG NRW -. Auch die dem Inhaber des Unternehmens, E. . Q. , vom Rat des Kreises M. nach dem Gewerbegesetz der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 6. März 1990 erteilte Gewerbegenehmigung vom 11. April 1990 für den Betrieb eines Wettbüros und die Veranstaltung von Wetten vermag das von dem Unternehmen "c " in Nordrhein-Westfalen veranstaltete Glücksspiel nicht zu legalisieren. Denn der räumliche Geltungsbereich dieser aufgrund von DDR-Recht erworbenen Erlaubnis erstreckt sich - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht auch auf das Land Nordrhein-Westfalen. Insoweit schließt sich die Kammer der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen an,

vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Mai 2004 - 4 B 2096/03 -, NWVBl. 2004, 350 und vom 13. Dezember 2002 - 4 B 1844/02 -, NWVBl. 2003, 220,

die nunmehr auch vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde,

vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2001 - 6 C 19.06 -, noch nicht veröffentlicht.

Nach DDR-Recht erteilte Erlaubnisse können nicht für das gesamte Bundesgebiet, sondern allenfalls für das Gebiet der neuen Bundesländer gelten, da die Verwaltungshoheit der seinerzeit tätig gewordenen DDR-Behörden gar nicht weiter gereicht hat. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (vgl. Gesetz zum Einigungsvertrag vom 23. September 1990 (BGBl. II, S. 885), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Mai 1994 (BGBl. I, S. 1168) - EV -, wonach vor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR dort ergangene Verwaltungsakte wirksam bleiben. Sinn und Zweck dieser Vorschrift besteht darin, Verwaltungsakte von Behörden der ehemaligen DDR grundsätzlich ebenso zu behandeln, wie Verwaltungsakte, die vor der Wiedervereinigung in den alten Bundesländern erlassen worden sind. Wenn aber den nach früherem westdeutschen Landesrecht erteilten Erlaubnissen für Sportwettenunternehmen aufgrund der allein für das eigene Bundesland bestehenden Länderkompetenz nur eine auf das jeweilige Bundesland beschränkte Geltung zukam, kann das aus Art. 19 Satz 1 EV folgende Gleichbehandlungsgebot auch lediglich eine Fortgeltung der DDR- Erlaubnisse im Rahmen des Kompetenzbereichs der früheren DDR-Behörden gebieten. Eine nachträgliche Erweiterung des Geltungsbereichs der DDR- Erlaubnisse kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden.

Ein Verstoß gegen § 284 StGB ist auch nicht - wie der Antragsteller meint - mit Blick darauf zu verneinen, dass das Unternehmen "c " aufgrund der ihm erteilten Gewerbeerlaubnis vom 11. April 1990 jedenfalls für das Gebiet der neuen Bundesländer bzw. für den Freistaat Sachsen über eine die Strafbarkeit ausschließende behördliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten verfügen mag. Denn die Anwendung sog. "landesrechtsakzessorischer" Straftatbeständen wie der auch hier maßgeblichen Vorschrift des § 284 StGB richtet sich nach den Prinzipien des interlokalen Strafrechts, wonach grundsätzlich das Recht des Tatortes gilt. Ist die Tat in diesen Fällen an mehreren Orten begangen - wie hier u.a. in Nordrhein-Westfalen und in Sachsen -, findet das strengste Recht Anwendung. Dies gilt selbst dann, wenn die Tat - wie möglicherweise hier - an einem Begehungsort straffrei ist,

vgl. Tröndler/Fischer, a.a.O., vor § 3 Rdnr. 24 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2004 - 4 B 2096/03 -, NWVBl. 2004, 350.

Gemessen daran bleibt im vorliegenden Fall die durch §§ 1 Abs. 1, 2 SportWG NRW in Nordrhein-Westfalen vorgegebene Rechtslage für die Frage der Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes des § 284 StGB maßgeblich. Eine sich auf den Tatort Nordrhein-Westfalen erstreckende Erlaubnis besitzt das Sportwettenunternehmen "c " wie dargelegt gerade nicht.

Die Untersagungsverfügung erweist sich auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen als rechtswidrig. Zwar geht die Kammer im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtslage nach dem Bayerischen Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999 (Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, www.bverfg.de) davon aus, dass das staatliche Monopol für Sportwetten, das nach § 284 StGB i.V.m. § 1 SportWG NRW auch in Nordrhein-Westfalen besteht, in seiner gegenwärtigen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 des Grundgesetzes - GG -) unvereinbar ist. Die Feststellungen und Bewertungen des Bundesverfassungsgerichts sind auf die in Nordrhein-Westfalen geltende Rechtslage in allen wesentlichen Punkten übertragbar,

vgl. hierzu: OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -.

Der Antragsteller kann daraus sowie aus den vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neuregelungen im vorliegenden Zusammenhang jedoch keine für ihn günstige Bewertung ableiten. Das aufsichtsrechtliche Einschreiten nach §§ 22 Abs. 2 Satz 2, 11 Satz 1 Satz 2 MDStV knüpft letztlich an das Fehlen einer gemäß § 284 StGB erforderlichen Erlaubnis, also an die formelle Illegalität der Geschäftstätigkeit des beworbenen Unternehmens "c " an. Auf die Frage, ob eine solche Genehmigung nach Landesrecht erteilt werden kann, kommt es für die Erfüllung des Tatbestandes des § 284 StGB ebenso wenig an wie für das behördliche Einschreitens aus Gründen der Gefahrenabwehr; die Frage der Genehmigungsfähigkeit stellt sich vielmehr allein in einem von dem betroffenen Wettunternehmen durchzuführenden Genehmigungsverfahren. Insbesondere verhilft auch die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses privatwirtschaftlicher Wettunternehmer vom Veranstalten von Sportwetten dem beworbenen Unternehmen "c " nicht dazu, dass ihm nunmehr eine Erlaubnis erteilt wäre,

vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Mai 2006 - 15/ 6474/04 -; VG Aachen, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 3 L 336/06 -; Hessischer VGH, Beschluss vom 27. Oktober 2004 - 11 TG 2096/04 -.

Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich auch nicht, dass das (repressive) Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, wie es in § 284 StGB angelegt ist, selbst mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar wäre. Anlass zu Beanstandungen gab lediglich die konkrete Ausgestaltung des Erlaubnisvorbehaltes durch den Landesgesetzgeber zu einem staatlichen Monopol ohne Zulassungsmöglichkeit für privatwirtschaftliche Wettunternehmen. Insbesondere steht nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu erwarten, dass bei einer dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung die Entscheidung zugunsten einer gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten ohne jegliche Zulassung getroffen und so das (formell) illegale Handeln privater Wettunternehmen - hier des beworbenen Unternehmens "c " - künftig legalisiert wird. Als Handlungsalternativen für den Gesetzgeber zur Schaffung eines verfassungsgemäßen Zustandes kommen nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts mit Blick auf die mit dem Glücksspiel anerkanntermaßen verbundenen Gefahren nämlich entweder die Aufrechterhaltung des staatlichen Wettmonopols bei konsequenter Ausrichtung am Ziel der Bekämpfung und Begrenzung der Spiel- und Wettsucht einerseits oder aber die durch eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Veranstaltung durch private Wettunternehmen andererseits in Betracht. Das bedeutet, dass auch in dem Fall, dass das derzeit bestehende Verbot mit Befreiungsmöglichkeit allein für öffentlichrechtlich geprägte Unternehmen zu einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt auch für private Unternehmen umgestaltet würde, das beworbene Unternehmen "c " noch keine entsprechende Genehmigung für die Veranstaltung von Sportwetten vorweisen könnte.

Davon abgesehen, hat das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die bestehenden Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers in dem genannten Urteil vom 28. März 2006 auch erkannt, dass im Freistaat Bayern während einer Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung die bisherige Rechtslage nach Maßgabe der Gründe der Entscheidung anwendbar bleibt, mit der Folge, dass das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und damit auch die Werbung hierfür, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden kann. Von einer Fortgeltung des bisherigen Rechts ist auch im Hinblick auf die in Nordrhein-Westfalen geltende Rechtslage auszugehen, da eine entsprechende Übergangsregelung auch für das Land Nordrhein-Westfalen zu erwarten ist,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -.

Soweit das Bundesverfassungsgericht für die Übergangszeit verlangt hat, dass ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herzustellen ist, ist dem in Nordrhein-Westfalen bereits Genüge getan. Das Innenministerium NRW hat mit Schreiben vom 19. April 2006 der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. OHG eine Vielzahl von Maßnahmen aufgegeben, die den in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Vorgaben ausreichend Rechnung tragen. Nach dem Bericht der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. OHG vom 6. Juni 2006 an das Innenministerium NRW werden die geforderten Maßnahmen im Rahmen des zeitlich Möglichen auch umgesetzt. Dass die Umsetzung einiger Maßnahmen naturgemäß eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, erlaubt nicht die Annahme, dass ein erheblicher Verstoß gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vorliegt. Daher gebieten auch die vom Antragsteller im Einzelnen dargelegten Werbemaßnahmen staatlicher Anbieter, soweit sie WestLotto betreffen und zu beanstanden sind, keine andere Bewertung,

vgl. hierzu ausführlich: OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -.

Die Untersagungsverfügung ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, namentlich einer Verletzung der in Art. 43 und 49 EGV gewährleisteten Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit rechtlich zu beanstanden.

Dabei lässt die Kammer offen, ob der einen grenzüberschreitenden Sachverhalt voraussetzende Anwendungsbereich der Art. 43 und 49 EGV allein mit Blick darauf eröffnet ist, dass die Dienstleistungen des beworbenen Unternehmens "c ", das seinen Sitz in O. , Sachsen, hat und im Besitz einer nach DDR-Recht erteilten Gewerbeerlaubnis ist, über das Medium des Internets angeboten werden, zumal Anknüpfungspunkt für das behördliche Einschreiten gegen die Werbung für das Unternehmen allein dessen - ungenehmigte - Betätigung in Nordrhein-Westfalen ist.

Denn selbst wenn sich die gegenwärtige Rechtslage in Nordrhein-Westfalen in derselben Weise im Widerspruch zur Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit befindet, wie sie dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG widerspricht, weil die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben,

vgl. insbesondere EuGH, Urteil vom 6. November - C 243/01 - (Gambelli u.a.), Slg. 2003, I-13076 Rdnr. 62 ff.,

den Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts an die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung eines staatlichen Wettmonopols entsprechen,

vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, www.bverfg.de und OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -,

rechtfertigt dies aus den vorstehend im Zusammenhang mit Art. 12 Abs. 1 GG dargelegten Gründen keine andere Bewertung. Denn auch im Falle der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Ausschlusses privater Unternehmer vom Sportwettenmarkt wäre dem Unternehmen "c " die für die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen erforderliche Erlaubnis nicht erteilt. Die Kammer kann insbesondere auch nicht feststellen, dass der im nationalen Recht angelegte Erlaubnisvorbehalt als solcher mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar wäre,

vgl. ebenso VG Aachen, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 3 L 336/06 - und VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Mai 2006 - 15/ 6474/04 -.

Nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften bedarf zwar der Ausschluss gewerblicher Wettveranstaltung durch private Wettunternehmer als einschneidende Beschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit einer unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit besonderen Rechtfertigung, nicht aber das Bestehen einer Erlaubnispflicht. Der Gerichtshof hat zudem angesichts der mit der Veranstaltung von Sportwetten verbundenen Gefahren, wie der Förderung der Spielsucht und der Begleit- und Folgekriminalität, grundsätzlich das Interesse der Mitgliedstaaten anerkannt, die Veranstaltung von Glücksspielen und Wetten zu beschränken, und den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung zu treffenden Maßnahmen ein "ausreichendes" Ermessen zugestanden,

vgl. insbesondere EuGH, Urteil vom 6. November - C 243/01 - (Gambelli u.a.), Slg. 2003, I-13076 Rdnr. 63 ff.

Die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers für eine generelle behördliche Kontrolle im Bereich der Veranstaltung von Sportwetten in Form eines Erlaubnisvorbehalts erscheint zur Verwirklichung der legitimen Zielen des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung und der Beschränkung der Spielsucht schließlich auch nicht als unverhältnismäßig. Ein derartiger Kontrollmechanismus dient gerade dem Ausgleich der betroffenen gegenläufigen Interessen und ist damit Ausdruck des Gebotes der Verhältnismäßigkeit.

Schließlich dürfte selbst dann, wenn man mit Blick auf die gegenwärtige Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols durch den Landesgesetzgeber auch den in § 284 StGB, § 1 Abs. 1 Satz 1 SportWG NRW vorgesehenen Erlaubnisvorbehalt als gemeinschaftsrechtswidrig und damit wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts als unanwendbar ansähe, jedenfalls das Prinzip der Rechtssicherheit es gebieten, die Rechtsfolgen einer Kollision des nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht durch eine zeitlich begrenzte Suspendierung des Anwendungsvorrangs bis zur Neuregelung durch den nationalen Gesetzgeber zu begrenzen. Denn andernfalls würden durch die sonst eintretende Regelungslosigkeit Folgen eintreten, die angesichts der drohenden Gefährdung wichtiger Allgemeininteressen nicht hinnehmbar wären. Bei sofortiger Nichtanwendbarkeit sämtlicher das staatliche Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen begründenden Normen unterläge die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten nämlich allein den Vorgaben des allgemeinen Gewerberechts, ohne dass eine glücksspielspezifische behördliche Kontrolle zur Begrenzung der Spielsucht, zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes und zur präventiven Bekämpfung der im Glücksspielbereich drohenden Begleit- und Folgekriminalität bestünde,

vgl. ausführlich und m.w.N.: OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -.

Verstößt die Veranstaltung von Sportwetten durch das Unternehmen "c " nach alledem gegen § 284 Abs. 1 StGB - insbesondere gegen den darin normierten Erlaubnisvorbehalt -, erfüllt auch der Antragsteller mit der beanstandete Werbung auf seiner Internetseite den Tatbestand des § 284 Abs. 4 StGB, womit die Voraussetzungen für ein Einschreiten der Antragsgegnerin nach §§ 22 Abs. 2 Satz 1, 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV erfüllt sind.

Die Verfügung ist auch hinreichend bestimmt, vgl. § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Hinreichende Bestimmtheit bedeutet, dass die getroffene Anordnung so verständlich, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass die Beteiligten ihr Verhalten danach richten können. Dies ist vorliegend der Fall. Soweit die Antragsgegnerin den (aktuellen) Werbepartner des Antragstellers "c " nicht konkret benannt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Die abstrakte, aber ohne weiteres verständliche Umschreibung der Sportwettenanbieter, für die eine Werbung untersagt wird, rechtfertigt sich durch die zulässige Erwägung, dass der jeweilige Werbepartner ggf. während des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens gewechselt werden könnte, was den Erlass einer neuen Verfügung erfordern würde.

Die Untersagung der Werbung ist bei summarischer Prüfung auch ermessensfehlerfrei verfügt worden. Insbesondere ist die Entscheidung, überhaupt gegen den Antragsteller vorzugehen, nicht zu beanstanden, da der Aufsichtsbehörde nach § 22 Abs. 2 MDStV insoweit kein (Entschließungs-) Ermessen zusteht. Erlangt sie von Verstößen Kenntnis, ist sie zum Handeln verpflichtet,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 - , NJW 2003, 2183 ff.

Aus diesem Grund vermag der Antragsteller auch nicht mit seinem Einwand durchzudringen, dass gegen das Werbeverhalten der staatlich lizenzierten Sportwettenveranstalter, namentlich WestLotto, nicht eingeschritten werde, obwohl diese - über das Internet - gleichfalls bundesweit ihre lediglich landesrechtlich genehmigten Angebote bewerben würden und auch Sportwetten von Kunden entgegennähmen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Bundesland hätten. Denn abgesehen davon, dass das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen WestLotto mit Verfügung vom 19. April 2006 bereits zur Einhaltung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angewiesen hat, und diese Maßnahmen sich bereits in Umsetzung befinden, besteht kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2004 - 4 B 2096/03 -, NWVBl. 2004, 350.

Die konkret getroffene Maßnahme erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig (vgl. § 22 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 MDStV). Die Untersagung ist geeignet und mangels eines milderen Mittels auch erforderlich, um die den Straftatbestand des § 284 Abs. 4 StGB erfüllende Werbung zu unterbinden. Insbesondere dürfte sich eine Anordnung des Inhaltes, in Verbindung mit der zu beanstandenden Werbung einen Hinweis dahingehend anzubringen, dass die Genehmigung des beworbenen Unternehmens jedenfalls nicht für das Land Nordrhein-Westfalen gilt,

vgl. zur Möglichkeit des Werbenden, das Verbreitungsgebiet der Werbung im Internet durch einen sog. "Disclaimer" einzuschränken: BGH, Urteil vom 30. März 2006 - I ZR 24/03 -, juris-Web,

nicht als ein zur Erreichung des Ziels gleich wirksames Mittel erweisen. Denn ein solcher Hinweis würde den von der fraglichen Werbung ausgehenden Werbeeffekt für ein in Nordrhein-Westfalen nicht genehmigtes Glücksspiel gerade auch angesichts ihrer besonderen Gestaltung (direkter Hyperlink auf die Seite des Unternehmens) sowie der von ihr angesprochenen Zielgruppe (Nutzer der Internetseite des Antragstellers als Verein mit besonderer lokaler Bindung) nicht wirksam unterdrücken. Auch ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin unmittelbar gegen das Unternehmen "c " vorgehen kann, da das Unternehmen seinen Sitz nicht in Nordrhein-Westfalen hat, vgl. § 22 Abs. 5 MDStV. Anhaltspunkte dafür, dass das Anliegen, unerlaubte Werbung für ein nicht genehmigtes Glücksspiel umfassend zu unterbinden, in einem unangemessenen Verhältnis zu der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Antragsteller steht, sind weder substanziiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Schließlich begegnet die Umschreibung des Kreises der Sportwettenanbieter, für die eine Werbung untersagt wird, auch in der Sache keinen rechtlichen Bedenken. Denn nach den vorstehenden Ausführungen dürfen nach der gegenwärtigen Rechtslage, wie sie sich aus dem einfachem Recht, dem Verfassungsrecht und dem Gemeinschaftsrecht - sofern anwendbar - ergibt, in Nordrhein-Westfalen lediglich die Wettunternehmen Sportwetten veranstalten und vermitteln, die auch eine Zulassung nach §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 2 Abs. 1 SportWG NRW besitzen. Eine Werbung für andere Unternehmen, wie sie durch den Internetauftritt des Antragstellers unter anderem, aber gerade auch gezielt in Nordrhein-Westfalen betrieben wird, ist damit - wie dargelegt - ebenfalls unzulässig. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass die Ordnungsverfügung schon deswegen rechtswidrig sei, weil auch die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG (WestLotto), für die zu werben ihm allein gestattet sei, nicht über eine entsprechende Erlaubnis in Nordrhein-Westfalen verfüge, verfängt dieser Einwand im Ergebnis ebenfalls nicht. Ob die Zulassung durch die Landesregierung tatsächlich nur der Nordwestlotto in Nordrhein-Westfalen GmbH erteilt worden ist und ob diese Genehmigung ihrem Regelungsinhalt nach auch die Übertragung an die Tochtergesellschaft Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG (WestLotto) abdeckt, kann dahingestellt bleiben. Denn darin, dass dem Antragsteller - unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung - nicht auch untersagt worden ist, für WestLotto zu werben, vermag die Kammer jedenfalls keine rechtliche Beschwer zu erkennen. Durch die Ausnahme von WestLotto aus dem verfügten Verbot wird ihm auch nicht - im Wege eines Umkehrschlusses - aufgegeben, für WestLotto und damit ggf. für einen "illegalen Anbieter" zu werben.

Spricht nach alledem Überwiegendes für die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung, wäre eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nur dann gerechtfertigt, wenn aufgrund sonstiger Umstände das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollzugsinteresse überwöge. Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist auch im Rahmen der weiteren Interessenabwägung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung und damit der sofortigen Unterbindung der Werbetätigkeit des Antragstellers der Vorrang gegenüber dessen privatem Interesse an einer Fortsetzung der Werbung bis zu einer abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren einzuräumen.

Ungeachtet der Frage der Strafbarkeit der Werbetätigkeit des Antragstellers und deren für die Begründung des Sofortvollzugs erforderlichen hinreichenden Prognostizierbarkeit,

vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 27. April 2005 - 1 BvR 223/05 - juris-Web,

gehen von der Sportwettenveranstaltung durch nicht genehmigte Wettunternehmer, die durch die Werbung des Antragstellers auf seiner Internetseite als Sportverein in erheblichem Maße gefördert wird, jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Spiel- und Wettsucht und ihren negativen Folgen erhebliche konkrete Gefahren für das Gemeinwohl aus, die grundsätzlich ein sofortiges Einschreiten rechtfertigen. Insbesondere bieten die von dem aktuell beworbenen Unternehmen "c " auf dessen Internetseite www.c .de unter der Rubrik "Suchtprävention" getroffenen Vorkehrungen gemessen an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts keinesfalls in einem solchen Maße Schutz vor den Gefahren der Spiel- und Wettsucht, dass ein sofortiges Einschreiten schon allein deswegen entbehrlich erschiene. Die Nachteile, die entstünden, wenn die Werbung für eine nicht genehmigte und damit nicht überprüfte Sportwettenveranstaltung fortgesetzt würde, sich in einem Hauptsacheverfahren aber die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Anordnung herausstellte, wären zudem nicht mehr rückgängig zu machen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass schon nach allgemeinen Grundsätzen des Rechts der Gefahrenabwehr die Aufnahme einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit ohne die erforderliche Erlaubnis - hier durch das Unternehmen "c " in Nordrhein-Westfalen - in aller Regel keinen Vollstreckungsschutz verdient. Etwas anderes kann auch nicht im Hinblick auf die Werbemaßnahmen für eine formell illegale gewerbliche Betätigung gelten. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass die Vermittlung von Sportwetten durch private Anbieter gegenwärtig offensichtlich genehmigungsfähig wäre, so dass die streitgegenständliche Verfügung letztlich nur von kurzem Bestand wäre. Dem öffentlichen Interesse an der Abwehr der mit ungenehmigtem Glücksspiel verbundenen Gefahren zum Schutz der Bevölkerung kommt auch ein ganz erhebliches Gewicht zu. Dies gilt um so mehr, als die genannten Gefahren durch Nachahmungseffekte gegenwärtig besonders verstärkt werden, wie das zunehmende Auftreten von ungenehmigten Wettunternehmen sowie intensiver Werbung für Sportwetten in sämtlichen Medien zeigt.

Demgegenüber sind keine - namentlich wirtschaftlichen - Interessen des Antragstellers ersichtlich, die das besondere öffentliche Interesse hier zurücktreten ließen. Zwar hat das von der Antragsgegnerin verfügte Werbeverbot zur Folge, dass die Werbevereinbarung mit dem Unternehmen "c " von dem Antragsteller nicht eingehalten werden kann und ihm dadurch ein finanzieller Verlust entsteht. Es ist jedoch weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass damit eine erhebliche Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen verbunden ist, geschweige denn, dass die Fortsetzung der Werbetätigkeit für den Antragsteller von existenzieller wirtschaftlicher Bedeutung wäre. Mangels entgegenstehender Angaben ist auch nicht davon auszugehen, dass es dem Antragsteller generell unmöglich wäre, die mit der Untersagungsverfügung einhergehenden finanziellen Verluste durch Abschluss anderer, nicht von dem Verbot erfasster Werbe- bzw. Sponsorverträge zu kompensieren.

Schließlich kommt auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3. der Verfügung nicht in Betracht. Sie ist auf der Grundlage der §§ 55 Abs. 1, 60 Abs. 1 und 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) zu Recht erlassen worden, so dass es bei dem Regelvorrang des Vollzugsinteresses nach § 8 Satz 1 AG VwGO NRW verbleibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes des Verfahrens folgt aus §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Mangels konkreter Angaben der Beteiligten bezüglich der mit dem Unternehmen "c " vereinbarten Vergütung und wegen der Vorläufigkeit der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes getroffenen Entscheidung erscheint die wirtschaftliche Bedeutung der Sache mit der Hälfte des gesetzlichen Auffangstreitwertes (5.000,- EUR) angemessen und ausreichend bemessen.






VG Aachen:
Beschluss v. 13.07.2006
Az: 8 L 356/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f2b1cde3a067/VG-Aachen_Beschluss_vom_13-Juli-2006_Az_8-L-356-06




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